Entscheidungsvorlage - FB 61/1048/WP16

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Mobilitätsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis. Er empfiehlt dem Planungsausschuss die Verwaltung damit zu beauftragen,

- die Ermittlung der Anzahl der Fahrradabstellplätze bei Neubauvorhaben und wesentlichen Nutzungsänderungen von Gebäuden in der dargestellten Art und Weise vorzunehmen,

- im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren auf eine qualitätvolle Gestaltung der Abstellanlagen hinzuwirken und

- einen Erfahrungsbericht nach 12 Monaten Verfahrensdurchführung vorzulegen.

 

Der Planungsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis. Er beauftragt die Verwaltung

- die Ermittlung der Anzahl der Fahrradabstellplätze bei Neubauvorhaben und wesentlichen Nutzungsänderungen von Gebäuden in der dargestellten Art und Weise vorzunehmen,

- im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren auf eine qualitätvolle Gestaltung der Abstellanlagen hinzuwirken und

- einen Erfahrungsbericht nach 12 Monaten Verfahrensdurchführung vorzulegen.

 

Der Ratsantrag 98/15 gilt hiermit als erledigt.

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Erläuterungen

Erläuterungen:

 

Kurzfassung:

Die Verwaltung empfiehlt, den Radverkehr bei Bauvorhaben zukünftig noch systematischer zu fördern.

Dazu ist eine konsequente Anwendung der Landesbauordnung in Kombination mit den „Hinweisen zum Fahrradparken“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen mit den in dieser Vorlage beschriebenen Verfahrensweisen ausreichend. Die Erarbeitung einer städtischen Fahrradabstellsatzung wird  zum jetzigen Zeitpunkt für nicht erforderlich gehalten.

 

Der Ratsantrag 98/15 ist bisher nicht abschließend erledigt. Dem Planungsausschuss wurde hierzu am 24.08.2006 ein Bericht und ein Beschlussvorschlag vorgelegt. Dieser wurde abgelehnt stattdessen folgender Auftrag erteilt: „Er beauftragt die Verwaltung, Kriterien für die Qualität und die Anzahl der Fahrradabstellanlagen zu entwickeln, die bei der Errichtung baulicher Anlagen gem. § 51 BauO NRW herangezogen werden. Insbesondere bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen und städtebaulichen Verträgen ist eine Festsetzung fahrradförderlicher Maßnahmen einzufordern.“

 

Es gab seit dem verschiedene Bemühungen, einen zwischen den Fachbereichen 61 und 63 einvernehmlich abgestimmten Vorschlag einzubringen. Dies ist nun dadurch gelungen, das in mehreren Bauvorhaben der letzten Jahre im Zuge der Einzelfallbetrachtung qualitativ und quantitativ Verbesserungen für das Abstellen von Fahrrädern erzielt werden konnten. Bei sehr vielen Bauherren und Architekten ist dabei Akzeptanz festzustellen. Mit Erscheinen der „Hinweise zum Fahrradparken“ und damit als Stand der Technik anerkannten Berechnungsverfahren ist es nun gelungen, diese Vorlage einzubringen.

 

Begründung

Der Radverkehrsanteil in Aachen betrug in der letzten Mobilitätserhebung 2011 11 %. Es ist erklärtes Ziel der Mobilitätsstrategie Aachen und Auftrag des Luftreinhalteplanes der Stadt Aachen, den Radverkehr attraktiver zu gestalten und den Radverkehrsanteil deutlich zu erhöhen.

 

Spätestens mit dem Aufkommen der sehr attraktiven, aber auch teureren und schwereren Elektrofahrräder ist für alle ersichtlich, dass die Ausgestaltung von Fahrradabstellplätzen ein entscheidender Punkt bei der Nutzung des Fahrrades ist. Fehlende komfortable Abstellplätze an Arbeits- oder Wohnstätte hindern viele Bürger und Pendler daran, sich hochwertige Fahrräder zu kaufen und mehr Wege mit dem Rad zurückzulegen. In der Mobilitätserhebung 2011 haben 38 % der Aachener angegeben, dass sie ein Fahrrad an ihrem Haus nicht sicher oder nur umständlich abstellen können; in der Innenstadt lag dieser Anteil sogar bei 43 %.

