Kenntnisnahme - AVV/0168/WP18
Grunddaten
- Betreff:
-
Entwicklung der Digitalisierung im AVV
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- Aachener Verkehrsverbund
- Verfasst von:
- AVV
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Geplant
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Mobilitätsausschuss
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Kenntnisnahme
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13.03.2025
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Erläuterungen
Die Verbundgesellschaft arbeitet intensiv und zielgerichtet gemeinsam mit den Partnerunternehmen an der Umsetzung digitaler Projekte im AVV, die bereits umfassend in vergangenen Sitzungen vorgestellt wurden. Im Folgenden soll auf die aktuellen Entwicklungen eingegangen werden. Gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen und den erlösverantwortlichen Aufgabenträgern go.Rheinland und Kreis Düren werden kontinuierlich Synergien geschaffen, die organisatorische und finanzielle Vorteile bringen. Durch den systematischen Aufbau einer technischen Basis, die auf die Vereinheitlichung von Funktionen, Vernetzung bestehender Systeme und die Berücksichtigung sämtlicher Sicherheitsaspekte abzielt, wird die Grundlage für die Umsetzung digitaler Projekte im AVV geschaffen. Für den Betrieb, die Weiterentwicklung und Weiterverbreitung dieser regional verankerten Systeme mit der AVV GmbH als Betreiberin spielt die in den letzten Jahren bei der Verbundgesellschaft aufgebaute Kompetenz mit überregionaler Ausstrahlungskraft eine zentrale Rolle.
Durch die verbundweit einheitlichen und grenzüberschreitend nutzbaren naveo-Apps wird die Mobilität im gesamten AVV und im go.Rheinland-Gebiet für die Fahrgäste nahtlos über verschiedene Tarif- und Mobilitätsangebote hinweg verknüpft und als ganzheitliches Mobilitätserlebnis wahrgenommen, das so einfach wie noch nie zuvor ist.
Von der Region für die Region: Digitale Lösungen für einen starken ÖPNV
Ziel der Digitalisierungsstrategie ist es, die tariflich und vertrieblich bestehenden Zugangsbarrieren zur Nutzung des ÖPNV durch die konsequente Digitalisierung abzubauen und somit einen wirkungsvollen Beitrag zur Verkehrswende zu leisten. Die steigenden Nutzer- und Verkaufszahlen in naveo sind ein eindeutiger Hinweis auf die Akzeptanz und das Potenzial der Digitalisierung. Die Zahl der registrierten Nutzer stieg zuletzt von 44.048 (Stand: 31.08.2024) auf 50.498 (Stand: 31.01.2025). Seit Beginn der App im Juni 2022 wurden insgesamt 244.502 Tickets über naveo verkauft und erzielten einen Gesamtumsatz (Brutto) in Höhe von 2.206.000 Euro (ohne D-Tickets). Gemeinsam mit der Ausgabe der D-Tickets über naveo liegt der Gesamtumsatz (Brutto) bei 5.115.000 Euro (Ausgabe der D-Tickets ab 31.08.2024 auf Basis des bisherigen Durchschnitts berechnet).
Dies wird durch umfangreiche Funktionen und den multimodalen Funktionsumfang der naveo-App ermöglicht, die alle Zielgruppen kundenfreundlich anspricht und zukünftig weiter wachsen wird. Die permanente Optimierung der App trägt maßgeblich zur positiven Nutzererfahrung bei. Neben einer kontinuierlichen Verbesserung der Usability wird auch die mögliche Steigerung der Barrierefreiheit stetig überprüft, um die Zugangsbarrieren zu reduzieren.
Dass sich die Akteure einheitlich und partnerschaftlich für die Etablierung einer zentralen Marke und App ausgesprochen haben, stellt in der ÖPNV-Landschaft eine bemerkenswerte Besonderheit dar. Durch die gebündelte und zielgerichtete partnerschaftliche Arbeit im AVV werden nicht nur Synergien gebildet, sondern die Digitalisierung gemeinschaftlich nach vorne getrieben, um die Attraktivität für den Fahrgast verbundweit einheitlich und flächendeckend zu steigern und somit den Zugang zu umweltfreundlichen Mobilitätsformen zu vereinfachen.
