Kenntnisnahme - E 26/0033/WP17
Grunddaten
- Betreff:
-
KiTa - Kostenvergleich
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- E 26 - Gebäudemanagement
- Verfasst von:
- E 26/00
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
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Betriebsausschuss Gebäudemanagement
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Kenntnisnahme
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25.08.2015
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●
Erledigt
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Kinder- und Jugendausschuss
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Kenntnisnahme
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03.11.2015
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●
Erledigt
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Planungsausschuss
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Kenntnisnahme
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19.11.2015
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschläge:
- Der Betriebsausschuss nimmt den Bericht des Gebäudemanagements zum KiTa- Kostenvergleich zur Kenntnis.
- Beschlussvorschlag für den Kinder- und Jugendausschuss:
Nach Kenntnisnahme durch den Betriebsausschuss des Gebäudemanagements nimmt der Kinder- und Jugendausschuss den Bericht zum KiTa-Kostenvergleich zur Kenntnis.
- Beschlussvorschlag für den Planungsausschuss:
Nach Kenntnisnahme durch den Betriebsausschuss des Gebäudemanagements nimmt der Planungsausschuss den Bericht zum KiTa-Kostenvergleich zur Kenntnis.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Der Bau von Kindertagestätten – Eine vergleichbare Bauaufgabe?
(Eine Kostenvoruntersuchung am Beispiel Frankfurt, Bielefeld und Aachen)
Inhaltsverzeichnis:
Abbildungs- und Anlagenverzeichnis 3
Zusammenfassung 5
Vorbemerkung 7
1.Grundlagen des Kindertagesstättenbaues in Aachen10
1.1 Die gesetzliche Grundlage und der daraus abgeleitete Auftrag10
1.2 Kommunale Grundlagen - Wie bauen wir in Aachen?10
1.21 Aachener Planungsbausteine
– Leitlinien zum nachhaltigen Bauen kommunaler Gebäude 11
1.2.2Der Aachener Standard
- Übergeordnete Rahmenbedingungen und Wirtschaftlichkeit12
1.1.3 Kindertagesstätten - Leitfaden und Ausstattung15
1.3Fragen und Antworten15
2 Einführung in die Methodik des Kostenvergleiches und Problemstellung17
2.1 Der Vergleich von Kostenkennwerten – methodischer Ansatz19
2.2 Der BKI Standard -. Eine Einordnung20
2.2.1Definition20
2.2.2Vergleichswertbestimmung22
3 Die Kitas anderer Kommunen (ein Vergleich ähnlicher Standards)24
3.1 Das Frankfurter Modell – ein mehrstufiges Einsparkonzept?24
3.1.1Die Reduzierung von Flächen und Raumprogrammen25
3.1.2Die Optimierung von Bau- und Energiestandards25
3.1.3Einsparung durch Wiederholungsfaktoren26
3.1.4 Ausblick und Schlussfolgerungen27
3.2 Das Bielefelder Modell – eine „Zukunfts-KiTa“?28
3.2.1Bauherr und Bauaufgabe28
3.2.2Baukonzept28
3.2.3Bauweise29
3.2.4Energetischer Standard30
3.2.5Ausführung, Details, Nachnutzungskonzept30
3.2.6Kostenvergleich in den Kostengruppen der DIN 27631
3.2.7Zusammenfassende Bewertung des Vergleichs KiTa Stadt AC - Bielefelder Modell33
4.Die Kitas der Stadt und der StädteRegion Aachen – ein direkter Objektvergleich35
4.1Vorgehen bei der Vergleichsbetrachtung35
4.2Die Kostenblöcke und Ihre Bewertung36
4.2.1Unternehmereinsatzform (Einzelvergabe versus Gesamtvergabe)36
4.2.1.1 Allgemeine Vorbemerkungen36
4.2.1.2 Vergleichsversuch38
4.2.2Grundstück - Größe, Erschließung, Topografie38
4.2.3Außenanlagen40
4.2.4Energetischer Standard41
4.2.5Materielle Qualitäten42
4.2.6Gestalterische Qualitäten43
4.2.7Baunebenkosten44
5.Schlussbetrachtung und Bewertung46
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: Die kommunale Zukunft - Plusenergie-KiTa's,
Abbildung 2: Kostengruppen nach DIN 276, 1. Ebene
Abbildung 3: DIN 276, 2. Ebene
Abbildung 4: BKI-Kostenkennwert 2014 KiTa, nicht unterkellert, hoher Standard
Abbildung 5: Reformmaßnahmen Frankfurt 2014 und Vergleich Aachen 27
Abbildung 6: Bild aus Werbeflyer der "Zukunftskita" der BGW 2015
Abbildung 7: Vergleich KiTa Stadt AC - "Zukunftskita" BGW Bielefeld
Abbildung 8: KG 700 Baunebenkosten gem. DIN 276, z.T. 3. Ebene
Anlagenverzeichnis:
Anlage 1a: Unternehmereinsatzform:
Einzelvergabe versus Gesamtvergabe (z.B. Generalunternehmer) -
Vergaberechtliche Betrachtung48
Anlage 1b: Unternehmereinsatzform:
Einzelvergabe versus Gesamtvergabe (z.B. Generalunternehmer) -
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung50
Anlage 2: Bauweise – Anmerkungen zu System- und Modulbauten51
Anlage 3: Übersicht der Möglichkeiten zur Kostenoptimierung im KiTa-Bau53
Zusammenfassung:
Die Vorlage stellt einen Diskussionsbeitrag zum Thema „Kostenvergleiche von Bauvorhaben“ dar – hier speziell von Kindertagesstätten.
Für diese vergleichende Untersuchung wurden die aktuell bundesweit beachteten Reformmodelle beim KiTa-Bau in Frankfurt und Bielefeld und deren kostenrelevanten Maßnahmen und Auswirkungen betrachtet und zusätzlich auch der Handlungsansatz der StädteRegion, die stark mit Gesamtvergaben arbeitet, kurz beleuchtet.
Dabei wird deutlich, wie komplex eine seriöse Kostenbetrachtung in Wahrheit ist:
da Bauvorhaben grundsätzlich Unikate sind, werden hohe Kostenanteile durch spezifische Besonderheiten von Grundstück, Gelände- und Baugrund (= Kostengruppen 100 und 200) einerseits und von Anforderungen des Nutzers/ Bedarfsträgers und der Aufgaben- und Konzeptausrichtung (Kostengruppen 500 und 600) andererseits bestimmt.
D.h.: eine identische KiTa kann auf einem Grundstück, das aufgrund seiner nichttragenden Bodenbeschaffenheit eine Pfahlgründung erfordert, mehrere 100 TEUR mehr kosten, als an einem anderen Standort.
Zusätzlich erfordern komplexere Rahmenbedingungen die Einschaltung zahlreicher weiterer Sonderfachleute (Baugrund-Gutachter, Statiker u.ä.). Damit werden weitere Honorare fällig (KG 700 Baunebenkosten), die die Gesamtkosten erhöhen (BNK-Anteil von 25% und höher).
Diese bauwerkskostenfremden Bestandteile der Gesamtkosten reduzieren die Aussagekraft direkter Vergleiche erheblich und machen einen Vergleich für Nicht-Fachleute kaum möglich.
Ein anerkannt verlässlicher Vergleich kann nur über die direkten sog. „Bauwerkskosten“ der Kostengruppen „Baukonstruktion“ (KG 300) und „Technische Anlagen“ (KG 400) hergeleitet werden. Das Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (BKI) als fachkundiger Hinweisgeber weiß dies und stellt für den professionellen Kostenvergleich die reinen Bauwerkskosten mehrerer Tausend real abgerechneter Bauvorhaben - auch KiTa’s - zur Kostenplanung in Objektdatenbanken zur Verfügung.