 

Fahrradabstellanlagen im Bestand

Das Vorhandensein komfortabler Fahrradabstellplätze bei allen bestehenden Gebäuden wäre sicherlich wünschenswert. Eine Regelung für eine Nachrüstung im Bestand für bestimmte Bereiche zu beschließen wäre rechtlich zwar möglich, jedoch mit erheblichen Belastungen und Schwierigkeiten in der Umsetzung verbunden.

Von der Verwaltung wird daher empfohlen, für Bestandsbauten keine rechtlichen Maßnahmen zur nachträglichen Errichtung von Abstellanlagen zu ergreifen. Die Verwaltung empfiehlt stattdessen dem Vorbild der RWTH Aachen zu folgen, die aus eigenen Mitteln auf freiwilliger Basis, beginnend an Audimax und in der Wüllnerstraße, ungeeignete Vorderradhalter durch Fahrradbügel ersetzt.

 

Für den öffentlichen Straßenraum stehen im städtischen Haushalt derzeit 10.000 Euro je Jahr bereit, mit denen 100 Bügel bzw. 200 Abstellplätze pro Jahr realisiert werden können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass das Ordnungsamt dauerhaft ungenutzte Räder, bei denen eine illegale Müllentsorgung vermutet werden kann, markiert und nach einer Frist von derzeit einem Monat entfernen lässt, damit die dazu öffentlich geschaffene Infrastruktur auch entsprechend des Ziels (Förderung des Fahrradfahrens) genutzt werden kann.

 

Fahrradabstellanlagen bei Neubauvorhaben

Bei Neubauvorhaben besteht nach der Landesbauordnung eine gesetzliche Pflicht, für den zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehr Stellplätze herzustellen, dies gilt ausdrücklich auch für Fahrradabstellplätze.

 

In der Praxis sind zwei wesentliche Aspekte zu unterscheiden:

  • Die Anzahl der Abstellplätze
  • Die Anordnung und Qualität der Abstellplätze

 

Anzahl der Abstellplätze bei Neubauvorhaben

In der aktuell gültigen Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen ist es Pflicht jedes Bauherren, Stellplätze und Fahrradabstellplätze in dem Umfang herzustellen, wie es die Nutzungen des Vorhabens erwarten lässt.

Es sind nach dem Gesetzesverständnis dabei keine pauschale Tabellenwerte zu verwenden, die früher geltenden Richtzahlen für PKW-Stellplätze aus der Verwaltungsvorschrift zur Landesbauordnung sind formell nicht mehr in Kraft. Stattdessen ist eine Berechnung des tatsächlich zu erwartenden Verkehrs sowohl für Pkw als auch für den Radverkehr im Einzelfall und in Abhängigkeit der Verkehrsverhältnisse für den Standort durchzuführen.

Hierzu einige Hinweise: Die Fahrradbesitzquote in Aachen liegt bei ca. 90 %, d.h. 9 von 10 Aachenern besitzen ein Fahrrad. Es ist daher anzunehmen - sofern sich durch Fahrradverleihsysteme keine wesentliche Änderung hieran ergibt - dass bei Wohnbauvorhaben je Bewohner ein Abstellplatz benötigt wird. Insbesondere bei Studentenwohnanlagen wurde dieser Wert in den letzten beiden Jahren von der Verwaltung bereits durchgesetzt.

2012 sind von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen „Hinweise zum Fahrradparken“ erschienen. Darin ist ein bundesweit empfohlenes Verfahren zur Berechnung der notwendigen Abstellplätze differenziert nach Nutzungsart, erwartetem Radverkehrsanteil und Nutzer (Bewohner, Beschäftigte, Besucher) beschrieben. Dies wird von der Verwaltung als Stand der Technik angesehen und bei zukünftigen Neubauvorhaben standardmäßig eingefordert.

