Kenntnisnahme - FB 56/0622/WP18
Grunddaten
- Betreff:
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Sachstandsbericht der Verwaltung über Missstände in Wohnungen im Eigentum der LEG Immobilien AG und mögliche Maßnahmen - Tagesordnungsantrag der Fraktion Die Linke vom 10.07.2025
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 56 - Fachbereich Wohnen, Soziales und Integration
- Verfasst von:
- DEZ VI, FB 56/400
Beratungsfolge
| Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss
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Kenntnisnahme
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02.09.2025
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Erläuterungen
Mit Tagesordnungsantrag vom 10. Juli 2025 beantragt die Fraktion Die Linke, dass die Verwaltung über den Sachstand zu Missständen in Wohnungen im Eigentum der LEG Immobilien AG sowie über mögliche Maßnahmen zur Abhilfe berichtet.
Die Wohnungsaufsicht der Stadt Aachen (FB 56/400) ist für die Umsetzung des Gesetzes zur Stärkung des Wohnungswesens in Nordrhein-Westfalen vom 23. Juni 2021 (Wohnraumstärkungsgesetz – WohnStG) und der Satzung zum Schutz und Erhalt von Wohnraum in der Stadt Aachen (Wohnraumschutzsatzung) zuständig.
Ziel des WohnStG ist es, die Wohnverhältnisse dort zu verbessern, wo dies erforderlich ist, und die ordnungsgemäße Nutzbarkeit von Wohnraum sicherzustellen. Unter Beachtung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums soll damit eine Wiederherstellung und ein Angebot an Wohnraum in angemessenen Wohnverhältnissen erreicht und Wohnraum in der Gemeinde erhalten bleiben.
Anhand der folgenden Aufgabenbeschreibung wird deutlich, welchen Stellenwert das Land der Verbesserung von Wohnverhältnissen und der Sicherung der ordnungsgemäßen Nutzbarkeit beimisst. Dabei gelten die Regelungen des WohnStG für freifinanzierten Wohnraum, sowie für öffentlich geförderten Wohnraum, sofern das Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG NRW) keine gleichgerichteten Bestimmungen enthält.
Aufgabe der Wohnungsaufsicht ist es, auf die Erfüllung von Mindestanforderungen, die Instandhaltung und die ordnungsgemäße Nutzung von Wohnraum oder Unterkünften hinzuwirken und die dazu erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
Im Grundsatz muss sich Wohnraum zu jeder Zeit in einem Zustand befinden, der seinen Gebrauch zu Wohnzwecken ohne erhebliche Beeinträchtigungen zulässt (§ 1 Abs. 1 WohnStG). Die Mindestanforderungen an Wohnraum ergeben sich aus § 5 WohnStG und sind insbesondere dann nicht erfüllt,
- wenn die zentrale Stromversorgung oder die zentrale Versorgung mit Heizenergie fehlt oder ungenügend ist,
- Heizungsanlagen fehlen, Feuerstätten oder ihre Verbindungen mit den Schornsteinen fehlen,
- Wasserversorgung, Entwässerungs- oder sanitäre Anlagen fehlen oder ungenügend sind,
- die Voraussetzungen zum Anschluss eines Herdes oder einer Kochmöglichkeit, von elektrischer Beleuchtung, oder elektrischen Geräten fehlen oder ungenügend sind,
- kein ausreichender Schutz gegen Witterungseinflüsse oder Feuchtigkeit besteht,
- nicht wenigstens ein zum Aufenthalt bestimmter Raum der Wohnung eine Wohnfläche von mindestens zehn Quadratmetern hat oder
- nicht wenigstens ein zum Aufenthalt bestimmter Raum nicht ausreichend belüftbar oder durch Tageslicht beleuchtet ist.
