Entscheidungsvorlage - E 18/0122/WP18

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

 

Der Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und beschließt die Umsetzung der vorgesehenen Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung des Wegebegleitgrüns. Der Ratsantrag Nr. 193/18 gilt damit als behandelt.

 

 

 

Der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis. Der Ratsantrag Nr. 193/18 gilt damit als behandelt.

 

 

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Erläuterungen

Klimarelevanz

Bedeutung der Maßnahme für den Klimaschutz/Bedeutung der Maßnahme für die

Klimafolgenanpassung

 

Zur Relevanz der Maßnahme für den Klimaschutz  

 

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:   

keine     positiv        negativ      nicht eindeutig  

 

X

 

 

 

 

Der Effekt auf die CO2-Emissionen ist:

gering      mittel         groß           nicht ermittelbar

 

 

 

X

 

 

Zur Relevanz der Maßnahme für die Klimafolgenanpassung

Die Maßnahme hat folgende Relevanz:

keine     positiv        negativ      nicht eindeutig

 

 

 

X

 

Größenordnung der Effekte

Wenn quantitative Auswirkungen ermittelbar sind, sind die Felder entsprechend anzukreuzen.

 

Die CO2-Einsparung durch die Maßnahme ist (bei positiven Maßnahmen):

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 t bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr  (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Die Erhöhung der CO2-Emissionen durch die Maßnahme ist (bei negativen Maßnahmen):

gering

 

 

unter 80 t / Jahr (0,1% des jährl. Einsparziels)

mittel

 

 

80 bis ca. 770 t / Jahr (0,1% bis 1% des jährl. Einsparziels)

groß

 

 

mehr als 770 t / Jahr (über 1% des jährl. Einsparziels)

 

Eine Kompensation der zusätzlich entstehenden CO2-Emissionen erfolgt:

O vollständig

O überwiegend (50% - 99%)

O teilweise (1% - 49 %)

O nicht

X           nicht bekannt

Erläuterungen:

 

Die Ansprüche an die Grünflächenpflege, gerade im Außenbereich der Siedlungen, hat sich in den vergangenen 40 Jahren hin zu einer vollflächigen und voll mechanisierten Pflege gewandelt. Ästhetisch dominierte die Erwartung eines einheitlichen, klaren und sauberen Erscheinungsbildes. Diesem konnte bei gleichzeitig einhergehender massiver Personalreduzierung nur durch zunehmende Mechanisierung der Grünflächenpflege Rechnung getragen werden. Das Ergebnis dieser Pflegemethode sind einheitliche, durch Gräser dominierte Grünflächen bzw. Wegebegleitgrünflächen. Insektenpopulationen werden durch das Mähen mit Schlegelmähern zerstört. Der Artenreichtum auch in der Insektenfauna trat hinter das Ziel der einfachen Bewirtschaftungsform zurück.

Dieser nahezu ausschließlich durch Zeit- und Kostenoptimierung geprägte Anspruch ans öffentliche Grün wird immer mehr ergänzt durch Ansprüche als Lebensraum für heimische Flora und Fauna, gepaart mit einer nachhaltigen Pflege. Biodiversität rückt zwischenzeitlich immer weiter in das Bewusstsein der Bevölkerung und alte Auffassungen von Ästhetik und Funktion der Grünflächen werden zunehmend kritisch hinterfragt. Auch rechtlich stehen Städte und Gemeinden mittlerweile in der Verantwortung, Nachhaltigkeit umzusetzen. In § 2 (4) des Bundesnaturschutzgesetzes heißt es: „Bei der Bewirtschaftung von Grundflächen im Eigentum oder Besitz der öffentlichen Hand sollen die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege in besonderer Weise berücksichtigt werden“.

