Kenntnisnahme - FB 61/1144/WP18

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Beratungsfolge

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Erläuterungen

Den Antrag „Sachstand Sondernutzungssatzung für die Außengastronomie am Katschhof“ vom 12.08.2025 zur Tagesordnung im Planungsausschuss und den Antrag „Anregung zur Flexibilisierung der Sondernutzungsregelungen für die Außengastronomie für eine lebenswerte und attraktive Innenstadt“ im Bürgerforum nimmt die Verwaltung zum Anlass, die Regelungen, die sich mit der Nutzung des öffentlichen Raumes und dem Fokus auf die Innenstadt im Moment beschäftigen, zu erläutern.

Dies sind:

  • Die Sondernutzungssatzung, die vor allem regelt, ob und in welchem Maß öffentliche Straßen, Plätze und Wege genutzt werden dürfen.
  • Die Leitlinien Außengastronomie, die Hinweise und Empfehlungen zur Gestaltung der Außengastronomie im öffentlichen Raum geben. 
  • Gestaltungssatzungen: Die verbindlichen Regeln für ein einheitliches, qualitativ hochwertiges Erscheinungsbild im öffentlichen Raum und von baulichen Strukturen sichern.

 

Sondernutzungssatzung

Die Sondernutzungssatzung der Stadt Aachen regelt die über den Gemeingebrauch hinaus gehende Nutzung öffentlicher Straßen, Plätze und Wege. Ziel ist, dass diese Regelungen einheitlich, transparent und rechtssicher zu vollziehen sind. Die geltende Sondernutzungssatzung der Stadt Aachen ist hier abrufbar: https://www.aachen.de/in-aachen-leben/politik-und-verwaltung/stadtrecht/bauwesen/603-neu.pdf?cid=491. Der Ratsbeschluss FB60/0059/WP18 bildet die Grundlage. Dabei werden unterschiedliche Interessen ausbalanciert:

  • Verkehrssicherheit und Barrierefreiheit – öffentliche Flächen müssen für alle, insbesondere für ältere Menschen und Personen mit Mobilitätseinschränkungen, frei zugänglich bleiben.
  • Funktionsfähigkeit des öffentlichen Raums – Flächen müssen für Veranstaltungen, Rettungswege und Fußgängerverkehr nutzbar bleiben.
  • Attraktivität und Aufenthaltsqualität der Innenstadt – Außengastronomie und Veranstaltungen, aber auch unabhängig davon nutzbare Räume tragen wesentlich zur Belebung und Attraktivität öffentlicher Räume bei.
  • Gestaltung und Stadtbild – durch klare Regelungen soll einer „Übermöblierung“ oder einem unkoordinierten Erscheinungsbild entgegengewirkt werden, insbesondere in sensiblen historischen Bereichen.

 

Entwicklung

Die aktuelle Fassung der Aachener Sondernutzungssatzung wurde seit ihrem Erlass mehrfach geändert, insbesondere im Zuge der Corona-Pandemie (flexible Ausweitung von Außengastronomie) und im Zusammenhang mit der politischen Zielsetzung einer „Ermöglichungskultur Innenstadt“. Parallel hat der Städte- und Gemeindebund NRW eine neue Mustersatzung (2008, fortlaufend aktualisiert) entwickelt, die den veränderten Blick auf Straßenräume berücksichtigt: mehr Aufenthalts- und Gestaltungsfunktion, stärkere Betonung von Barrierefreiheit, Schutz historischer Ortskerne sowie eine differenzierte Gebührenregelung (z. B. Gebührenfreiheit für gemeinwohl-orientierte Nutzungen wie Brauchtumsfeste). Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass die Sondernutzungssatzung heute nicht nur ordnungsrechtliche, sondern auch stadtgestalterische und stadtentwicklungspolitische Funktionen erfüllt.

 

Funktion

Die Sondernutzungssatzung ist das zentrale ordnungsrechtliche Steuerungsinstrument für die Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums. Sie schafft die rechtliche Grundlage für Genehmigungen (z. B. Außengastronomie, Warenauslagen, Werbeaktionen, Veranstaltungen) und ist verbindlich, während Leitlinien lediglich empfehlenden Charakter haben. Die Satzung bildet ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: jede Sondernutzung ist grundsätzlich untersagt, solange sie nicht genehmigt ist. So kann die Verwaltung frühzeitig Störungen verhindern und Abwägungen zwischen Gemeingebrauch, Individualinteressen und Allgemeinwohl vornehmen.

