Kenntnisnahme - FB 45 n/0030/WP18

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Beratungsfolge

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Erläuterungen

1. Ausgangslage und Zielsetzung

Im Kinder- und Jugendausschuss am 16.04.2024 wurde der Zukunftsworkshop „Pimp My Future“ vorgestellt (Vorlage FB 45/0496/WP18). Der KJA hat um eine Berichterstattung nach Abschluss des Projekts gebeten.

Mit zahlreichen Beteiligungs- und Dialogformaten eröffnet die Stadt Aachen ihren Bürger*innen die Chance, die Stadt aktiv mitzugestalten. Um diesem Anspruch dauerhaft gerecht zu werden, entwickelt die Stadtverwaltung bestehende Beteiligungsangebote kontinuierlich weiter und schafft zugleich neue Möglichkeiten demokratischer Mitgestaltung und Mitbestimmung.

 

Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Förderung von Demokratiebildung und Jugendpartizipation sowie der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Junge Menschen sollen als aktive Mitgestalter*innen der Stadt wahrgenommen werden. Sie bringen wertvolle Perspektiven ein und profitieren gleichzeitig in ihrer persönlichen Entwicklung von partizipativen Bildungsformaten.

 

Vor diesem Hintergrund fand im November 2024 ein dreitägiges Planspiel zur Demokratiebildung statt, das Nachhaltigkeit und die Ideen junger Aachener*innen für die Stadt Aachen in den Mittelpunkt stellte. Die Maßnahme wurde gemeinsam von den Fachbereichen 45 (2024 noch: Kinder, Jugend und Schule), 36 (Klima und Umwelt) sowie 01 (Bürger*innendialog und Verwaltungsleitung) initiiert - eine fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit.

 

Durch die neu geschaffenen Arbeitsstellen im Bereich Jugendpartizipation in den Fachbereichen 01 und 45 sowie durch den Arbeitsbereich BNE im Fachbereich 36 konnten die Kompetenzen gebündelt und ergänzend zusammengeführt werden, um die zentralen Themen Nachhaltigkeit, politische Bildung und Mitbestimmung innerhalb des Planspiels zu verankern und zu stärken.

 

Das Planspiel war außerdem Teil des städtischen Schulprogramms ACtive for Future, das seit 2022 die Umsetzung von BNE an Aachener Schulen unterstützt. Organisiert wurde der Zukunftsworkshop in Kooperation mit dem Verein Politik zum Anfassen e.V., einem unabhängigen, überparteilichen und gemeinnützigen Verein mit umfassender Expertise in der politischen Bildungsarbeit mit jungen Menschen. Das Planspiel basierte auf dem vielfach erprobten und bewährten Format „Pimp My Future“, einem jugendgerechten Nachhaltigkeitskongress mit Planspielcharakter, der bereits in vielen Kommunen erfolgreich umgesetzt wurde.

 

Für die Durchführung des Planspiels wurde ein Dienstleistungsvertrag zwischen dem Fachbereich 45 und dem Verein Politik zum Anfassen e.V. abgeschlossen. Die Gesamtkosten in Höhe von 13.464,08€ wurden nach interner Abstimmung anteilig auf die drei beteiligten Fachbereiche verteilt. Davon entfielen 9.900€ auf den Vertrag mit dem durchführenden Verein „Politik zum Anfassen“. Weitere Ausgaben entstanden unter anderem für Raum- und Technikmiete, Verpflegung, fotografische Begleitung sowie Materialkosten.

 

Das Planspiel fand ganztägig vom 6. bis 8. November 2024 statt und wurde mit einem Abschlussplenum im Krönungssaal des Aachener Rathauses abgerundet. Teilgenommen haben insgesamt 117 Schüler*innen aus vier Schulen: die 4. Aachener Gesamtschule, das Einhard-Gymnasium, die Heinrich-Heine-Gesamtschule sowie das Berufskollegs für Wirtschaft und Verwaltung. Unterstützt wurde der Workshop von 23 lokalen Expert*innen aus der Stadtverwaltung und Akteur*innen der Bildungslandschaft sowie von drei Mitgliedern des Stadtrates der Stadt Aachen.

