Kenntnisnahme - FB 68/0176/WP18

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Erläuterungen

Die TEN-V

Im Juli 2024 ist die Verordnung (EU) 2024/1679 über Leitlinien der Union für den Aufbau eines Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) in Kraft getreten (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32024R1679). Sie definiert allgemeine Ziele und Prioritäten sowie spezielle technische Anforderungen für das TEN-V-Netz.

 

Das TEN-V umfasst Schienenstrecken, Binnenwasserstraßen, Kurzstreckenseeverkehrsrouten und Straßen. Es besteht aus drei Ebenen: dem Kernnetz, dem erweiterten Kernnetz und dem Gesamtnetz. Das Kernnetz soll spätestens bis 2030, das erweiterte Kernnetz bis 2040 und das Gesamtnetz bis 2050 vollendet sein.

 

Auf dem Kernnetz und dem erweiterten Kernnetz definiert die TEN-V Verordnung neun Korridore, welche die wichtigsten Langstreckenverkehrsachsen des Binnenmarktes darstellen. Fünf dieser Korridore führen durch Deutschland. Sie sind multimodal angelegt und sollen vor allem grenzüberschreitende Verbindungen innerhalb der EU und ihrer Nachbarstaaten stärken und verbessern. In den Anhängen der Verordnung befinden sich Übersichtskarten für Straße, Schiene und Wasserstraße sowie Listen der zum TEN-V gehörenden städtischen Knoten, der See-, Binnen- und Flughäfen sowie der Umschlagterminals.

 

In der TEN-V sind als städtische Knoten insgesamt 424 Großstädte benannt wurden, davon 78 in Deutschland und 27 in Nordrhein-Westfalen. Auch Aachen ist Teil dieses Transeuropäischen Netzes und stellt darin einen dieser städtischen Knoten dar entlang der Achse Calais – Lille – Brüssel – Lüttich – Aachen - Köln – Frankfurt bzw. Rotterdam – Antwerpen – Lüttich – Aachen – Köln – Hannover.

 

Ziele der TEN-V

Folgende zentrale Ziele sollen mit der TEN-V erreicht werden, wobei der letztgenannte Punkt für Aachen von besonderer Relevanz ist:

  •           Es sollen im Sinne des New Green Deal mehr Transporte von Personen und Gütern auf nachhaltigere Verkehrsmittel verlagert werden.
  •           Züge sollen spätestens 2040 im TEN-V-Kernnetz und im erweiterten Kernnetz mit mind. 160 km/h fahren können. Das Europäische Eisenbahnverkehrsleitsystem (ERTMS) soll im gesamten TEN-V-Netz als einheitliches europäisches Signalgebungs-System eingeführt werden. Es sollen 740 m-Züge über das gesamte Netz hinweg ermöglicht werden.
  •           Die Zahl der Umschlagterminals muss sich im Einklang mit den derzeitigen und erwarteten Verkehrsströmen und den Bedürfnissen des Sektors entwickeln.
  •           Im Straßenverkehr soll es im Kernnetz und im erweiterten Kernstraßennetz des TEN-V bis 2040 im Durchschnitt alle 150 km sichere Parkplätze geben.
  •           Großflughäfen mit mehr als 12 Millionen Passagieren pro Jahr müssen über den Schienenfernverkehr angebunden werden.
  •           Kurzstreckenseeverkehrsrouten sollen ausgebaut und neue geschaffen werden und für Seehäfen sollen die Hinterland-Anbindungen weiterentwickelt werden.
  •           Alle 430 Großstädte des TEN-V-Netzes müssen bis zum 31.12.2027 einen Plan für eine nachhaltige urbane Mobilität (SUMP) verabschieden, der den Leitlinien für SUMPs entspricht.

 

Mit der Verordnung will die EU u.a. sicherstellen, dass die Anbindung der Knoten nach einem gleichartigen Planungssystem sichergestellt wird.

 

Um die Städte zur Umsetzung eines SUMP zu verpflichten, soll die Vergabe von Fördermitteln an das Vorhandensein eines SUMP geknüpft werden. Ein den Anforderungen an einen SUMP genügender lokaler Plan für Aachen stellt eine Voraussetzung dar, um voraussichtlich ab 2028 Fördermittel der EU für die Umsetzung von SUMP-Maßnahmen erhalten zu können.

