Kenntnisnahme - FB 01/0686/WP18

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Beratungsfolge

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Erläuterungen

1. Einleitung

 

Mit dem Antrag vom 25. Februar 2025 fordert die CDU-Fraktion die Einführung eines ständigen Jugendrats in Aachen. Die Wahl des Gremiums soll parallel zur Kommunalwahl in NRW am 14.September 2025 erfolgen. Ziel ist es, jungen Menschen eine strukturierte und wirksame Möglichkeit zur Mitbestimmung in kommunalpolitischen Prozessen zu geben. Der Jugendrat soll dazu über ein eigenes Budget verfügen und aktiv in politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Der Antrag greift die Umsetzung der geplanten Neuregelung des § 27a GO NRW auf.

 

Darüber hinaus liegt der Verwaltung der Antrag „Transparenz: Einführung eines Kinder und Jugendparlaments“ der SPD-Fraktion vom 06.11.2020 vor, der den Wunsch nach einer stärkeren Beteiligung von Kindern und Jugendlichen über ein durch Wahl mandatiertes und mit eigener Finanzkompetenz ausgestattetes „Kinder und Jugendparlament“ formuliert und erstmalig im August 2021 in der Vorlage mit der Nummer FB45/0124/WP18 im Kinder- und Jugendausschuss aufgegriffen wurde.

 

2. Rechtsgrundlage: Novellierung des § 27a GO NRW – Stärkung der Kinder- und Jugendbeteiligung

 

Mit dem „Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften in NRW“ wird u. a. die Gemeindeordnung NRW (GO NRW) überarbeitet. Im Zentrum steht eine grundlegende Neufassung des § 27a GO NRW, die die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in kommunalen Entscheidungsprozessen erheblich stärken soll.

 

Kernpunkte der geplanten Novellierung:

 

  • Verpflichtende Beteiligung: Kommunen sollen Kinder und Jugendliche bei allen Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen.
  • Einführung von Gremien: Kommunen können dafür einen Jugendrat oder eine andere geeignete Beteiligungsform einrichten.
  • Initiativrecht: Jugendliche sollen ein explizites Recht erhalten, die Einrichtung einer Jugendvertretung zu beantragen – gestaffelt nach Gemeindegröße. Der Rat ist dann verpflichtet, sich mit diesem Antrag öffentlich zu befassen und zu entscheiden.
  • Demokratiebildung: Übergeordnetes Ziel ist es, jungen Menschen das Kennenlernen und Erlernen demokratischer Abläufe und die unmittelbare Beteiligung an kommunaler Selbstverwaltung zu ermöglichen.
  • Absenkung des Wählbarkeitsalters: Das Mindestalter für sachkundige Bürger*innen und sachkundige Einwohner*innen soll von 18 auf 16 Jahre abgesenkt werden, was jungen Menschen einen erweiterten Zugang zu kommunalpolitischen Gremien eröffnet.

 

Mit diesen Regelungen soll Kinder- und Jugendbeteiligung auf eine verbindliche gesetzliche Grundlage gestellt werden. Die konkrete Ausgestaltung steht unter Vorbehalt der weiteren Beratungen des Ausschusses für Heimat und Kommunales im Land NRW. Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht eine Entkopplung der Wahlperioden des Rates und der Jugendvertretung vor.

 

3. Anforderungen an ein dauerhaftes Beteiligungsgremium

 

Die Errichtung eines ständigen Jugendrats setzt eine Reihe organisatorischer, finanzieller und pädagogischer Grundlagen voraus:

 

