Kenntnisnahme - FB 02/0098/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft nimmt die Ausführungen und die strategische Zielsetzung der Verwaltung zur Kenntnis und unterstützt die Bestrebungen des Gigabit Ausbaus bis 2025 / 2030.

 


 

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Erläuterungen

Breitband

Aachens Stärke als Wissenschafts- und Technologiestandort ist eng mit den Herausforderungen des digitalen Wandels und seiner Infrastruktur verbunden, seine Vorreiterrolle als Innovationsschmiede der Region steht jedoch angesichts der Digitalisierung auf dem Prüfstand. 

 

Aktuell hat die Landes- und Bundespolitik als Ziel bis Ende 2018 fast flächendeckend 50Mbit/s als Versorgung möglich zu machen. Die Entwicklung der Bandbreitenentwicklung als auch die zunehmende Datenmenge zeigt auf, dass dies nur ein kurzfristige Absicht sein kann. Langfristiges Ziel muss sein, Gigabit (1000Mbit/s) zur Verfügung zu stellen. Die Bedeutung, die dabei der Erarbeitung und Umsetzung einer eigenen städtischen sog. ‘Next Generation Access (NGA) –Strategie‘ zukommt, soll im folgendem Verlauf verdeutlicht werden.

 

Die RWTH hat ihren Sitz in Aachen und ist die größte Universität für technische Studiengänge Deutschlands, seit 2007 Exzellenzuniversität, welche insbesondere in den Ingenieurwissenschaften weltweite Anerkennung genießt. Rund 900 Professoren/innen und 57.000 Studierende, darunter 10.000 Studierende aus 150 Staaten der Welt lehren, forschen und lernen an allen  Aachener Hochschulen. Mit dem Großprojekt RWTH Aachen Campus entsteht derzeit eine der größten Forschungslandschaften Europas. Es entwickelt sich eine geradezu modellhafte innovative Wissensgemeinschaft, die stark mit weltweit führenden Forschungs- und Wirtschaftspartnern vernetzt sein wird.

Diese geballte Kompetenz an Wissen prägt auch die Aachener Wirtschaft nachhaltig. Nirgendwo in Deutschland gibt es so viele Ingenieurbüros und Spin-Offs aus Hochschulen wie in Aachen. Mehr als ein Drittel aller F&E -Unternehmen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften, in der Medizin und Umwelttechnik in Nordrhein-Westfalen befinden sich in Aachen. Auch ist eine zunehmende Anzahl an jungen Unternehmen und Projekten zu beobachten, die sich Digitalisierungslösungen und entsprechenden Geschäftsmodellen widmen, und damit von einer leistungsfähigen Breitband-Infrastruktur abhängig sind.

Kurzum, Aachen ist High-Tech-Standort und Drehscheibe für den Austausch von Ideen für Morgen. Und der RWTH Aachen Campus bietet lokalen Unternehmen in bisher unerreichtem Maße die Möglichkeit, Forschung und Entwicklung als Partner mit voranzutreiben und zu nutzen. Optimale Voraussetzungen also, um weiterhin die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt und damit der ganzen Region zu stärken, insofern das Rüstzeug in Form von passender Infrastruktur für Hochschulen, Ingenieurbüros und IT-Firmen vorhanden ist.

 

Eine Besonderheit des RWTH Aachen Campus ist, dass Unternehmen und Institute gemeinsam neue Produkte erforschen und entwickeln, die Umsetzung in eine Produktion jedoch vor Ort am RWTH Aachen Campus nicht zulässig ist. Deshalb ist es erklärtes Ziel, die Produktion an anderer Stelle innerhalb der Stadt stattfinden zu lassen. StreetScooter und eGO etwa wurden auf Campus Melaten entwickelt und werden nun in der Jülicher Straße bzw. im TriwoTechnoPark in Serie produziert. Eine angestrebte enge Zusammenarbeit zwischen dem Campus und hiesigen Unternehmen bedeutet gleichzeitig einen zunehmenden Austausch umfassender Dokumente und Informationen, etwa CAD-Zeichnungen oder Multimedia-Anwendungen. Auch sind sie zunehmend auf die Nutzung von Big Data und cloudbasierten Anwendungen über eine schnelle Breitbandanbindung angewiesen.

