Kenntnisnahme - FB 45 n/0028/WP18

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Beratungsfolge

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Erläuterungen

Nachstehend wird über die aktuelle inhaltliche und personelle Situation, insbesondere hinsichtlich des Präventionsansatzes, der Jugendhilfe im Strafverfahren (JuHiS) berichtet. Die folgenden Informationen ergänzen den als bekannt vorausgesetzten Sachstandsbericht FB 45/0518/WP18 vom 18.06.2024 und liefern insoweit in ihrer Gesamtwertung ebenfalls Planungs- und Entwicklungsergebnisse.

 

  1. Personelle Situation:

 

Zum Herbst 2024 konnte sich die personelle Situation der JuHiS stabilisieren. Neben nunmehr insgesamt sechs vollzeit- und zwei teilzeitbeschäftigten Sachbearbeiterinnen, sowie einer teilzeitbeschäftigten Verwaltungskraft verfügt die JuHiS seit September 2024 auch über eine speziell ausgebildete Fachkraft zur Besetzung der Fachstelle „Täter-Opfer-Ausgleich“, welche auf einschlägige Berufserfahrung zurückgreifen kann.

 

  1. Jahresstatistik 2024

 

Insgesamt sind bei der JuHiS im vergangenen Jahr 1618 Verfahrenseingänge zu verzeichnen. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr lediglich einer abweichenden Negativdifferenz von 28 Verfahren (Vergleich Vorjahr: 1646 Verfahren). Hierbei wird deutlich, dass etwa zweidrittel der Delikte von männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden begangen wurden. Lediglich in spezifischen Delikten wie Unterschlagungen oder Leistungserschleichungen dominiert der weibliche Anteil an Beschuldigten.

(siehe Anlage 1 und Anlage 10 Abbildung 1)

 

Bezüglich der seit einigen Monaten in 2024 bestehenden Cannabis-Teillegalisierung konnten die entsprechenden Auffälligkeiten nicht mehr vollends erfasst werden, da diese nicht mehr die erforderliche statistisch strafrechtliche Relevanz mit sich bringen. In der Gesamtbetrachtungsweise der BTM-Vergehen und Verbrechen sind im vergangenen Jahr 101 Delikte zu verzeichnen gewesen, sodass sich die Vorjahreszahl von 144 Delikten um ca. 25 % reduziert hat. Diese Delikte beinhalten jedoch nicht ausschließlich Auffälligkeiten mit Cannabis, sondern darüber hinaus auch weitere Substanzen wie Amphetamin, Kokain, Heroin.

(siehe Anlage 10 Abbildung 2)

 

Immer wieder ist in politischen Berichten die steigende Gewaltkriminalität bei Kindern und Jugendlichen thematisiert (vergleiche Anlage 2 bis 6).

 

Hier wurde besonders hervorgehoben, dass die Gewaltkriminalität im vergangenen Jahr insgesamt um 1,5 % gestiegen und bei den Jugendlichen Gewalttätern sogar ein Zuwachs um 3,8 % zu verzeichnen sei.

 

Die Daten der JuHiS hierzu sind der Anlage 10 Abbildung 3 zu entnehmen.

 

Die tatsächlich eingegangenen gesamten Gewaltdelikte wie Beleidigung, Bedrohung, Körperverletzung (KV), Nötigung, Raub und Erpressung, Sittlichkeitsdelikte und Tötungsdelikte geben bei den Jugendlichen und Heranwachsenden beinahe unveränderte Zahlen gegenüber dem Vorjahr wieder. Von einem statistisch relevanten Anstieg an Gewaltdelikten kann durch die hiesigen Erkenntnisse keine Übereinstimmung getroffen werden, vielmehr ist in den überwiegenden allgemein gefassten Gewaltdelikten sogar ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Inwiefern auch Gewaltdelikte bei Kindern zugenommen haben, kann aufgrund mangelnder Zuständigkeit der JuHiS (Altersspanne 14 – 21 Jahre) nicht abschließend bewertet werden.