Bei städtischen Bauvorhaben nutzt E26 in seiner Funktion als Bauherr und Auftraggeber regelhaft die Objektdatendank des BKI zum Abgleich der von den externen Architekten und Ingenieuren vorgelegten Kostenplanungen.
Die Betrachtung alleine der Baukosten als Investition während der Errichtungsphase des Gebäudes greift allerdings zu kurz:
nach gegenwärtig vorherrschender Meinung misst sich die Wirtschaftlichkeit an den sog. „Lebenszyklus-kosten“. Nur etwa 15% der Gesamtkosten eines Gebäudes machen die Investitionskosten in der Errichtungs-phase aus. 85% der Kosten fallen während der Betriebs- und Nutzungsphase an.
D.h.: Wirtschaftlichkeit muss Bau- und Nutzungskosten berücksichtigen. Neben den Instandhaltungs- und Reinigungskosten spielen in Zukunft insbesondere die Energiekosten die entscheidende Rolle. Die Kosten für Energie aus nicht erneuerbaren Quellen steigen stetig. Damit werden Ausgaben für die Einsparung an Energie langfristig immer wirtschaftlicher.
Die Untersuchungsergebnisse dieser Vorlage belegen und stellen dar:
- Die städtischen KiTa-Bauten bewegen sich in den Bauwerkskosten innerhalb des vom BKI vorgegebenen Kostenkennwert-Spektrums. In Aachen wird im bundesweiten kommunalen Vergleich nicht zu „teuer“ gebaut – trotz „Aachener Standard“ und trotz architektonischem Anspruch!
- Die Diskussion um den „Aachener Standard“ ist eine Vergangenheitsdiskussion:
ab dem 01.01.2016 tritt die EnEV 2014 in Kraft und fordert um 25% verbesserte Energieeinsparungswerte. Zusätzlich sind alle öffentlichen Gebäude ab dem 01.01.2019 - also in knapp 3 ½ Jahren - als Niedrigst-, Null- oder Plusenergie-Gebäude (NN+E) zu errichten.
Städte und Kommunen bereiten sich darauf vor; Plusenergie-KiTa’s und -schulen sind woanders längst Realität! Auch Aachen muss sich nach diesem neuen Standard ausrichten.
- Durch moderat erhöhte Baukosten (8-12%, mit stark sinkender Tendenz) für „energieeffiziente“ Gebäude kann der kommunale Haushalt langfristig entlastet und gleichzeitig das finanzielle Risiko im Zuge steigender Energiepreise weitgehend reduziert werden.[1]
- Die Flächen- und Raumempfehlungen des LVR haben sich bewährt. Diese gelten im Vergleich keineswegs als „überzogen“. Kostentreibende Faktoren sind dort nicht erkennbar.
- Die hohe Regelungsdichte öffentlicher Bauvorhaben[2] erzeugt sowohl bei öffentlichen Bauherrn und Auftraggebern, als auch bei Auftragnehmern hohe Aufwände und führt nicht grundsätzlich zu höherer Qualität. Die Beherrschbarkeit nimmt ab, die Risiken, z.B. gegen Vergaberegularien zu verstoßen nehmen zu. Auch die Risikoanalysen zu Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung von potenziell möglichen (schadensersatzträchtigen) Vergabebeschwerden z.B. hinsichtlich der Unternehmereinsatzformen (Einzelvergaben > < Gesamtvergabe/ GU) können sich bei den Vergaberechtsspezialisten unterscheiden (Beispiel: Stadt AC > < StädteRegion).
- Alternative Bauweisen wie z.B. Modul- oder Systembauten gelten allgemein als instandhaltungsaufwändig und nur dann als wirtschaftlich, wenn
- kurze Nutzungszeiten erwünscht sind (Interimsbauten, max. Nutzungsdauer: 5-10 Jahre),
- vor Ort annähernd gleiche Nutzer- und Bedarfsträger-Konzepte gelten, wenig bis keine Anpassungen / Flexibilisierungen erforderlich werden, oder
- so viele Grundstücke annähernd gleicher Beschaffenheit, Ausrichtung, Größe und Boden-verhältnisse zur Verfügung gestellt werden können, dass nicht kostenintensiv umgeplant werden muss und der Planungskosten (Honorare) sparende „Wiederholungsfaktor“ tatsächlich eintritt (kritische Anzahl: 5).
Hierbei ist auf die gesetzlichen Standards und die Lebenszykluskosten (z.B. Instandhaltungskosten) zu achten.
- Öffentliches Bauen ist komplexer geworden: die Ausdifferenzierung von geforderten Spezialaufgaben führt zu zunehmender honorarwirksamer Beauftragung externer Sonderfachleute (Statik, Brandschutz, Bauphysik, Akustik, Gesundheitsverträglichkeit, Altlasten, Gutachter usw.). Der Kostenanteil der Baunebenkosten (KG 700) an den Gesamtkosten steigt stetig und liegt bereits bei rd. 25%, in Einzelfällen bei 30%.
Damit rückt die Frage in den Vordergrund, ob - außerhalb dieser Sonderaufgaben - bei kleinen, überschaubaren Bauvorhaben der Einsatz eigenen Personals Wirtschaftlichkeitsvorteile generiert. Bei Instandhaltungen, die ebenfalls zunehmend extern vergeben werden müssen, hat E26 dies bereits nachgewiesen.[3]
VORBEMERKUNG
Der Neu-, Um- und Erweiterungsbau sowie die Sanierung von Kindertagesstätten bleiben aktuelle Themen, die sowohl die Kommunen, deren Bauherren-Organisationen und städtische Haushalte, als auch die befassten externen Architekten, Ingenieure und Sonderfachleute vor große Herausforderungen stellen.
Kindertagesstätten sollen für Kinder gute, lernfördernde Bedingungen bieten, flexibel in der Raumnutzung sein, höchste Kriterien der Gesundheitsverträglichkeit, Hygiene und Unfallverhütung erfüllen, an Zielen der Energieeffizienz beispielgebend ausgerichtet sein, die neuesten baulichen und pädagogischen Standards berücksichtigen, kostenmindernd zu bewirtschaften sein und hohe gestalterische Maßstäbe als Ausdruck städtischer „Baukultur“ setzen – und zukünftig auch „inklusiv“ sein.
Dies alles ist nicht ohne den Einsatz der entsprechenden finanziellen Mittel umzusetzen!
Zwar ist die besondere kommunale Bauaufgabe der Erstellung von Kindertagesstätten weit weg von der Komplexität öffentlicher Großbauvorhaben, dennoch ist die Diskussion um die Kostenentwicklung auch beim KiTa-Bau berechtigt:
bundesweit wird nach Wegen gesucht, wie mit gleichem Mitteleinsatz ein „Mehr“ an KiTa errichtet werden kann oder für eine bestimmte Anzahl an Betreuungsplätzen weniger Finanzmittel verbraucht werden müssen:
das sog. „Bielefelder Modell“ und das „Reformmodell Frankfurt“ sind dabei im Blickpunkt.
Im Schwerpunkt der Bemühungen um Kostenreduzierung stehen:
- die Reduzierung von Flächen- und Raumstandards und baulichen Qualitäten,
- die Überprüfung der kommunalen Energiestandards,
- die Bauweise (modulare und Wiederholungs-Bauten, „Baukasten-Systeme“),
- die Unternehmereinsatzform (Einzelvergabe versus Generalunternehmer),
- Möglichkeiten der Reduzierung der Baunebenkosten,
- Möglichkeiten der Reduzierung der Regelungsdichte (Bürokratieabbau und „schlankere“ Verfahren).
Der Einstieg in eine baumaßnahmenspezifische, vergleichende Kostenuntersuchung führt bei den Baufachleuten schnell zu der Erkenntnis, dass ein genauer Blick und eine „saubere Methodik“ Not tun:
Welche Kosten werden dem Bauvorhaben zugeschlagen und dargestellt?
