Kenntnisnahme - FB 20/0360/WP18
Grunddaten
- Betreff:
-
Sachstandsbericht zum Altschuldenentlastungsgesetz Nordrhein-Westfalen
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 20 - Fachbereich Finanzsteuerung
- Verfasst von:
- FB 20/100
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Geplant
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Finanzausschuss
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Kenntnisnahme
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01.07.2025
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Erläuterungen
Am 13.05.2025 wurde im Kabinett der Landesregierung Nordrhein-Westfalens ein überarbeiteter Entwurf zum „Gesetz zur anteiligen Entschuldung von Kommunen im Land Nordrhein-Westfalen (Altschuldenentlastungsgesetz Nordrhein-Westfalen - ASEG NRW) verabschiedet und ins parlamentarische Verfahren gebracht. Es wird davon ausgegangen, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause im Landtag beschlossen wird. Anlass des Gesetzes ist, dass der Stand der Verbindlichkeiten zur Liquiditätssicherung der nordrhein-westfälischen Kommunen nach Angaben von IT.NRW zum 31.12.2023 bei insgesamt rd. 20,9 Mrd. Euro lag und eine vollständige Tilgung dieser Kredite aus eigener Kraft vor dem Hintergrund der allgemein schwierigen Haushaltslage der Kommunen nicht möglich erscheint, insbesondere bei den hoch verschuldeten Kommunen.
Das Land NRW beabsichtigt demnach, beginnend ab dem Haushaltsjahr 2025, einen jährlichen Betrag in Höhe von 250 Mio. Euro zur Umsetzung der anteiligen Schuldübernahme zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich dabei um eigene Landesmittel. Eine kommunale Beteiligung, beispielsweise durch einen Vorwegabzug bei der Finanzausgleichsmasse im Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG), ist nicht vorgesehen.
Die Teilnahme der Kommunen ist freiwillig und folgt auf Antrag. Antragsberechtigt sind alle Kommunen, die zum Stichtag 31.12.2023 eine Pro-Kopf-Verschuldung von mehr als 100 Euro pro Einwohner aufweisen. Maßgeblich sind dabei der Stand an Verbindlichkeiten zur Liquiditätssicherung gemäß Jahresabschluss 2023 sowie die amtliche Einwohnerzahl zum Stichtag. Nicht antragsberechtigt sind Kommunen, bei denen nach Maßgabe der jeweiligen Gemeindefinanzierungsgesetze die Steuerkraftzahl die Ausgangsmesszahl der Jahre 2016 bis 2025 stets um mehr als 200 % überstiegen hat.
Die Teilnahmevoraussetzungen sind bei der Stadt Aachen gegeben: Der maßgebliche Jahresabschluss 2023 weist Verbindlichkeiten aus Krediten zur Liquiditätssicherung (Liquiditätskredite sowie Anleihen zur Liquiditätssicherung) in Höhe von 335.006.120,00 Euro auf, was bei einer amtlichen Einwohnerzahl zum 31.12.2023 in Höhe von 252.769 einer Pro-Kopf-Verschuldung von rd. 1.325 Euro entspricht. Die Steuerkraftzahl beim GFG liegt bei der Stadt Aachen stets unter der Ausgangsmesszahl, so z.B. im Jahr 2025 (Steuerkraftzahl: 437,7 Mio. Euro; Ausgangsmesszahl: 625,5 Mio. Euro).
Die Altschuldenhilfe des Landes ist Bedingung für die Beteiligung des Bundes. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wird eine zur Verfügungstellung von jährlich 400 Mio. Euro (bundesweit), beschränkt auf den Zeitraum der Legislaturperiode, in Aussicht gestellt. Konkretes ist hier noch nicht bekannt, so dass sich die weiteren Ausführungen auf die vorgesehene Schuldenübernahme durch das Land beschränken.
Umfang der anteiligen Entschuldung
Vorgesehen ist eine vollständige Übernahme der Liquiditätsschulden oberhalb von 1.500 Euro pro Einwohner (Spitzenentschuldung) sowie eine anteilige Übernahme oberhalb eines unteren Sockelbetrags von 100 Euro pro Einwohner. Von der Altschuldenentlastung profitieren somit im Besonderen die hoch verschuldeten Kommunen, zu denen Aachen nicht gehört.
Eine (vorläufige) Modellrechnung des Städtetags NRW weist nach Berücksichtigung der Spitzenentlastung (vollständige Übernahme der Schulden von mehr als 1.500 Euro pro Einwohner) eine relative Mindestentschuldung von 41,2% aus. Dies entspricht bei der Stadt Aachen unter Bereinigung des Finanzvermögens einer Altschuldenentlastung von rd. 127,7 Mio. Euro. Die Angaben sind aus zwei Gründen lediglich vorläufig: Die Ermittlung des tatsächlichen Bestands an Verbindlichkeiten zur Liquiditätssicherung, bereinigt u.a. aus Forderungen aus einem kommunalseitig geführten Cash-Pool, ist noch nicht Bestandteil der Modellrechnung. Zum anderen hängt der relative Anteil an der Mindestentschuldung auch davon ab, wie viele Kommunen an der Altschuldenentlastung tatsächlich teilnehmen. Der Städtetag geht von einer 100%-igen Teilnahmequote der Kommunen aus, welche die Teilnahmeberechtigung aufweisen.
