Entscheidungsvorlage - B 03/0076/WP15-1-1
Grunddaten
- Betreff:
-
Ergänzung der Beschlussvorlage zur Bezugsvorlage Kommunale Bodenvorratspolitik zur Sicherung preiswerter GrundstückeAntrag von SPD und Grünen vom 30.5.06
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 60 - Vertrags-, Vergabe- und Fördermittelmanagement
- Beteiligt:
- FB 23 - Fachbereich Immobilienmanagement; FB 30 - Fachbereich Recht und Versicherung; FB 61 - Fachbereich Stadtentwicklung und Stadtplanung
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Rat der Stadt Aachen
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14.03.2007
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt beauftragt die Verwaltung, bevorzugt B-Pläne zu bearbeiten, bei denen die Stadt Aachen mindestens 25% der Grundstücke besitzt, oder entsprechender Grunderwerb nach dem in der Vorlage beschriebenen Kooperationsmodell gesichert ist, soweit kein formelles Umlegungsverfahren gemäß §§ 45 ff Baugesetzbuch erforderlich ist.
Das mit Beschluss des Wohnungs– und Liegenschaftsausschusses vom 04.04.2000 und des Planungsausschusses vom 10.04.2000 beschlossene sog. Aachener Modell (u.a. Erstellung von 20 % öff. geförderten Wohnungsbaus) findet in diesen Fällen keine Anwendung.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Die Fraktionen von SPD und Grüne im Rat der Stadt Aachen haben mit Datum vom 30.05.2005 einen Antrag in den Rat der Stadt eingebracht, der zum Gegenstand hatte, zukünftig bei der Neuerschließung privater Wohnbauflächen die Einleitung der Planverfahren davon abhängig zu machen, dass die Grundstückseigentümer sich bereit erklären, der Stadt einen Anteil von 25 % am entstehenden Nettobauland zu einem planungsunbeeinflussten Wert zur Verfügung zu stellen.
Dieser Antrag war Gegenstand der Beratung im Planungsausschuss am 22.06.2006. Der Ausschuss hat die Verwaltung beauftragt, ein entsprechendes Modell zu erarbeiten und dem Rat zur Beschlussfassung vorzulegen.
Diesem Beschluss folgend wurde in der Verwaltung folgendes Modell ausgearbeitet.
Rechtslage
Die derzeitige Rechtslage lässt eine systematische Abschöpfung von planungsbedingten Wertsteigerungen nicht zu. Wertabschöpfungen können nur im Rahmen von formellen Verfahren, z.B. Umlegungen oder Sanierungen erfolgen. Die Vorschriften des Baugesetzbuches lassen nur zu, Kosten und Aufwendungen der Gemeinde, die als Voraussetzung oder Folge von städtebaulichen Maßnahmen entstehen, über städtebauliche Verträge gem. §§ 11/12 Baugesetzbuch den Vorhabenträgern anzulasten
Nach dem Baugesetzbuch (BauGB) ist Bauleitplanung an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Insbesondere dürfen Bauleitpläne nur aufgestellt werden, sobald und soweit es für die städtebaulichen Entwicklung und Ordnung erforderlich ist (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Sie sind den Zielen der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB). Die Gemeinde hat bei der Bauleitplanung eine Vielzahl von Belangen zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 6 BauGB), u.a. auch die von der Stadt Aachen genannten Wohnbedürfnisse der Bevölkerung und soziale Bedürfnisse, insbesondere von Familien, jungen, alten und behinderten Menschen. Eine Gemeinde muss also zunächst diese gesetzlichen Voraussetzungen beachten, hat dann jedoch – wie Sie zu Recht anmerken – für ihr Gebiet die Planungshoheit. Da niemand einen Anspruch auf Aufstellung von Bauleitplänen hat (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB), ist es der gemeinde nicht verwehrt, nur dort einen Bebauungsplan zu beschließen, wo sie ihre städtebaulichen Ziele in einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis verwirklichen kann.
Dieser Zielsetzung dient folgendes:
Kooperationsmodell
Grundsätzlich hat die Gemeinde gem. § 1 Baugesetzbuch bei der Aufstellung von Bauleitplänen insbesondere zu berücksichtigen
1. die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung.
2. die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, die Schaffung und Erhaltung sozialstabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiterer Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparendes Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung.
In Aachen können diese Anforderungen in der nahen Zukunft innerhalb der Wohnbaureserven der Stadt Aachen umgesetzt werden. Hierzu ist es allerdings erforderlich, dass sukzessive weiteres Bauland aus diesen Reserveflächen entwickelt wird und durch Bauleitverfahren die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, neue Wohngebiete zu erschließen und zu bebauen. Dabei sind sowohl Flächen zu berücksichtigen, auf denen überwiegend Einfamilienhausbebauungen realisiert werden sollen, als auch Flächen für den Geschosswohnungsbau.