 

Wegebegleitgrün

Einen zentralen Teil der Grünflächen des ländlichen Bereiches stellt das Wegebegleitgrün dar. Dieses macht allein an Feld- und Wirtschaftswegen eine Fläche von circa 76,5 ha aus. Auch diese Flächen unterliegen in weiten Teilen der Erwartung an ein „ordentliches“ Erscheinungsbild. Wegebegleitgrün wurde in erster Linie mit dem Zweck der Wegeerhaltung angelegt, indem es die Wegeseiten stabilisiert und den Wasserabfluss von der Oberfläche sichert. Um diese Funktion der Verkehrssicherung zu gewährleisten, genügt in der Regel ein kurz gemähter Grünstreifen von einem Meter Breite zu beiden Seiten des Weges. Die Randstreifen, besonders an Feld- und Wirtschaftswegen, überschreiten jedoch diese Breite häufig um bis zu einigen Metern.

Diese Flächen bieten ein hohes Potenzial zur Ausbildung von artenreichen Wiesen zur nachhaltigen Förderung der Biodiversität. Durch eine Anpassung der Pflege können artenreiche Pflanzengemeinschaften entstehen, welche durch einen hohen Anteil an Blütenpflanzen nicht nur optisch eine Verbesserung darstellen, sondern auch Nahrungsgrundlage für zahlreiche Insektenarten bilden. Zudem stellen naturnahe Säume mit vielfältigem Bewuchs einen Lebensraum für zahlreiche Tierarten, von Schmetterlingen bis Rebhühnern, dar.

 

 

 

 

 

 

 

Ausgangszustand

Bereits jetzt wird das Wegebegleitgrün von Feld- und Wirtschaftswegen im Aachener Umland durch den Aachener Stadtbetrieb nach den Vorgaben des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) für artenreiche Weg- und Feldraine gepflegt, sofern die Verkehrssicherungspflicht dem nicht entgegensteht. Dies bedeutet, dass die Mahd auf ein bis maximal zweimal pro Jahr reduziert ist und möglichst spät im Jahr erfolgt. Dies fördert die Entwicklung von Blütenpflanzen und verlängert den Zeitraum, in dem die Flächen als Lebensraum für Insekten zur Verfügung stehen.

 

Gesamt- m² Pflanzflächen an Feld- und Wirtschaftswegen:

 

Pflanzflächentyp -Bezeichnung

Ergebnis

Gebrauchsrasen

19.366,38

Gehölz Straßenbankett

163.173,59

Landschaftsgehölzflächen

249,25

Rosen- und Staudenflächen

353,19

Schnitthecken

1.157,62

Sträucher und Gehölzflächen

7.800,34

Wechselbeete

199,20

Wege Seitenbankett

572.476,69

Ziergehölzflächen

405,05

Gesamtfläche

765.181,31

 

Durch verschiedene Maßnahmen kann die ökologische Qualität der Wegraine noch weiter verbessert werden. Eine nachhaltige Pflege und Umgestaltung umfasst unter anderem eine weitere Verringerung der Mahdgänge, das Umstellen auf insektenfreundliche Mähwerke, das Abtragen des Mahdgutes, die Bodenbearbeitung und das Ausbringen von regionalem Wiesensaatgut. Wegabschnitte an bewohnten Feld- und Wirtschaftswegen werden in der Regel von Anwohner*innen, vom Aachener Stadtbetrieb geduldet, gemäht. Im Rahmen von Pflegevereinbarungen unterhalten die Landwirte auch einen großen Anteil der Grenzhecken.

 

Randstreifen am Vennbahnbogen (Teilstück Münsterstr. und Kreisverkehr Münsterstr.), welcher bereits extensiv gepflegt wird.

 

 

 

Auswahl der Flächen

Insgesamt gibt es im Stadtgebiet ca. 297 Feld- und Wirtschaftswege, davon ca. 125 km mit Begleitgrün. Die Fläche des Begleitgrüns an Feld- und Wirtschaftswegen beträgt 76,5 ha. Hiervon kommen jedoch nicht alle Flächen für eine ökologische Entwicklung in Frage. So müssen beispielsweise Entwässerungsgräben regelmäßig gemäht und Anlandungen entfernt werden, um die Entwässerungsfunktion zu gewährleisten. Geschätzt weisen 60-70% der Wegeseitenränder eine Breite von weniger als einem Meter auf. Da aus Gründen der Verkehrssicherung und Nutzung für Fußgänger*innen mindestens ein Meter Breite des Wegebegleitgrüns kurzgehalten werden muss, entfallen diese Flächen für eine naturnahe Entwicklung.