In den zugrundeliegenden Tabellen zur Berechnung der notwendigen Abstellplätze ist als gedachte „untere Orientierungsmarke“ ein Radverkehrsanteil von 10 % und als „obere Orientierungsmarke“ ein Radverkehrsanteil von 20 % ausgewiesen. Bei Ausbildungseinrichtungen liegen diese Marken abweichend bei 20 % bzw. 30 %. Die Verwaltung erwartet für die Zukunft einen steigenden Radverkehrsanteil und wird daher den oberen Wert einfordern, sofern nicht verkehrsplanerische Gründe eine abweichende Ausrichtung sinnvoll erscheinen lassen.

Dies entspricht folgenden pauschalen Richtwerten (beispielhaft):

Wohngebäude mit mehr als zwei Wohnungen: 1  Abstpl. je 35 m² Wohnfläche

Büronutzungen mit teilweiser Publikumsfunktion: 1 Abstpl. je 90 m² Nutzfläche

Großfläche Einzelhandelsbetriebe: 1 Abstpl. je 90 m² Nutzfläche

Gaststätten und Kinos: 1 Abstpl. je 4,5 Besucherplätze

Schulen: 1 Abstpl. je 4 Schüler-/Studierendenplätzen

Handwerks- und Industriebetriebe: 1 Abstpl. je 225 m² Nutzfläche

 

Fahrradabstellplätze bei Nutzungsänderungen

Die BauO NRW fordert den Nachweis von Stellplätzen im Zusammenhang mit bestehenden Gebäuden nur bei wesentlichen Änderungen. Bei den PKW-Stellplätzen wird in der Praxis so verfahren, dass ein Abgleich zwischen der Zahl der notwendigen Stellplätze vor der (Nutzungs-)Änderung und nach Durchführung des Vorhabens aufgestellt wird. Soweit sich daraus weniger als eine Verdopplung der Zahl der notwendigen Stellplätze ergibt, wird auf einen weiteren Nachweis verzichtet. Diese Vorgehensweise erscheint vom Grundsatz auch bei Fahrradabstellplätzen richtig.

Bei Vorliegen einer wesentlichen Änderung im vorgenannten Sinne wird ebenfalls in der Praxis der Nachweis der Fahrradstellplätze oftmals mit Schwierigkeiten verbunden sein. Analog zu der Vorgehensweise bei Neubauten soll dann untersucht werden, ob ein Nachweis der Fahrradabstellplätze in räumlicher Nähe möglich ist.

 

Anordnung und Qualität der Abstellplätze

Folgende Grundsätze werden von der Verwaltung für Bauvorhaben empfohlen:

Reine Vorderradhalter erfüllen ihren Zweck nur sehr schlecht und werden als dauerhafte Lösungen im Rahmen von Neubauvorhaben nicht akzeptiert. Jedes Fahrrad muss einzeln gegen Diebstahl gesichert werden können. Dies kann in der Form von Boxen oder durch Möglichkeiten zur Befestigung des Fahrradrahmens (z.B. Fahrradbügel) erfolgen. 

Fahrradabstellplätze für Kunden bzw. Besucher sind frei zugänglich und eingangsnah anzuordnen. Diese Abstellplätze sind auf dem Baugrundstück herzustellen; in Ausnahmefällen können diese in Abstimmung mit der Verwaltung auch an anderer Stelle in räumlicher Nähe hergestellt werden. Dazu sind dann entsprechend vertragliche Regelungen zu treffen.

Fahrradabstellplätze für Bewohner und Beschäftigte, die über mehrere Stunden das Rad parken, sollen hinter einer Türe etc. liegen und gegen externen Zugriff gesichert sein. Dabei müssen die Nutzer die Räder fahrend oder schiebend in ihre Parkposition bringen können. Eine vertikale Anordnung von Rädern wird im Rahmen von Bauvorhaben nur bei einer kraftunterstützenden Hebekonstruktion zugelassen, so dass max. eines der beiden Räder bis auf eine Höhe von 50 cm anzuheben ist.

 

Weitere Hinweise, Maße und Abmessungen sind den „Hinweisen zum Fahrradparken“ zu entnehmen.

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Anlagen

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