Kenntnisnahme - FB 36/0533/WP18-1

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Beratungsfolge

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Erläuterungen

Die Vorlage FB 36/0533/WP18 wird mit identischen Erläuterungen in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz am 05.11.2024 beraten.

 

Die Ergänzungsvorlage FB 36/0533/WP18-1  wird gefertigt, um die Vorlage durch Ergänzung der Beratungsfolge auch dem Mobilitätsausschuss zur Kenntnis geben zu können.

 

1. Entwicklung der Luftqualität in Aachen (Feinstaub & Stickstoffdioxid)

 

Die intensive Überwachung der Luftqualität hat in der Stadt Aachen eine langjährige Tradition. Hintergrund sind die besondere geographische Lage in einem Talkessel und die mit dem Titel „Kur- und Badestadt“ verknüpften Anforderungen.

 

Relevant für die Beurteilung der Schadstoffbelastung ist die EU-Luftqualitätsrichtlinie (2008/50/EG) bzw. die 39. Bundesimmissionsschutzverordnung (39. BImSchV), mit der die aktuell geltende EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt wurde. Für die Aachener Luftreinhalteplanung sind vorrangig die Grenzwerte für Feinstaub (PM10 und PM2,5) und Stickstoffdioxid (NO2) relevant. Die in der EU-Richtlinie festgelegten Grenzwerte orientieren sich an den Arbeiten der Weltgesundheitsorganisation (WHO), und sollen gesundheitliche Beeinträchtigungen durch eine dauerhafte Belastung mit Luftschadstoffen vorbeugen.

 

2. Neue europäische Luftqualitätsrichtlinie

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Auswirkungen von Luftschadstoffen auf Menschen und Umwelt, die den beiden Luftqualitätsrichtlinien aus den Jahren 2004 und 2008 zugrunde liegen, sind rund 20 Jahre alt. Mit der Überarbeitung der geltenden Richtlinie wurden diese Erkenntnisse sowie die bisherigen Erfahrungen der Mitgliedstaaten aus der Umsetzung der geltenden Richtlinie berücksichtigt. Die neue Richtlinie wurde am 20.02.2024 im Europaparlament und Europarat beraten und vorläufig verabschiedet. Sie ersetzt künftig die derzeit noch geltenden Richtlinien 2008/50/EG und 2004/107/EG. Die neue Richtlinie muss noch einige Fachgremien durchlaufen, bevor sie formell in Kraft treten kann; dies soll voraussichtlich im November 2024 erfolgen. Danach bleiben zwei Jahre für die Überführung in nationales Recht. Die neuen Grenz- und Zielwerte müssen ab dem Jahr 2030 eingehalten werden (siehe Tabelle 1, 5. Spalte).

 

Schadstoff

Mittelwert (Art)

WHO-Richtwert

Geltender
EU-Grenzwert

Grenzwert neue Richtlinie
(ab 2030)

Feinstaub PM2,5

Jahr

5 µg/m³

25 µg/m³

10 µg/m³

Feinstaub PM2,5

Tag

15 µg/m³
(3-4 Überschreitungen)

---

25 µg/m³
(18 Überschreitungen
erlaubt)

Feinstaub PM10

Jahr

15 µg/m³

40 µg/m³

20 µg/m³

Feinstaub PM10

Tag

45 µg/m³
(3-4 Überschreitungen)

50 µg/m³
(35 Überschreitungen erlaubt)

45 µg/m³
(18 Überschreitungen
erlaubt)

Stickstoffdioxid
NO2

Jahr

10 µg/m³

40 µg/m³

20 µg/m³

Stickstoffdioxid
NO2

Tag

25 µg/m³
(3-4 Überschreitungen)

---

50 µg/m³
(18 Überschreitungen
erlaubt)

Stickstoffdioxid
NO2

Einstunden

---

200 µg/m³
(18 Überschreitungen erlaubt)

200 µg/m³
(3 Überschreitungen
erlaubt)

 Tabelle1: Grenzwerte von Luftschadstoffen

 

 

3.1. Feinstaub

 

Für Feinstaub erhebt die Stadt keine eigenen Messdaten. Dies ist unter anderem auf die vorgeschriebenen aufwändigen Verfahren zurückzuführen. Hier wird ausschließlich auf die Daten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (kurz: LANUV) zurückgegriffen. Diese werden an den beiden Messstationen Aachen-Wilhelmstraße (Verkehrsstation, nur PM10) und Aachen-Burtscheid (städtischer Hintergrund, PM10 und PM2,5) erhoben.

