Kenntnisnahme - FB 37/0058/WP18
Grunddaten
- Betreff:
-
Leitstelle für die StädteRegion Aachen, Leitstellengutachten; Betreibervertrag Leitstelle/Leitstellentechnik
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 37 - Feuerwehr und Rettungsdienst
- Verfasst von:
- FB 37/500
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
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Kenntnisnahme
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Oct 1, 2024
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Erläuterungen
Organisationsuntersuchung Leitstelle:
Die Stadt Aachen (Berufsfeuerwehr) ist nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Bildung der StädteRegion Aachen (Aachen-Gesetz) vom 21.10.2009 gem. § 3 Abs. 3 der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen der Stadt Aachen und dem Kreis Aachen zum Vermögensübergang und zur Regelung der Finanzbeziehungen mit der Durchführung der Leitstellenaufgaben nach § 7 Abs. 1 des Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer – Rettungsgesetz NRW - (RettG) und § 4 Abs. 4 sowie § 28 des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz NRW (BHKG) beauftragt. Die räumliche Zusammenführung der beiden Leitstellen von Stadt Aachen und Altkreis Aachen erfolgte im Jahr 2012 im neuen Verwaltungsgebäude der Hauptwache der Berufsfeuerwehr in der Stolberger Straße in Aachen.
Aufgabenanalyse:
Die ständige technische Weiterentwicklung und der Aufgabenzuwachs erforderten jetzt, 15 Jahre nach Beginn der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung (12 Jahre am gemeinsamen Standort), eine umfassende Analyse der Organisation, der Prozessabläufe und der Personalsituation der Leitstelle für die StädteRegion Aachen, welche durch die Firma Lülf+ als beauftragtes Gutachter-Unternehmen durchgeführt wurde.
Im Bereich der Kernaufgabe der Leitstelle, der Annahme von Notrufen, Anrufen für Krankentransporte und sonstigen Anrufen ist die Leitstelle für das Gebiet der Stadt und der StädteRegion Aachen zuständig. Eine Ausnahme bildet derzeit die Stadt Eschweiler. Hier wird die Notrufabfrage gem. BHKG durch die dortige Zentrale selbst bearbeitet.
Es existieren Schnittstellen zum Einsatzaustausch und zur Einsatzmittelanforderung, ebenso zur Zentrale der Werkfeuerwehr des Universitätsklinikums, was die Arbeitsabläufe vereinfacht und die Prozessketten robuster macht.
Die Gesamtanzahl von rund 411.000 ein- und ausgehenden Anrufen wurde ebenso bei der Auswertung betrachtet wie die zur Bemessung des Dispositionsbetriebes von rund 153.000 relevanten Einsätzen. Die Daten stammen aus dem Betrachtungszeitraum des Jahres 2023 und decken sich insbesondere auch mit den Daten aus den Jahren vor der Coronapandemie.
Unter Berücksichtigung aller Qualitätskriterien, wie der mittleren Wartezeit für Notrufe (Annahmezeit) sowie entsprechender Versorgungsniveaus nach Wichtigkeit des Anruftyps, wurde die notwendige personelle Tischbesetzung, optimiert nach einer Tagesganglinie, für die Leitstelle ermittelt.
Hierbei wurde ebenfalls betrachtet, welche Qualifikationen des Personals den unterschiedlichen Prozessen in der Leitstelle zugeordnet werden können, um im Rahmen der Personalentwicklung neben der klassischen Entwicklung im Rahmen der feuerwehrtechnischen Laufbahn auch andere Modelle zu ermöglichen.
Die finalisierten Ergebnisse der Organisationsuntersuchung Leitstelle werden im Weiteren der StädteRegion und den auf die Leitstelle aufgeschalteten städteregionalen Feuerwehren vorgestellt.
Analyse des Notrufaufkommens:
Für die Notrufabfrage wurde eine frequenzabhängige Bemessung, also eine Betrachtung des Arbeitsaufwandes, durchgeführt. Hier ist das Ziel, die Auslastung zu optimieren (eingesetztes Disponenten-Personal <-> Notrufaufkommen). Außerdem wurde eine risikoabhängige Bemessung zur Optimierung der Notrufannahme mit dem angestrebten Annahme-Erreichungsgrad von 99%, durchgeführt. Die Disposition bzw. die auf die Anrufannahme folgende Tätigkeit wurde ebenfalls betrachtet. Hier soll eine Überschreitung (keine direkte Möglichkeit der Notrufannahme) durch Besetzung von notwendigen Arbeitsplätzen in 98% der Fälle verhindert werden.
Alle Teilergebnisse wurden nun so zusammengefügt, dass kein Erreichungsgrad unterschritten wird, die kombinierbaren Möglichkeiten jedoch optimal ausgewählt werden. Zusammen mit der Betrachtung von möglichen besonderen Einsatzszenarien oder besonderen Einsatzanlässen wurde ein organisatorisch praktikables Gesamtergebnis erzeugt.