 

Rechtlicher Rahmen
 

Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis erfolgt nach § 10 der Sondernutzungssatzung der Stadt Aachen.

Befristung/Widerruf: Die Erlaubnis wird grundsätzlich befristet oder auf Widerruf erteilt. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung besteht nicht.

Versagungsgründe: Sie kann versagt, widerrufen oder mit Bedingungen und Auflagen versehen werden, wenn dies erforderlich ist, um die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs, die barrierefreie Nutzung oder den Schutz der Straße sicherzustellen. In Bereichen mit städtebaulichen Konzepten kann die Erlaubnis zudem verweigert werden, wenn die beantragte Nutzung das Stadtbild beeinträchtigen würde.

Pflichten der Erlaubnisnehmer: genehmigte Anlagen sind nach den geltenden Vorschriften und anerkannten Regeln der Technik zu errichten und zu unterhalten. Nach Ablauf der Erlaubnis sind sie zu entfernen und die Fläche in ordnungsgemäßem Zustand zurückzugeben; Verunreinigungen sind zu beseitigen.

Kein Ersatzanspruch: Bei Widerruf der Erlaubnis oder Sperrung/Einziehung der Straße besteht kein Anspruch auf Entschädigung.

Sondernutzungserlaubnisse sind somit stets zweckgebunden, widerruflich und an die straßenrechtliche Ordnung gebunden.

 

Darstellung des Prozesses der Evaluation der Sondernutzungssatzung

Vor dem Hintergrund der vielfältigen Interessen hat die Verwaltung einen Prozess zur Evaluation der bestehenden Sondernutzungssatzung eingeleitet. Ziel ist es,

  • die bisherigen Regelungen systematisch auf ihre Praxistauglichkeit zu prüfen,
  • die Abgrenzung zum Gemeingebrauch und zu anderen Rechtsbereichen (Straßenverkehrsrecht, Polizei- und Ordnungsrecht, Bauordnungsrecht) zu klären,
  • Schnittstellen zu weiteren Instrumenten (z.B. Leitlinien Außengastronomie) zu verdeutlichen,
  • Belange der Barrierefreiheit und des Stadtbildschutzes stärker einzubeziehen,
  • sowie Rückmeldungen aus Politik, Gewerbe und Bürgerschaft in die Weiterentwicklung einfließen zu lassen.

Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse sind Handlungsempfehlungen zu entwickeln und gegebenenfalls Anpassungen der Satzung vorzuschlagen, die sowohl den Interessen der Gastronomiebetriebe als auch den Anforderungen an Sicherheit, Ordnung und Gestaltung des öffentlichen Raums gerecht werden. Es wird angestrebt den Evaluationsprozess im 1. Halbjahr 2026 abzuschließen. 

 

Leitlinien Außengastronomie

Historie

Bereits im Dezember 2003 wurde im Rahmen des Innenstadtkonzepts 2002 vom Planungsausschuss ein Konzept zur „Außenbewirtung in Aachen“ beschlossen. Dieses Konzept basiert auf der Analyse besonders sensibler und prägender Stadträume im Innenstadtbereich und beinhaltet im Ergebnis Aussagen zu möglichen außengastronomischen Flächen sowie Empfehlungen und Vorgaben zu Material und Farben der Ausstattungselemente wie Tische, Stühle, Schirme, Pflanzkübel etc. 

Grundsätzlich hat die Außengastronomie in der Aachener Innenstadt bereits eine sehr hohe Qualität und unterstützt deren positives Image. Gleichwohl ergeben sich immer wieder Herausforderungen zum Beispiel hinsichtlich Möblierungstrends, Beschirmung, Gestaltung und Pflege von Bepflanzung. Insbesondere seit der Coronapandemie hat die Außengastronomie an Bedeutung gewonnen und der Bedarf an Flächen ist seither gestiegen. Hierdurch ergeben sich teilweise Konflikte mit anderen Ansprüchen an den öffentlichen Raum (u.a. Feuerwehrflächen, Platz für zu Fuß Gehende, Barrierefreiheit und den nicht kommerziellen Aufenthalt).

Aus diesem Grund hat der Planungsausschuss der Stadt Aachen die Verwaltung am 07.12.2023 mit der Fortschreibung einer zeitgemäßen „Leitlinie für die Außengastronomie“ beauftragt (FB 61/0813/WP18).