  • Personalbedarf: Zur Verstetigung und Begleitung eines Jugendrats ist eine Aufstockung der personellen Kapazitäten notwendig, mindestens eine zusätzliche Teilzeitstelle.
  • Finanzierung: Für Sitzungen, Öffentlichkeitsarbeit und operativer Begleitung sind jährlich zusätzliche Gelder einzuplanen, zuzüglich eines eigenen Projektbudgets.
  • Rechtlicher Rahmen: Vor einer Wahl sind Satzung, Wahlordnung und organisatorische Abläufe gemeinsam mit jungen Menschen zu entwickeln. Klar definierte Beteiligungsrechte in Gremien und Ausschüssen der Stadt Aachen sind sicherzustellen.
  • Repräsentativität: Die Beteiligung muss für alle jungen Menschen zwischen zwölf und 27 Jahren, orientiert am SGB VIII, offen und erreichbar sein, unabhängig von sozialen Voraussetzungen.
  • Partizipationskultur: Die Beteiligung sollte freiwillig und offen gestaltet sein. Hybride Formate (z. B. Online-Beteiligung, themenspezifische Projektgruppen, offene Dialogforen) ergänzen klassische Gremienarbeit sinnvoll.

 

4. Sachstand: Jugendpartizipation in Aachen

 

Die Stadtverwaltung Aachen verfolgt bereits intensiv das Ziel, junge Menschen nachhaltig an kommunalen Entscheidungsprozessen zu beteiligen und ihnen echte Mitgestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen. Seit Spätsommer 2024 sind jeweils eine Teilzeitstelle für den Arbeitsbereich Jugendpartizipation im Fachbereich 01 – Bürger*innendialog und Verwaltungsleitung und im Fachbereich 45 – Jugend und Schule eingerichtet. Gemeinsam wurden ein strukturiertes Rahmenkonzept sowie eine Maßnahmenplanung entwickelt und am 29. April 2025 im Kinder- und Jugendausschuss sowie im Ausschuss für Schule und Weiterbildung vorgestellt (Vorlage: FB 01/0668/WP18).

 

Die Verwaltung verfolgt einen breiten Ansatz, der sich aus mehreren Formaten zusammensetzt, um die unterschiedlichen Interessen und Lebensrealitäten junger Menschen zu adressieren und gleichzeitig Raum für ergebnisoffene Erprobung zu lassen. Ziel ist es, erfolgreiche Formate schrittweise dauerhaft zu etablieren und so ein stabiles, vielfältiges Beteiligungssystem aufzubauen.

 

Zentrale Bildungsmaßnahmen und Beteiligungsformate sind u.a.:

 

  • die Entwicklung zielgruppengerechter Bildungsmaterialien zur Kommunalpolitik und Stadtverwaltung,
  • dialogische Formate und Mitmachangebote (z. B. Bezirksjugendkonferenz, Zukunftswerkstatt zur Bedarfsermittlung: Jugendpartizipation in der Stadt Aachen, Informationsveranstaltung zur Kommunalwahl 2025),
  • antragsbasierte Formate wie das Kinder- und Jugendforum als Sondersitzung des Bürgerforums der Stadt Aachen.

 

Diese Maßnahmen sollen möglichst vielen jungen Menschen Einstiege in demokratische Beteiligung zu ermöglichen. Ziel ist es, ein breites Beteiligungsspektrum zu etablieren und die Meinung junger Aachener*innen einzuholen, insbesondere darüber, welche bestehenden Formate gut funktionieren und welche neuen Formate sie sich wünschen, um diese mittelfristig in ein tragfähiges institutionelles Gesamtsystem zu überführen.

 

 

Darüber hinaus werden bestehende und neue Formate auf Weiterentwicklung geprüft.

 

Dazu zählen:

 

  • die Erweiterung des bestehenden „ständigen Bürger*innenrats“ um junge Menschen ab zwölf Jahren, sodass deren Perspektiven systematisch in die Beratungen eingebunden werden könnten
  • regelmäßige auch dezentrale Jugendkonferenzen für junge Aachener*innen. In diesen Formaten könnten konkrete Fragestellungen aus der Kommunalpolitik und Stadtverwaltung gemeinsam bearbeitet und mit politischen Vertreter*innen diskutiert werden. Die Ideen der jungen Aachener*innen können als Empfehlungen dem Bürgerforum übermittelt werden.