 

  1. Täter-Opfer-Ausgleich (TOA)

 

Da die JuHiS nunmehr, wie im vergangenen Berichtsjahr geplant, die Stelle einer TOA-Fachkraft erfolgreich zum 01.09.2024 besetzen konnte, kann hier bereits über die ersten vier Monate des Jahres 2024 wie folgt berichtet werden:

 

Einführung:

Der Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) gilt als wichtiges Instrument zur Wiederherstellung des Friedens zwischen Täter und Opfer. Zielsetzung ist, eine abschließende und einvernehmliche Vereinbarung für beide Parteien auszuarbeiten.

Im Rahmen dieser Mediation können Geschädigten zudem über die Inanspruchnahme des Opferfonds Schmerzensgelder/ Schadenwiedergutmachungen von bis zu 500 € gezahlt werden, um auch langwierige Zivilprozesse zu vermeiden. Sofern der Täter hierfür keine eigenen finanziellen Mittel zur Verfügung hat, besteht die Möglichkeit, die Summe entsprechend symbolisch umgewandelt in Sozialstunden zu erarbeiten.

 

Die Fachstelle TOA der JuHiS hat von September – Dezember 2024 insgesamt 33 Verfahren bearbeitet. Der männliche Täter- sowie der Geschädigtenanteil überwiegt mit etwa 80 % deutlich gegenüber den weiblichen Verfahrensbeteiligten. Die meisten Delikte im Bereich des TOA lassen sich erfahrungsgemäß im Bereich der Körperverletzungen, Beleidigungen oder Bedrohungen verzeichnen. Diese Erkenntnisse bestätigten sich auch im vergangenen Berichtszeitraum.

 

Insgesamt konnten 18 einvernehmliche Vereinbarungen getroffen werden, in denen ein erfolgreicher Abschluss des Ausgleichs besteht. Dies entspricht bislang einer Erfolgsquote von 54 %. Hierbei ist erwähnenswert, dass in einzelnen Fällen (11 %) bspw. eine Kontaktaufnahme zu den Geschädigten (GES) nicht gelang oder der TOA abschließend bis Jahresende noch nicht bearbeitet wurde (11 %).

(siehe Anlage 10 Abbildung 5)

 

Zur Verbesserung und Ausgestaltung der Kooperation im weiteren Berichtsjahr 2025 wurden seitens der Fachkraft darüber hinaus erste Arbeitskreise eigeninitiativ gegründet, weitere besucht und die dortigen Informationen und Handreichungen publiziert. Hierzu gehört beispielsweise der Arbeitskreis TOA, bestehend aus der JuHiS der StädteRegion, Düren und der Fachstelle TOA des SKFM Erkelenz sowie das Fachstellentreffen aller in NRW ansässigen TOA-Fachstellen. Gleichwohl wurde die Mediationsarbeit auch in Kooperation mit weiteren Trägern im Erwachsenenbereich bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht vorgestellt. Zudem wurde auch die Opferschutzorganisation „Weisser Ring“ über das nunmehr wieder bestehende Mediationsangebot in Kenntnis gesetzt, um auch dort bspw. die Möglichkeit eines zeitnahen Ausgleichsgesprächs publik zu machen und Opfern die zum Teil langjährigen und zusätzlich psychisch belastenden Zivilprozesse zu ersparen.

 

Im weiteren Verlauf sollen Austauchtreffen mit Justizvollzugsanstalten stattfinden. Hier kann die Ausgestaltung des TOA mit der Justizvollzugsanstalt Heinsberg als auch dem SKFM Erkelenz erstellt und sodann als wichtiger Bestandteil der netzwerkübergreifenden Kooperationsarbeit verbucht werden.