 

Für die Wirtschaft Aachens außerordentlich wichtige Spill-Over – Effekte des Campus sind somit zukünftig nur möglich, wenn sichergestellt ist, dass Forschung und Entwicklung auf der einen Seite und Serienproduktion auf der anderen infrastrukturell auf Augenhöhe ausgestattet sind. Hierfür ist es unabdingbar, dass in Aachen flächendeckend, jedoch vorrangig in Gewerbe- und Industriegebiete, Glasfaseranschlüsse bestehen, wie dies beim RWTH Aachen Campus bereits der Fall ist, und das möglichst zeitnah.

 

Auch der kürzlich durch das Land NRW zur Förderung bewilligte DigitalHub Aachen spielt hierbei eine entscheidende Rolle, die es zu berücksichtigen gilt. Mit Hilfe des DigitalHub Aachen, aber auch des vom BMBF geförderten Kompetenzzentrums ‘Mittelstand Digital‘ sind in Aachen die entscheidenden Instrumente zum Gelingen einer Digitalisierung der Wirtschaft gegeben. Ihre Aufgabe ist es, Aachener Unternehmen für die Digitalisierung zu sensibilisieren, Lösungswege aufzuzeigen und zu begleiten. Das Nutzen dieser ‘Software‘ ist jedoch ohne entsprechende ‘Hardware‘ nicht möglich. Denn im Unterschied zu anderen Städten mit DigitalHubs wie Köln oder Düsseldorf befinden sich die digitalen Unternehmen Aachens nicht in Bürogebäuden in der Innenstadt, sondern finden sich auffallend häufig in Gewerbegebieten und altindustriellen Gewerbeparks ohne optimale oder gar auf die digitale Zukunft angepasste Erreichbarkeit. Die Umsetzung von Industrie 4.0 darf nicht an fehlendem Breitbandausbau scheitern. Insbesondere da es sich der Aachener DigitalHub zum Ziel gesetzt hat, digitale Spin-Offs aus der lokalen Wirtschaft zu generieren, ist es notwendig, die infrastrukturellen Rahmenbedingungen in Form von vorhandener Gigabit Technologie bereit zu stellen. Die Beteiligung von über 100 lokalen Unternehmen an der Finanzierung des Aachener DigitalHub beweist den Willen, aber auch die Erwartungshaltung der lokalen Wirtschaft, tatsächlich neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln und anzuwenden. Dies ist ohne die Umsetzung einer NGA-Strategie schlicht nicht möglich.

 

Ein letztes wichtiges Argument für die Notwendigkeit einer NGA-Strategie bezieht sich auf eine neben Wissenschaft und Wirtschaft dritte Nutzergruppe, die sich in Aachen durch spezifische Bedarfe ausweist. Die Bürger/innen Aachens sind smarten Themen aufgeschlossen und möchten partizipieren. Zukunftsszenarien, von eHealth (z.B. Telefonnotarzt) bis SmartEmma (Konzept zur Distribution von verderblichen Lebensmitteln) haben gemeinsam, dass sie auf einer leistungsstarken digitalen Vernetzung basierten. Um ein ‘Aachen 2025‘ Wirklichkeit werden zu lassen, ist jedoch die Umsetzung einer flächendeckend optimalen Infrastruktur notwendig. Und dieser Anspruch ist in Aachen besonders hoch: Von den 57.000 Studierenden in Aachen ist jeder 5. internationaler Herkunft und ähnlich verhält es sich bei den zahlreichen (Gast-) Wissenschaftlern/innen und Professoren/innen der Hochschulen. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland (Glasfaseranschlüsse: Deutschland 1,6%, Spanien 29,7%) [1]und auch Aachen bei seinen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten besonders bescheiden ab, und den Wahlaachner/innen fällt dieser Leistungsabfall auf, insbesondere da sie zum Kommunizieren mit Familie und Freunde aus ihrer Heimat noch einmal höhere Ansprüche an die infrastrukturellen Voraussetzungen stellen.