Bereits zu Beginn der Einführung des Elektronischen Ticketings wurde das Konzept einer mandantenfähigen, Zentralen Vertriebsplattform (naveo Core) mitgedacht. Naveo Core fungiert als Vernetzungsplattform, die als Vermittler zwischen den Hintergrundsystemen und den Apps vielfältige Funktionen zentral übernimmt. Im Gegensatz zu anderen Regionen hat man sich im AVV inklusive go.Rheinland gemeinschaftlich darauf verständigt, im Sinne der Fahrgäste eine durch alle Partner gemeinsam getragene zentrale Plattform zu schaffen anstelle auf Insellösungen zu setzen. Naveo Core bildet die vertriebliche Grundlage für eine einheitliche Mobilitätswelt im AVV und gesamten go.Rheinland-Gebiet. Dank des modularen Systemaufbaus können auch Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger aus weiteren Regionen als Mandanten naveo Core nutzen. Aktuell erfolgt die Umsetzung zum Einsatz von naveo Core in Rheinland-Pfalz und Westfalen, wodurch die Plattform weiter an Bedeutung gewinnt und weitere Synergien für alle beteiligten Partnerunternehmen geschaffen werden.
Auch auf der Ebene der App setzen die Partnerunternehmen im AVV auf Synergien und eine gemeinsame Lösung. Anstatt individuelle Entwicklungen voranzutreiben, haben sich die Verkehrsunternehmen bereits im Jahr 2022 gemeinschaftlich darauf verständigt, die bisherige App der Verbundgesellschaft „avvconnect“ als zentrale und neutrale App unter dem Namen „naveo“ voranzutreiben. Naveo bildet das Frontend für die Funktionalitäten von naveo Core (Ticketing, eTarif, Abo Online, JobTicket Online, Semesterticket Online, Schülerticket Online, multimodale Dienste, Tarifrechner etc.) sowie der Auskunft und Fahrgastinformation im Bedienungsgebiet (AVV- und go.Rheinland-Gebiet, sowie darüber hinaus NRW-weit sowie grenzüberschreitend für die gesamte Euregio Maas-Rhein). Durch die Bündelung von Ressourcen und eine gemeinsame technologische Basis werden Entwicklungs- und Betriebskosten langfristig reduziert.
Die verbundweite, gemeinsame Entwicklung gewährleistet, dass Fahrgäste in der gesamten Region auf einheitliche Funktionen und Services zugreifen können – unabhängig davon, mit welchem Verkehrsunternehmen sie unterwegs sind. Durch die über Jahre aufgebaute, stabile Systemarchitektur konnte auch die Einführung des Deutschlandtickets im gesamten AVV reibungslos umgesetzt werden. Im AVV kommt eine hochsichere Ticketing-Infrastruktur zum Einsatz, die Manipulationen verhindert und sicherstellt, dass keine gefälschten Tickets in Umlauf gelangen.
Mobilität neu gedacht: MaaS für eine vernetzte und umweltfreundliche Zukunft
Um die zukunftsorientierte Wettbewerbsfähigkeit am Markt zu stärken, wandeln sich die Verkehrsunternehmen zunehmend zu ganzheitlichen Mobilitätsanbietern. Die Digitalisierung vereinfacht den Zugang zu Mobilitätsangeboten, beschleunigt durch die Einführung des Deutschlandtickets, die eine disruptive Neuordnungen der landesweiten Tarifsysteme nach sich zieht. Zudem agieren zunehmend mehr Mobilitätsserviceanbieter (MSP) am Markt und bieten individualisierte Verkehrsformen an. Über naveo Core erhalten die Verkehrsunternehmen die Chance, ihren Kunden das ÖPNV-Produktportfolio in Kombination mit neuen Mobilitätsformen anzubieten. Auf diese Weise generieren die VU einen Mehrwert für ihre Bestandskunden, können zudem aber auch neue Kundengruppen gewinnen. Das Ziel besteht darin, einen Beitrag zur Verkehrsverlagerung zugunsten des Umweltverbundes zu leisten, wobei der ÖPNV das Rückgrat bildet, und zur Vision der Verbesserung der Lebensqualität in der Region beizutragen.
Die Verkehrsunternehmen im AVV, der Kreis Düren und der Zweckverband go.Rheinland als erlösverantwortliche Aufgabenträger sowie die AVV GmbH verständigten sich 2023 auf den „Grundlagenvertrag über das Angebot und den Vertrieb multimodaler Mobilitätsservices“ (kurz Grundlagenvertrag MMV). Dieser regelt die Vereinbarung aller Parteien zur Einführung multimodaler Mobilitätsservices und die grundsätzliche Frage der Organisation und Rollenverteilung. Der Grundlagenvertrag verdeutlicht die herausragende Kooperation der Verkehrsunternehmen, erlösverantwortlichen Aufgabenträger und Verbundgesellschaft, die in dieser oder ähnlicher Form einzigartig in NRW und einer der wenigen deutschlandweit ist.
