Entscheidungsvorlage - FB 61/0741/WP15

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Planungsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

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Erläuterungen

Erläuterungen:

Wie in den Sitzungen des Planungsausschusses am 16.08.07 und 24.01.08 berichtet, werden im Vorfeld der Umgestaltung des Elisengartens derzeit die Bereiche, in denen Bodeneingriffe vorgesehen sind, archäologisch untersucht.

 

Mit Datum vom 28.01. 08 hat die CDU-Fraktion im Rat auf die neuen Erkenntnisse reagiert und den Antrag mit der Nr. 263/15 gestellt. Im Antrag wird vorgeschlagen, dass “die Verwaltung in Kooperation mit dem Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege die römischen Schichten im Elisengarten weiter freilegen lassen soll” mit dem Ziel archäologische Funde angemessen präsentieren zu können.

 

 

Untersuchungsabschnitt 1: Bereich des geplanten Wasserbeckens

 

In einem ersten Untersuchungsabschnitt wurde die Zone parallel zum Elisenbrunnen bearbeitet, die für den Bau des Wasserbeckens vorgesehen ist. Der Eingriff umfasste bei einer Breite von ca. 6,5 m die gesamte Länge von rd. 80m des Elisenbrunnens, bis in eine Tiefe von ca. 0,8 m unter heutiger Geländeoberfläche.

 

Die ursprünglich vorgesehene Eingriffstiefe von 1,3 m unter heutiger Geländeoberfläche wurde nach Sondierungsgrabungen der Stadtarchäologie Aachen und Modifizierung der konstruktiven Planung für die Wasserbecken auf 0,8 m reduziert. Die an dieser Stelle bei 1,3m bereits angetroffenen römische Schichten konnten damit geschont bzw. gesichert bleiben.

Innerhalb des ersten Untersuchungsabschnitts wurden zahlreiche Beobachtungen gemacht, die die Bau- und Nutzungsgeschichte des Areals wesentlich erweitern konnten:

 

Mittelalterliche Stadtmauer (sog. `Barbarossamaueŕ)

 

Bereits vor Beginn der Maßnahme war bekannt, dass die Rückseite des Elisenbrunnens auf Resten der Barbarossamauer ruht. Die Grabungen zeigten, dass die erhaltene Oberkante der Mauer bei ca. 0,5 m unter Geländeoberfläche einsetzt und die Mauer bis ca. 0,6 m über die Rückwand des Elisenbrunnens in Richtung Garten vorspringt.

 

Weitere Befunde

 

Neben weitgehend ungestörten Schichten des Spätmittelalters (ca. 14./15. Jh.) und der frühen Neuzeit (ca. 16./17. Jh.) konnten überraschend Reste zweier Steinbauten der Zeit um 1500 nachgewiesen werden. In einem Fall handelt es sich um einen Bruchsteinkeller.

Unmittelbar vor der Rotunde des Elisenbrunnens fanden sich die gut erhaltenen Reste eines aus Ziegeln gemauerten Abwasserkanals mit Bruchsteinabdeckung. Möglicherweise handelt es sich um die ursprüngliche Thermalwasserzuleitung des Elisenbrunnens aus der Zeit um 1822.

 

Die Baubefunde werden durch das geplante Wasserbecken nicht nennenswert beeinträchtigt und bleiben im Wesentlichen darunter erhalten.

 

 

 

Untersuchungsabschnitt 2: Rasenfläche (Bereich der geplanten flachen Stufen)

 

In einem zweiten Untersuchungsabschnitt wurde ein Bereich der derzeitigen Rasenfläche untersucht. Nach den aktuellen Höhenplanungen für den zukünftigen Geländeverlauf ist dort mit Bodeneingriffen von max. 1.0 m bis ca. 0,6 m unter heutiger Geländeoberfläche zu rechnen. Zurzeit ist eine Fläche von ca. 1.600 Quadratmetern bis auf die Eingriffstiefe von 0,6m untersucht (Stand:07.02.2008).

Den vorausgehenden Recherchen zufolge ist auf dem Gelände mit Resten der hochmittelalterlichen Abtei Stabelot-Malmedy (12. Jh.) ebenso zu rechnen wie mit Spuren des frühneuzeitlichen Klosters der Ursulinerinnen (nach dem Stadtbrand von 1656).

 

Von besonderer Bedeutung ist die ursprünglich am Nordende des Gartens gelegene, im 18. Jh. abgegangene Kapelle St. Aldegundis. Historiker halten einen frühmittelalterlichen Ursprung (merowinger-karolingerzeitlich) für wahrscheinlich. Südlich der Kapelle wurden bei früheren Grabungen Reste eines zugehörigen Friedhofs entdeckt.

Ebenfalls frühere Ausgrabungen der vierziger und fünfziger Jahre haben ausgedehnte römische Baureste nachgewiesen im Bereich Ursulinerstraße. Deren Tiefenlagen waren mit ca. 1,5 m (Nordteil) bis ca. 3 m (Südteil des Elisengartens) unter Geländeoberfläche vermerkt.

 

Die vorgenannten baulichen Anlagen ließen nicht vermuten, dass in geringen Tiefen bereits  römerzeitliche Schichten vorgefunden würden. Bei der geringen Einbindetiefe der vorliegenden Planung musste vor allem mit Resten der o.g. Bebauung der Klöster etc. gerechnet werden.

 

 

Vorläufige Ergebnisse

 

Entlang des Westrandes der Untersuchungsfläche zeichnen sich die Grundmauern der ehemaligen Bebauung entlang der Hartmannstraße ab. Neben überwiegend aus der Gründerzeit stammenden Bauten (Ende des 19. Jh.) fanden sich auch Reste mittelalterlicher bis frühneuzeitlicher Gebäude, die teilweise auf dem Urkataster (um 1820) dargestellt sind.