 

Ziele der Fortschreibung

Die Fortschreibung der bestehenden Leitlinie und der damit verbundene Dialog stellen im Zusammenspiel mit der Sondernutzungssatzung eine wichtige Basis für das Verwaltungshandeln der nächsten Jahre dar. Der Prozess zur Außengastronomie soll eine Grundlage für faire und transparente Entscheidungen bei Erlaubnissen und Genehmigungen schaffen. Entstehen sollen angemessene und für alle verständliche Regeln für die Gestaltung der Außengastronomie, um die derzeit bereits hohe gestalterische Qualität in der Aachener Innenstadt zu sichern und weiterzuentwickeln. Daneben fließen Aspekte wie Inklusion/Barrierefreiheit und Klimafreundlichkeit in die Fortschreibung ein.

 

Geltungsbereich

Der vorgeschlagene Geltungsbereich der Leitlinien Außengastronomie umfasst den Bereich innerhalb des Grabenrings und einen Großteil der wichtigsten Ausfallstraßen bis zum Alleenring. Der Geltungsbereich ist damit fast deckungsgleich mit dem Denkmalbereich Innenstadt. Die Außengastronomieflächen stehen somit immer im Kontext zur historischen Umgebung. 

 

Betrachtung von Plätzen

Die zentralen öffentlichen Plätze in der Aachener Innenstadt haben eine besondere Bedeutung für die Wahrnehmung der Stadt und fungieren als Visitenkarte. Sie unterliegen gleichzeitig einem hohen Nutzungsdruck. Im Rahmen der Leitlinien werden die Plätze daher sehr genau hinsichtlich der verschiedenen Anforderungen untersucht und daraus Flächen abgeleitet und dargestellt, auf denen Gastronomie grundsätzlich möglich ist. Diese Karten sollen Teil der Leitlinien und Grundlage für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen werden. Es ist beabsichtigt, diese Karten auch über das Geoinformationssystem verfügbar zu machen, so dass ein hoher Grad an Transparenz erreicht wird.

Auf Grund der aktuellen Entwicklungen schlägt die Verwaltung vor, den Katschhof zusätzlich in diese Betrachtungen mit aufzunehmen. Bisher wurde kein Bedarf gesehen, weil der Katschhof als nicht gastronomisch geprägter Raum eingeordnet wurde. Eine nun erfolgende Neubetrachtung ist aus Sicht des Prozesses der Leitlinien ergebnisoffen.

 

Prozess und geplante weitere Vorgehensweise

Ein wichtiger Baustein im Prozess zur Erarbeitung der Leitlinien ist die Beteiligung von Gastronomie, Kommission Barrierefreies Bauen und Senior*innenrat sowie von Politik und Verwaltung. So erfolgten seit Sommer 2024 verschiedene Abstimmungsgespräche und gemeinsame Spaziergänge mit diesen Akteursgruppen. Der Prozess unter Einbeziehung der genannten Akteur*innen hat sich bewährt und soll in der Konstellation fortgeführt werden.

Ein aktueller Sachstandsbericht wurde der Politik zuletzt im Februar bzw. März dieses Jahres vorgelegt, woraufhin der Planungsausschuss die Weiterverfolgung des Prozesses beschlossen hat (s. Vorlage FB 61/1062/WP18; Beratungsfolge: BV Mitte, AAWR, MoA, PLA).

Die weitere Bearbeitung der Leitlinien ist mit einem hohen Maß an Abstimmungen und Klärung vieler Detailfragen verbunden – auch in Abstimmung mit der Sondernutzungssatzung. Im Gespräch mit den politischen Vertreter*innen wurde dies kommuniziert und von deren Seite die erforderliche Sorgfalt unterstützt.

Im 4. Quartal 2025 soll ein erneuter Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren stattfinden, bei dem die neuen Leitlinien im Entwurf vorgestellt und zur Diskussion gestellt werden. Die Ergebnisse aus dem gemeinsamen Austausch fließen anschließend in die Fertigstellung der Leitlinien bzw. die politische Entscheidungsvorlage ein. Die Fertigstellung und eine politische Beratung der Leitlinien sind für das 1. Quartal 2026 geplant.

Es ist geplant, besonders wichtige Einzelaspekte der Leitlinien in eine Überarbeitung der Sondernutzungssatzung einfließen zu lassen, so dass diese Regelungen rechtlich verbindlich sind. Die Leitlinien werden somit voraussichtlich im Laufe des Jahres 2026 angewandt werden können.