 

Die Jugendlichen setzten sich intensiv mit den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen auseinander und entwickelten darauf aufbauend eigene Ideen und Vorschläge für ein nachhaltigeres Aachen.

 

2. Kurzbeschreibung und inhaltlicher Ablauf

Am ersten Tag des Planspiels standen das gegenseitige Kennenlernen sowie eine thematische sowie spielerische Einführung in die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung im Mittelpunkt. Mithilfe interaktiver-spielerischer Methoden setzten sich die Jugendlichen mit globalen und lokalen Herausforderungen auseinander und bildeten auf dieser Grundlage thematische Arbeitsgruppen. Eine Gruppe von Schüler*innen dokumentierte den gesamten Prozess in Text und Bild als Medien- und Redaktionsteam. Dabei wurden die jungen Menschen von insgesamt 23 lokalen Expert*innen aus unterschiedlichen Fachbereichen begleitet, fachlich beraten und unterstützt. Zu jedem der Nachhaltigkeitsziele waren Expert*innen eingeladen, die Einblicke in ihre Arbeit gaben und auf dieser Basis Anregungen und Beispiele guter Praxis vermittelten – als Ausgangspunkt für eigene Ideen und Impulse zur Weiterentwicklung in der Stadt Aachen.

 

Der zweite Tag diente der inhaltlichen Vertiefung. In ihren jeweiligen Gruppen entwickelten die Jugendlichen konkrete Ideen und Lösungsvorschläge für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Am Ende des Tages präsentierten sie sich gegenseitig ihre Ansätze, gaben sich Feedback und arbeiteten ihre Vorschläge weiter aus. Sie entwickelten insgesamt 17 politische Anträge, die sich an den SDGs orientierten.

 

Der dritte und abschließende Projekttag fand sowohl in der Nadelfabrik als auch im Krönungssaal des Rathauses der Stadt Aachen statt. Vormittags arbeiteten die Jugendlichen in der Nadelfabrik an der Finalisierung ihrer Anträge. Unterstützung erhielten sie dabei von drei Mitgliedern des Aachener Stadtrats. Der Austausch mit den Kommunalpolitiker*innen nahm eine zentrale Rolle ein.

 

Anschließend wurden alle Schüler*innen mit ihren Lehrkräften im Aachener Rathaus empfangen, wo der Höhepunkt des Planspiels stattfand: das Abschlussplenum im Krönungssaal des Rathauses der Stadt Aachen unter der Leitung von Frau Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen.

 

Die Jugendlichen stellten ihre Anträge der Öffentlichkeit sowie interessierten Bürger*innen vor. Anschließend wurden die Vorschläge gemeinsam diskutiert und in einer demokratischen Abstimmung wurden vier Anträge von den Teilnehmenden ausgewählt.

 

3. Beratung der Anträge im Jugendforum am 30.04.2025

Die im Rahmen des Zukunftsworkshops „Pimp My Future“ entwickelten und von den teilnehmenden Jugendlichen demokratisch ausgewählten Anträge wurden am 30.04.2025 im Jugendforum im Forum M vorgestellt und politisch beraten. Die Fachverwaltung hatte im Vorfeld zu den Anträgen Stellung genommen und diese zur Diskussion in das Jugendforum eingebracht.

Zur Veranstaltung eingeladen, waren alle jungen Menschen der Stadt Aachen, insbesondere die am Projekt beteiligten Schüler*innen. Die Sitzung wurde mit einem inhaltlichen Rückblick auf den Zukunftsworkshop eingeleitet. Rund 70 interessierte junge Bürger*innen nahmen an der Sitzung des Jugendforums teil. Schüler*innen des Einhard-Gymnasiums, die aktiv am Workshop mitgewirkt hatten, beantworteten im Anschluss an den inhaltlichen Rückblick Fragen zu ihren Erfahrungen aus dem Zukunftsworkshop.

