Kenntnisnahme - FB 64/0026/WP16

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung mit der baldmöglichen Vorlage eines weiteren Sachstandsberichtes.

Reduzieren

Erläuterungen

Erläuterungen:

 

1. Historie

 

Vor dem Hintergrund der angespannten Situation auf dem Aachener Wohnungsmarkt sind Politik und Verwaltung seit längerem bemüht, geeignete wohnungspolitische Instrumente zu finden, die gezielt den bestehenden Problemen entgegenwirken können.

 

In der Sitzung des Wohnungs- und  Liegenschaftsausschusses am 28.01.2014 wurde unter TOP Ö 6 in diesem Gesamtzusammenhang zu den Voraussetzungen des Erlasses einer kommunalen Zweckentfremdungssatzung berichtet. Hierzu lagen Ratsanträge der Fraktionen Die Linke und SPD vor.

 

Es wurde aufgeführt, dass für den Erlass einer Zweckentfremdungssatzung strenge gesetzliche Voraussetzungen beachten sind:

1.              Nachweis eines erhöhten Wohnbedarfes

2.              Nachweis einer Gefährdung für die Wohnraumversorgung durch gezielte Aktivitäten zur Vernichtung von Wohnraum

 

Die Verwaltung führte aus, dass sich aus den ihr vorliegenden Daten zum damaligen Zeitpunkt keine zweifelsfreie Basis für die Bestätigung eines erhöhten Wohnbedarfes im Sinne der für den Satzungserlass geltenden strengen Maßstäbe vorlag. Konkrete Aktivitäten zur gezielten Vernichtung von Wohnraum zur Schaffung von Gewerbe-/ Büroflächen waren ebenfalls nicht festzustellen.

 

Im Ergebnis wurde daher erläutert, dass eine Zweckentfremdungsverordnung bzw. der Erlass einer entsprechenden Satzung nach seinerzeitiger Beurteilung der aufgezeigten Rahmenbedingungen nicht das geeignete wohnungspolitische Instrument darstellt, um dem Aachener Wohnraummangel entgegenzuwirken.

 

Die Verwaltung stellte jedoch in Aussicht, die Aktualisierung der Indikatoren zur Beurteilung eines erhöhten Wohnbedarfes fortzusetzen und die Entwicklung auf dem Gewerbe- und Wohnungsmarkt weiter zu beobachten. Der Ausschuss beauftragte die Verwaltung mit der baldmöglichsten Vorlage eines weiteren Sachstandsberichtes vor der Sommerpause 2014.

 

2. Neues Wohnungsaufsichtsgesetz

 

Zum 30.04.2014 ist das neue Wohnungsaufsichtsgesetz (WAG NRW) in Kraft getreten. Das Gesetz räumt den Kommunen im Rahmen der Wohnungsaufsicht weitreichende Möglichkeiten ein, wirksam gegen Vermieter vorzugehen, die ihre Wohnungen vernachlässigen oder die Wohnungsmarktsituation durch eine Überbelegung ausnutzen.

 

Die Anforderungen an Wohnraum werden neu definiert und über den baulichen Zustand hinaus auch auf die ausstattungstechnischen und hygienischen Anforderungen erweitert. Die Verwaltung beabsichtigt in diesem Zusammenhang, die Schnittstelle zwischen Wohnungsaufsicht und Bauaufsicht zu optimieren und mögliche Synergieeffekte zu schaffen.

 

Ein wesentlicher Schritt zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Wohnungsmarktes und der Angemessenheit von Mietpreisbildungen wird es sein, dass die Verwaltung durch das neue WAG NRW darauf einwirken kann, dass Mindeststandards eingehalten oder hergestellt werden (z.B. heller, trockener, beheizbarer Wohnraum; Sanitärausstattung; Vermeidung von Überbelegung).

 

Die Verwaltung vertritt daher nach momentanem Beurteilungsstand die Auffassung, dass die Umsetzung des WAG NRW durchaus Aussicht auf Erfolg hat und somit prioritär wahrgenommen werden sollte. Es wird weiter über den Sach- und Entwicklungsstand berichtet werden.

 

3. Auswirkungen des neuen WAG NRW auf Zweckentfremdungsverbote

 

Im neuen § 10 WAG NRW wird der Gemeinde ein Satzungsrecht zur Festlegung der Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf eingeräumt, in denen Wohnraum nur mit Genehmigung zweckentfremdet werden darf.

 

Der Erlass einer kommunalen Zweckentfremdungssatzung kommt dann als wohnungspolitisches Instrument zur Anwendung, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen durch gezielte Maßnahmen

-               des Abbruches

-               der Umwandlung oder

-               des vermeidbaren Leerstandes

gefährdet ist.