Wo werden Kosten verdeckt oder verschoben oder tauchen nicht auf?
Hier gibt es - trotz DIN 276 (Kosten im Hochbau) - im kommunalen Vergleich und bei einzelnen Bauvorhaben erhebliche Unterschiede, die die Maßstäbe verzerren und dem Nichtfachmann die Möglichkeit erschweren, tatsächlich in den direkten Vergleich zu treten.
Kostentransparenz sieht anders aus; Grundlage jeglicher Vergleichbarkeit ist die Vollständigkeit einer Kostendarstellung!
Aus diesem Grunde erhebt das Baukosteninformationszentrum der deutschen Architektenkammern (BKI) in erster Linie nur die direkt vergleichbaren sog. „Bauwerkskosten“ der Kostengruppen 300 (Baukonstruktion – Hochbau) und 400 (Baukonstruktion – Technische Gebäudeausrüstung) und setzt damit auch fachlich Maßstäbe zur Vergleichbarkeit, die es zu beachten gilt.
Zudem setzt sich endlich die Erkenntnis durch, dass die reinen Baukosten eines Bauvorhabens oft weniger als 15 % der Gesamtkosten – unter Einbezug der Nutzungs-/ Betriebskosten über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes – darstellen. Das heißt:
für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einer Baumaßnahme muss die Gesamtperspektive der Bau- und der Betriebskosten über die gesamte Nutzungsdauer eines Gebäudes zwingend in den Vordergrund rücken. Dabei werden durch die stetige Verteuerung fossiler Energieträger Investitionen in Energieeinspartechnik zum entscheidenden Faktor.
Die Diskussion um die Wirtschaftlichkeit einer Baumaßnahme steht zusätzlich bei Kindertagesstätten unter einem besonderen Fokus und starker Beobachtung:
KiTa‘s gelten als „Wiege der Demokratie“, als „Orte, die Menschen früh prägen“ und als „Dritter Pädagoge“. Dies stellt sofort klar, dass bei allem Willen zu Einsparungen gerade hier spezielle Verantwortungskriterien gelten. Zu Recht wird auf die Wechselwirkung von Pädagogik und Architektur verwiesen.
Das städtische Gebäudemanagement trägt als Nachfrager von Bauleistungen eine große Verantwortung. Gerade im Zuge immer knapper werdender öffentlicher Kassen müssen Steuergelder zielgerichtet und zukunftsfest eingesetzt werden. Dies beinhaltet auch die Gewähr, dass die öffentlichen Ausschreibungsverfahren richtig angewandt werden sowie Angebotsbewertung, Überwachung und Abwicklung des Bauablaufs fachgerecht erfolgen.
Hier arbeitet E26 vertrauensvoll mit der von den operativen Baudienststellen abgesetzten Zentralen Vergabestelle der Bauverwaltung (B03) zusammen. Zusätzlich werden die Verfahren vom FB 14 Rechnungsprüfung als unabhängige Prüfinstanz konstruktiv-kritisch begleitet.
Allerdings führen die Fülle an Formalitäten, zu erbringenden Erklärungen, Nachweisen, Bescheinigungen und Referenzen sowie unvollständige, fehlerhafte oder unklar formulierte Vergabeunterlagen fast zwangsläufig zu erheblichen Aufwänden für Auftraggeber und Auftragnehmer. Selbst ein „fachkundiger Bauherr“ verzweifelt oft an der kaum überschaubaren Regelungsdichte der Gesetzgeber. Die nicht abreißende Fachdiskussion um die „Binnenmarktrelevanz“ und die Anwendung baufremder, z.B. sozialer Kriterien bei Ausschreibungen für Bauleistungen nach „Tariftreue- und Vergabegesetz“ haben diese Verzweiflung eher verstärkt.
Neben der Gefährdung der Bauqualität können Fehler im Vergabeverfahren bei berechtigten Vergabebeschwerden einen nicht unerheblichen volkswirtschaftlichen Schaden verursachen.
Gerade deshalb sehen sich E26 und B03 gemeinsam als Garanten für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften!
All dies ist Anlass genug für das städtische Gebäudemanagement Aachen, die eigene Position beim Thema „Kita-Bauten“ zu überprüfen und kritische Fragen zu stellen - in der Gewissheit, dass Haushaltsspielräume – auch über die Wahlperiode hinaus für künftige Generationen - nur durch die starke Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in der Langfristbetrachtung erhalten bleiben.
Mit vorliegendem Bericht leistet E26 einen Beitrag zum aktuellen Stand der Baukosten-Diskussion bei der Errichtung von Kindertagesstätten, stellt sich in den kommunalen Vergleich, zieht Erkenntnisse aus den Untersuchungsergebnissen und wirbt darum, die notwendige Seriosität der Bewertung von „Baukosten“ über fachlich berechtigte, anerkannte Bewertungs-Kriterien und –Methoden zu sichern – letztlich um „Äpfel mit Äpfel“ zu vergleichen.
1.Grundlagen des Kindertagesstätten-Baues in Aachen
1.1Die gesetzliche Grundlage und der daraus abgeleitete Auftrag
Seit dem 01.08.2013 haben Kinder ab Vollendung des ersten bis zum dritten Lebensjahr gem. § 24 SGB VIII einen einklagbaren Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege.
Zur Erfüllung dieses Anspruches hat die Stadt Aachen frühzeitig ein umfangreiches Bauprogramm von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten (NUE-Bauten) von Kindertagestätten aufgelegt.
Auf Grundlage des Beschlusses des Kinder- und Jugendausschusses vom 29.11.2011 wurde das städtische Gebäudemanagement vom Bedarfsträger, dem Fachbereich Kinder, Jugend, Schule (FB 45) beauftragt, im Rahmen von „Machbarkeitsstudien“ die Möglichkeiten zu klären, den Betreuungsmehrbedarf durch NUE-Bauten auf städtischen Grundstücken zu decken und dazu im Vorfelde die notwendigen Voruntersuchungen durchzuführen.
Das daraus erwachsene „U3-Programm“[4] umfasst insgesamt 21 Bauvorhaben mit einem Gesamt-volumen i.H.v. ca. 20 Mio. EUR, im Zeitraum 2012-2016, davon:
- 4 Neubauten,
- 3 größere Erweiterungsbauvorhaben und
- 14 Umbaumaßnahmen.
Dabei ist es gelungen, diverse Förder- und Sonderprogramme von Bund und Land zum U-3-Ausbau i.H.v. 1,9 Mio. € einzubinden.
Um dem stetig wachsenden Bedarf an U3 Plätzen gerecht zu werden, müssen auch in den kommenden Jahren weitere KiTa-Neubauten errichtet und der Bestand erweitert und umgebaut werden.
1.2Kommunale Grundlagen - Wie bauen wir in Aachen?
Projekte werden am Anfang gewonnen: um
- Planungs- und Abstimmungsprozesse zu beschleunigen,
- verbindliche bauliche oder energetische Qualitätskriterien zu sichern,
- die Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligter zu optimieren,
- den Ressourcen-Einsatz zu minimieren und
- bereits am Anfang einer Projektierung, also im Bauablauf dort, wo am einfachsten und mit größtem Erfolg „gespart“ werden kann, Wirkung zu erzielen,
sind die Kommunen dazu übergegangen, klare Leitlinien und Handlungsanweisungen für die Bedarfsermittlung, die Planung und Ausführung und für die baulichen und energetischen Standards vorab zu definieren und den externen Architekten, Ingenieuren und Sonderfachleute bereit zu stellen.
Aachen tat dies 2010[5] mit Einführung der „Planungsanweisungen für städtische Gebäude – Neubauten, Sanierungen und Erweiterungen, die den sog. „Aachener Standard“ für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten, sowie für große Sanierungsbauvorhaben vorgaben.
