Kenntnisnahme - FB 56/0566/WP18

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Beratungsfolge

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Erläuterungen

Mit Ratsantrag der Fraktion „Die Zukunft“ wurde die Verwaltung am 06.01.2021 beauftragt, ein Konzept zur kostenfreien und einfachen Bereitstellung von Menstruationsprodukten (RA 038/18) zu erarbeiten.

Mit Beschluss des  Ausschuss für Soziales, Integration und Demographie vom 23.06.2022 wurde dieser Auftrag konkretisiert und die Verwaltung beauftragt, ein einjähriges Modellprojekt zu entwickeln, dessen Ziel es sein sollte zunächst die öffentlich zugänglichen Toiletten in den publikumsintensiven Verwaltungsgebäuden Hackländerstraße und Johannes-PauI II.-Straße sowie eine weiterführende Schule mit entsprechenden Spenderautoamten auszustatten. Das Projekt sollte begleitend evaluiert werden. Dabei sollte das Verbrauchsverhalten dokumentiert und eine qualitative Befragung in der beteiligten Schule unter den Nutzerinnen durchgeführt werden.

 

In der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Integration und Demographie vom 19.01.2023 wurde das ausgearbeitete Modellvorgehen seitens der Verwaltung vorgestellt. Der Ausschuss fasste daraufhin den Beschluss die Verwaltung mit der Umsetzung des Modellprojekts zur Bereitstellung kostenfreier Menstruationsprodukte an ausgewählten Standorten zu beauftragen. Die dazu erforderlichen Mittel in Höhe von 39.300 Euro wurden entsprechend bereitgestellt. Die Standortaufstellung der Spenderautomaten war in dem Modellvorgehen erweitert worden, um eine bessere Evaluationsbasis zu haben.

 

Die hier vorgelegte Vorlage fasst nun die Ergebnisse und Erfahrungswerte aus dem Modellprojekt zusammen und schlägt ein weiteres Vorgehen vor.

 

  1. Einordnung der Thematik im internationalen Vergleich

 

In zahlreichen anderen Ländern wie Schottland, Neuseeland und Frankreich sind frei verfügbare Hygieneartikel für Frauen im öffentlichen Raum mittlerweile zur Normalität geworden. Das Aufstellen von Automaten, in denen kostenlose Hygiene-Artikel verfügbar sind, soll dabei mehrere Funktionen erfüllen. Zum einen ermöglichen sie Frauen und Mädchen mit finanziellen Problemen den zuverlässigen Zugang zu geeigneten Produkten und tragen zur finanziellen Entlastung bei. Daneben können sie in Situationen Abhilfe schaffen, in denen das Eintreten der Blutungen z.B. von der Regelmäßigkeit abweichend erfolgt. Positiv beurteilt wird auch, dass durch die Aufstellung solcher Automaten im öffentlichen Raum (auch in Schulen) das Thema mehr in den Alltag integriert wird und damit zur Enttabuisierung der Thematik beiträgt.

 

Die Vorgehensweisen zur Einführung solcher Spenderautomaten mit Menstruationsprodukten erfolgte sehr unterschiedlich, in der Regel jedoch zunächst in Erprobungsphasen. Dieses Vorgehen wurde auch seitens Verwaltung und Politik aufgegriffen und als Pilotprojekt in die Umsetzung gebracht.

 

  1. Pilotprojekt Aachen - Erfahrungen

 

  1.        Vorgehen

 

Mit den oben benannten Beschlüssen wurde im Rahmen des Projektes geplant 49 Damentoiletten mit Spendersystemen auszustatten. Als Standorte wurden alle Gesamtschulen Aachens (4 Standorte) sowie die Verwaltungsgebäude Katschhof, Mozartstraße und Hackländerstraße ausgewählt.

 

Die Anschaffung der Spendersysteme und Materialien erfolgte mittels Ausschreibung über das Gebäudemanagement. Die Anbringung der Spender fand direkt im Anschluss an die Vergabe im August 2023 statt. Die Nachbefüllung der Systeme wurde in den Leistungskatalog der Reinigungskräfte integriert.

 

Die Kosten für die Spender und Erstbefüllung teilten sich dabei wie folgt auf:

Anschaffung/Anbringung von 49 Spendern: 8.221,71 €

Erstbefüllung der Spendersysteme: 1.134,98 €

 

Im Zuge der Information der Schulen zur Anbringung der Spendersysteme, kam es seitens der Maria-Montessori-Gesamtschule zu kritischen Rückmeldungen. Es bestanden große Bedenken, da es bereits im laufenden Betrieb größere Probleme mit Verunreinigungen der Toilettenräume u.a. mit vorhandenen Verbrauchsmaterialien wie Toilettenpapier kam. Da befürchtet wurde, dass die Toiletten dann mit Binden und Tampons verstopft werden würde, entschied die Schule Menstruationsprodukte im Sekretariat zur Verfügung zu stellen, aber nicht Spendersysteme in den Toiletten anzubringen.

 

In der Gesamtschule Aachen Brand, der 4. Aachener Gesamtschule sowie der Gesamtschule Laurensberg wurden die Systeme angebracht.  Die Schulleitungen wurden über die Intention des Vorhabens sowie die geplante Evaluation im Folgejahr in Kenntnis gesetzt und darum gebeten über geeignete schulinterne Kommunikationskanäle die Schüler*innen zu informieren.

 

  1.        Evaluation 2024

 

Quantitative Aspekte

Im Hinblick auf den quantitativen Verbrauch zeigte sich, dass lediglich die Gesamtschule Brand in 2023 eine Nachbestellung von Spendermaterial in Höhe von 137,66 Euro tätigte. In 2024 meldeten die Gesamtschule Hander Weg und das Verwaltungsgebäude Hackländerstraße bis 12.11.2024 Nachbestellungen in Höhe von 898,04 Euro an.

