Kenntnisnahme - FB 02/0078/WP16

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum Projekt ’SWITCH’ zustimmend zur Kenntnis.

 

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Erläuterungen

SWITCH verkürzte Berufsausbildung für Studienabbrecher

 

Rund 30 Prozent der Studierenden in den Ingenieur-, Informatik- und Wirtschaftswissenschaften bricht das Studium vorzeitig ab. Eine neue berufliche Perspektive bietet ihnen das Projekt ’SWITCH, das eine verkürzte Ausbildung zum Fachinformatiker/-in für Anwendungsentwicklung, zum/zur Fachinformatiker/-in für Systemintegration oder zur Industriekauffrau/-mann, und ab 2013 auch im Beruf Mechatroniker/-in, ermöglicht.

 

Das bundesweit einzigartige Modellprojekt ’SWITCH wurde im Jahr 2011 vom Fachbereich Wirtschaftsförderung/Europäische Angelegenheiten der Stadt Aachen in Zusammenarbeit dem Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung, der Industrie- und Handelskammer Aachen, der Agentur für Arbeit, den Hochschulen und anderen lokalen Partnern ins Leben gerufen. In nur 18 Monaten können Studienabbrecher in Aachen eine duale Ausbildung – ’SWITCH - die verkürzte Berufsausbildung für Studienabbrecher – absolvieren.

 

Insgesamt 16 Auszubildende werden seit 2011 im ersten SWITCH-Jahrgang zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung ausgebildet. In nur der Hälfte der regulären Ausbildungsdauer werden sie schon Anfang 2013 einen IHK-Berufsabschluss in der Hand halten. Die Auszubildenden haben zuvor meist Informatik an der RWTH Aachen studiert und haben sich für einen Kurswechsel entschieden. Im August 2012 haben in Aachen insgesamt 29 Studienabbrecher die 18-monatige Ausbildung in den Berufen Fachinformatiker/-in für Systemintegration, Fachinformatiker/-in für Anwendungsentwicklung und Industriekaufmann/-frau aufgenommen.

 

Die verkürzte Ausbildung zum Fachinformatiker richtet sich an junge Menschen, die ihr Studium in einem MINT-Fach (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik) abgebrochen haben oder Studienabbrecher, die über Kenntnisse im Bereich Hardware- und Softwaresysteme verfügen. Wer ein Wirtschaftsstudium abgebrochen hat und über betriebswirtschaftliche Kenntnisse verfügt, kann sich für eine verkürzte Ausbildung zur/zum Industriekauffrau/-mann bewerben. Vorausgesetzt wird bei den Auszubildenden eine hohe Leistungsfähigkeit, mindestens zwei Semester Studium und Studienleistungen in Höhe von mindestens 20 Credit Points.

 

Bisher konnte die Verkürzung der Ausbildung nur im Einzelfall beantragt, jedoch nicht an den regulären schulischen Ausbildungsplan angepasst werden. SWITCH ermöglicht den Auszubildenden in der Berufsschule mit Mitschülern zu lernen, die ähnliche Erfahrungen und Vorkenntnisse mitbringen. Die Verkürzung der Ausbildung auf 18 Monate wird im Projekt SWITCH einer gesamten Ausbildungsklasse zugrunde gelegt. Da die Auszubildenden durch Abitur und Studium bereits über wesentliches Vorwissen verfügen, durchlaufen sie einen komprimierten Unterrichtsplan und lernen an vier anstatt an drei Tagen pro Woche im Betrieb. Dies kommt den Betrieben sehr entgegen und entspricht auch dem Wunsch der Auszubildenden nach mehr Praxis.

 

Der Fachbereich Wirtschaftsförderung/Europäische Angelegenheiten der Stadt Aachen reagiert mit SWITCH auf verschiedene Herausforderungen:  Die Studienabbrecherquote liegt nach Angaben des Hochschulinformationssystems im Bundesdurchschnitt bei knapp einem Viertel. Der Studienstandort Aachen ist mit der RWTH und der FH Aachen eine sehr technisch orientierte Hochschulstadt. Da gerade die MINT-Fächer weitaus höhere Abbrecherquoten aufweisen, ist die Anzahl der Studienabbrecher/-innen in Aachen folglich besonders ausgeprägt. Im Fach Informatik bricht etwa die Hälfte der Studierenden das Studium frühzeitig ab.

Gleichzeitig steigt der Bedarf an Nachwuchskräften, insbesondere im IT-Bereich. Gerade für die Ausbildung im Beruf Fachinformatiker klagen viele Unternehmen über Schwierigkeiten, qualifizierte Kandidaten zu finden. Viele Betriebe berichten dem Fachbereich Wirtschaftsförderung der Stadt Aachen, dass gute Bewerber immer seltener werden und dass gerade auch der Fachkräftebedarf der mittleren Qualifikationsebene (z.B. Fachinformatiker) nicht mehr gedeckt werden kann. Experten befürchten, dass sich der schon jetzt abzeichnenden Fachkräftemangel im IT-Bereich in Aachen noch weiter verstärken wird.

 

Für die Stadt Aachen ist das Halten gut qualifizierter Personen für die wirtschaftliche Entwicklung des Standortes von großer Bedeutung, weshalb innovative Wege beschritten werden müssen. Der demografische Wandel macht sich bemerkbar und erfordert die Entwicklung neuer Ideen. Die Herausforderung besteht darin, vor dem Hintergrund des steigenden Fachkräftemangels, Erwerbspersonenpotentiale optimal auszuschöpfen. Ziel ist, die verkürzte duale Berufsausbildung für Studienabbrecher langfristig zu etablieren.

 

SWITCH ist über die Grenzen Aachens hinaus bekannt, nicht zuletzt weil die Stadt Aachen im Juli 2011 von der NRW.BANK in Düsseldorf mit SWITCH als innovative Kommune NRWs ausgezeichnet und im Oktober 2012 mit dem Sonderpreis im Wettbewerb ’Attraktivität der dualen Berufsausbildung für leistungsstarke Jugendliche (Hermann-Schmidt-Preis) vom Verein Innovative Berufsbildung e. V. des Bundesinstitut für Berufsbildung und W. Bertelsmann Verlag in Bielefeld prämiert wurde. Es hat eine überregionale Anziehungskraft entwickelt und Auszubildende angeworben, die extra für die Ausbildung nach Aachen ziehen.

 

Mittlerweile wird SWITCH an verschiedenen Standorten im Bundesgebiet nachgeahmt oder nach dem Konzept des Aachener Modellprojekts entwickelt, darunter Berlin, das Ruhrgebiet und der Schwarzwald.

 

Nach knapp zweijähriger Umsetzung aus dem laufenden Geschäft wird das Projekt SWITCH ab Oktober 2012 im Rahmen der Fachkräfteinitiative NRW für zwei Jahre gefördert und im Zuge dessen auf die Region Aachen ausgeweitet.

 

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