 

Der öffentliche Zugang zu den Informationen des TOA wurde durch die Internetpräsenz der Stadt Aachen möglich gemacht,  und die Kooperationspartner innerhalb des Fachbereichs 45, bspw. die Sozialraumteams, wurden über den TOA in einer Informationsveranstaltung unterrichtet (siehe Anlage 9).

 

  1. Initiative Jugendrecht

 

Bezogen auf die bereits im vergangenen Berichtsjahr getätigten Ausführungen finden regelmäßig seit August 2023 Koordinatorentreffen und seit September 2023 erste Fallkonferenzen der Initiative Jugendrecht statt. Die Zusammenarbeit wird von den teilnehmenden Koordinatoren der Staatsanwaltschaft, der Polizei und des Jugendamtes (JuHiS und ASD) als äußerst positiv und konstruktiv bewertet.

Intensivtäter werden nach ihrer Einstufung umgehend der personenorientierten Sachbearbeitung der beteiligten Institutionen zugeführt. Repressive Maßnahmen sowie Hilfsangebote können so zielgerichtet aufeinander abgestimmt und effizient gestaltet werden. Verfahrensabläufe werden verkürzt, die Früherkennung von normabweichendem Verhalten wird verbessert, und deren Verfestigung wird entgegengewirkt. Letztendlich werden kriminelle Karrieren schneller beendet und Rückfallquoten verringert.

 

  1. Rückblicke und Perspektiven

 

Die planmäßige, vollständige personelle Besetzung der JuHiS konnte zum Herbst 2024 erfolgreich umgesetzt werden.

So konnte innerhalb der Initiative Jugendrecht auch seitens der JuHiS, ebenso wie bei Polizei und Staatsanwaltschaft, eine personenorientierte Sachbearbeitung gewährleistet werden.

 

Darüber hinaus gab es erste Planungen für neue (geschlechterspezifische) soziale Trainingskurse, die perspektivisch im Jahr 2025 erstmalig umgesetzt werden können. Diese sollen die Themen Resilienzförderung, Selbstreflexion, Ausgestaltung von Zukunftsperspektiven sowie Auseinandersetzung mit der (auch strafrechtlich relevanten) Vergangenheit und Möglichkeiten zu Handlungsalternativen nebst Skilltraining beinhalten.

 

Des Weiteren werden auch aus hiesiger, pädagogischer Sicht neue Maßnahmen hinsichtlich der bisherigen Deliktsentwicklungen angepasst, sodass es im Bereich „Verbreitung/Besitz kinder- und jugendpornographischer Bilddateien“ perspektivisch Maßnahmen, auch im schulischen Bereich als Informationsveranstaltungen, geben wird. Hierbei sind besonders die Ursachen der vorgenannten Delikte zu betrachten, da oftmals den Jugendlichen hierfür sowohl die notwendige Sensibilität als auch das Bewusstsein für strafrechtliches Handeln fehlt. Verschicken Jugendliche beispielsweise innerhalb einer bestehenden Partnerschaft untereinander intimes Bildmaterial, machen sie sich schnell des Besitzes und der Verbreitung kinder- bzw. jugendpornographischer Bilder strafbar. Hier gilt es in erster Linie, präventiv aufzuklären und Jugendliche für Sicherheiten/ Unsicherheiten im Internet etc. zu sensibilisieren.

 

Seitens externer Kooperationspartner, wie Schulen oder berufsbildende Maßnahmen, sind im Jahr 2024 bereits Anfragen zu Informationsveranstaltungen an die JuHiS gestellt worden, welche aufgrund der nunmehr bestehenden konstanten Personalsituation im Jahr 2025 themenspezifisch bearbeitet werden können.

 

Auch im Bereich der Leistungserschleichungen wird trotz des Rückgangs der zu verzeichnenden Delikte nochmals pädagogisch präventiv reagiert, indem in Zusammenarbeit mit der Polizei eine neue ambulante Maßnahme für das Jahr 2025 entwickelt wird, um u.a. sowohl die straf- als auch zivilrechtlichen Ansätze zu erörtern.

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Anlagen

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