Daraufhin wurden die folgenden vier Anträge für das Jugendforum thematisch beraten:

  1. Trinkbrunnen für die Innenstadt
    Ziel ist die Einrichtung zusätzlicher öffentlicher Trinkwasserspender an zentralen Standorten im Stadtgebiet als Beitrag zur Klimaanpassung.
  2. Nachhaltige Abfallwirtschaft an Bildungseinrichtungen
    Der Antrag bezieht sich auf verbesserte Mülltrennung an Schulen sowie auf Informations- und Schulungsangebote für Schüler*innen im Bereich Abfallmanagement.
  3. Kostenlose Fahrräder und Reparaturangebote für Schüler*innen
    Vorgeschlagen wurde ein Modell aus kostenlosen Leihfahrrädern (z.B. über ein Gutscheinsystem) sowie der Aufbau von Fahrradwerkstätten an weiterführenden Schulen.
  4. Aufwertung öffentlicher Sportanlagen
    Gewünscht wurde die Aufwertung öffentlicher Sportflächen sowie verlängerte Beleuchtungszeiten, insbesondere für Basketball- und Fußballplätze.

Die Anträge wurden vom Jugendforum zustimmend zur Kenntnis genommen und zur weiteren Beratung an die zuständigen Fachausschüsse übergeben. Damit wird die Anschlussfähigkeit des Projekts „Pimp My Future“ deutlich: Die von Jugendlichen selbst erarbeiteten Vorschläge wurden erfolgreich in das kommunalpolitische Verfahren der Stadt Aachen überführt und finden dort weitere Behandlung.

 

4. Öffentlichkeitsarbeit

Die Öffentlichkeitsarbeit begleitete den Zukunftsworkshop „Pimp My Future“ von Anfang an mit besonderem Fokus auf weiterführende Schulen in Aachen. Um eine möglichst breite Beteiligung zu ermöglichen, wurde das ursprünglich für Juni 2024 geplante Planspiel auf November 2024 verschoben.

 

Zur Bewerbung des Planspiels wurden im Vorfeld verschiedene Maßnahmen umgesetzt: Schulen erhielten gezielte Informationsmails, Plakate und Handzettel, um Schüler*innen zur Teilnahme zu motivieren. Parallel dazu richtete sich die Öffentlichkeitsarbeit rund um das Abschlussplenum auch an die breite Stadtgesellschaft - unter anderem über eine städtische Pressemitteilung, Beiträge auf der zentralen Webseite der Stadt Aachen und dem Beteiligungsportal, sowie über Social Media und Plakate, die am Veranstaltungsort platziert wurden.

Während des Workshops dokumentierte ein Medienteam aus 16 Schüler*innen das Geschehen unter professioneller Anleitung. Sie erstellten Interviews, Fotos und Videos, die den Ablauf und die Ergebnisse des Projekts anschaulich festhielten.

 

Auch nach Projektabschluss bleiben die Ergebnisse öffentlich sichtbar: Die Beiträge des Medienteams sind sowohl auf der Projektwebseite von Politik zum Anfassen e.V. als auch über städtische Kanäle als Film und Magazin zugänglich. Eine städtische Pressemitteilung informierte zudem über die erfolgreiche Durchführung von „Pimp my Future“. Die im Workshop erarbeiteten Anträge wurden im Anschluss dem Jugendforum der Stadt Aachen zur weiteren Bearbeitung übergeben.

 

Eine weitere Information zum Zukunftsworkshop Pimp My Future finden Sie unter: www.Aachen.de/Zukunftsworkshop

Oder auf der Projektwebseite von Politik zum Anfassen e.V.: pimp MY FUTURE! AACHEN - Pimp Your Town! - Das Planspiel - Online und Offline

 

5. Erkenntnisse aus dem Projekt

Die Teilnehmenden brachten unterschiedliche Vorkenntnisse und Interessen in das Planspiel ein. Die Ideenfindung und Antragserstellung durch die Jugendlichen gestalteten sich herausfordernd, da sie mit den Abläufen einer Stadtverwaltung nicht vertraut waren. Ein begleitendes Informationsangebot zur politischen Bildung - insbesondere zu den Strukturen der Stadtverwaltung Aachen sowie zu kommunalpolitischen Prozessen und deren Zusammenhängen, im Vorfeld des Zukunftsworkshops, wäre in diesem Zusammenhang hilfreich gewesen. Der externe Partner legte hier seinen Schwerpunkt auf die Nachhaltigkeitsziele und die anschließende Ideenfindung.