 

Die Kosten für das laufende Material der angebrachten 49 Spender beliefen sich damit auf insgesamt 2170,68 € (1.272,63 Euro in 2023 und 898,04 Euro in 2024). Die Gesamtkosten für das Projekt lagen mit den Anschaffungen somit bei 10.392,39 €.

 

Qualitative Befragung

Nach einer Laufzeit von 7 Monaten wurde in den Schulen die angekündigte Evaluation im Zeitraum vom 13.03 bis 26.04.2024 durchgeführt. Die Befragung erfolgte in Abstimmung mit dem Fachbereich Kinder, Jugend und Schule als Online-Befragung mittels QR-Code, der an den Spendersystemen angebracht war. Die Schulleitungen wurden gebeten die Schüler*innen zu motivieren an der Befragung teilzunehmen. Alternative Befragungswege (z.B. mittels Papierbögen) wurden bei Bedarf ebenfalls angeboten.

 

Im Zuge der Information zur Befragung stellte sich heraus, dass in der Gesamtschule Brand im Verlauf der 7 Monate die Auffüllung der Spender nicht mehr fortgesetzt worden war, weil es zu massiven Problemen mit den Materialien gekommen war. Wie von der Maria-Montessori-Schule befürchtet, waren die Materialien benutzt worden, um Toiletten zu verstopfen, wurden ohne echte Nutzungsabsicht in größeren Mengen aus den Spendern gezogen und auch außerhalb der Toilettenräume verteilt. Der Nutzen der Spender stand in keinem Verhältnis mehr zu den dadurch verursachten Problemen wie Beschädigung der Toilettenanlagen, Verschmutzungen innerhalb und außerhalb der Toilettenräume und dem zusätzlich erforderlichen Reparatur- und Reinigungsaufwand.

 

Abseits der Befragungsergebnisse sind solche Erfahrungen auch als ein Ergebnis des Projektes zu bewerten. Hierzu wird abschließend noch ein Fazit gezogen.

 

Beteiligt an der Befragung haben sich bis zum Ende des Evaluationszeitraumes 60 Schülerinnen.

 

Befragt wurden die Nutzerinnen u.a. dazu wie häufig (regelmäßig, gelegentlich, nie) sie das Angebot in Anspruch genommen haben. Dabei zeigte sich, dass die Mehrheit (54%) die Spender regelmäßig oder gelegentlich zur Versorgung mit Menstruationsprodukten nutzten.

 

 

 

Die Zufriedenheit mit dem Angebot bewerteten die Nutzerinnen überwiegend (38,3%) positiv, rund 33,3% hatten eine neutrale Haltung dazu und 28,4% waren nicht zufrieden mit dem Angebot. Die Begründung für die Unzufriedenheit wurde in der nicht fortlaufend gesicherten Befüllung der Spendersysteme gesehen, was dazu führte, dass man nicht darauf vertrauen konnte, dass das Material zur Verfügung stand. Die neutralen Haltungen begründeten sich u.a. damit, dass die Artikel und Spender als Selbstverständlichkeit gesehen wurden oder das Angebot für die eigene Nutzung (noch) keine so große Rolle gespielt hat.

 

Im Hinblick darauf was das Nutzungsverhalten beeinflusst hat, gaben 3% der Befragten an, dass sie die Spender gezielt zur Kostenersparnis für Menstruationsprodukten nutzen. Die Mehrheit gab an, dass es einfach immer dann genutzt wurde, wenn die Spender aufgefüllt waren und Bedarf vorhanden war (57%). Für 15% war die Materialauswahl ausschlaggebend für die Nutzung, d.h. dass bei Bedarf z.B. Tampons dort verfügbar waren und man selbst nur mit Binden ausgestattet war. Rund 12% gaben an, dass die komfortable Bedienbarkeit der Geräte sie zur Nutzung der Geräte motiviert hat.

 

Die verbleibenden 13% der Nutzerinnen gaben „sonstige“ Gründe an, aber machten keinen Gebrauch von der Möglichkeit konkretere Angaben zu dieser Kategorie zu machen.

 

Gefragt danach ob eine Fortsetzung des Projektes sinnvoll ist/gewünscht ist, sprachen sich 90% der Befragten dafür aus. Die 10%, die sich dagegen aussprachen machten keine Angaben für ihre negative Haltung.

 

  1. Fazit

 

Das Projekt hat gezeigt, dass keine einheitliche oder grundsätzliche Schlussfolgerung für oder gegen die Einführung von Spendersystemen gezogen werden kann.

 

Dort, wo bereits große Probleme mit Verunreinigungen der sanitären Anlagen bestehen, können solche Systeme zu einer Verschärfung der Problematik beitragen. Diesbezügliche Problemlagen im Hinblick auf Vandalismus und mutwillige Verunreinigungen sind in den Aachener Schulen unterschiedlich, zum Teil temporär und letztlich nicht vorhersehbar. Darüber hinaus wird deutlich, dass die Einschätzung und Haltung der jeweiligen Schulleitung ein entscheidender Faktor für die Umsetzung und den Betrieb sind.

Anders stellt sich die Situation bei den Installationen an den Verwaltungsstandorten dar. Hier kann ein durchweg positives Fazit gezogen werden. Das Spenderangebot wurde nachgefragt, es gab keine neuartigen Verschmutzungen oder Probleme durch das Angebot.

Vor diesem Hintergrund kann die Verstetigung des Angebots in einigen ausgewählten Verwaltungsgebäuden sowie in Schulen, die dies befürworten, perspektivisch eine sinnvolle Maßnahme darstellen.

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