Kenntnisnahme - BA 6/0166/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Die Bezirksvertretung Aachen-Richterich nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

Der Antrag gilt damit als behandelt.


 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

Die SPD-Bezirksfraktion beantragt mit Schreiben vom 11.10.2017, die Verwaltung zu beauftragen, für drei Veranstaltungen der KG Koe Jonge Richterich (Prinzenproklamation, Herrensitzung und Entthronisierung) in der Peter-Schwarzenberg-Halle festzustellen, dass diese zum Kernbestand des Brauchtums im Karneval des Stadtbezirks Aachen-Richterich gehören und damit die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 des Landesimmissionsschutzgesetzes NRW vorliegen, eine Ausnahmegenehmigung nach § 9 Abs. 1 LImSchG zu erteilen sowie bauordnungsrechtlich eine vorübergehende Nutzungsänderung zu erleichtern.

 

Weder die baurechtlich noch die immissionsschutzrechtliche oder die kommunalrechtliche Behandlung des Antrags erlaubt es, für die Zukunft bestimmte Veranstaltungen bzw. bestimmte Veranstalter dahingehend zu privilegieren, dass diese stets „gesetzt“ sind.

 

Die Peter-Schwarzenberg-Halle ist eine gemeindliche Einrichtung im Sinne von § 8 Gemeindeordnung. Sie wurde zunächst als reine Sporthalle genutzt, aber mit Baugenehmigung vom 11.09.1993 auch als Mehrzweckeinrichtung genehmigt und von der Stadt Aachen als solche betrieben.

 

Nach der Baugenehmigungsakte ist die Betriebszeit auf 1 Uhr nachts begrenzt. Die Genehmigung erlaubt eine Nutzung mit maximal 312 Personen unter Festlegung möglicher Bestuhlungsvarianten. Grundlage der Genehmigung ist u.a. der Messbericht der Schall- und Wärmemessstelle Aachen (SWA/ Sachverständiger Gebing), welcher die Einhaltung der gebietstypischen Lärmwerte nachweist:

 

an Werktagen Mo-Sa

tagsüber außerhalb der Ruhezeiten, d.h. 8-20h

innerhalb der Ruhezeiten

6-8h und 20-22h

22h bis 6h morgens

60 dB(A)

55 dB(A)

45 dB(A)

 

Sonn- und Feiertags

tagsüber außerhalb der Ruhezeiten, d.h. 9-13h, 15-20h

innerhalb der Ruhezeiten

7 bis 9h, 13-15h und 20-22h

22h bis 7h morgens

60 dB(A)

55 dB(A)

45 dB(A)

 

zu messen an der nächstliegenden Wohnbebauung.

 

Die Baugenehmigung gilt für alle Veranstaltungen in der Peter-Schwarzenberg-Halle, somit für die im Antrag aufgeführten Karnevalsveranstaltungen.

Darüber hinaus gilt die Baugenehmigung für die Überlassung an jeglichen Veranstalter.

 

1. Baurechtliche Betrachtung

 

Für einzelne Veranstaltungen, die von den Rahmenbedingungen der Baugenehmigung abweichen, kann eine vorübergehende Nutzungsänderung bei der Bauaufsicht beantragt werden. Dies war z. B. beim Weihnachtsmarkt 2016 notwendig, da u. a. von der Bestuhlungsvariante abgewichen wurde.

 

Im Rahmen temporäre Nutzungsänderungen ist es allerdings nicht grundsätzlich zulässig, andere Werte zum Schallschutz vorzusehen, dies würde den Nachbarschutz nicht ausreichend gewährleisten. Denkbar ist lediglich, die bei der Beurteilung von Schallimmissionen nach der TA Lärm bzw. der Freizeitlärmrichtlinie zulässigen „seltenen Ereignisse“ zu berücksichtigen.

 

Baurechtlich gilt für die Erteilung von Genehmigungen für temporäre Nutzungsänderungen zudem, dass diese nicht für beliebig viele Ereignisse ausgesprochen werden können, da sie entsprechend der gesetzlichen Vorgaben keine dauerhafte Genehmigung ersetzen können und die grundsätzliche Genehmigungspflicht nicht aushebeln dürfen.

 

Denkbar wäre ein Antrag auf dauerhafte bauaufsichtliche Nutzungsänderung. Hierzu wäre neben den üblichen Vorgaben zum Inhalt und Umfang der vorzulegenden Bauantragsunterlagen eine umfassende und plausible Schallimmissionsprognose vorzulegen. Diese könnte möglicherweise auch Vorgaben für bauliche Änderungen zur Einhaltung der Lärmschutzwerte oder für andere Maßnahmen (Einsatz einer besonderen Technik der Musikanlage, Schallschutzelemente) enthalten. Über die Erfolgsaussichten kann seitens des Fachbereichs Bauaufsicht ohne umfassende Antragsunterlagen keine Aussage getroffen werden.

 

Ein Antrag auf temporäre oder dauerhafte Nutzungsänderung kann grundsätzlich von jedermann gestellt werden, da die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt wird. Die Privilegierung einzelner Antragsteller oder Veranstaltungen ist baurechtlich nicht zulässig.