Antragsverfahren / Ablauf der Schuldenübernahme durch das Land
Teilnehmende Kommunen stellen einen Antrag auf Teilnahme bei der landeseigenen Förderbank NRW.BANK, spätestens vier Monate nach Beschlussfassung des Gesetzes im Landtag. In diesem Antrag sind die Summe der Verbindlichkeiten zur Liquiditätssicherung auf der Grundlage des festgestellten Jahresabschlusses 2023 und der ermittelte Abzugsbetrag um den Bestand der liquiden Mittel im Kernhaushalt sowie Forderungen aus einem kommunalseitig geführten Cash-Pool anzugeben. Beizufügen sind dem Antrag:
- ein Beschluss des Rates über das Ausüben der Antragsberechtigung und die damit verbundene Beauftragung zur Stellung des Antrags (hierzu beabsichtigt die Verwaltung einen entsprechenden Beschluss nach der Sommerpause durch den Rat der Stadt Aachen fassen zu lassen)
- der festgestellte Jahresabschluss 2023 sowie
- ein Prüfungsbericht einer Wirtschaftsprüferin / eines Wirtschaftsprüfers bzw. einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Der Prüfungsbericht ist von der antragstellenden Kommune auf eigene Rechnung zu beauftragen. Kommunalseitig erhobene Forderungen diesbezüglich auch auf die Gemeindeprüfungsanstalt NRW oder die örtlichen Rechnungsprüfungen zurückgreifen zu können, wurden von der Landesregierung nicht aufgegriffen. Die Stadt Aachen bereitet gegenwärtig die externe Vergabe des Prüfungsberichts bereits vor. Dieser soll die Richtigkeit des Bestandes an Verbindlichkeiten sowie den Abzugsbetrag bestätigen.
Der Umfang der Übernahme der Altschulden wird für jede Kommune durch Bewilligungsbescheid der zuständigen Bezirksregierung im Auftrag des Landes festgesetzt. Das Finanzministerium löst die kommunalen Kassenkredite in Höhe der festgesetzten Beträge anschließend bis spätestens zum 31.12.2026 ab. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben Zins- und Tilgungspflichten bei den Kommunen. Das Land tritt im Wege des Schuldnerwechsels in den bestehenden Kreditvertrag mit der Gläubigerin bzw. dem Gläubiger ein, die Kommune wird vollständig aus den Verpflichtungen dieses Vertrags entlassen. Die Entscheidung über die Auswahl der den abzulösenden Verbindlichkeiten zugrundeliegenden Verträge trifft das Finanzministerium unter Berücksichtigung des Volumens, der durchschnittlichen Laufzeit, der Verzinsung usw. Es besteht kein Anspruch der Kommunen auf Auswahl bestimmter Verträge.
Bilanzielle Auswirkungen
Die durch das Land übernommenen Verbindlichkeiten sind zum Zeitpunkt der Übernahme erfolgsneutral gegen die allgemeine Rücklage eigenkapitalerhöhend zu verrechnen. Die Hilfestellung für die Kommune ist also überwiegend bilanzieller Art, auch wenn bei einem Übergang von Krediten auch die im Haushalt eingeplanten Zinsaufwendungen für Kassenkredite reduziert werden können. Zum Zeitpunkt der Haushaltseinbringung wird im Sinne der Generationengerechtigkeit zu überlegen sein, im Gegenzug die Bilanzierungssumme aus dem NKF-CUIG („Gesetz zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie und dem Krieg gegen die Ukraine folgenden Belastungen der kommunalen Haushalte im Land Nordrhein-Westfalen (NKF-COVID-19-Ukraine-Isolierungsgesetz - NKF-CUIG)“), zumindest anteilig erfolgsneutral auszubuchen. Im Gesetz wird hierzu unter § 6 ausgeführt, dass den Gemeinden im Jahr 2025 für die Aufstellung der Haushaltssatzung 2026 das einmalig auszuübende Recht zusteht, die Bilanzierungshilfe ganz oder in Anteilen gegen das Eigenkapital erfolgsneutral auszubuchen. Die Isolierungssumme liegt bei der Stadt Aachen bei rd. 121 Mio. Euro, die erfolgswirksame Abschreibung über 50 Jahre liegt entsprechend bei rd. 2,4 Mio. Euro pro Jahr.
Entsprechende Simulationsrechnungen unter Berücksichtigung der möglichen Varianten und deren Auswirkungen auf das Eigenkapital sowie die Ergebnisplanung (Abschreibungen, Zinsaufwendungen) werden dem Finanzausschuss zu gegebener Zeit vorgestellt.
Ebenso wird dann die tatsächliche Entschuldungssumme unter Berücksichtigung des konkreten o.g. Abzugsbetrags und der Mindestentschuldungsquote, welche in der Modellrechnung des Städtetags vorläufig noch mit 41,2 % angegeben worden ist, benannt.