 

Katschhof und UNSECO Weltkulturerbe

Der Katschhof ist einer der zentralsten und symbolträchtigsten Plätze der Stadt und gehört aufgrund seiner schönen und historischen Kulisse zu der mit am stärksten frequentierten Veranstaltungsfläche in Aachen. Insofern war und ist die Vergabe der Fläche über die bereits tradierten Veranstaltungen hinaus (Karlspreis, Weihnachtsmarkt, Domspringen, September Special, Archimedischer Sandkasten, Pennzelt usw.), von einer hohen gesamtstädtischen Bedeutung. Der Rat der Stadt Aachen beschloss mit der Sitzungsvorlage Dez II/0036/WP18 am 13.03.2024 Kriterien unter denen die Verwaltung neue Veranstaltungen auf dem Katschhof genehmigen darf.

Der Aachener Dom wurde 1978 als erstes deutsches Bauwerk in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Weltweit gehört er zu den ersten zwölf Welterbestätten. Ausschlaggebend für die Eintragung war die karolingische Bauphase des Aachener Doms - die Marienkirche mit ihrem Zeugniswert als Meisterwerk menschlicher Schöpfungskraft, ihrer Einzigartigkeit, ihrer Vorbildwirkung für Sakralbauten, ihrer Konzeption als Idealtypus. Die Marienkirche ist Teil der karolingischen Pfalzanlage. Bildet sie mit ihrem Oktogon auf der Südseite der Anlage das geistliche Zentrum, so ist ihr auf der Nordseite der Pfalz die Regierungshalle (aula regia), in deren Ruine im 14. Jahrhundert das Rathaus der Stadt Aachen bis heute integriert wurde, als weltliches Zentrum entgegenzusetzen.

Der Katschhof ist damit der Ort, der beide Großbauten räumlich verbindet, sie zusammen visuell wahrnehmen lässt und so die karolingische Pfalz Aachens bestens widerspiegelt und vermittelt. Im Gegensatz zu den vielen belebten Plätzen und Höfen in der Aachener Innenstadt, wurde der Katschhof außerhalb der Großveranstaltunge bisher als ein „ruhiger“ Ort konnotiert, der das besondere Spannungsfeld von Dom und Rathaus, nachvollziehbar macht.

Welterbestätten sind nach Forderung der UNESCO durch eine Pufferzone zu schützen, welche durch (eine) ortsgültige Satzung(en) zu sichern ist. Diese Forderung ist mit Rechtskraft der Denkmalbereichsatzung Innenstadt 2011 umgesetzt worden. Dem Katschhof kommt dabei aufgrund seines direkten räumlichen Bezugs zum Welterbe und seiner Geschichte, die eng mit dem Welterbestatus verknüpft ist, eine besondere Bedeutung zu. Während die Krämerstraße eine lebhafte Geschäftsstraße ist, welche dem Einzelhandel und den ansässigen Ladenlokalen auf der westlichen Straßenseite Möglichkeiten zur Werbung und auch in einem beschränkten Bereich zur Außengastronomie gibt, ist die Rückseite der dort verorteten Gebäude zum Katschhof hin ausgerichtet. Hier ist aus der Sicht der Denkmalpflege an den Gebäuden sowie auch vor den Gebäuden äußerste Zurückhaltung geboten, damit der Katschhof seine „visuelle Ruhe“ behält.

 

Weiteres Vorgehen

Die Verwaltung schlägt ein zweistufiges Vorgehen vor.

Im ersten Schritt wird der Katschhof im Rahmen des Prozesses Leitlinien Außengastronomie hinsichtlich potentieller Erweiterungsfächen für die Außengastronomie unter Berücksichtigung der notwendigen Funktionen geprüft, hierfür werden evtl. gesonderte Ressourcen (Erweiterung des Auftrages) benötigt.

Da Entscheidungen zu Welterbebelangen z.T. auch mit dem Aachen zugeordneten Monitoren von ICOMOS (Internationaler Rat für Denkmalpflege) und dem Dombaumeister regelmäßig beraten werden, wird der Katschhof mit seinen Möglichkeiten seitens der Verwaltung in der kommenden Sitzung thematisiert.

Im weiteren Prozess wird bei positiver Resonanz geprüft, ob eine Gestaltungssatzung zur Steuerung des Außengastronomie am Katschhof notwendig ist.

 

 

 

 

 

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