 

Vorgaben für einen SUMP

 

Zitiert aus TEN-V ANHANG V: LEITLINIEN FÜR DIE PLANUNG EINER NACHHALTIGEN URBANEN MOBILITÄT IN STÄDTISCHEN KNOTEN

 

„1. Ziele

Im Mittelpunkt eines Plans für nachhaltige urbane Mobilität (sustainable urban mobility plan, SUMP) sollte das Ziel stehen, die Zugänglichkeit im funktionalen Stadtgebiet für alle Nutzer, einschließlich Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität, zu verbessern und für eine hochwertige, sichere, nachhaltige und emissionsarme Mobilität durch das funktionale Stadtgebiet hindurch und innerhalb dieses Gebiets zu sorgen, wobei die Rolle zu berücksichtigen ist, die öffentlicher Verkehr und aktive Mobilität zu diesem Zweck spielen können. Insbesondere sollten die emissionsfreie und emissionsarme Mobilität und die Umsetzung eines städtischen Verkehrssystems unterstützt werden, das zu einer besseren Gesamtleistung des Transeuropäischen Verkehrsnetzes beiträgt, indem vor allem eine Infrastruktur für den nahtlosen Verkehr emissionsfreier und emissionsarmer Fahrzeuge und multimodale Personenverkehrsknoten, die die Einbindung der ersten und letzten Meile erleichtern, sowie multimodale Güterterminals entwickelt werden, die städtische Knoten bedienen.

 

2. Langfristige Vision und kurzfristiger Umsetzungsplan

Ein SUMP sollte eine langfristige Strategie für die künftige Entwicklung von Verkehrsinfrastruktur und multimodalen Diensten enthalten oder mit einer solchen bereits bestehenden langfristigen Strategie verknüpft sein. Er sollte darüber hinaus Vorgaben enthalten, wie sich mit dieser Strategie kurzfristig Ergebnisse erzielen lassen. Der Plan sollte in einen integrierten Ansatz für die nachhaltige Entwicklung des Stadtgebiets eingebettet und mit dem jeweiligen Flächennutzungsplan und der entsprechenden Raumplanung verknüpft sein. Sowohl die langfristige Vision als auch der kurzfristige Umsetzungsplan sollten auch in finanzieller Hinsicht direkt im SUMP oder alternativ unter Bezugnahme auf andere bestehende übergeordnete oder damit zusammenhängende Planungen angegangen werden, ohne finanzielle Verpflichtungen vorwegzunehmen.

 

3. Integration verschiedener Verkehrsträger

Ein SUMP sollte den multimodalen Verkehr fördern, indem verschiedene Verkehrsträger und Maßnahmen zur Erleichterung einer zugänglichen, nahtlosen und nachhaltigen Mobilität integriert werden. Er sollte Maßnahmen enthalten, die den Anteil nachhaltigerer Verkehrsträger — beispielsweise des öffentlichen Verkehrs, der geteilten Mobilität, der aktiven Mobilität und gegebenenfalls der Binnenschifffahrt und des Seeverkehrs — erhöhen. Auch sollte er Maßnahmen zur Förderung emissionsfreier und emissionsarmer Mobilität, insbesondere im Hinblick auf die Ökologisierung der urbanen Flotte, die Verbesserung der Zugänglichkeit für alle Nutzer und die Verringerung der Verkehrsüberlastung sowie die Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit gemäß den Straßenverkehrssicherheitsstandards in der Union, vor allem für besonders gefährdete Verkehrsteilnehmer, gegebenenfalls einschließlich Nutzern aktiver Verkehrsträger, enthalten.

 

4. Wirksames Funktionieren des Transeuropäischen Verkehrsnetzes

Ein SUMP sollte den Auswirkungen gebührend Rechnung tragen, die sich aus den verschiedenen städtischen Maßnahmen im Bereich der Personen- und Güterverkehrsflüsse für das Transeuropäische Verkehrsnetz ergeben, damit ein nahtloser Verkehr im Transit durch städtische Knoten, bei deren Umgehung oder ihrer Anbindung auch mit emissionsfreien und emissionsarmen Fahrzeugen gewährleistet ist. Insbesondere sollte er dafür sorgen, dass die Verkehrsüberlastung abnimmt, die Straßenverkehrssicherheit erhöht wird und Engpässe, die die Verkehrsströme im Transeuropäischen Verkehrsnetz beeinträchtigen, beseitigt werden.

 

5. Partizipativer Ansatz

Die Entwicklung und Umsetzung eines SUMP sollte nach einem integrierten Konzept mit einem hohen Maß an Zusammenarbeit, Koordinierung und Konsultation zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen und den zuständigen Behörden erfolgen. Dabei sollten auch Bürgerinnen und Bürger, Vertreter der Zivilgesellschaft und Wirtschaftsakteure einbezogen werden.