Aktualisiert wurden diese Planungsanweisungen 2013 als „Aachener Planungsbausteine – Leitlinien zum nachhaltigen Bauen kommunaler Gebäude“.
Ergänzung fanden diese Grundlagen speziell für den Bau von Kindertagesstätten mit der Planungshilfe „Kindertagesstätten – Leitfaden und Ausstattung“ aus 04/2012 im Rahmen der Vorbereitungen zum U3-Programm.
1.2.1„Aachener Planungsbausteine“ – Leitlinien zum nachhaltigen Bauen kommunaler Gebäude
Ziel der „Aachener Planungsbausteine“ (Stand: 2013) ist die Definition und Vorgabe verbindlicher Qualitätskriterien, sowohl für Neubau- als auch für Umbau- und Sanierungsmaßnahmen. Sie dienen als Unterstützung für alle am Bauprozess städtischer Gebäude Beteiligte sowie vor allem zur Entwicklung eines an Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit orientierten Gebäudebestandes. Die drei Säulen wirtschaftlichen und nachhaltigen Bauens sind die
- Ökonomie
- Ökologie und
- soziale und kulturelle Belange.
Die Planungsbausteine stellen zur Errichtung nachhaltiger kommunaler Gebäude folgende Planungsgrundsätze in den Vordergrund:
- Bedarfsklärung und -hinterfragung,
- Optimierung des Raumprogrammes,
- Beachtung der Auswirkungen des Grundstücks,
- Optimierung des Gebäudeentwurfs,
- Nutzungsdauern von Bauwerken,
- Dauerhaftigkeit von Baustoffen und Bauteilen,
- Optimierung der Bauteilgeometrie,
- Einsatz gesundheitsverträgliche Baustoffe.
- geringe Schadstoffbelastung der Baustoffe/ -teile,
Hinzu kommen weitere Grundsätze, die zu beachten sind:
- die Erfüllung der funktionellen Anforderungen und
- die architektonische Gestaltung als Grundlage einer positiven Identifikation der Nutzer und des Umfelds mit dem Gebäude.
Zugegeben: nicht immer können alle Planungsgrundsätze gleichzeitig oder mit gleicher Gewichtung eingehalten werden - insbesondere dann nicht, wenn Grundstück und Baugrund dies nicht zulassen. Bauen heißt auch Schwerpunkte setzen und Kompromisse schließen.
Wichtig jedoch bleibt: das städtische Gebäudemanagement E26 als sog. „Fachkundiger Bauherr“ bleibt in der Funktion und sieht sich aktiv in der Rolle des Garanten für den wirtschaftlichen Mitteleinsatz!
1.2.2Der „Aachener Standard“ – Übergeordnete Rahmenbedingungen und Wirtschaftlichkeit
Mit Beschlüssen des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz und des Planungsausschusses von 03/2010, sowie des Betriebsausschusses Gebäudemanagement von 04/2010 die Planungsanweisungen für städtische Gebäude einschl. des sog. „Aachener Standards“ bei allen NUE- und großen Sanierungs-Bauvorhaben zu berücksichtigen, trägt die Stadt Aachen ihren Teil der Verantwortung auf kommunaler Ebene im Bemühen, die politisch beschlossenen nationalen Klimaschutzziele zu erreichen.
Auch der Arbeitskreis Energieeinsparung des Deutschen Städtetages (jetzt: AK Energiemanagement) empfahl damals (06/2010) in seinen „Hinweisen zum kommunalen Energiemanagement“:
„Oberster Planungsgrundsatz bei allen kommunalen Bauvorhaben ist es, die Summe aus Investitions-, Betriebs- und Folgekosten über die Lebensdauer der Gebäude zu minimieren.
Ein einheitliches, an den Zielen „Energieeinsparung“ und „Energieeffizienz“ orientiertes Verwaltungshandeln kann durch Energieleitlinien ermöglicht werden. … Ein Beschluss im Rat oder der Stadtverordnetenversammlung der Kommune unterstreicht die Bedeutung dieses Regelwerkes.“[6]
Zur Erinnerung:
Der öffentliche Hochbau ist auf dem Weg zum Niedrigst-, Null- oder Plusenergiegebäude! Auch kommunale Gebäude werden über die gesetzlichen Neuregelungen in Zukunft „klimaneutral“ geplant und gebaut.
Abbildung 1: Die kommunale Zukunft – Plusenergie –
KiTa's, in zahlreichen Städten bereits Realität
Erste gesetzliche Grundlagen sind geschaffen:
die neugefasste Europäische Gebäuderichtlinie 2010 fordert von den Mitgliedsstaaten die Gewährleistung, dass
- ab 2021 alle privatwirtschaftlichen
Neubauten sowie
- ab 2019 alle neu erbauten öffentlichen
Gebäude
als Niedrigstenergie-Gebäude errichtet werden.[7]
Mit der am 03.07.2013 in Kraft getretenen vierten Änderung des Energie-Einspar-Gesetzes (EnEG) wurde die EU-Richtlinie in geltendes nationales Recht umgesetzt.[8]
Die daraus abgeleitete Novellierung der Energie-Einspar-Verordnung (EnEV) hat die Änderungen aufgenommen und konkretisiert und trat am 01.05.2014 in Kraft:
Neubauten müssen nun bereits ab 01.01.2016 den energetischen Standard der EnEV 2009 um 25%
unterschreiten
Damit nähert sich der gesetzlich vorgeschriebene energetische Standard dem „Aachener Standard“ an und senkt diesen dann annähernd in die bauliche Normalität.
Um es deutlich zu sagen: die Diskussion um die Notwendigkeit des „Aachener Standards“ ist nach hinten gewandt und verkennt die eigentliche Herausforderung der Zukunft!
Aachen verliert am 01.01.2016 seine Vorreiterrolle und Vorbildfunktion, während andere Städte vorbeiziehen und längst die Planung und Errichtung von Niedrigst-, Null- oder Plusenergie-KiTa's (NN+E-Bauten) noch vor dem 01.01.2019 vorantreiben – um jetzt das fachliche Know-How zu sichern!
Gleichzeitig erwächst daraus für das städtische Gebäudemanagement in seiner Rolle als fachkundiger öffentlicher Bauherr die Notwendigkeit, endlich erste Erfahrungen und Fachkunde mit den die Zukunft prägenden NN+E-Standard zu sammeln.
Dafür ist E26 auch gut aufgestellt und steht „in den Startlöchern“.
Auch wirtschaftlich ist dies nicht nur vertretbar, sondern aus der Lebenszyklusbetrachtung die zwingende Konsequenz:
Der neue NN+E-Standard führt nach neuesten Forschungsstudien zu 8-12 % mehr Kosten – mit sinkender Tendenz.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit führt in 01/2014 nach Untersuchungen zu „nachhaltig“ erbauten Unterrichtsgebäuden (Schulen) aus:
„Ein nach den Anforderungen der EnEV ausgeführtes Referenzgebäude („Standardvariante“) ist in der Herstellung etwa 10% günstiger, als die tatsächlich ausgeführte Variante mit erhöhten Anforderungen an ein Plusenergiegebäude.
Die laufenden Betriebskosten sind dagegen in der Standard-Variante um 66 % höher.
Auf den Lebenszyklus bezogen muss bei der Standardvariante von etwa 21% höheren Gesamtkosten ausgegangen werden.
So wird durch moderat erhöhte Baukosten der kommunale Haushalt langfristig entlastet und gleichzeitig das finanzielle Risiko im Zuge steigender Energiepreise weitgehend reduziert.