Die weiteren gemeinsamen Tätigkeiten für einen multimodalen Vertrieb im AVV bauen auf den Grundlagenverträgen MMV und naveo auf. Gegenüber den Kunden der Verkehrsunternehmen entsteht eine weitere gemeinschaftliche App unter naveo-Branding (vorläufiger Arbeitstitel „naveo B“), mit der sie komfortabel multimodale Mobilitätsservices nutzen (informieren, buchen, reservieren, zahlen etc.) können. Für die technische Umsetzung der App als Frontend, deren Backend sowie deren Schnittstelle zu naveo Core, startete die AVV GmbH im Oktober 2024 eine europaweite Ausschreibung. Die Beauftragung findet nach aktueller Zeitplanung im dritten Quartal 2025 statt.
Mit easyConnect grenzüberschreitend mobil
Mobilität macht nicht an Landesgrenzen halt. Um eine möglichst einfache Nutzbarkeit des ÖPNV auch über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen, wird im Rahmen von easyConnect an der Schaffung von Interoperabilität im grenzüberschreitenden Ticketing und konkret an der Verknüpfung des deutschen und niederländischen eTarifs gearbeitet. Im Rahmen dieses Leuchtturmprojekts der ÖPNV Digitalisierungsoffensive NRW koordiniert der AVV die Entwicklung und Erprobung eines integrierten grenzüberschreitenden Ticketings zwischen NRW und den Niederlanden.
Aufbauend auf der Funktionalität von eezy.nrw, können durch easyConnect Fahrten per Check-In/Check-Out nicht nur innerhalb von NRW, sondern über die Landesgrenze hinweg bis Maastricht (NL) unternommen werden. Somit können deutsche Fahrgäste aus der von ihnen genutzten naveo-App Fahrten in die Niederlande unternehmen – ohne sich vorab eine OV-Chipkaart kaufen oder eine niederländische App herunterladen zu müssen. Grenzüberschreitendes Reisen wird für den Fahrgast somit so einfach wie nie zuvor.
Die aktuell laufende Pilotphase ermöglicht Testfahrten auf dem Korridor Köln - Aachen – Maastricht. Bereits gegenwärtig arbeitet der AVV in enger Abstimmung mit dem Land NRW an einer Skalierung des Ansatzes und strebt eine Ausweitung des Gültigkeitsbereichs auf ganz NRW auf deutscher Seite und die gesamte Provinz Limburg auf niederländischer Seite an. Zudem finden derzeit erste Abstimmungsgespräche mit dem belgischen Verkehrsministerium sowie der belgischen Bahn (SNCB) statt mit dem Ziel, auch einen Testkorridor in Richtung Belgien zu etablieren.
Erfolgreiche Kommunikation für die digitale Transformation im ÖPNV
Die Herausforderung im ÖPNV liegt weniger in der Digitalisierung selbst, sondern vielmehr darin, bestehende Fahrgäste von den neuen digitalen Angeboten zu überzeugen. Viele sind durch jahrzehntelange Gewohnheiten geprägt und tun sich schwer, von alten Verhaltensmustern abzuweichen. Der Wandel ist jedoch notwendig, um den öffentlichen Nahverkehr zukunftsfähig und kundenorientiert zu gestalten. Durch die Digitalisierung können Menschen erreicht werden, die bisher aufgrund von Komplexität oder unübersichtlichen Angeboten vom umweltfreundlichen ÖPNV abgehalten wurden. So wird der öffentliche Nahverkehr nicht nur für bestehende, sondern auch für potenzielle neue Fahrgäste attraktiver. Gleichzeitig erfordert es gezielte Maßnahmen und eine klare Kommunikation, um eingefahrene Verhaltensweisen zu durchbrechen und die Akzeptanz neuer digitaler Angebote bei den bestehenden Fahrgästen zu steigern. Nur durch diese Transformation kann der ÖPNV langfristig erfolgreicher und für alle Nutzer zugänglicher gemacht werden.
