Kenntnisnahme - FB 23/0118/WP17
Grunddaten
- Betreff:
-
Mietpreisgestaltung im städtischen Wohnhausbestand
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 23 - Fachbereich Immobilienmanagement
- Beteiligt:
- Fachbereich Wohnen; Fachbereich Soziales und Integration; Dezernat VI
- Verfasst von:
- FB 23/49
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss
|
Kenntnisnahme
|
|
|
18.08.2015
| |||
●
Erledigt
|
|
Ausschuss für Soziales, Integration und Demographie
|
Kenntnisnahme
|
|
|
24.09.2015
|
Erläuterungen
Erläuterungen:
1. Ausgangslage
Die gewoge AG führt regelmäßig im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrages und nach Abstimmung mit der Verwaltung Mieterhöhungen für die rund 2600 städtischen Wohnungen durch. Daher wurden im Mai 2015 für 719 Wohnungen Mieterhöhungsbegehren verschickt. Diese Mieterhöhungen werden erst durch die Zustimmung des Mieters rechtswirksam. 555 der betroffene Mieter (77,2 %, Stand: 20.07.2015) haben den Mieterhöhungsbegehren inzwischen zugestimmt.
Aus der Mieterschaft kamen in diesem Jahr jedoch auch erstmals Widersprüche gegen diese Mieterhöhungen. Der Stadt als Vermieterin wird unter anderem von einigen Mietern in den Wohnungen Körnerstr./ Weberstr. vorgeworfen, nicht sozial genug zu handeln und soziale Verdrängung durch die Mieterhöhungen zu bewirken.
Es steht die übergeordnete Frage im Raum, welche Verantwortung der gewoge AG und der Stadt als Vermieterin in Bezug auf die Zurverfügungstellung von bezahlbarem Wohnraum im Stadtgebiet zukommt.
Diese Vorwürfe nimmt die Verwaltung sehr ernst. Die Mieterhöhungen in den Objekten Körnerstr. 25/ Weberstr. 34-42 wurden daher nochmals genau in den Blick genommen und überprüft. Es fand auch ein Treffen mit Vertretern der Mieter in den Räumen der gewoge AG statt, bei dem die Vorgehensweise und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen von gewoge AG und Stadt erläutert, aber auch die Einwände der Mieter entgegengenommen wurden.
2. Mietpreisgestaltung in den Objekten Körnerstr. 25/ Weberstr. 34-42
Generell werden Mieterhöhungen im städtischen Bestand unter folgenden Prämissen durchgeführt:
- Der Mittelwert des Mietspiegels wird angestrebt
- Die Erhöhung liegt im rechtlich zulässigen Rahmen (15% innerhalb von drei Jahren)
- Der Mindestbetrag für Erhöhungen liegt bei 10,-€ monatlich
- Eine Mieterhöhung bei Neuvermietungen findet erst nach einer Wartezeit von zwei Jahren statt
Das Ziel, im städtischen Wohnungsbestand den Mittelwert des Mietspiegels anzustreben, soll mittelfristig durch Mieterhöhungen erreicht werden, wobei aktuell die Mieten der städtischen Wohnungen in den meisten Fällen von diesem Wert weit entfernt sind und sich überwiegend im unteren Bereich des Mietspiegels oder auch darunter befinden, wie dies im Beispiel Weberstr./ Körnerstr. der Fall ist.
Die Objekte Weberstr./ Körnerstr. mit Baujahr 1931 wurden im Jahr 1986 vollmodernisiert; der überwiegende Teil der 40 Wohneinheiten besteht aus 4- Zimmer Wohnungen mit einer Größe zwischen 62 m² und 125 m². Die Häuser liegen in einer ruhigen Nebenstraße im Innenstadtbereich und haben eine gute Infrastruktur und eine gute Verkehrsanbindung. Die Wohnungen verfügen über Balkone und den Mietern steht eine Grünanlage zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung. Die Einstufung im Mietspiegel erfolgt daher in einer mittleren Wohnlage und auf Grund der Vollmodernisierung in der Baujahresklasse 1983–1993.