Derzeit liegen keine Daten zur Eignung der einzelnen Wegeränder vor. Eine Auswertung anhand der vorliegenden digitalen Geoinformationsdaten sowie das Begehen und analoge Klassifizieren der gesamten Wege mit nachträglicher digitaler Dateneinpflege wurde geprüft und ist aufgrund der hohen Anzahl an Wegen nicht praktikabel und umsetzbar. Die Aufnahme und Kategorisierung aller Wegraine zur Überprüfung der Eignung gestalten sich also als herausfordernd.

 

 

 

 

Die 297 Feld- und Wirtschaftswege verteilen sich wie folgt auf das Stadtgebiet:

Aachen Mitte

13

Brand

31

Eilendorf

34

Haaren

38

Kornelimünster/Walheim

68

Laurensberg

88

Richterich

25

 

Geplantes Vorgehen

Die Auswahl der in Frage kommenden Flächen nach Eignung und die Festlegung geeigneter Maßnahmen zur Erhöhung des Artenspektrums müssen daher individuell je Wegeabschnitt festgelegt werden. Zur Umsetzung des Vorhabens sieht der Aachener Stadtbetrieb deshalb folgendes Vorgehen vor:

 

  1. Auswahl geeigneter Flächen

 

Aus der Erfahrung der Vorhandwerker*innen und Mitarbeiter*innen, welche das Wegebegleitgrün pflegen, wurden erste Flächen lokalisiert, für die eine extensivere Pflege umsetzbar und zielführend wäre. Für die Bezirke Kornelimünster, Richterich, Brand, Haaren und Eilendorf konnte insgesamt Wegebegleitgrün bei einer Wegestrecke von circa 20 km als direkt entwickelbar eingestuft werden. Dies verteilt sich auf fünf bis zehn Wegeabschnitte pro Bezirk. Die Hälfte der Wegstrecken liegt dabei im Bezirk Kornelimünster (circa 10 km).

 

Beispiel einer Fläche, die von den Mitarbeiter*innen des Aachener Stadtbetriebes als unmittelbar geeignet angegeben wurde (Marientalweg bei Walheim).

Für diese Flächen könnten schon im Sommer 2024 Maßnahmen umgesetzt werden. Welche Maßnahmen hiervon konkret durchgeführt werden, muss individuell auf die Begebenheiten der einzelnen Flächen abgestimmt werden. Genaue Pflegeanleitungen werden spezifisch für die jeweiligen Flächen erstellt.

 

  1. systematische Kartierung der Wegeseitenränder auf Eignung

 

Die von den Mitarbeiter*innen ausgewählten Flächen machen nur einen Teil der Gesamtflächen aus. Das Wegebegleitgrün an Feld- und Wirtschaftswegen soll jedoch vollständig auf seine Eignung zur ökologischen Entwicklung überprüft werden. Hierfür ist vorgesehen, dass die Wege, bei denen die Eignung noch unklar ist, durch Mitarbeiter*innen des Aachener Stadtbetriebs begangen werden, um Kartierungen zum Zustand der Flächen zu erstellen. Die so gewonnenen Daten werden in digitale Pläne eingearbeitet, sodass eine einfache und schnelle Auswahl erfolgen kann.

Beispiel für einen Erfassungsbogen, mit dem die Biologische Station Düren Wegraine kartiert.

 

 

 

  1. Gespräche mit Anwohner*innen und Sensibilisierung für eine ökologische Pflege

 

In Gesprächen mit Anwohner*innen, welche derzeit die Mahd von Wegebegleitgrün in Absprache mit dem Aachener Stadtbetrieb übernehmen, können Informationen über die ökologische Entwicklung der Flächen ausgetauscht und eine Einigung über die zukünftige Pflege der betroffenen Wegeabschnitte getroffen werden.