Auch ökologisch lohnt sich die Investition in mehr Qualität. In der Gesamtbilanz der Indikatoren wird die negative Umweltwirkung im Vergleich zur Standard-Variante halbiert, die Reduktion der CO2-Emissionen beträgt 77 %.“[9]
Diese Ergebnisse werden durch zahlreiche baubegleitende Forschungen verschiedener Institute gestützt.[10]
Für die notwendige „Neuausrichtung“ hat die Stadt Aachen keine 3 ½ Jahre Zeit!
Die Betriebsleitung des E26 sieht den dringenden Handlungsbedarf, den Aachener Standard auf die zukünftigen gesetzlichen Notwendigkeiten neu auszurichten und erste Modell-Bauvorhaben mit den zukünftigen NN+E-Standards „jetzt“ zu planen und zu errichten, will die Stadt Aachen nicht von der allgemeinen baulichen und energetischen Entwicklung abgehängt werden.
1.2.3„Kindertagesstätten – Leitfaden und Ausstattung“
Im Sinne einer umweltfreundlichen, nachhaltigen und energieeffizienten Errichtung oder Sanierung von Kindertagesstätten wurden alle in diesem Zusammenhang notwendigen Informationen, Vorgaben, Bindungen und Bestimmungen in dem Raumbuch „Kindertagesstätten – Leitfaden + Ausstattung“ (Stand April 2012) zusammengefasst:
- Definition Kindertagesstätte,
- Allgemeine Anforderungen,
- Bauelemente,
- Raumausstattung/ feste Einrichtung
- Ausstattung Außenanlagen.
Insofern stellt dieser Leitfaden eine spezifizierte Ergänzung der Aachener Planungsbausteine dar. Er soll Architekten und Ingenieure beim Bau und bei der Sanierung von Kindertagesstätten frühzeitig durch verbindliche Vorgaben und Qualitätskriterien unterstützen und Hilfestellung bei der Lösung der Aufgabe sein.
1.3Fragen und Antworten
Die bisher fertiggestellten Kitas werden aufgrund ihrer hohen Qualitäten, Gebrauchsfähigkeiten und insbesondere der räumlichen und kindgerechten Konzeptionen beim Bedarfsträger und den Nutzern sehr positiv aufgenommen.
Auch E26 als Betreiber und Eigentümer ist aufgrund der Langzeit-Wirtschaftlichkeit, der geringen Ressourcenverbräuche und der Instandhaltungsfreundlichkeit von den Neu-, Um- und Erweiterungsbauten baufachlich überzeugt.
Dahinter steht die bisher vom Bedarfsträger und der Politik mitgetragene Überzeugung, dass hochwertige, energieeffiziente, im Lebenszyklus wirtschaftliche und auch städtebaulich „wertvolle“ Architektur dem Menschen, der Umwelt und dem städtischen Haushalt langfristig am meisten dient. Gute Gebrauchsarchitektur muss nicht „teuer“ sein!
Mit dieser Position steht Aachen nicht alleine und reiht sich ein in die Reihe der Kommunen, die weiterhin im Schwerpunkt auf die sog. „Architekten-Bauten“ setzen!
Allerdings müssen immer wieder - auch E26-intern - die Kosten kritisch hinterfragt und in den Vergleich gestellt werden. Dies ist wichtig und führt regelmäßig dazu, Kostenoptimierung als Standardaufgabe des „fachkundigen Bauherr“ zu betreiben und weiter zu professionalisieren – auch gegenüber den externen Architekten und Ingenieuren.
Tatsächlich werden in anderen Kommunen KiTa‘s billiger erstellt als in der Stadt Aachen (in weiteren Kommunen aber auch teurer) und somit in der Errichtungsphase weniger Investitionsmittel verbraucht.
Zur Beantwortung der Frage warum dies so ist und welche Auswirkungen dies hat, wurde innerhalb des Gebäudemanagements eine Arbeitsgruppe eingerichtet mit folgendem Auftrag:
- Vergleich Aachener Kitas mit denen anderer Kommunen mit Hilfe von Durchschnittswerten vergleichbarer Bauvorhaben.
- Untersuchung verschiedener Kosteneinsparungs-Modelle anderer Kommunen (Frankfurter Modell, Bielefelder Modell), deren Vorgehensweise, Lösungsansätze und Effektivität.
- Vergleich eines exemplarischen Aachener KiTa-Baus mit den von der StädteRegion Aachen mit geringeren Investitionsmitteln errichteten Baesweiler Kitas (hier aufgrund der Datenverfügbarkeit konkret die KiTa Mariastraße).
Diese Untersuchungen und Vergleiche sollen Antworten auf die Fragen geben….
- wie die Kosten der KiTa‘s der Stadt Aachen im Vergleich zu anderen Kommunen, die unter gleichen oder ähnlichen Voraussetzungen arbeiten liegen,
- ob als GU-Modell errichtete Kitas (wie z.B. StädteRegion) eine wirtschaftliche Handlungsoption für die Stadt Aachen sein können,
- wo die Unterschiede in den baulichen, technischen sowie energetischen Qualitäten liegen,
- welche Kriterien in Aachen „Wirtschaftlichkeit“ bestimmen (sollen) und
- welche Vergleichsmaßstäbe in der Kostenbetrachtung gelten (sollen).
Die zentrale Frage aber ist:
„Können und sollen die Erkenntnisse und eingeleiteten Maßnahmen aus den untersuchten „Reformmodellen“ auf die Stadt Aachen übertragen werden?“
Hierauf kann E26 in seiner Funktion „nur“ baufachlich und gebäudewirtschaftlich antworten und die Entscheider beraten.
2.Einführung in die Methodik des Kostenvergleichs und Problemstellung
Will man Kosten vergleichen muss man wissen, worüber man spricht!
Die DIN 276 „Kosten im Bauwesen – Teil 1: Hochbau“ gibt die Systematik der Kostendarstellung wider. Die Norm legt zentrale Begriffe der Kostenplanung und Unterscheidungsmerkmale der Kosten fest und schafft damit die Voraussetzungen für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse von Kostenermittlungen.
Die Ordnungsstruktur, nach der die Gesamtkosten eines Bauprojektes nach Kostengruppen unterteilt werden, ist die sog. „Kostengliederung“.
„Kostengruppen“ wiederum sind die Zusammenfassung einzelner, nach den Kriterien der Planung oder des Projektablaufes zusammengehörender Kosten.
Die Kostengliederung sieht drei Ebenen vor. Diese sind durch dreistellige Ordnungszahlen gekennzeichnet und werden fachinhaltlich immer detaillierter.
In der 1. Ebene der Kostengliederung werden die Gesamtkosten nach folgenden sieben Kostengruppen gegliedert:
Abbildung 2: Kostengruppen nach DIN 276, 1. Ebene
Die Kosten der Kostengruppen 300 und 400 bilden die sog. „Bauwerkskosten“.
Die der KG 200 bis 600 sind die „Baukosten“ im klassischen Sinne, nimmt man die KG 100 (Grundstück) dazu spricht man von den „Herstellungskosten“ (= KG 100-600).
Erst alle Kostengruppen einschl. der Baunebenkosten bilden die „Gesamtkosten“ (= KG 100-700)
In dieser ersten Ebene werden mit Kostenkennwerten[11] der sog. „Kostenrahmen“ (als Ergebnis der Lph 1 HOAI, Grundlagenermittlung) oder die „Kostenschätzung“ (als Ergebnis der Lph 2 HOAI, Vorplanung) erstellt.
Hierzu im Überblick die 2. Ebene der Kostengliederung nach DIN 276:
Abbildung 3: DIN 276, 2. Ebene
2.1Der Vergleich von Kostenkennwerten – methodischer Ansatz
In einem ersten Schritt werden die derzeit entstehenden Aachener Kitas mit denen anderer Kommunen verglichen. Hierzu wurden - wo immer möglich - Daten und Informationen zu folgenden Themen und Standards abgefragt:
- Investitionskosten, gegliedert nach den Kostengruppen der DIN 276, möglichst bis in die 2. Ebene,
- Planungskennwerte (Brutto-Grundfläche (BGF), Netto-Grundfläche (NGF), Brutto-Rauminhalt (BRI),
- Gruppenanzahl, Anzahl der Betreuungsplätze,
- energetische und qualitative Standards (niedrig, mittel, hoch), eventuell auch selbstgewählte über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende.