Die Mieten in der Weberstr./ Körnerstr. haben sich seit dem Jahr 2011 wie folgt entwickelt:
Jahr | Mietspiegelspanne | Mittelwert des Mietspiegels | Durchschnittsmiete in der Wohnanlage | Erhöhung |
2015 | 6,40 – 8,50 €
| 7,45 € | 5,85 € | 8,94 % |
2014 | 6,40 – 8,00 €
| 7,20 € | 5,37 € | 0,00 % |
2013 | 6,40 – 8,00 €
| 7,20 € | 5,37 € | 5,50 % |
2012 | 3,80 – 6,60 €
| 5,20 € | 5,09 € | 4,73 % |
2011 | 3,80 – 6,60 €
| 5,20 € | 4,86 € |
|
Anhand dieser Übersicht ist abzuleiten, dass die vorab genannten Prämissen der Mietpreisgestaltung eingehalten wurden und die Durchschnittsmiete auch nach den erfolgten Erhöhungen deutlich unter dem untersten Wert der Mietspiegelspanne liegt.
Im Ergebnis sind die aktuell durchgeführten Mieterhöhungen daher rechtlich nicht zu beanstanden. Sie sind ebenso unter sozialen Gesichtspunkten grundsätzlich nicht zu beanstanden. Dies schließt allerdings nicht aus, dass in Einzelfällen, zum Beispiel für Transferleistungsempfänger/innen oder für Geringverdiener/innen, die angemessenen Mietkosten überschritten werden. Hierzu wird im Folgenden Näheres erläutert.
Den Mietern in der Weberstr. und Körnerstr. wurde daher angeboten, in persönlichen Gesprächen mit den zuständigen städtischen Fachbereichen Wohnen sowie Soziales und Integration nach individuellen Hilfsmöglichkeiten zu suchen. Einer Mieterin konnte durch die gewoge AG innerhalb kurzer Zeit eine kleinere und damit günstigere Wohnung angeboten werden. Diese Einzelfallprüfung wird es auch zukünftig bei jeder Beschwerde gegen Mieterhöhungen geben, damit insbesondere soziale Härten vermieden werden.
Außerdem wurde vereinbart, dass die Beratung der Mietparteien in den städtischen Wohnungen künftig vom Fachbereich Wohnen gemeinsam mit der gewoge AG strukturiert und „aufsuchend“ individuell gestaltet wird.
3. Angemessenheit von Unterkunftskosten
Die gewoge AG prüft bei Mieterhöhungen, ob die Wohnungen nach der Erhöhung bei bedarfsgerechter Belegung mit den sozialhilferechtlich anerkannten Unterkunftskosten übereinstimmen und eine Angemessenheit der Miete für WBS- Inhaber/innen gewahrt ist.
Die „Angemessenheit“ von Mietkosten ist zwischen den relevanten Rechtsbereichen, nämlich
- angemessene Kosten der Unterkunft (KdU) nach SGB
- Miete für WBS-Inhaber/innen sowie
- wohngeldfähige Miete
allerdings nicht harmonisiert. Im Folgenden wird daher auf die Differenzierung hingewiesen.
3.1 Sozialhilferechtliche Betrachtung
Im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) oder dem SGB XII (Grundsicherung im Alter oder bei dauerhafter Erwerbsunfähigkeit, Hilfe zum Lebensunterhalt) können nur die angemessenen Kosten für die Unterkunft übernommen werden.
Die Angemessenheit von Unterkunftskosten ist im Rahmen einer zusammenfassenden Bewertung von Wohnungsgröße, Standard und Quadratmeterpreis zu beurteilen (sog. Produkttheorie).
Die Unangemessenheit nach einem einzelnen Kriterium ist demnach nicht entscheidend, da dieser Umstand durch die Unterschreitung der Angemessenheitsgrenze bei einem anderen Kriterium ausgeglichen werden kann. So kann beispielsweise eine Wohnung unangemessen groß sein, wenn dies durch einen geringen Quadratmeterpreis kompensiert wird, solange das Produkt aus Wohnungsgröße und Quadratmeterpreis angemessen ist.
Angemessen im Sinne des SGB II bzw. des SGB XII sind Kosten für eine Wohnung, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Um die Kosten für derartigen Wohnraum festlegen zu können, sind Ermittlungen auf dem lokalen Wohnungsmarkt erforderlich.