Mit den über 100 teilnehmenden Schüler*innen verschiedener Schulformen hat sich gezeigt, dass trotz des personellen Einsatzes des durchführenden Vereins eine stärkere personelle Begleitung seitens der Stadtverwaltung vorteilhaft gewesen wäre. Es war teilweise herausfordernd die Arbeitsgruppen zu je ca. 30 Teilnehmenden engmaschig zu begleiten und in der Ausarbeitung der 17 Anträge gleichermaßen zu unterstützen. Der ambitionierte Zeitplan von „Politik zum Anfassen e.V.“ für die Arbeit mit den 17 Nachhaltigkeitszielen und die Entwicklung von Anträgen ließ wenig Raum für Vertiefung oder informellen Austausch über die eigene Schulgruppe hinaus.

 

Der Raumwechsel zum Krönungssaal für das Abschlussplenum am 8.11.2024 hat den zeitlichen Rahmen am letzten Vormittag deutlich verdichtet. Zudem führte der Ortswechsel bei einigen Schüler*innen zu Unruhe. Für zukünftige Vorhaben ist es erstrebenswert, das gesamte Planspiel an einem einzigen Veranstaltungsort mit entsprechenden Räumen durchzuführen, das würde den Ablauf vereinfachen und die Konzentration der Teilnehmenden fördern.

 

Auch die Einbindung lokaler Expert*innen und Kommunalpolitiker*innen bot wichtige Bezüge zur Stadtgesellschaft, hätte aber von klareren Rollenbeschreibungen und mehr Zeit sowie Klärung der Erwartungen an die Kommunalpolitiker*innen durch den externen Partner profitiert.

Organisatorisch wurde die bereichsübergreifende Zusammenarbeit zwischen den drei beteiligten Fachbereichen von allen Beteiligten als sehr positiv erlebt und bietet gute Perspektiven für zukünftige Projekte.

 

6. Fazit

Das Beteiligungsformat als Planspiel hat sich als Mitmachmöglichkeit für Schüler*innen und Angebot für Schulen bewährt. Durch die Mischung aus theoretischem Input, dem Austausch mit lokalen Expert*innen und politischen Akteur*innen sowie eigenständiger Projektarbeit entstand für die Jugendlichen ein vielseitiger und praxisnaher Lernraum.

 

Besonders bereichernd war für viele die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen und politische Teilhabe unmittelbar zu erleben und zu erlernen. Um zukünftig noch gezielter auf unterschiedliche Vorkenntnisse und Interessen der Schüler*innen eingehen zu können, empfiehlt das Organisationsteam eine stärkere inhaltliche Fokussierung sowie verständliche Zugänge zu komplexen Themen wie Nachhaltigkeit und Beteiligung. Statt der breiten Auseinandersetzung mit den 17 SDGs sollte ein engeres Themenfeld gewählt werden, idealerweise mit Bezug zu bereits bestehenden Projekten und Formaten vor Ort, etwa in den Bereichen Jugendpartizipation oder Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Informations- und Motivationsstände der Schüler*innen und mit dem Ziel, noch stärker auf ihre Bedürfnisse einzugehen, wird erwogen, Planspiele künftig in kleineren Formaten innerhalb einzelner Schulen oder offenen Jugendeinrichtungen durchzuführen, anstelle schulübergreifender Projekte.

 

Das Planspiel ermöglichte den Jugendlichen nicht nur, konkrete Ideen für ein nachhaltiges Aachen zu entwickeln, sondern auch demokratische Prozesse wie Meinungsbildung, Mehrheitsfindung und das Vertreten eigener Standpunkte aktiv zu erlernen. Das Projekt leistete somit einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung und zur Stärkung der Jugendbeteiligung in Aachen.

 

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Anlagen

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