 

2. Immissionsschutzrechtliche Betrachtung

 

Im Antrag angesprochen ist auch eine Ausnahme nach § 9 Abs. 2 LImSchG NRW.

 

Es spricht bereits viel dafür, dass eine isolierte Ausnahme nach § 9 Abs. 2 LImSchG NRW für in geschlossenen Räumen durchgeführte Veranstaltungen nicht vorgesehen ist. Die Erteilung einer solchen isolierten Ausnahmeerlaubnis würde die erforderliche bauaufsichtliche Genehmigung „aushebeln“. Hierdurch könnten die Vorgaben der Baugenehmigung unterlaufen werden. Auch könnte diese der bei Erteilung der dauerhaften oder vorübergehenden Nutzungsgenehmigung durchgeführten Entscheidung bzgl. des Lärmschutzes zuwiderlaufen.

 

Bei der Prüfung einer Erlaubnis nach § 9 Abs. 2 LimSchG NRW wird u.a. die sogenannte „Freizeitlärmrichtlinie“ vom 13.04.2016 herangezogen. Diese ist ausschließlich auf Freizeitanlagen anwendbar, z.B. Grundstücke für Zelte oder Volksfeste, Freizeitparks, Vergnügungsparks Badeplätze außerhalb von Schwimmbadanlagen (…)., nicht jedoch auf geschlossene Veranstaltungsräume.

 

Auch in der Rechtsprechung finden sich nur Entscheidungen, die Veranstaltungen außerhalb von Gebäuden betreffen.

 

Unabhängig davon kann die Entscheidung über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung grundsätzlich nur von der zuständigen Behörde getroffen werden. Die Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis nach § 9 Abs. 2 LImSchG NRW  liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen und muss im Einzelfall geprüft werden.

Auch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen würde es einen Ermessensfehler begründen und einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darstellen, einzelne Veranstaltungen bzw. einzelne Veranstalter zu privilegieren.

 

3. Kommunalrechtliche Betrachtung

Die Peter-Schwarzenberg-Halle ist eine gemeindliche Einrichtung im Sinne von § 8 Gemeindeordnung (GO NRW). Nach § 8 Abs. 2, Abs. 4 GO NRW haben alle Einwohner sowie Personenvereinigungen im Rahmen des geltenden Rechts einen Benutzungsanspruch.

Entsprechend sind selbstverständlich von allen Nutzern die rechtlichen Vorgaben des Baurechts und Immissionsschutzrechts einzuhalten.

Auch im Rahmen der Zulassungsentscheidung nach § 8 GO NRW ist aber unzulässig, bestimmte Veranstaltungen oder Veranstalter zu privilegieren.

Nur dann, wenn der Widmungsumfang der gemeindlichen Einrichtung bestimmte Veranstaltungen für die Zukunft ausschließt, können diese abgelehnt werden. Ist dies nicht der Fall und ergeben sich mehr Bewerber als Kapazitäten, so ist im Wege der sachgerechten Ermessensausübung für jedes Kalenderjahr eine neue Auswahlentscheidung anhand nachvollziehbarer Kriterien zu treffen.

 

4. Abschließende Beurteilung:

 

Die Privilegierung bestimmter Veranstaltungen bzw. Veranstalter ist rechtlich nicht zulässig.

 

Die besondere Lage der Halle im Wohngebiet, das auch durch die Rechtsprechung besonders geschützte Recht der Anwohner auf Nachtruhe, die Häufigkeit der Veranstaltungen in der Halle sowie zusätzlich am Karnevalswochenende im nahegelegenen Zelt bedeuten für die Anwohner eine nicht unerhebliche Belastung. Hiergegen steht das Interesse der Vereine auf Durchführung ihrer traditionellen Veranstaltungen für die Bürger im Bezirk.

 

Die bisherigen Maßnahmen:

 

-          Einhaltung einer 8 stündigen Nachtruhe

-          Einwirken auf Gästelärm vor der Halle

-          Schließen der Fenster und Türen ab 22h

-          Reduzierung der Musiklautstärke und insb. der Bässe ab 22h

-          Schallmessungen des Veranstalters an der nächstgelegenen Wohnbebauung

-          Kommunikation des Veranstalters mit den Anwohnern

 

haben sich in der Praxis bewährt und dazu geführt, dass es aktuell bei den Veranstaltungen 2018 keine Anwohnerbeschwerde gegeben hat.

 

Erfolgversprechend sind weitere Maßnahmen des Veranstalters zur Lärmreduzierung in der Halle durch Einsatz von technischen Maßnahmen der Verstärker- und Musikanlage. Diese haben sich auch bereits beim Betrieb des Karnevalszeltes als sehr zielführend erwiesen. Diese führen einerseits zu dem gewünschten Lärmschutz der Anwohner und tragen andererseits dem Interesse des jeweiligen Veranstalters auf Durchführung der Veranstaltung Rechnung.
 

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Auswirkungen

 

 

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Anlagen

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