 

PM10-Langzeitbelastung

Die PM10-Jahresmittelwerte in Aachen liegen für den Zeitraum von 2019 bis Juni 2024 deutlich unter dem geltenden gesetzlichen Grenzwert von 40 µg/m³ (Abbildung 1).

Erkennbar ist daneben, dass in Burtscheid (städt. Hintergrund) schon jetzt der zukünftige Grenzwert von 20 µg/m³ (bereits seit 2008) sicher eingehalten wird. (siehe:

Seit 2020 liegen auch die Messwerte der Wilhelmstraße unterhalb des zukünftigen Grenzwertes, was angesichts der Einstufung als verkehrlicher hot-spot als außerorderntlich positiv einzustufen ist. Insgesamt kann daher konstatiert werden, dass im gesamten Stadtgebiet schon jetzt von einer Belastungssituation auszugehen ist, die erwarten lässt, dass auch die künftigen Anforderungen (ab 2030) eingehalten werden können.

Abbildung 1: Entwicklung der jährlichen Feinstaubbelastung (PM10 in µg/m³) an den LANUV-Stationen bis Juni 2024 (Datenquelle: LANUV, Jahresauswertung nach EU-Kenngrößen).

 

PM10-Kurzzeitbelastung

Relevant beim Feinstaub (PM10) ist auch die Kurzzeitbelastung, die auf dem Tagesmittelwert basiert. Nach EU-Vorgaben ist an max. 35 Tagen im Jahr eine Überschreitung des Tagesmittelwerts von 50 µg/m³ zulässig. In der folgenden Tabelle ist zu erkennen, dass die Zahl der Tage mit erhöhter Feinstaubbelastung extrem abgenommen hat. Die Zahl der zulässigen Überschreitungstage wurde seit 2014 durchgehend eingehalten und meist deutlich unterschritten. In den letzten 8 Jahren lag die Zahl der Überschreitungstage nur noch im einstelligen Bereich.

Tabelle 1: Entwicklung der kurzzeitigen, tageweisen Feinstaubbelastung (PM10 - Überschreitungstage) an den LANUV-Stationen (Datenquelle: LANUV, Jahresauswertung nach EU-Kenngrößen).

 

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024*

Wilhelmstraße

21

12

3

7

8

5

1

2

4

2

1

Burtscheid

3

4

0

3

3

2

1

0

0

1

0

*bis Juni 2024

 

 

PM2.5

Bei den Feinstäuben (PM2.5) ist nach EU-Vorgaben ein Grenzwert von 25 µg/m³ im Jahresmittel einzuhalten. Der zukünftige Grenzwert wird ab 2030 bei 10 µg/m³ liegen. Die Abbildung 2 zeigt eine positive Entwicklung der PM2.5-Konzentrationen in Burtscheid, Aachen. Nach einem leichten Rückgang von 2018 auf 2019 haben sich die Werte auf einem niedrigen Niveau eingependelt, das unterhalb des zukünftigen, strengeren Grenzwerts liegt.

An der Verkehrsstation Aachen-Wilhelmstraße des LANUV finden keine PM2,5-Messungen statt. Geltender wissenschaftlicher Konsens ist aber, dass sich die PM2,5 Konzentration etwa auf 2/3 des PM10-Wertes beläuft. Somit würde es an der Wilhelmstraße höchstwahrscheinlich noch zu einer geringfügigen Überschreitung des Grenzwertes für PM2,5 kommen.

Abbildung 2: Entwicklung der Feinstaubbelastung (PM2,5 in µg/m³) am LANUV-Standort Burtscheid (Datenquelle: LANUV, Jahresauswertung nach EU-Kenngrößen)

3.2. Fazit Feinstaub

Es kann festgestellt werden, dass die Feinstaubbelastung in Aachen stark zurückgegangen ist, alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden und die Zielwerte für 2030 schon heute weitestgehend erreicht werden. Dennoch bleibt es weiterhin Ziel der Stadt im Sinne der Gesundheitsvorsorge durch geeignete Maßnahmen die Feinstaub- und auch die Feinstaubbelastung (PM2,5) weiter zu senken und auch in meteorologisch ungünstigen Jahren und Jahreszeiten die Anzahl der Überschreitungstage möglichst gering zu halten.

4.1. Stickstoffdioxid / NO2-Belastungen

Der maßgebliche Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) liegt bei 40 µg/m³ im Jahresmittel gemäß EU-Richtlinie bzw. 39. BImSchV. Die für die Belastung relevante Hauptquelle für NO2 in Ballungsräumen ist der Straßenverkehr. NO2 ist auch als Vorläufersubstanz für Fein- und Ultrafeinstaub (PM0,1) von großer Bedeutung für die Luftbelastung. NO2 wird an den LANUV-Messstationen Wilhelmstraße und Burtscheid im kontinuierlichen Verfahren (automatische Chemilumineszenz-Messung) gemessen. Alternativ können so genannte Passivsammler eingesetzt werden.