 

Zudem soll die für Ende September geplante „Zukunftswerkstatt“ Aufschluss über geeignete Angebote für junge Aachener*innen geben und zugleich den Anstoß für eine weiterführende Zusammenarbeit interessierter Jugendlicher mit dem Arbeitsbereich Jugendpartizipation bieten.

 

Um den Beteiligungsprozess weiter zu strukturieren und zugleich den Impuls der Anträge aufzugreifen schlägt die Verwaltung vor, eine standardisierte Jugendbefragung in Form einer fragebogengestützten Erhebung durchzuführen. Ziel ist es, die Perspektiven junger Aachener*innen im Alter von zwölf bis 27 Jahren systematisch zu erfassen und belastbare Erkenntnisse über ihre Wünsche und Erwartungen an geeignete Beteiligungsformate zu gewinnen. Darüber hinaus soll im Rahmen der Erhebung auch das Interesse an einer aktiven Mitwirkung in einem institutionellen Beteiligungsgremium abgefragt werden. Die Verwaltung schlägt vor, die Erhebung in Form eines postalischen Anschreibens an die Zielgruppe heranzutragen. Dieses soll einen QR-Code enthalten, der auf einen Online-Fragebogen verweist. Zugleich kann das Anschreiben über den Arbeitsbereich Jugendpartizipation und die bestehenden Beteiligungsangebote informieren.

 

5. Fazit

 

Die Verwaltung begrüßt die Intention jungen Menschen mehr Mitbestimmung in kommunalen Entscheidungsprozessen zu ermöglichen. Angesichts der unter Punkt 3. genannten Anforderungen an einen ständigen Jugendrat schlägt die Verwaltung vor, die abschließende Beratung und Ausgestaltung der Gesetzesänderung auf Landesebene abzuwarten, die eine Entkopplung der Wahlperioden von Rat und Jugendrat vorsieht. Gleichzeitig sind die in Erwartung der Einrichtung eines Jugendrates eingestellten Haushaltsmittel für das Jahr 2026 erneut in den Haushalt einzustellen und die nächsten Schritte vorzubereiten. Parallel verfolgt die Verwaltung den erfolgreichen Aufbauprozess einer breiten Beteiligung von Kindern und Jugendlichen über die Verstetigung und Einrichtung neuer Pilotformate, Bildungsangebote und partizipativer Maßnahmen noch im Jahr 2025.

 

Im Mittelpunkt dieses Prozesses steht die aktive Einbindung junger Aachener*innen in die Entwicklung eines Beteiligungssystems, das ihren Interessen entspricht und langfristige Strukturen ermöglicht. Die geplanten Formate sowie die Jugendbefragung sollen dazu beitragen, die Perspektiven der Zielgruppe zu erfassen und damit eine fundierte Entscheidungsgrundlage für mögliche Gremienstrukturen zu schaffen. Die Intention des Antrags wird damit aufgegriffen und konstruktiv in die laufende Entwicklung eingebunden.

 

Die Verwaltung strebt einen gestuften Entwicklungsprozess an:

 

  • 2025 als Erprobungs- und Aufbaujahr mit Pilotprojekten, Informationsmaterialien, Öffentlichkeitsarbeit, Erhebung von Bedarfen und partizipativen Veranstaltungen,
  • Auswertung und Evaluation der Formate und Entwicklung eines tragfähigen Modells institutionalisierter Jugendbeteiligung,
  • Verankerung eines Beteiligungsformats ab 2026, das im Sinne der gesetzlichen Vorgaben demokratisch legitimiert, repräsentativ und nachhaltig ausgestaltet ist.

 

Ziel ist eine moderne, zugängliche und flexible Beteiligungsstruktur, die jungen Menschen echte Mitgestaltung ermöglicht und die kommunale Demokratie in Aachen stärkt.

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Anlagen

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