Kenntnisnahme - FB 61/0871/WP16
Grunddaten
- Betreff:
-
Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG):Anforderungen an die Barrierefreiheit von Haltestellen
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 61 - Fachbereich Stadtentwicklung und Stadtplanung
- Verfasst von:
- FB61/30
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Mobilitätsausschuss
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Kenntnisnahme
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25.04.2013
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Erläuterungen
Erläuterungen:
Anlass
Mobilitätschancen bestimmen entscheidend die gesellschaftliche Teilhabe und damit die soziale und berufliche Entwicklung jedes Einzelnen. Vor allem für Menschen mit einer Behinderung ist ein barrierefreier Zugang zum Personenverkehr existenziell. In Deutschland leben ca. 9,6 Mio. Menschen mit Behinderungen. Darüber hinaus wird geschätzt, dass insgesamt ca. 30% der Fahrgäste im weiteren Sinne mobilitätseingeschränkt sind (also auch z.B. ältere Menschen, Menschen mit Kinderwagen oder sperrigem Gepäck). Zu berücksichtigen ist auch der steigende Anteil von Senioren. Barrierefreiheit ist aus diesen Gründen ein wichtiges Kriterium bei allen Neu- und Umbauten von Verkehrsanlagen und bei Investitionen im öffentlichen Personenverkehr.
In der am 01.01.2013 in Kraft getretenen Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) werden weitreichende Anforderungen an die Barrierefreiheit im ÖPNV formuliert: "Im Rahmen der Nahverkehrsplanung ist bis zum 01.01.2022 das Ziel der vollständigen Barrierefreiheit für die Nutzung des ÖPNV zu erreichen". Unter "vollständiger Barrierefreiheit" werden hier in Anlehnung an die Bestimmungen des Behindertengleichstellungsgesetzes alle Vorkehrungen verstanden, die behinderten und mobilitätseingeschränkten Personen den selbstbestimmten Ein- und Ausstieg ermöglichen. Bei der barrierefreien Gestaltung ist die Umsetzung des Zwei-Sinne-Prinzips konsequent einzuhalten (Ansprache von mindestens zwei der drei Sinne Hören, Sehen und Tasten). Hiervon kann im Nahverkehrsplan in konkret benannten und begründeten Ausnahmen abgewichen werden. Auch aufgrund landesgesetzlicher Regelungen (die es heute noch nicht gibt) kann hiervon abgewichen werden.
Bei Neu- und Umbau von Bushaltestellen in Aachen werden die DIN-Normen 18024-1 und 32984, die RASt 06 sowie die Aachener Standards zur Berücksichtigung der Barrierefreiheit beachtet. Standardmäßig wird ein 16cm-Formbordstein für einen niveaugleichen Einstieg in die Busse eingebaut. Innerstädtische Haltestellen werden darüber hinaus mit Bodenindikatoren versehen. Heute sind von insgesamt 964 Haltestellenlagen rd. 190 mit Formbordstein versehen. (Bemerkung: jede Fahrtrichtung an einer Haltestelle stellt eine Haltestellenlage dar. So besteht z.B. die Haltestelle "Annastraße" aus zwei Haltestellenlagen, "Alter Posthof" aus drei Lagen.)
Anforderungen und Handlungsbedarf
Für die Stadt Aachen als Aufgabenträger für den straßengebundenen ÖPNV betrifft die gesetzliche Anforderung vor allem die Gestaltung der Bushaltestellen. Eine barrierefreie Haltestelle muss demnach zugänglich und nutzbar für alle sein. An der Bushaltestelle ist dies bei der Ausgestaltung von Bewegungsflächen, Anlagen zur Überwindung von Höhenunterschieden, Ausstattungselementen, Informations- und Leiteinrichtungen zu berücksichtigen. Für die Stadt Aachen bedeutet dies einen erheblichen Nachrüstungsbedarf an vielen Haltestellen.
Die Kosten für die Nachrüstung differieren je nach baulichem Zustand und nach zukünftiger Anforderung an die Barrierefreiheit für die jeweilige Haltestelle. Für die stärker frequentierten Haltestellen in der Innenstadt und entlang der Hauptstraßen usw. sind höhere Standards anzusetzen als bei schwach genutzten Haltestellen am Stadtrand. Um die Gesetzesvorgaben umzusetzen, sind erhebliche Investitionen erforderlich. Zu berücksichtigen ist aber auch die lange Lebensdauer vorhandener, nicht barrierefrei konzipierter Infrastruktur. Die Nachrüstung an Haltestellen kann nur sukzessive und unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgen.
Zunächst wird die Verwaltung in Zusammenarbeit mit ASEAG, AVV und in Abstimmung mit der Kommission Barrierefreies Bauen Standards für die Barrierefreiheit im ÖPNV in Aachen entwickeln. Diese Standards werden im Rahmen der Nahverkehrsplanung und der Aufstellung des Nahverkehrsplans der Politik zur Entscheidung vorgelegt. Es ist der Handlungsbedarf zu ermitteln, ein Stufenkonzept für die Umsetzung zu entwickeln und die Kosten hierfür abzuschätzen. Bereits jetzt ist darauf hinzuweisen, dass mit dem bestehenden Personalkapazitäten eine Umsetzung der Baumaßnahmen im vorgegebenen Zeitraum nicht möglich erscheint.
Finanzierung
Für 2013 und in den nächsten Jahren sind Mittel in Höhe von 250.000 jährlich für Infrastrukturverbesserungen im ÖPNV im Haushalt eingeplant. In der Umsetzungsplanung befinden sich u.a. die Umbaumaßnahme an den Bushaltestellen Uniklinik mit einem Finanzvolumen von rd. 700.000 sowie an weiteren Haltestellen in Aachen in Höhe von rd. 540.000 .
Es besteht die Möglichkeit, Förderanträge nach dem ÖPNV-Gesetz NRW §12 beim Zweckverband Nahverkehr Rheinland zu stellen. U.a. werden Neu- und Ausbau von Haltestellen einschließlich der Ausstattung und die Aufstellflächen für Fahrgäste gefördert. Seit 01.01.2013 können bis zu 90% der Kosten gefördert werden. Die nächste Möglichkeit einer Antragsstellung wäre in März 2014. Unter den zur Zeit geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen empfiehlt die Verwaltung die Ausarbeitung eines Förderantrages für 2014.