Diese Ermittlungen haben auf der Grundlage eines sogenannten „schlüssigen Konzepts“ zu erfolgen, das mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
-Datenerhebung ausschließlich, aber umfassend in dem genau eingegrenzten Vergleichsraum
- nachvollziehbare Darlegung des Beobachtungszeitraums und des Gegenstandes der Beobachtung
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten
- Validität der Datenerhebung
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung
- Angaben über die gezogenen Schlüsse.
Die StädteRegion Aachen hat, auch auf Initiative der Stadt Aachen hin, die Firma Analyse& Konzepte Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien und Tourismus mbH in Hamburg beauftragt, Ermittlungen vorzunehmen und einen grundsicherungsrelevanten Mietspiegel zu erarbeiten,der als Grundlage für die Bestimmung angemessener Unterkunftskosten dient. Dieser wurde dem städtischen Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss im März 2014 vorgestellt.
Für die Stadt Aachen wurden folgende angemessenen Kosten ermittelt:
Haushalts- größe
| 1 Person < 50 qm | 2 Personen > 50 – 65 qm | 3 Personen > 65 – 80 qm | 4 Personen > 80 bis 95 qm | 5 Personen > 95 – 110 qm |
KdU | 380,50 €
| 458,25 € | 555,20 € | 668,80 € | 742,50 € |
Liegt die tatsächliche Miete über der angemessenen Miete, wird im Einzelfall geprüft, ob eine Senkung der Unterkunftskosten vom Mieter verlangt werden kann. Eine Überschreitung der angemessenen Miete führt also nicht zwangsläufig dazu, dass der Mieter zum Umzug aufgefordert wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Mieter belegen kann, dass aufgrund der Anspannung auf dem Wohnungsmarkt keine Wohnung im Rahmen der geltenden Angemessenheitsgrenzen gefunden werden konnte.
Im Einzelfall muss also geprüft werden, ob ein Mieter tatsächlich aufgrund einer Mieterhöhung an die Grenzen der Angemessenheit stößt, oder ob dies darauf zurückzuführen ist, dass die Wohnung nicht bedarfsgerecht, d.h. zu groß, ist. In den Objekten Weberstr./ Körnerstr. ist dies teilweise der Fall.
3.2 Wohnungsrechtliche Betrachtung
3.2.1 Wohnberechtigungsschein
Zunächst wird darauf hingewiesen, dass in Aachen neben dem öffentlich geförderten auch der frei finanzierte städtische Wohnungsbestand bis dato grundsätzlich Haushalten vorbehalten ist, die über einen Wohnberechtigungsschein verfügen. Diese Selbstbindung soll auch zukünftig als Grundsatzregelung bestehen bleiben. Sie bildet daher die wesentliche Grundlage für die Mietpreisgestaltung, wobei Ausnahmeregelungen - auch im Sinne einer gemischten Belegung - durchaus möglich sind.
Die Miete für WBS- Inhaber/innen im öffentlich geförderten Wohnungsmarkt richtet sich nach den Fördervorschriften, die zum Zeitpunkt der Förderzusage gültig waren. Die WBS- Berechtigung ergibt sich aus dem förderrechtlichen Einkommen, beispielsweise
Haushalt | Alleinstehende Person | Alleinstehende Person/ Rentner/in | Alleinerziehende mit 1 Kind | Ehepaar mit 2 Kindern |
Bruttoeinkommen | ca. 29.600 € | ca. 21.100 €
| ca. 42.600 € | ca. 53.400 € |
Weiteres Merkmal für die WBS-Berechtigung ist die je nach Haushaltsgröße grundsätzlich anzuerkennende Wohnungsgröße, beispielsweise
Haushalt | Alleinstehende Person | Zweipersonenhaushalt | Ehepaar mit 2 Kindern |
Räume
|
| 2 | 4 |
Quadratmeter
| 50 | 65 | 95 |
In bestimmten Haushaltssituationen (junge Eheleute; Alleinerziehende; Behinderte) wird ein zusätzlicher Raum oder eine zusätzliche Wohnfläche von 15 m² zugebilligt.
3.2.2 Wohngeld
Die wohngeldfähige Miete wird im Rahmen der bundesrechtlichen Gesetzgebung (Wohngeldgesetz) festgelegt. Die Höchstmiete setzt sich zusammen aus der Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten.