Hinzu tritt aus § 6 WohnStG ein gesetzliches Instandsetzungserfordernis. Danach ist der Gebrauch zu Wohnzwecken insbesondere dann erheblich beeinträchtigt, wenn
- Heizungsanlagen, Feuerstätten oder ihre Verbindungen mit den Schornsteinen sich nicht ordnungsgemäß benutzen lassen,
- Dächer, Wände, Decken, Fußböden, Fenster oder Türen keinen ausreichenden Schutz gegen Witterungseinflüsse oder gegen Feuchtigkeit bieten,
- Wasserversorgung, Entwässerungs- oder sanitäre Anlagen sich nicht ordnungsgemäß benutzen lassen oder
- Aufzüge, Treppen oder Beleuchtungsanlagen in allgemein zugänglichen Räumen sich nicht ordnungsgemäß benutzen lassen.
Die Wohnungsaufsicht der Stadt Aachen bedient sich als Sonderordnungsbehörde öffentlich-rechtlicher Instrumente zur Durchsetzung der Mindestanforderungen und Instandsetzung, sofern betroffene Bewohner*innen Ihre Interessen nicht selbst mit Mitteln des Mietrechts wahren. Über die Einleitung eines Verfahrens ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Alle Maßnahmen sind darauf auszurichten, die ordnungsgemäße Nutzung des Wohnraums (§ 6 Abs. 1 WohnStG) wiederherzustellen oder zu erhalten.
Ein eventuelles Verwaltungsverfahren beginnt regelmäßig mit der Kenntnisnahme der Verwaltung über eine konkrete mit Mängeln behaftete Wohnung. Betroffene Mieter*innen können sich direkt an die Wohnungsaufsicht wenden und Mängel sowie bereits unternommene Schritte zur Abhilfe schildern. Auch Presseberichte können Anlass für ein Tätigwerden sein. Ebenso können Dritte wie gesetzliche Betreuer*innen oder Mitarbeiter*innen karitativer Einrichtungen Hinweise zu Wohnungsmängeln geben.
Nach einer Anzeige werden bei einem Vor-Ort-Termin durch den Außendienstmitarbeiter der Wohnungsaufsicht alle Mängel dokumentiert, in Berichtsform mit Fotos festgehalten und das weitere Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt (Anhörung, Aufforderungen an den/die Eigentümer*in oder durch diese/n Beauftragten).
In aller Regel wird dem/der Eigentümer*in ausreichend Zeit für die erforderlichen Instandsetzungen, bzw. Schaffung der Mindestanforderungen eingeräumt. Kommen Eigentümer*innen diesen Aufforderungen nicht nach, kann die Wohnungsaufsicht auf weitere Zwangsmittel nach den §§ 55 ff. Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) zurückgreifen, um Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen zu erzwingen.
Sind aufgrund von Mängeln gesundheitliche Schäden für die Bewohner*innen zu befürchten, ist zu prüfen, ob eine Wohnung nach § 9 WohnStG für unbewohnbar erklärt wird. Die Unbewohnbarkeitserklärung ist das letzte und schärfste Mittel der Wohnungsaufsicht. Sie kommt in Betracht, wenn
- die Mindestanforderungen an angemessene Wohnverhältnisse nicht erfüllt sind oder
- Mängel den Gebrauch zu Wohnzwecken erheblich beeinträchtigen und
- deswegen gesundheitliche Schäden für die Bewohnerinnen und Bewohner zu befürchten sind.
Die Wohnungsaufsicht der Stadt Aachen mit einem Team von derzeit sieben Mitarbeitenden ist für ca. 114.000 vermietete Wohnungen im Stadtgebiet zuständig. Zwei Stellen sind für die Wohnungsaufsicht über die öffentlich geförderten Wohnungen zuständig, weitere fünf Stellen (davon aktuell eine unbesetzt) für den freifinanzierten Wohnraum. Zudem verfügt die Wohnungsaufsicht über einen bautechnisch ausgebildeten Außendienstmitarbeiter, der erste Einschätzungen zur Entstehung von Schimmel und einer möglichen Gesundheitsgefährdung abgeben kann.