Dazu kommt noch die steigende Beliebtheit von Home Office und Arbeiten 4.0, welche angesichts ihrer Bedeutung für eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf ihr Potenzial erst noch entfalten werden, wie auch Anwendungen im Bereich MOOCs (massive open online courses), Aus- und Weiterbildung via Internet, Hochschulvorlesungen als Stream und vieles mehr.

In Zeiten der Digitalisierung werden an Aachen in seiner Vorreiterrolle als Exzellenzstandort für Forschung und Entwicklung, Wissenschaft und Hochschule Bedarfe formuliert, auch zukünftig optimale Standortbedingungen für die lokale Wissenschaft, Wirtschaft und Bürgerschaft bereit zu stellen. Als internationale Stadt möchte Aachen nicht aufgrund limitierter infrastruktureller Bedingungen an Attraktivität einbüßen, sondern den unterschiedlichen Nutzern optimal ausgebautes Breitband zur Verfügung stellen, wie es einem internationalen Forschungsstandort entspricht.

 

Laut Breitband.NRW liegt die Stadt Aachen mit einer 94,7% Breitbandversorgung auf Platz 3 in Nordrhein Westfalen (>= 50 Mbit/s). Die Anforderungen werden jedoch weiter steigen, der Datentransport wird sich exponentiell und mit dynamischen Zuwächsen fortentwickeln. Deshalb kommt es bereits heute darauf an, eine Grundlage für eine richtungsweisende und an den künftigen Bedarf einer smarten Stadt ausgerichtete Versorgung zu schaffen. Die in 2016 veröffentlichte ‘Gigabitstrategie für NRW‘ setzt hier einen wichtigen Meilenstein zum Ausbau der Netzinfrastruktur, um das Land langfristig zu einer Gigabit-Gesellschaft zu entwickeln. Dies will die Stadt Aachen konsequent umsetzen und könnte dabei als entstehende Modellregion im Bereich Glasfaserausbau eine Blaupause auch für andere Regionen in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus werden.

 

Dem Fachbereich Wirtschaft, Wissenschaft und Europa wurde die Koordination des Breitbandausbaus in Aachen übertragen. Hierzu wurden vom FB02 Ende letzten Jahres erfolgreich Fördermittel zur Finanzierung dieser Aufgabe eingeworben. Neben der Einrichtung einer Breitbandkoordinationsstelle mit einer Laufzeit von insgesamt drei Jahren, welche seit  01.02.2017 durch Herrn Roman von der Lohe besetzt ist, konnten zusätzlich 50.000,- € für Planungs- und Beratungsleistungen eingeworben werden. Ziele dieser Aktivitäten sind u.a. folgende:

 

-          Aufbau eines GIS (Geo-Informations-System) aller Daten rund um das Thema ‘Breitband‘

-          Abwicklung der Planungs- und Beratungsleistungen (Bestandsaufnahme, Konzept Gigabit Ausbau etc.)

-          Erstellung einer Breitband- bzw. Gigabitstrategie für die Stadt Aachen

-          Koordinationsfunktion(en) und einheitlicher Ansprechpartner innerhalb der Stadtverwaltung

 

Der Breitbandkoordinator arbeitet dabei eng mit Herrn André Schnitker (Fachbereich Verwaltungsleitung) zusammen, der im Thema Breitband als unmittelbarer Ansprechpartner für Bürger fungiert.