- Erstellungsjahr (Berücksichtigung Baupreisindexierung).
Aus den eingegangenen Informationen wurden diejenigen ausgewählt, die über ausreichenden Informationsgehalt verfügten und die sich als vergleichbar darstellten.
Während andernorts oftmals die Kosten je Betreuungsplatz als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, hat sich das in den Untersuchungen des Gebäudemanagements als nicht zielführend erwiesen: durch verschiedene U3-Gruppenzahlen und damit unterschiedlichen Betreuungsplätzen mit gleichem Flächenanteil werden die zu beurteilenden Planungsparameter sowie die Kosten verzerrt und nicht mehr vergleichbar.
Es wird daher im Wesentlichen die Relation der Herstellungskosten (= Gesamtkosten ohne Grundstück), sowie die der einzelnen Kostengruppen im Verhältnis zur Brutto-Geschoßfläche (BGF) betrachtet und verglichen. Dies erhält auch die Möglichkeit, einzelne Kosten mit statistischen Kennwerten, z.B. vom Baukosteninformationszentrum der deutschen Architektenkammern (BKI) - siehe auch Punkt 2.2 - zu vergleichen.
Es muss berücksichtigt werden, dass die Vergleichbarkeit immer nur bis zu einem gewissen Grad möglich ist:
nahezu alle betrachteten Objekte sind als Einzelobjekte Unikate, mit individuellen Faktoren, wie gerade Grundstücksgröße und -beschaffenheit, Anzahl der Geschosse, energetische oder qualitative Vorgaben, Marktsituation in der Region etc., die sich kostenmäßig auswirken und dabei nicht übertragbar sind auf andere Objekte.
Ein weiteres Problem bei der Vergleichbarkeit ist oftmals der nicht DIN-gerechte, unterschiedliche Umgang mit einzelnen Kostengruppen:
so werden bestimmte Kosten, z.B. Erschließungs- oder Entwässerungskosten DIN-widrig manchmal in KG 200 (Herrichtung und Erschließung), manchmal in KG 500 (Außenanlagen) erfasst, oder auch mehr oder weniger in die Rohbauarbeiten der KG 300 eingerechnet. Gleiches gilt auch für andere vorbereitende Maßnahmen, wie Abbrüche, Räumungen, Rodungen, Zwischenunterbringungen, etc., die manchmal im Budget in verschiedenen Kostengruppen erscheinen, manchmal aber auch nicht.
Auch das unterschiedliche Preisgefüge in den verschiedenen Regionen Deutschlands muss berücksichtigt werden.
Eine gewisse Ungenauigkeit liegt also in der begrenzt möglichen Anzahl der zu vergleichenden Objekte begründet, allerdings sind die Ergebnisse ausreichend präzise für die gewünschten Ergebnisse und Schlussfolgerungen.
Das heißt:
im Vergleich der kommunalen Kitas untereinander, die unter den gleichen Rahmen- und Vergabebedingungen individuell geplant und errichtet wurden und die gleiche oder ähnliche Qualitäts- und Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen, zeigt sich, dass die sog. „Bauwerkskosten“ (KG 300 + 400) insgesamt im gleichen Rahmen liegen.
Die Bauwerkskosten der Aachener Kitas liegen oft sogar im unteren bis mittleren Bereich!
Größere Unterschiede resultieren vor allem aus den Kostengruppen 200, 500 und 600, in denen indi-viduelle Faktoren der jeweiligen Beschaffenheit der Grundstücke, Außenanlagen, Erschließungssituationen, aber auch Anforderungen der Bedarfsträger die entscheidende Rolle spielen.
Wirklich entscheidend im Vergleich sind also die Kostengruppen 300 (Bauwerk - Baukonstruktionen) sowie 400 (Bauwerk - Technische Anlagen). Hier sind die Übereinstimmungen in den Kostenergebnissen noch auffälliger.
2.2Der BKI-Standard – eine Einordnung
2.2.1Definition
Das Baukosteninformationszentrum deutscher Architektenkammern (=BKI) wurde 1996 mit Sitz in Stuttgart als GmbH gegründet, um aktuelle Objekt- und Baukostendaten bereitzustellen und zielführende Methoden zu der Kostenplanung zu entwickeln und zu vermitteln.
Hintergrund war folgende Erkenntnis:
„Die Planung der Baukosten ist ein wesentlicher Bestandteil der Architektenleistung und nicht weniger wichtig als räumliche, gestalterische oder konstruktive Planungen.
Besonders den Kostenermittlungen in den verschiedenen Planungsphasen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Auf ihnen beruhen weitergehende Leistungen, wie Kostenvergleiche, Kostenkontrolle und Kostensteuerung.
Kostenermittlungen sind meist nur so gut wie die angewendeten Daten und Methoden. (…)
Wertvolle Erfahrungswerte liegen in Form von abgerechneten Bauleistungen oder Kostenfeststellungen in den Architekturbüros vor. (…)
Diese Erfahrungen qualifiziert zu dokumentieren, um sie für Folgeprojekte zu nutzen oder für andere Architekten nutzbar zu machen, erbringt als Dienstleistung das BKI.
Das BKI ist mittlerweile die zentrale Service-Einrichtung der Architekten in Deutschland.
Die Objekt- und Baukostendatenbank des BKI umfasst ganzheitliche, ständig erweiterte und aktualisierte Dokumentationen mehrerer tausend real abgerechneter Projekte zu Neubauten, Altbauten und Freianlagen.
Ein Vergleich mit den ausgewerteten Daten des BKI gibt somit wichtige Aufschlüsse über die Kostenplanung von Bauprojekten.
Das BKI beschränkt sich im Wesentlichen auf den Vergleich der Kostengruppen 300 und 400 und stellt von der Vergleichsmethodik fachlich klar, dass alle anderen Kostengruppen der DIN 276 aufgrund der Vielzahl von individuellen Objektspezifika nicht direkt in den Vergleich zu stellen sind.
Auf diese Weise werden Verzerrungen des Vergleichsmaßstabes ausgeschlossen.
Dies heißt auch:
durch den direkten Vergleich der Werte von Kostenrahmen/ Kostenschätzung der Aachener Kita-Bauvorhaben in den Kostengruppen 300 und 400 mit den eingestellten BKI-Werten und der zusätzlichen Einordnung der Qualität des baulichen Standards (hoch, mittel, niedrig) ist bereits ein Optimum an Vergleichbarkeit der Bauwerkskosten hergestellt!
E26 wirbt im Rahmen der Diskussion um Kostenvergleiche dafür, die fachlich geprägte und in der Fachwelt anerkannte Position, dass nur die Bauwerkskosten (KG 300 und 400) direkt vergleichbar sind, nicht außer Acht zu lassen bzw. anzunehmen, um nicht als „kommunale Insel“ von der Fachdiskussion abgehängt zu werden.
2.2.2Vergleichswertbestimmung
Der BKI-Kostenkennwert vergleichbarer Objekte (Stand 2014) liegt bei 1.480 bis 1.910 €/m² BGF für die KG 300 + 400. Folgender Auszug aus dem BKI-Katalog macht dies deutlich:
Abbildung 4: BKI-Kostenkennwert 2014 KiTa, nicht unterkellert, hoher Standard
Von den städtischen Kitas wird die KiTa Kalverbenden als Vergleichsobjekt gewählt, da diese
- als kompletter Neubau entsprechend vergleichbar ist,
- den architektonischen Anspruch und qualitativen Standard verdeutlicht und
- im Feld der 3 betrachteten Aachener Kitas kostenmäßig in der Mitte liegt.