Diese Baugebiete können auf Flächen entwickelt werden, die in wesentlichen Teilen der Stadt Aachen gehören.
Gem. § 1 Abs. 3 Baugesetzbuch sind Bauleitpläne wie ausgeführt aufzustellen, sobald und soweit es für eine städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Aufstellung von Bauleitplänen.
Da alle Wohnbaureserven aus einem städtebaulichen Konzept entwickelt und von daher als gleichwertig anzusehen sind, besteht die Möglichkeit, dass der Rat der Stadt eine Reihenfolge festlegt, in der die einzelnen Plangebiete entwickelt werden sollen. Maßgebendes Kriterium dafür ist, dass die Stadt Aachen Eigentum in diesen Baugebieten besitzt. Sie wird somit in die Lage versetzt, sowohl preiswertes Bauland auch für Bevölkerungskreise mit schwächerem Einkommen zur Verfügung zu stellen, als auch Mittel für die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen bereit zu halten.
Zukünftig soll, ausgehend von dieser Situation, folgendes Verfahren Anwendung finden:
Werden an die Stadt Anträge privater Grundstückseigentümer auf Ausweisung von neuen Wohnbauflächen herangetragen, wird die Stadt diesen Anträgen nur näher treten wenn die Eigentümer bereit sind, mit der Stadt im Rahmen dieses Kooperationsmodells zusammenzuarbeiten.
Das Kooperationsmodell sieht vor, dass der/die Grundstückseigentümer vor Einleitung eines Planverfahrens sich bereit erklärt, der Stadt ein notarielles Kaufangebot über 25 % der zukünftigen Netto-Baulandfläche des beantragten Gebietes zum planungsunbeeinflussten Wert zu unterbreiten. Über das Angebot - insbesondere über den planungsunbeeinflussten Wert - ist vorab eine einvernehmliche Regelung zwischen dem Grundstückseigentümer und der Verwaltung zu treffen. Für den Fall, dass über den Wert keine Einigung erzielt werden kann, wird dieser Wert durch ein Gutachten der Kommunalen Bewertungsstelle festgelegt. An den Wert des Gutachtens sind die Vertragsparteien gebunden.
Die Stadt erklärt sich bereit, ein Planverfahren einzuleiten mit dem Ziel, ein Wohngebiet zu entwickeln.
Beide Parteien erklären sich bereit, nach Einleitung des Planverfahrens das Plangebiet auf der Basis von städtebaulichen Verträgen zu entwickeln.
Sobald im Rahmen des Planverfahrens die Lage der Gemeinbedarfs- bzw. Verkehrs- und der Baulandflächen festliegt, ist der Grundstückseigentümer verpflichtet, sein Angebot bzgl. der genauen Lage der an die Stadt zu übertragenden Netto-Baulandflächen zu konkretisieren. Dies hat in enger Abstimmung mit der Stadt zu erfolgen.
Sicherung des Verfahrens
Die Planung und Realisierung des Wohngebietes erfolgt auf der Basis eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes. Durch ein mehrstufiges Vertragswerk werden die jeweiligen Rechte und Pflichten gesichert. Voraussetzung ist, dass die Kaufangebote der Grundstückseigentümer (Vorhabenträger) notariell beglaubigt vorliegen.
In der ersten Stufe verpflichtet sich der/die Vorhabenträger zwingend im Rahmen eines Planvorbereitungsvertrages (§ 11 Baugesetzbuch) folgende Kosten in dem prozentualen Verhältnis zu übernehmen in dem die in seinem Eigentum stehenden Flächen zu den Bruttobaulandflächen des Plangebietes stehen. Bei der Berechnung des Verhältnisses bleiben die künftigen öffentlichen Flächen ( Straßen , Grünflächen u.ä. ) unberücksichtigt.
Die Stadt trägt dementsprechend die Kostenanteile, die auf die ihr im Rahmen des Kooperationsmodells übertragenen Flächenanteile des Bruttobaulandes entfallen.
a) Kosten der Planung soweit es sich nicht um Kosten des öffentlich-rechtlichen Planverfahrens handelt.
b) Kosten der Veröffentlichung.
c) Kosten der Stadt für Arbeiten im Planverfahren, die auch durch externe Aufträge geleistet werden könnten.
d) Kosten für Gutachten einschließlich Umweltbericht.
e) Kosten für externe Ing.-, Vermessungs-, Architektenleistungen und für Beratungsgesellschaften (z. B. Stadtentwicklung).
f) Kosten für durch die Stadt geleistete Vermessungsarbeiten.
g) Infrastrukturkosten, die Voraussetzung oder Folge der Planung sind ('11 Baugesetzbuch).
h) Kosten für Maßnahmen des Naturschutzes (z. B. Ausgleichsmaßnahmen § 135a Baugesetzbuch).
i) Folgekosten zugunsten Dritter, die sich aus Gutachten oder Umweltbericht ergeben (z. B. Lärmschutzmaßnahmen).