 

Im nördlichen Abschnitt der aktuellen Grabungsfläche (ca. 600 Quadratmeter) ist eine dichte Befundlage mit Siedlungsresten von der Römerzeit bis in die frühe Neuzeit vorzufinden.

Es handelt sich um Mauer- und Fußbodenreste, einplanierte Fachwerkwände und Brandschichten, die ausweislich der geborgenen Funde (Keramik, Knochen- und Bronzenadeln etc.) in das 2./3. Jh. n. Chr. datieren.

 

Unmittelbar auf den römischen Schichten haben sich Reste einer früh- bis spätmittelalterlichen dichten Besiedlung erhalten (Mauern, Gruben, Pfosten von Holzbauten etc.).

 

Von besonderer Bedeutung ist dabei der Fund karolingerzeitlicher Keramik (9. Jh.). Es handelt sich um die ersten karolingischen Funde südlich außerhalb der Pfalz.

Reste der o.g. Klosteranlagen, die sich z.T. auch im Bereich der heute baumbestandenen Flächen befanden, konnten bisher nicht gefunden werden.

 

 

Bisheriger Umgang  mit den Funden – Sachstand

 

Die freigelegte Fläche wurde inzwischen insgesamt auf einer durchschnittlichen Höhe von ca. 0,60 m unter Geländeoberfläche dokumentiert. Gemäß der aktuellen Höhenplanung zur Gartenumgestaltung und der zu erwartenden Funde muss die derzeitige Untersuchungsfläche allerdings nach Norden um weitere rd. 15 m erweitert werden.

Die Qualität und Quantität der bisherigen Befunde erfordert einen umfassenden Schutz vor unkontrollierter Zerstörung.

 

In einem gemeinsamen Ortstermin zwischen Stadtverwaltung und dem Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege wurden aus diesem Grund am 06.02.2008 entsprechende Möglichkeiten aufgezeigt und erörtert:

 

Überdeckung

 

Zum Schutz und Erhalt der in geringer Tiefe unter dem heutigen Geländeverlauf anstehenden Befunde gegen mechanische Zerstörung müsste eine mindestens 0,50 m mächtige, lagenweise verdichtete Kiesschicht von außen aufgebracht werden. Durch das im Zuge der Gartenumgestaltung Befahren der Fläche mit Baumaschinen (Radlader, LKWs, Bagger etc.) wären Schäden unausweichlich. Mit dieser erneuten Überdeckung des Geländes wäre der vorliegende Entwurf von Lützow7 einschließlich der Stufenanlage und Veränderung der Topografie nicht zu realisieren.

 

Ausgrabung

 

Die Alternative ist eine bauvorgreifende, vollumfängliche archäologische Ausgrabung der Fläche. Sondierungsbohrungen im bisherigen Grabungsfeld haben ergeben, dass der archäologische Schichtenaufbau im Norden des Elisengartens durchschnittlich 1 m beträgt. Die auszugrabende Fläche würde je nach Befundlage ca. 600  - 1000 Quadratmeter betragen. Die Dauer einer solchen Untersuchung kann derzeit nur auf ca. 6 Monate geschätzt werden.

 

Fazit

Das archäologisch-historische Potential wird im Elisengarten besonders hoch eingestuft, da diese Innenstadtfläche von einer neuzeitlichen Überbauung weitgehend frei geblieben ist. Es ist deshalb im Falle einer Ausgrabung mit einem erheblichen Erkenntniszuwachs über die Besiedlungsgeschichte Aachens zu rechnen.

 

Vor Vergabe der vollumfänglichen Untersuchung ist die o.g. weitere vom gestalterischen Eingriff betroffene Fläche im Nachtrag zum bestehenden Auftrag im Vorfeld zu untersuchen, um für die erforderliche Ausschreibung belastbare Informationen zur Angebotsabgabe zu erhalten.

 

Die ursprünglich auf Mitte 2008 terminierte Fertigstellung der Gartenanlage, die durch die bestehenden Untersuchungen und die Anpassung der Planung bereits in den Herbst verschoben werden musste, sollte in Abstimmung mit der geplanten Baumaßnahme für den Umbau des Restaurants spätestens im November fertiggestellt werden.

Dieser Fertigstellungstermin ist für den Garten unter den o.g. Rahmenbedingungen nicht zu halten. Trotz der Verzögerungen in der Abwicklung und Fertigstellung der Gesamtbaumaßnahme empfiehlt die Verwaltung die vollumfängliche Untersuchung der bestehenden archäologischen Horizonte.

 

Zur Zeit prüft die Verwaltung eine abschnittsweise Realisierung bei gleichzeitiger Möglichkeit die erwarteten archäologischen Untersuchungen für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Erreichbarkeit und Nutzbarkeit der Gastronomie Elisengarten zu gewährleisten.

 

Kosten

Die bisherigen Untersuchungen haben z.Zt. einen Kostenumfang von 112.000 € erreicht und werden sich durch den Nachtrag erhöhen. Sie werden aus der Haushaltstelle Elisengarten finanziert.

Für die weiteren Untersuchungen wurden vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege Kosten von bis zu 400.000€ geschätzt, diese müssen durch entsprechende Angebote belegt werden. Die Präsentation für die Öffentlichkeit (z.B. Einbau von Stegen etc.) sind damit nicht abgedeckt. Die Verwaltung bemüht sich Fördergelder einzuwerben.

 

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Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen:

Gesamtkosten: ca. 400.000,- €

Einnahmen:            Zuschüsse aus Städtebau- bzw. Denkmalförderungsmitteln

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Anlagen

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