Während die Angemessenheitsgrenzen nach SGB regelmäßig einer Überprüfung unterliegen, wurden die Höchstgrenzen der zuschussfähigen Mieten sowie des wohngeldrechtlichen Einkommens zuletzt im Jahr 2009 angepasst. Die nächste Anpassung ist für Anfang 2016 vorgesehen. Die aktuelle Marktsituation spiegelt sich daher in den wohngeldrechtlichen Regelungen nicht wider. Ein globales Heranziehen der Wohngeldmiete zur Mietpreisbildung im frei finanzierten städtischen Wohnungsbestand ist daher auch nicht zielführend.
4. Fazit und weitere Schritte
Im Rahmen der kommunalen Daseinsfürsorge ist für die Mietpreisgestaltung im Stadtgebiet die Frage zu beantworten, welche verschiedenen Zielgruppen an welchen Standorten mit dem kommunalen Bestand an Wohnraum versorgt werden sollen. Hieraus ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an die Definition von Zielmieten.
Im Rahmen des Portfoliomanagements werden die Verwaltung und die gewoge AG daher gemeinsam eine Strategie für die Entwicklung des städtischen Bestandes erarbeiten. Hierbei sollen u.a. Investitionsalternativen definiert werden.
Im Zuge dessen können auch Wohnungsbestände bestimmt werden, für die eine Entwicklung zur frei finanzierten Marktmiete vertretbar ist. Standort und tatsächliche Wohnungsbelegung werden hierbei maßgeblich beachtet. Hierdurch erzielbare höhere Erträge dienen zur Deckung für geringere Mieterträge im preisgeminderten Bestand.
Die erzielten Mieterträge werden auch zur Deckung der Kosten für die notwendigen Instandhaltungen der Gebäude benötigt. Eine entsprechende Entwicklung der Mietpreisgestaltung ist zur Finanzierung der erforderlichen Investitionen notwendig und garantiert so letztlich allen Mietern einen gleichbleibenden Wohnstandard.
Ein kompletter Verzicht auf Mietpreiserhöhungen alleine aus sozialen Erwägungen heraus wird von der Verwaltung grundsätzlich kritisch betrachtet. Seitens der gewoge AG wurde in diesem Zusammenhang angeboten zu prüfen, ob ein geringer Anteil an Wohnungen aus dem städtischen Bestand von der Durchführung regelmäßiger Sanierungen ausgenommen werden kann, um dort z.B. zeitliche Abstände zwischen Mieterhöhungen zu verlängern (analog der Durchführung von Mindeststandards an Renovierungen).
Über die Ergebnisse der Prüfungen wird die Verwaltung zu gegebener Zeit erneut berichten.
Die Tagesordnungsanträge der Fraktion Die Linke für die Sitzung des Wohnungs- und Liegenschaftsausschusses am 18.08.2015 sowie des Ausschusses für Soziales, Integration und Demographie am 24.09.2015 gelten hiermit als behandelt.
Auswirkungen
finanzielle Auswirkungen
| ||||||
Investive Auswirkungen | Ansatz 20xx | Fortgeschriebener Ansatz 20xx | Ansatz 20xx ff. | Fortgeschriebe-ner Ansatz 20xx ff. | Gesamtbedarf (alt) | Gesamtbedarf (neu) |
Einzahlungen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Auszahlungen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Ergebnis | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
+ Verbesserung / - Verschlechterung | 0 | 0 |
| |||
| Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden | Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden | ||||
| ||||||
konsumtive Auswirkungen | Ansatz 20xx | Fortgeschriebener Ansatz 20xx | Ansatz 20xx ff. | Fortgeschriebe-ner Ansatz 20xx ff. | Folgekos-ten (alt) | Folgekos-ten (neu) |
Ertrag | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Personal-/ Sachaufwand | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Abschreibungen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Ergebnis | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
+ Verbesserung / - Verschlechterung | 0 | 0 |
| |||
| Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden | Deckung ist gegeben/ keine ausreichende Deckung vorhanden | ||||
Finanzielle Auswirkungen ergeben sich nicht.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
---|---|---|---|---|---|
1
|
(wie Dokument)
|
61,9 kB
|
|||
2
|
(wie Dokument)
|
56,6 kB
|