Die KiTa Kalverbenden liegt mit 1.750 €/m² BGF im mittleren bis oberen Bereich des BKI Spektrums, dies ist neben dem energetischen Standard auch der Ausstattung, den schwierigen topografischen Bedingungen und der daraus abgeleiteten Gebäudeform geschuldet.
Andere KiTa-Neubauten der Stadt Aachen wie z.B. das Objekt Reimserstraße liegen mit 1586 €/m² BGF im unteren Bereich des Spektrums, die KiTa Passstraße als „Erweiterungsbau“ mit 2.036 €/m² BGF oberhalb des Spektrums.[12]
Folgende Übersicht macht dies deutlich:
Wie im vorhergehenden Abschnitt erläutert wurde, sind die Bauwerkskosten der KiTa‘s auch in anderen Kommunen gleich oder ähnlich hoch und natürlich wird auch dort intensiv über Mittel und Wege zur Kostensenkung nachgedacht.
Nachfolgend werden daher zwei Konzepte vorgestellt, die mit unterschiedlichen Ansätzen versuchen, Lösungswege zur Kostenersparnis aufzuzeigen und zu beschreiten.
3.Die KiTa‘s anderer Kommunen (ein Vergleich ähnlicher Standards)
3.1Das Frankfurter Modell – ein mehrstufiges Einsparkonzept?
Frankfurt ist seit vielen Jahren auf der Suche nach durchschlagenden Kostenreduzierungs-Möglichkeiten im Bereich des KiTa-Baues.
Bereits im Jahr 2009 hatte die Stadt Frankfurt einen Architektenwettbewerb „Baukastensystem Kindertageseinrichtungen“ ausgelobt. Die Wettbewerbsaufgabe beinhaltete die Planung eines standardisierten Baukastensystems für die Kindertageseinrichtungen in Frankfurt. Formuliert war ein Grundtypus, welcher in seiner seriellen Fortführung in verschiedenen Gruppierungsvarianten ausgeführt werden kann und auf mehreren Grundstücken realisierbar sein sollte.
Durch dieses Baukastensystem sollte eine Rationalisierung in Planung und Bau, eine schnelle Realisierung, Wirtschaftlichkeit sowie die Anpassung an unterschiedliche örtliche Verhältnisse ermöglicht werden.
In den Jahren 2010 – 2014 wurden einige KiTa-Neubauten nach Entwürfen aus diesem Wettbewerb umgesetzt.
Die erhofften Kosteneinsparungen traten jedoch nicht ein!
Die Rahmenbedingungen allerdings erfordern in Frankfurt schnellstmögliches Handeln: laut KiTa-Entwicklungsplan von Anfang 2014 rechnet die Stadt nun mit einem Zuwachs bei den unter Dreijährigen von jährlich 300 Kindern; bei den über Dreijährigen sogar mit 400 Kindern pro Jahr.
Daher wurde nach weiteren kostensenkenden Faktoren gesucht. Als maßgeblich für die Höhe der Kosten wurden ausgemacht:
- das „Modellraumprogramm Frankfurt“ von 2009,
- die lange Bauzeit,
- die Bauweise,
- der hohe bauliche und energetische Standard als Passivhaus.
Auf den Prüfstand kam das alte Konzept aus dem Jahr 2009, nachdem das Revisionsamt 2012 die hohen Gesamtkosten für neue KiTa‘s angemahnt hatte. Ein Vergleich mit anderen Bauprojekten in Deutschland hatte ergeben, dass das Raum- und Flächenprogramm in Frankfurt deutlich größer ausfielen als in anderen Städten.
In Frankfurt betrugen die Kosten zur Erstellung 6-gruppiger KiTa‘s in der Vergangenheit ca. 4,5 Mio. €, auf 5 Gruppen umgerechnet ergeben sich ca. 3,6 Mio. €.
Gleichzeitig erstellte der evangelische Regionalverband, ebenfalls im Raum Frankfurt, mehrere in Größe und Ausstattung vergleichbare Kitas für je ca. 3,0 Mio. €. Dies führte in Politik und Verwaltung zu vielfältigen Überlegungen und Diskussionen über weitere, neue Einsparungs- und Optimierungsansätze.
Eine neue Arbeitsgruppe „Optimierung des KiTa-Baumanagement“ wurde im Februar 2014 von der sog. „Reformkommission“ gebildet mit dem Ziel, möglichst schnell neue KiTa-Plätze zu schaffen und hierbei die Balance zwischen qualitativ hochwertigem und kostengünstigem Bauen zu wahren.
Die Arbeitsergebnisse sollten einfließen bei der Errichtung von 9 weiteren KiTa‘s.
3.1.1Die Reduzierung von Flächen und Raumprogrammen
In einem ersten Schritt wurde ein verbindliches neues Raumprogramm entwickelt mit dem Ziel, die Baukosten einzuschränken, ohne die Funktionalität der Gebäude zu beeinträchtigen oder die Bewegungsräume der Kinder einzuschränken. Das vorgelegte modifizierte Raumprogramm macht klare und verbindliche Angaben zu Anzahl und Größe der Räume in zukünftigen KiTa-Neubauten.
Einsparungen sollen beispielsweise durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
- Zusammenfassung von jeweils einem Sanitärbereich für zwei Gruppenbereiche möglich,
- Reduzierung der Gruppenbereiche von 75 auf 70 m²,
- Reduzierung des Integrations- und Elternraums von 45 auf 25 m² (Doppelnutzung),
- Reduzierung des Raumes für pädagogisches Material von 16 auf 15 m²,
- Neudefinition von Garderobenflächen sowie Raum für Kinderwagen,
- Festlegung der Verkehrsflächen auf max. 35% der Nutzfläche.
Erwähnt werden muss an dieser Stelle, dass das Frankfurter Raumprogramm von 2009 größere Flächenbedarfe definiert hatte, als gesetzlich vorgeschrieben war. Dieser Bedarf wurde jetzt auf einen Standard reduziert, der andernorts - so auch in Aachen - bereits Standard ist.
In NRW gelten die Vorgaben des LVR[13] - als „Gemeinsame Empfehlungen der Landesjugendämter des LVR und des LWL“ formuliert - mit definierten Flächenangaben zu den einzelnen Nutzungen.
Ein „Frankfurter Weg“ mit deutlichem Schwerpunkt von weiteren Flächenreduzierungen ist daher diesbezüglich ohne direkte Einbindung des LVR nicht möglich und dessen Ziel in Aachen bereits erreicht.
3.1.2Die Optimierung von Bau- und Energiestandards.
Über die Flächenansätze hinaus wurden weitere Einsparpotentiale identifiziert:
so wurden in Frankfurt bislang ca. 500.000 € je KiTa in die Außenanlagen investiert. Deren Gestaltung soll zukünftig optimiert und einige Baustandards neu definiert und an die Nutzung von KiTa‘s angepasst werden.
Darüber hinaus hat man den Beschluss gekippt, der die Passivhausbauweise als energetischen Standard vorgab und diesen ersetzt durch einen Wert, der die EnEV 2009 um ca. 30% unterschreitet.
Die Reformkommission Frankfurt schlägt also vor, vom starren Festhalten am Passivhausstandard Abstand zu nehmen und so zu agieren, wie es Aachen bereits seit 2010 tut!
3.1.3Einsparung durch Wiederholungsfaktoren
Entwürfe des Frankfurter Architekten Ferdinand Heide, der für den „Evangelischen Regionalverband“ mehrere baugleiche Kitas preiswerter errichtet hat als die städtischen Kitas, wurden vom Frankfurter Hochbauamt (HBA) auf ihre Eignung geprüft.