Da die Wohnungsaufsicht in weiten Teilen der Bevölkerung kaum bekannt ist, werden Möglichkeiten der Netzwerkarbeit dankend in Anspruch genommen. So fand in diesem Jahr bereits ein Treffen der Schuldnerberatungsstellen statt, im August 2025 ist die Wohnungsaufsicht zu einem Treffen mit dem Kinderschutzbund & Kinderschutzzentrum Ortsverband Aachen e.V. eingeladen.
Wie bereits ausgeführt, wird die Wohnungsaufsicht tätig, wenn sie Kenntnis von Missständen erhält. In aller Regel melden sich Mieter*innen eigeninitiativ an die Wohnungsaufsicht. Auf die LEG Immobilien AG wurde die Verwaltung erstmals aufmerksam, als am 25. Juni 2024 in der Tagespresse über die „Zustände in LEG-Wohnungen“ berichtet wurde. Besonders hervorgehoben wurde das Objekt Boxgraben in Aachen, in dem die Zustände der hinter dem Gebäude liegenden, aber öffentlich zugänglichen Grünbereiche moniert wurden. Die Aachener Zeitung hatte nach eigenen Angaben „mit rund einem Dutzend Mietern sprechen und mehrere Wohnungen besuchen können“. Geschildert wurden undichte Terrassentüren, lose Fliesen, ein schiefer Balkon und selbst für Laien erkennbar nur mangelhaft behobene Schäden. Ferner wurde über eine Wohnung in Alsdorf berichtet, bei dem man den Fensterrahmen mit bloßer Hand aus der Fassade drücken könne. Zudem wurde über Betriebskostenabrechnungen und Nachzahlungen im hohen dreistelligen Bereich berichtet.
Aufgrund dieser Berichte nahm die Wohnungsaufsicht Kontakt zum Mieterschutzverein Aachen und Umgegend e.V. auf. Dort wurde mitgeteilt, dass in einem zweimonatlichen Abstand Versammlungen mit Mieter*innen der LEG, unabhängig von einer Mitgliedschaft im Mieterschutzverein, stattfinden würden. Es wurde vereinbart, dass zwei Mitarbeitende der Wohnungsaufsicht an einem Treffen teilnehmen, um die Aufgaben der Wohnungsaufsicht zu erläutern und den Mieter*innen, die nicht Mitglied im Mieterschutzverein sind, Berührungsängste zu nehmen. Eine Einladung erfolgte sodann für ein Treffen am 31. Juli 2024.
Parallel dazu hat die Wohnungsaufsicht im Rahmen der Bestands- und Besetzungskontrolle das Objekt Boxgraben besucht. Bei der ersten Inaugenscheinnahme der Treppen und Flure sowie des Zustands des Gebäudes konnten keine Auffälligkeiten festgestellt werden. Auch aus Gesprächen mit zwei zufällig angetroffenen Mieter*innen haben sich keine weiteren Sachhinweise ergeben.
Kurz vor dem Termin am 31. Juli 2024 wurde dieser durch den Mieterschutzverein abgesagt. Der nächste avisierte Termin sollte am 04. Dezember 2024 stattfinden und wurde ebenfalls abgesagt.
In der folgenden Zeit wurden folgende Objekte aufgesucht und insgesamt 26 Mieter*innen befragt:
- Trierer Str.
- Hünefeldstr.
- Albert-Maas-Str.
- Rudolf-Schwarz-Weg
- Zehntweg
- Alte Tuchfabrik
- Niederforstbacher Str.
- Verlautenheidener Str.
- Alt-Haarener-Str.
- Schillerstr.