Darüber hinaus wird ein Haftungsausschluss der Stadt mit Regressverzicht des Vorhabenträgers bei Nichtzustandekommen des Bebauungsplanes vereinbart.
In der zweiten Stufe verpflichtet sich der/die Vorhabenträger, einen VEP-Vertrag (§ 12 Baugesetzbuch); in Ausnahmefällen einen Planverwirklichungsvertrag (§ 11 Baugesetzbuch), mit den wesentlichen Inhalten abzuschließen:
a) Konkretisierung der Kostenübernahmen aus dem darauf bezogenen Planvorbereitungsvertrag.
b) Pflicht zur Realisierung der Planung in einer konkret zu bemessenden Frist (Fristsetzung § 12 Baugesetzbuch).
c) Verpflichtung zum Abschluss eines Erschließungsvertrages ( § 124 Baugesetzbuch).
d) Stellung von Vertragserfüllungsbürgschaften.
e) Haftungsausschluss der Stadt mit Regressverzicht des Vorhabenträgers bei Nichtzustandekommen des Bebauungsplanes.
Mit Inkrafttreten des Bebauungsplanes kann die Stadt als dritte Stufe das notariell unterbreitete Kaufangebot innerhalb einer Frist von 6 Monaten annehmen. Sie wird dann Eigentümerin der erworbenen Netto-Baulandflächen.
Die Kosten für die Angebotsabgabe trägt der Grundstückseigentümer. Die Kosten für die Angebotsannahme und für die Vermessung der Netto-Baulandflächen werden von der Stadt übernommen.
Scheitern des Vorhabens und die Auswirkungen
Folgende Szenarien sind möglich:
1. Der Bebauungsplan kommt nicht zustande:
a) Durch Rücktritt des Vorhabenträgers: Die Kostentragung geht gänzlich zulasten des Vorhabenträgers.
b) Durch Insolvenz des Vorhabenträgers: Die Kostentragung geht gänzlich zulasten des Vorhabenträgers.
c) Sofern die Stadt oder ein Dritter das Bebauungsplanverfahren in den Fällen a) oder b) weiter führt, können dem Vorhabenträger/Insolvenzverwalter die angefallenen Kosten erstattet werden, soweit die Unterlagen weiter verwandt werden.
d) Es wird kein Satzungsbeschluss gefasst: Die Kostentragung geht gänzlich zulasten des Vorhabenträgers.
2. Der Bebauungsplan wird aufgehoben:
a) Durch ein Normenkontrollverfahren: Die Kostentragung geht gänzlich zulasten des Vorhabenträgers.
b) Durch Aufhebung des Rates der Stadt aufgrund des Ablaufes der nach § 12 Baugesetzbuch vereinbarten Frist: Die Kostentragung geht gänzlich zulasten des Vorhabenträgers.
3. Rückabwicklung
a) Bei Nichtzustandekommen des Bebauungsplanes hat der Grundstückseigentümer ein Rücktrittsrecht. Eine Annahme des Kaufangebotes durch die Stadt ist nicht möglich. Sie wird also nicht Eigentümerin der 25 % Netto-Baulandflächen.
b) Bei Aufhebung des Bebauungsplanes sind die privatrechtlichen Kaufverträge, sofern die Festsetzungen des Bebauungsplanes noch nicht überwiegend real umgesetzt worden sind, rückabzuwickeln.
Ausnahmen
Die Anwendung dieses sogenannten Kooperationsmodells soll nicht auf Plangebiete erfolgen, die weniger als 5.000 m2 Planfläche beinhalten.
Steht das Plangebiet im Eigentum mehrerer Eigentümer, erfolgt eine Anwendung des Kooperationsmodells nur, wenn die Voraussetzungen des rechtssicheren gemeinsamen Handels der Eigentümer geschaffen werden.
Dieses Modell soll in der Praxis Anwendung finden und kann durchaus, wenn dies die Praxis fordert, ergänzt oder modifiziert werden. In jedem Fall werden dem Rat und seinen Ausschüssen entsprechende Änderungen vorgelegt.