 

Die Verwaltung hat sich mit den vg. Voraussetzungen auseinandergesetzt mit folgendem Ergebnis.

 

Bauabgänge durch Abbruch oder Umwandlung können entsprechend der Datenlage des städtischen Wohnungsmarktberichtes bei weitem durch Baufertigstellungen kompensiert werden.

 

Eine Gefährdung durch Umwandlung von Wohnraum in Gewerberaum würde dann begünstigt, wenn der umgewandelte Raum lukrativer wäre, z.B. eine höhere Rendite erwarten ließe. Die derzeitige Wohnungsmarktsituation in Aachen führt jedoch dazu, dass sogar Wohnungen, die nicht auf dem neuesten Stand sind, verstärkt nachgefragt werden und sich somit durchaus Gewinne erzielen lassen. Demgegenüber stehen nicht genutzte Gewerbeflächen, so dass eher der umgekehrte Weg verfolgt wird, nämlich die Gewerbeflächen in Wohnraum umzuwandeln.     

 

Es ist weiterhin darauf hinzuweisen, dass eine Zweckentfremdungsgenehmigung zu erteilen ist, wenn für die Umwandlung ein vorrangiges öffentliches Interesse besteht. Dieses vorrangige öffentliche Interesse kann z.B. vorliegen, wenn eine dringend benötigte Arztpraxis entstehen soll und anderer Raum in diesem Bereich nicht zur Verfügung steht.

 

Ein vermeidbarer Leerstand von vermietbarem Wohnraum dürfte aufgrund der großen Nachfrage am Wohnungsmarkt die Ausnahme darstellen. Die große Umwandlungswelle in Eigentumswohnungen gehört der Vergangenheit an. Der spekulative Leerstand zur Erzielung eines höheren Kaufpreises stellt die absolute Ausnahme dar.

 

Zusammenfassend ist in Aachen zum jetzigen Zeitpunkt keine Versorgungsgefährdung durch Abbruch, Umwandlung oder Leerstände zu konstatieren. Die Voraussetzungen für den Erlass einer kommunalen Zweckentfremdungssatzung liegen damit aus Sicht der Verwaltung weiterhin nicht vor.

 

Sofern sich entsprechende Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt abzeichnen, besteht jederzeit die Möglichkeit, das Thema erneut aufzugreifen.

 

 

4. Kappungsgrenzenverordnung

 

In dem Bericht der Verwaltung für die Sitzung des Wohnungs- und Liegenschaftsausschusses vom 28.01.2014 war auf den beabsichtigten Erlass einer Landesverordnung hingewiesen worden, mit der die Reduzierung der Mieterhöhungskappungsgrenze bei bereits bestehenden Mietverhältnissen von derzeit 20 v.H. auf 15 v.H. festgelegt werden soll (sog. Kappungsgrenzenverordnung). Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Gebiete zu bestimmen, in denen die abgesenkte Kappungsgrenze gelten soll. Die Verordnung soll relevant sein für Kommunen, bei denen das Land einen sog. „erhöhten Wohnbedarf“ feststellt.

 

Das zur Selektion von Kommunen mit erhöhtem Wohnbedarf beauftragte Beratungsbüro „Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH“ kommt in seinem Abschlussbericht zu dem Ergebnis, dass für Aachen ein solcher erhöhter Wohnbedarf im Sinne der Zielsetzung der Mietpreisbegrenzung zu attestieren ist.

 

Bislang liegt die Kappungsgrenzenverordnung weiterhin nur als Entwurf der Landesregierung vor.

 

Sofern sich das Land der gutachterlichen Aussage anschließt, würde bei zeitnahem Inkrafttreten der Kappungsgrenzenverordnung in Aachen dieses wohnungspolitische Instrument zur Anwendung kommen.

 

5. Fazit

 

Die Verwaltung weist darauf hin, dass der Erlass einer Zweckentfremdungsverordnung zwar ein legitimes wohnungspolitisches Instrument ist, jedoch nicht zielgerichtet auf die Aachener Problemlage einwirken wird. Die hier relevanten Aspekte wie Wohnungsmangel oder Steigerung des Preisniveaus für Wohnraum können durch das Instrument der Zweckentfremdungssatzung nicht wirksam bekämpft werden.

 

Zudem wäre die mit Erlass einer Zweckentfremdungssatzung verbundene Durchführung von Verwaltungsverfahren nicht ohne Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen zu bewältigen. Alleine die pflichtige Wahrnehmung der Aufgaben nach dem WAG wird bereits zusätzliche Kapazitäten binden. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Haushaltssituation empfiehlt die Verwaltung daher, die vorhandenen Kapazitäten sehr konzentriert einzusetzen und restriktiv mit Aufgabenanreicherungen über das pflichtige Maß hinaus umzugehen.

 

Loading...