Insbesondere der eTarif „eezy“ bedarf einer intensiven Informations- und Marketingstrategie, um das Bewusstsein für dessen Vorteile zu schaffen und mögliche Hemmschwellen abzubauen.
Zur zielgerichteten Einführung und Verankerung der digitalen Produkte in der Bevölkerung wurden umfassende und crossmediale Marketingmaßnahmen ergriffen. Diese Maßnahmen erfolgen in enger Abstimmung mit den Verkehrsunternehmen im AVV und kombinieren digitale sowie klassische Kommunikationskanäle. So wurden unter anderem digitale Werbemaßnahmen auf Social Media, Webseiten und in der App naveo geschaltet, Out-of-Home-Kampagnen an Haltestellen, Bahnhöfen und hochfrequentierten Standorten, Sports in regionalen Kinos sowie Online- und Printwerbung in regionalen Medien.
Zusätzlich wurden gezielte Promotion-Aktionen im Rahmen großer Veranstaltungen durchgeführt, um den eTarif eezy und die App naveo direkt bei potenziellen Nutzenden vorzustellen. So waren Promotionteams in Düren während der Annakirmes, auf dem Stadtfest „Hückelhoven Brummt“ sowie beim September Special in Aachen unterwegs. Auch zum Valentinstag fand in Aachen, Düren, Eschweiler und Geilenkirchen eine Verteilung von Blumen mit Informationspostkarten statt.
Auch Senioren wurden gezielt angesprochen. So waren Mitarbeiter der Verbundgesellschaft und der Rurtalbus bei Veranstaltungen des Seniorenbeirats der Stadt Düren, Mitarbeitende der ASEAG auf Veranstaltungen in der Stadt Stolberg, um Senioren die Nutzung der App und den neuen eTarif zu erklären.
Durch diese Maßnahmen konnte eine breite Zielgruppe erreicht werden. Die direkte Ansprache hat sich als effektives Mittel erwiesen, um Hemmschwellen gegenüber digitalen Angeboten abzubauen und die Nutzung des eTarif „eezy“ zu fördern. Für die kommenden Monate sind weitere zielgruppenorientierte Maßnahmen geplant, um die Bekanntheit und Nutzung der digitalen Angebote weiter zu steigern. Im beiliegenden Heft sind exemplarisch einige Kampagnen, Bausteine und Motive dokumentiert.
Um das Informationsangebot zu verbessern, ist die Website der Verbundgesellschaft nun zusätzlich in den Sprachen Englisch, Niederländisch und Französisch verfügbar. Zudem lassen sich alle Informationen in leichter Sprache abrufen. Damit wird das Informationsangebot deutlich verbessert und vereinfacht.
Einnahmensicherung durch digitale Vertriebsangebote: Ein entscheidender Faktor für die regionale ÖPNV-Finanzierung
Die Einführung des Deutschlandtickets hat den Wettbewerb im Ticketvertrieb grundlegend verändert. Fahrgäste können ihr Ticket bei jedem Anbieter deutschlandweit erwerben, wodurch die Gefahr besteht, dass Einnahmen zunächst zu zentralen, bundesweit agierenden Unternehmen wie der Deutschen Bahn abfließen. Dies hat direkte Auswirkungen auf die finanzielle Stabilität der regionalen Verkehrsunternehmen. Seit dem 01.01.2025 kommt im Rahmen des Deutschlandtickets eine Vertriebsprovision zur Anwendung, so dass pro verkauftem Ticket bis zu 2,72 Euro pro Monat bei dem vertreibenden Unternehmen verbleiben. Bei knapp 160.000 im AVV ausgegebenen Deutschlandtickets pro Monat macht dies einen erheblichen Betrag aus.
Um die wirtschaftliche Basis der kommunalen Verkehrsunternehmen zu sichern und die ÖPNV-Finanzierung auf regionaler Ebene nachhaltig zu gewährleisten, ist es von zentraler Bedeutung, die Einnahmen in der Region zu halten. Ein leistungsfähiger, nutzerfreundlicher digitaler Vertrieb trägt daher auch zur Einnahmensicherung bei.
Zusätzlich bietet ein kundenorientierter, regional verankerter Support einen wichtigen Wettbewerbsvorteil gegenüber zentralisierten Anbietern. Durch persönliche Erreichbarkeit, lokalen Kundenservice und eine gezielte Kundenkommunikation können regionale Verkehrsunternehmen ihre Fahrgäste besser an sich binden und so langfristig ihre Einnahmen sichern.