 

 

Maßnahmen für den Breitbandausbau bis 2025/30 in Aachen

Konkret stellen sich folgende Aufgaben, die FB02 in Zusammenarbeit mit dem zwischenzeitlichen ausgewählten Gutachtergespann – Innowise GmbH und Wir Solutions GmbH – angehen wird:

 

Breitbandkoordination

       Etablierung einer zentralen Koordinationsstelle und einheitlicher Ansprechpartner 

       Kommunikation mit und zu Telekommunikationsanbietern ausbauen bzw. vertiefen

       Koordination und Beantragung von passenden Fördermaßnahmen

       Nutzbarmachung von sog. passiver Infrastruktur

       Fachbereichsübergreifende Koordinationsrunde etablieren

       Informationsseite auf www.aachen.de/breitband aufbauen mit Inhalten, die für die Öffentlichkeit von Interesse sind

 

Bandbreitenziele definieren (aktuell und laufend)

       kurzfristig: Bis 2018 fast flächendeckende Versorgung mit 50MBit/s

       mittelfristig: Symmetrische Bandbreiten mit dem Fokus auf Geschäftskunden,

Schulen, öffentliche Einrichtungen und wissenschaftlichen

Sondergebieten

       langfristig: Bis 2025/30 Bandbreiten die Gigabit auf der dafür geeigneten

zukunftsfähigen Infrastruktur ermöglichen

 

Strategische Maßnahmen

 

1.        Ermittlung und Bewertung des aktuellen Versorgungsstatus

       Aufbau einer umfassenden Daten- und Informationsgrundlage für die Stadt Aachen und anschließende Definition des Versorgungsstatus:

  • Nicht zukunftsfähig versorgte Gebiete (unter 50Mbit/sBedingt zukunftsfähige versorgte Gebiete (FTTC: heute bis zu 100Mbit/s, letzte Meile Kupfer, Vectoring)
  • Vollversorgte Gebiete (heute 100Mbit/s symmetrisch, Glasfaser, Koax

 

2.        Klassifizierung der Versorgungsgebiete

       Identifikation und Abgrenzung von Gebieten und Einzellagen

       Schaffung von zusammenhängenden Ausbauclustern

 

3.        Lückenschluss von Einzellagen

       Vorrangig ist der eigenwirtschaftlicher Ausbau von Telekommunikationsanbietern

       Nachrangig werden neue Technologien geprüft (z.B. Funktechnologien)

 

4.        Erstellung von NGA-Ausbauszenarien – mittel- bis langfristig

       Zur Umsetzung der mittel- und langfristigen Breitbandziele in Aachen werden zukunftsfähige technische Lösungsmöglichkeiten unter Betrachtung aller geeigneten Optionen ermittelt

       Implementierung und Leitung einer Arbeitsgruppe bestehend aus Verwaltung und Politik, Infrastrukturanbietern, Wissenschaft und Unternehmensvertretern zur Erarbeitung von kurz-, mittel- und langfristigen Zielen inkl. methodisches Vorgehen und Kostenplan

       Erarbeitung eines Umsetzungskonzeptes zum breiten Ausbau der Infrastruktur durch z.B. Koax und Glasfaser (FTTH/B) bis 2025 unter Beteiligung aller relevanten Akteure

 

5.        Erstellung eines Konzeptes Migration hin zu FTTH/FTTB –  ‘Gigabitstadt Aachen – Gigabitgesellschaft – 2025‘

       Konzepterstellung unter Berücksichtigung von Geschäftsmodellen, Kooperationen
zur Umsetzung eines flächendeckendes Gigabit-Netzes

 

Neben den bereits genannten Punkten wird die Stadt Aachen den eigenwirtschaftlichen Ausbau durch Telekommunikationsanbieter forcieren und unterstützen. Gleichzeitig soll der Ausbau zur Gigabitstadt ohne eine Einschränkung der Technologie vorangetrieben werden. Der Einsatz von (Ausbau-) Fördermitteln soll, soweit möglich, aufgrund der notwendigen Eigenbeteiligung der Stadt Aachen, nur bei den Ausbaumaßnahmen in Anspruch genommen werden, wo es unbedingt nötig ist, oder eine 100% Förderung in Aussicht gestellt werden kann.

 


 


[1] OECD. n.d. Anteil von Glasfaseranschlüssen an allen stationären Breitbandanschlüssen in den Ländern der OECD im Juni 2016. Statista. Zugriff am 14. Juni 2017. Verfügbar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/415799/umfrage/anteil-von-glasfaseranschluessen-an-allen-breitbandanschluessen-in-oecd-staaten/.

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