Leitstellenorganisation:
Die Anforderungen an die Leitstelle haben sich nicht nur im Bereich der Notrufe und Disposition verändert. Auch die Anforderung an Lage, Steuerung und Führung hat sich nicht erst seit den Schadenlagen wie der Corona-Pandemie oder der Hochwasserereignisse erheblich vergrößert. Um entscheidungsfähig zu sein und damit in einer Großschadenlage oder einer Krise steuern und führen zu können, muss heute ein 360-Grad Lagebild bereitgestellt werden. Hierzu gilt es, die vielfältigen Lageinformationen - egal ob horizontal oder vertikal - zu identifizieren, sammeln, aggregieren und für eine Bewertung und Entscheidungsfindung aufbereitet zur Verfügung zu stellen. Dies ist für die Leitstelle Aachen in besonderem Maße herausfordernd, da mit der Euregio und im speziellen dem EMRIC-Verbund zwar sehr gute Kontakte zu unseren belgischen und niederländischen Nachbarn bestehen, diese aber in besonderem und wichtigem Maße in ein adäquates Lagebild eingearbeitet werden müssen.
Diesen Anforderungen muss organisatorisch Rechnung getragen werden, in dem die Leitstellenorganisation in die Lage versetzt wird, diese Aufgabe kontinuierlich im 24/7-Betrieb sicherzustellen.
Führungsstruktur im Einsatz und Betrieb der Leitstelle:
Das aus den o.g. Punkten resultierende Besetzungsmodell sieht zukünftig insgesamt
9 Funktionen „Disposition“ (inkl. „Lageassistenz“),
2 Funktionen „Schichtführung“ und
1 Funktion „Dienstgruppenleitung“
vor. Hierdurch erhöht sich der Besetzungsbedarf um eine 24/7-Funktion in der Disponie. Zwei bisher regelhaft durch feuerwehrtechnische Leitstellendisponenten besetzte Tagdienstfunktionen (Mo-Fr) sollen zukünftig in der Form nicht mehr besetzt werden. Eine Verlagerung der Aufgaben erfolgt teils auf die o.g. besetzten Funktionen. Darüber hinaus werden aktuell verschiedene Personal(gestellungs)varianten geprüft, die verbleibenden Aufgaben durch nicht feuerwehrtechnisch qualifiziertes Personal bearbeiten zu lassen. Je nach Ergebnis der Prüfung erhöht sich der Gesamtpersonalbedarf der Leitstelle um voraussichtlich vier bis sechs Stellen.
Stand Betreibervertrag:
Die Leitstelle ist seit 2009 personell, organisatorisch und technisch erheblich gewachsen. Die Umsetzung neuer rechtlicher Anforderungen sowie die in letzter Zeit erheblich gestiegenen Aufgaben im Bereich der IT-Sicherheit und im Datenschutz erfordern besondere Maßnahmen in der Leitstelle mit ihren notwendigen IT-Hochverfügbarkeitskomponenten, auch um dem Leitmotto: „Kein Notruf darf verloren gehen!“ gerecht zu werden. Eine Leitstelle in der Größe der Leitstelle für die StädteRegion Aachen ist heutzutage ohne die Nutzung entsprechender IT-Systeme und weiterer Subsysteme (z.B. digitale Alarmierung per Meldeempfänger) nicht mehr betreibbar.
Herausforderungen der Leitstelle für die Zukunft sind:
- Datenübergaben des Einsatzleitsystems in Echtzeit an die mobilen Datenerfassungssysteme der Rettungsdienste von Stadt und StädteRegion Aachen (bidirektionaler Austausch über die Erfassung, Übermittlung und Verarbeitung von Patientendaten und Einsatzinformationen)
- Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung „Rufnummer 116117“ in digitaler Form (elektronische Einsatzübergaben)
- Aufbau eines Datawarehouse zur Datenbereitstellung von Daten aus dem extrem geschützten IT-Bereich des Einsatzleitsystems der Leitstelle in die Bereiche der RegioIT-Netze, damit die entsprechenden Aufgabenträger aus Stadt und StädteRegion Aachen mit diesen Einsatzdaten weitere Bearbeitungen und Analysen durchführen können
Der im Jahre 2012 geschlossene Betreibervertrag mit einem Betreiberkonsortium wird aktuell fortgeführt.
Der Betreibervertrag regelt die Verantwortlichkeiten, die Qualitätssicherung um definierte Qualitätsstandards einzuhalten, das Risikomanagement für den Betrieb des Einsatzleitsystems und deren Subsysteme sowie entsprechende Vergütungsregelungen für geleistete Services, die für einen sicheren Betrieb der Leitstelle unter Hochverfügbarkeitsanforderungen (24h/7d) notwendig sind.
Die Ausschreibung mit dem Ziel des Abschlusses eines neuen Betreibervertrages ist derzeit in Bearbeitung. Hierzu wurde mit einem Fachplaner eine neue Vergabeunterlage erstellt. Diese wird gerade verwaltungsintern finalisiert und in der Folge wird die Leistung neu vergeben mit dem Ziel, den o.g. Anforderungen gerecht zu werden.