 

6. Überwachung und Leistungsindikatoren

Ein SUMP sollte Ziele, Vorgaben und Indikatoren enthalten, die die aktuelle und künftige Leistung des städtischen Verkehrssystems darstellen. Seine Umsetzung sollte anhand von Leistungsindikatoren überwacht werden.“

 

 

Einschätzung der Verwaltung zum Aachener SUMP

Der heute in Aachen bestehende Verkehrsentwicklungsplan versteht sich seit seinem Start 2011 als SUMP. Die von 2012 bis 2016 erfolgten Tätigkeiten am SUMP wurden im Rahmen des CIVITAS-Projektes „DYN@MO“ mit europäischen Mitteln gefördert.

Beim Aachener VEP ist seine Stärke im Bereich von Zielen und Indikatoren herauszuheben; auch ein partizipativer Ansatz ist mit den Formaten Bürgerwerkstädten, Mobilitätsforen, Fachkommissionen und Lenkungsgruppe von Anfang an umgesetzt worden. Der VEP ist verkehrsmittelübergreifend angelegt und verfolgt eindeutig die Ziele einer nachhaltigen Mobilität. Durch seine Vernetzung u.a. zum IKSK, Luftreinhalteplan und zum Radentscheid gibt es sowohl mittel- und langfristige Ziele („Vision Mobilität 2050“ und Teil 2 der Mobilitätsstrategie 2030) als auch kurz- und mittelfristige Handlungsprogramme.


Handlungsbedarf

Alle städtischen Knoten müssen laut TEN-V bis zum 31.12.2027 einen den Regeln entsprechenden SUMP verabschiedet haben. Der Prozess des Aachener VEP ist zum Jahresanfang 2025 mit dem beauftragten Büro Rupprecht Consult neu aufgestellt worden, um die Erarbeitung der ausstehenden Bausteine zu beschleunigen. Die Lenkungsgruppe des VEP wurde hierüber am 19.2.2025 informiert.

 

Es ist nach Festlegung durch die EU zu definieren, welcher Bereich für Aachen als „funktionales Stadtgebiet“ zu verstehen ist. Ein SUMP ist für dieses funktionale Stadtgebiet zu erstellen. Sollte der Bereich über das Stadtgebiet Aachens hinausgehen, so sind zeitnah Abstimmungen mit den benachbarten Kommunen über einen gemeinsamen SUMP aufzunehmen.

 

Im Bereich Güterverkehr sind verstärkte Anstrengungen erforderlich; hierzu werden derzeit in einem Gutachten im Auftrag der Stadt Aachen die erforderlichen Grundlagen zusammengetragen.

 

Die EU hat sich verpflichtet, bis zum 19.07.2025 ein Indikatorenset zu veröffentlichen. Darin wird festgelegt, welche Indikatoren die städtischen Knoten an die EU berichten muss. Das Bundesverkehrsministerium hat hierzu eine Empfehlung für Deutschland entwickeln lassen. Wenn diese feststehen, sollte eine Anpassung der bereits beschlossenen Indikatoren aus dem 2. Teil der Mobilitätsstrategie 2030 geprüft werden.

 

Neben der oben zitiert dargestellten Anlage V der TEN-V gibt es SUMP-Guidelines der EU. Diese sollen bis Ende 2025 mit Blick auf die TEN-V angepasst werden. Die aktuellste deutschsprachige Fassung von Dez. 2023 ist der Fachverwaltung der Stadt Aachen bekannt und abrufbar unter: https://www.klimaschutz-bewegt.de/wp-content/uploads/SUMP_Leitfaden_Klein_Mittelstaedte-1.pdf

 

Das Verkehrsministerium des Landes NRW gibt derzeit eine Untersuchung in Auftrag, in deren Rahmen bis zum Juli 2025 für alle 27 städtischen Knoten in NRW eine Bewertung der bisher vorliegenden Pläne vorgenommen werden soll. Die dabei für eine finale Anerkennung als SUMP durch die EU erforderlichen, heute noch fehlenden Bausteine, sollen dabei benannt werden. Das Verkehrsministerium des Landes NRW stellt gleichzeitig in Aussicht, dass die Erarbeitung fehlender Bausteine im Rahmen bestehender Förderrichtlinien zu 80 % vom Land gefördert werden würden.

 

Zum Ende des Jahres 2025 soll dem Mobilitätsausschuss erneut berichtet werden, welche Auswirkungen die dann vorliegenden Ausarbeitungen für den VEP-Prozess in Aachen hat.

 

 

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