In der überwiegenden Anzahl der Fälle wurde die fehlende Erreichbarkeit der LEG moniert. Bei Anrufen würde man in einer Warteschleife landen, Ansprechpartner*innen seien vor Ort nicht vorhanden. Nicht nur, dass dadurch Mängel nur unter erschwerten Bedingungen an die LEG gemeldet werden können, auch ließe das Verhalten der LEG in Reparaturfällen zu wünschen übrig. Auch hier wurden überwiegend Feuchtigkeitsschäden und daraus resultierender Schimmelbefall mitgeteilt. Von einer Mitteilung eines Mangels bis zur Behebung vergehen unangemessen lange Zeitabschnitte. Bei Ausfällen der Heizungsanlage würde nur schwerfällig reagiert. Beseitigen Mieter*innen im Einzelfall die Mängel selbst, ist von der LEG eine Erstattung der Kosten nicht zu erwarten.
Die Betriebskostenabrechnungen werden seitens der Mieter*innen in Zweifel gezogen, da z.B. Hausmeisterkosten abgerechnet wurden, jedoch kein Hausmeister ansprechbar für das jeweilige Objekt sei. Hinsichtlich der Grünanlagen wurde mitgeteilt, dass ein Sandkasten schon seit Jahren nicht mehr gepflegt würde. Grün- oder Baumrückschnitte würden nicht erfolgen, lediglich der Rasen würde gemäht werden. Als problematisch zeigte sich auch die Sauberkeit in den aufgesuchten Objekten. Die Treppenhausreinigung würde nur sporadisch und nicht zufriedenstellend innerhalb von nur wenigen Minuten erfolgen. „Wilder Müll“ würde in den Müllräumen abgestellt und stelle vermehrt ein Lockmittel für Ratten, auch aus der umliegenden Nachbarschaft, dar.
Während der Gespräche hat der Außendienstmitarbeiter wiederholt auf die Handlungsmöglichkeiten der Wohnungsaufsicht der Stadt Aachen aufmerksam gemacht, die Kontaktmöglichkeiten benannt und um Übersendung von Fotos oder anderweitigem Material gebeten. Zwar waren die Mieter*innen überwiegend positiv überrascht, dass sich jemand für ihre Situation interessiert, jedoch ist bisher kein Rücklauf erfolgt. Vielfach scheint dabei Angst eine Rolle zu spielen, denn das jeweils lange Zuwarten auf eine Reaktion der LEG als Vermieterin wird sicherlich als verunsichernd empfunden. Es wurde angegeben, dass auf Beanstandungen von Betriebskostenabrechnungen, durch die LEG in der Form reagiert würde, dass man ein Inkassobüro einschalten würde, würde der Abrechnungsbetrag nicht in Gänze und fristgerecht entrichtet. Zudem wurde in einem Einzelfall geschildert, dass ein Ehepaar nach einer Mietminderung aufgrund einer defekten Tür, des nicht gegebenen Schutzes von Einbruch und schlussendlich höherer Heizkosten unmittelbar eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erhalten habe. Eine gerichtliche Entscheidung stehe diesbezüglich noch aus.
Fazit: Die Wohnungsaufsicht ist in der Öffentlichkeit bislang wenig präsent. Die Verwaltung nimmt dies zum Anlass, ihre Bekanntheit zu erhöhen und ihre Netzwerkarbeit auszuweiten. Die Zusammenarbeit der Wohnungsaufsicht mit dem Mieterschutzverein wird künftig intensiviert.
Die Verwaltung wird alle konkreten Mängel als Wohnungsaufsichtsbehörde stringent verfolgen. Dazu gehören z.B. die Pflege der Grünanlagen und Spielplätze sowie individuell vorgetragene Wohnungsmängel. Die Objekte, in denen der Rattenbefall geschildert wurde, werden an das Ordnungsamt abgegeben, da dort die Zuständigkeit für Aufgaben nach dem Infektionsschutzgesetz liegt.
In diesem Zusammenhang hat die Verwaltung die LEG mit Schreiben vom 31. Juli 2025 mit den oben beschrieben Erkenntnissen und Anzeigen aus der Mieterschaft konfrontiert und zu einer zeitnahen Stellungnahme aufgefordert. Über den Fortgang wird mündlich berichtet.