Die Stadt Aachen führt seit vielen Jahren an ausgewählten Immissionsorten (d.h. Orten mit hoher verkehrlicher Belastung) im Stadtgebiet eigene Messungen mit Passivsammlern nach den Vorgaben der 39. BImSchV durch. Mitte des Jahres 2018 wurde das städtische Messnetz deutlich erweitert, um auch Bereiche mit einer hohen Fußgängerfrequenz und einer geringeren Verkehrsbelastung abbilden zu können. Damit sollte ein umfassenderes Belastungsbild erzeugt werden.

Abbildung 3 zeigt die Entwicklung von NO2 an sechs ausgewählten Belastungsschwerpunkten der stadteigenen Messungen mit den monatlich erfassten NO2-Werten ab 2018 und die Messungen des LANUV an der Wilhelmstraße. Die Werte der LANUV Station in Burtscheid werden hier nicht aufgeführt, da diese zwischen 16 μg/m³ und < 10 μg/m³ somit auf sehr niedrigem Niveau seit 2019 liegen.

Deutlich zu erkennen ist der abnehmende Trend seit Mitte 2019. Ausreißer in einzelnen Monaten können durch langanhaltende, stabile und austauscharme Wetterlagen (Hochdruckwetterlagen) erklärt werden, die zu einer Anreicherung von Immissionen im Aachener Stadtgebiet führen und die Messergebnisse nachhaltig beeinflussen. Fehlende Messergebnisse auf der orangen Trendlinie können durch Vandalismus / Messausfälle in diesen Zeiträumen erklärt werden.

Auf das Jahresmittel bezogen, liegen alle Messtationen seit 2020 unter dem Grenzwert von 40 μg/m³ (Abbildung 4). Mit Hinblick auf den ab 2030 geltenden Wert von 20 μg/m³ sind die Belastungen aber noch zu hoch.

 

Von 2018 bis 2023 konnten an allen Stationen zwischen 37 % und 47 % Stickstoffdioxid eingespart werden.

 

Tabelle 2:Prozentuale Einsparungen an Stickstoffdioxid von 2018 bis 2023 (Datenquelle: LANUV; eigene Berechnungen).

 

Prozentuale Einsparung 2018-2023

Römerstraße

-39%

Peterstraße

-47%

Monheimsallee

-41%

Jülicher Straße

-44%

Roermonder Straße

-43%

Seilgraben

-45%

Wilhelmstraße

-37%

 

Abbildung 3: Entwicklung der NO2-Belastung an städtischen Messstellen (Hot Spots) erfasst durch Passivsammelmethode zwischen 01/2018 und 06/2024 (Datenquelle: eigene Messungen der Stadt Aachen; LANUV).

 

Abbildung 4: Entwicklung der jährlichen NO2-Belastung in Aachen an verschiedenen Messstellen (Datenquelle: eigene Messungen der Stadt Aachen; LANUV

 4.2. Fazit Stickstoffdioxid

Insgesamt ist an den NO2-Belastungsschwerpunkten sowohl bei den LANUV-Stationen als auch bei den stadteigenen Messungen ein kontinuierlicher Rückgang des Jahresmittelwertes zu verzeichnen.

Die langjährigen Anstrengungen der Stadt und aller Beteiligten im Aachener Luftreinhalteplan und gerade auch die in den letzten Jahren verstärkten Aktivitäten zeigen nun eindeutige Ergebnisse; dies spricht für eine positive Wirkung der ergriffenen Maßnahmen, die es mit Blick auf die wahrscheinlich ab 2030 geltenden geringeren Grenzwerte weiterzuführen und zu intensivieren gilt.

Aufgrund der aktuellen Tendenz zu einer stagnierenden Entwicklung der Messwerte dürfte es zukünftig erkennbar schwieriger werden, Belastungsminderungen zu erreichen. Der Ausbau der Fernwärme, die beschleunigte Einführung der Elektromobilität und eine Weiterentwicklung des Gedankens der Umweltzone können hier weitere Impulse setzen. All dies zahlt zudem auch auf die Bestrebungen der Klimaneutralitätsziele bis 2030 ein.

 

5. Weiteres Verwaltungsvorgehen

Die Verwaltung behält sich vor, geeignete Maßnahmen zur Stickstoffdioxid- und Feinstaubreduktion zu entwickeln und zu prüfen und diese der Politik zur Entscheidung vorzulegen.

 

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