 

 

  1. Ermittlung des Aufwandes, der Machbarkeit und geeigneter Methoden zur Umsetzung sowie möglicher Mehrkosten

 

 

Im weiteren Vorgehen wird die Flächenauswahl und deren Aufwertungsmaßnahmen konkretisiert. Die Entwicklung des Wegebegleitgrüns ist durch Mahd mit Balkenmäher, Aufnahme des Mahdgutes und zusätzliche Entsorgungskosten in der Regel mit einem erhöhten Arbeits-, und Kostenaufwand verbunden. Die zu ermittelnden Mehrkosten werden im Rahmen der diesjährigen Erfahrungen auf das Gesamtkonzept übertragen und dem Betriebsausschuss vorab vorgestellt.

 

  1. Prüfung der Flurstücksgrenzen

 

Landwirtschaftliche Nutzung beansprucht teilweise unrechtmäßig einen Teil der Wegeränder. Wegebegleitgrün, welches an Ackerflächen angrenzt, wird überackert und somit den landwirtschaftlichen Flächen zugeschlagen. Aus Gründen des Erhalts der ökologischen Wertigkeit müssen von der Landwirtschaft überprägte Feldraine als Dauergrünflächen wiederhergestellt werden.

 

Beispiel einer Übernutzung des Wegebegleitgrüns durch Landwirtschaft. Rot eingezeichnet ist die für Weg und Seitenstreifen bestimmte Fläche. Das Luftbild zeigt die tatsächliche Nutzung und das fast vollständige Fehlen des Wegebegleitgrüns.

 

Die Verwaltung (Aachener Stadtbetrieb, ggf. unterstützt durch den Fachbereich Immobilienmanagement und den Fachbereich Sicherheit und Ordnung) wird die Nutzer*innen auffordern, die Grenzen einzuhalten und die Flächen wieder als Wegeraine anzulegen. Zur naturschutzfachlich angepassten Pflege- und Entwicklung der Wegeraine wird der Aachener Stadtbetrieb in enger Abstimmung mit dem Fachbereich Klima und Umwelt (hier insb. der unteren Naturschutzbehörde) die Landwirte aktiv beraten und ihnen geeignetes regionales Saatgut zur Verfügung stellen.

Bei Konflikten wird eine Grenzneuvermessung beauftragt, deren Kosten jeweils von den Beteiligten getragen werden müssen, welche die Flächen unrechtmäßig in Anspruch nehmen. Dies kann zu Konflikten mit der Landwirtschaft führen, wenn seitens der Stadt auf die Freigabe und Wiederherstellung der Flächen als Wegeraine hingearbeitet wird.

 

 

Fazit

Die Entwicklung der Pflege des Wegebegleitgrüns bietet hohes Potential zur Verbesserung der Biodiversität. Die Erstellung individueller und auf die jeweiligen Standorteigenschaften angepasster Pflegepläne kann die Artenvielfalt erhöhen und den Lebensraum für verschiedenste Tier- und Pflanzenarten bilden. In diesem Jahr wird die Pflege der von den Mitarbeiter*innen lokalisierten Potentialflächen geprüft und ggf. auf eine extensivere Pflege angepasst. In einem zweiten Schritt werden die weiteren Wege begangen und Pläne zur Eignung der Flächen erstellt. Ab Sommer 2024 könnten dann auch auf diesen Flächen im Rahmen neu erstellter Pflegepläne Maßnahmen zur ökologischen Verbesserung durchgeführt werden. Hiermit verbundene Mehrkosten werden vorab ermittelt und dem Betriebsausschuss zur Beratung vorgestellt. Durch die Landwirtschaft übernutzte Feldraine werden lokalisiert und in die ökologische Entwicklung des Wegebegleitgrüns zurückgeführt.

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Anlagen

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