Zur Umsetzung der genannten Ziele wurde dessen Ansatz einer modularen Bauweise gewählt in Verbindung mit einem Höchstmaß an Standardisierung zur Beschleunigung und Kosteneinsparung, ohne dass damit qualitative Einschränkungen oder Nachteile pädagogischer Art verbunden sein sollen.
Aufgrund der hohen Anzahl der notwendigen Betreuungsplätze zeichnete sich ab, dass plausibel eine serielle Bauweise entwickelt werden kann (kritische Masse: 5 KiTa’s).
Das HBA Frankfurt rechnet bei einer gebündelten Vergabe größerer Auftragspakete mit einer Einsparung von 5% der Kosten der Bauwerkskosten (KG 300 + 400). Die Architektenhonorare werden bei gleichen Wiederholungsentwürfen für die erste Ausführung voll und für die 1. – 4. Wiederholung zu 50 % bezahlt.
Da das HBA eine eigene Planungsabteilung hat und das Personalkonzept danach ausgerichtet ist, bei NUE-Bauten die Bauüberwachung bei Bedarf in Eigenerledigung erbringen zu können, kann auch in der Ausführungsphase die auf die Architektenhonorare anfallende Umsatzsteuer eingespart werden.
Ein solches Konzept geht dann auf, wenn die zur Verfügung stehenden Grundstücke ohne kostenträchtige Herrichtung und Anpassung für den Serienentwurf dies zulassen. Im vorliegenden Fall in Frankfurt wurden sechs geeignete Grundstücke gefunden.
Nach den ersten Planungen sollen die Kosten der so entwickelten KiTa‘s je 3,6 Mio. € betragen anstatt 4,5 Mio. €.
Nachdem bisher die KiTa‘s konventionell als individuelle „Architekten-Bauten“ geplant und in Einzelvergaben an örtliche und regional ansässige Betriebe vergeben wurden, werden die künftigen 6 KiTa‘s in gebündelter Ausschreibung an ein international agierendes Bauunternehmen (Züblin) als Generalunternehmer beauftragt.
Damit soll erreicht werden, dass sich sechs KiTa‘s mit den Investitionsmitteln von bisher vier KiTa‘s bauen lassen - so der Plan.
Anfang und Ende Juli 2015 erfolgten die Baubeginne für die ersten zwei Modulbau-KiTa’s.
3.1.4Ausblick und Schlussfolgerungen
Die aktuellen Maßnahmen der Reformkommission Frankfurt hier noch einmal im Überblick:
Abbildung 5: Reformmaßnahmen Frankfurt 2014 und Vergleich Aachen
Da die genannten KiTa-Baumaßnahmen noch nicht fertig gestellt wurden, kann die Wirkung der beschriebenen Maßnahmen noch nicht beurteilt werden.
E26 hat mit dem HBA Frankfurt Kontakt aufgenommen. Nach aktuellen Aussagen ist das Risiko hoch, dass die wesentlichen Einsparpotentiale durch sich ändernde Umstände wieder zunichte gemacht werden und so die erhofften Kostensenkungen nicht in Gänze eintreten:
so müssen insb. aus grundstücks-, gelände- und erschließungstechnischen Gründen die Kitas individuell angepasst werden, was dazu führt, dass der Wiederholungsfaktor in der Planung und die wirtschaftlichen Synergien in der Ausführung nicht zum Tragen kommen.
Nach aktuellen Angaben und Erst-Einschätzungen des HBA Frankfurt werden die Baukosten der zukünftigen KiTa's voraussichtlich in ähnlicher Höhe liegen, wie die der bisherigen KiTa's.
Allerdings lohnt es sich, die weitere Entwicklung zu verfolgen.
Der für 2015 angekündigte Abschlussbericht der Frankfurter „Reformkommission“ liegt noch nicht vor – allerdings gibt es einen unveröffentlichten Zwischenbericht.
3.2Das Bielefelder Modell – eine “Zukunfts-KiTa“?
3.2.1Bauherr und Bauaufgabe
Die Stadt Bielefeld stand - wie alle anderen Kommunen - aufgrund des gesetzlich geschaffenen Anspruchs auf einen U3-KiTa-Platz ab 01.08.2013 vor der Aufgabe, in kurzer Zeit KiTa-Plätze zu schaffen.
Im Januar 2012 wurde in Bielefeld der schrittweise Ausbau von 1.000 Betreuungsplätzen in Kindertagesstätten beschlossen.
Die „Bielefelder Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft mbH“ (BGW) wurde von der Stadt Bielefeld, die zu 75% deren Gesellschafter ist, beauftragt, ein entsprechendes Umsetzungs-Programm zu entwickelt und 560 Betreuungsplätze bis zum Sommer 2014 in 9 freistehenden, überwiegend 3-gruppige Neubau-Kitas bereit zu stellen, die anschließend von der Stadt Bielefeld angemietet werden sollen selbst zu erstellen.
Hierzu entwickelte die BGW das Konzept der „Zu-
kunftskita“, welches mittlerweile bundesweit ver-
marktet wird.
Die BGW als GmbH gilt nach interner juristischer
Prüfung nicht als „öffentlicher Auftraggeber“ und
setzte dieses Bauprogramm in Höhe von ca. 11
Mio. € ohne Berücksichtigung öffentlicher Verga-
beverfahren um.
Passend zugeschnittene und mit städtischen Fi- Abbildung 6: Bild aus Werbeflyer der "Zukunftskita"
nanzmitteln vorab hergerichtete Grundstücke wur- den von der Stadt Bielefeld zur Verfügung gestellt.
Abbildung 6: Bild aus Werbeflyer der
"Zukunftskita" der BGW 2015
3.2.2Baukonzept
Das Grundkonzept der Kita-Planungen basiert auf einer modularen Bauweise, mit der Räume für drei Gruppen - zwei altersgemischte, sowie eine U3 Gruppe - jeweils realisiert werden. Das kompakt geplante Gebäude ist 2-geschossig, ohne Keller und mit einem Flachdach gestaltet.
Die Bruttogeschossfläche beträgt ca. 710 m² bei einer Hauptnutzfläche von ca. 565 m².
Die Flächenwerte liegen somit an der unteren Grenze der vorgegebenen Richtwerte für 3-gruppige Kitas, erfüllen somit die Vorgaben des LVR.
Im Unterschied zu den Aachener Kitas sind für drei Gruppen lediglich 2 Sanitärbereiche konzipiert, einer mit Anbindung an die U3-Gruppe.
Auch in Bezug auf die Ausstattungen wird ein Minimalkonzept verfolgt, dass bei Bedarf durch optional angebotene Verbesserungen - kostenerhöhend - ergänzt werden kann. Im Grundmodul wird beispielsweise eine Küchenkonzeption (ohne Einrichtung) angeboten, die mit niederschwelligen Hygieneanforderungen und relativ geringem Personalaufwand für das sogenannte „Cook & Serve“-System, also für die Warmanlieferung des anderweitig vorbereiteten Mittagessens geeignet ist. Optional werden Varianten angeboten z.B. für die „Cook & Chill“- Variante, bei der kalt angeliefertes Essen vor Ort aufgewärmt wird.
Der größere Flächenbedarf und die höheren Anforderungen an Ausstattungen und Hygiene führen auch dann zu höheren Kosten.
Die Eignung für Behinderte ist durch ein Behinderten-WC, durch entsprechende barrierefreie Übergänge sowie durch einen Aufzug, wenn auch als Plattformlift ohne eigenen Fahrschacht, gegeben.
Das Modulkonzept ist grundsätzlich auf 5 Gruppen erweiterbar, die Bruttogeschossfläche beträgt dann ca. 1.150 m² bei einer Hauptnutzfläche von ca. 966 m².
3.2.3Bauweise
Die Kitas der BGW werden in Holz-Ständerbauweise erstellt. Diese Bauweise hat Vorteile in der geringeren Ausführungszeit durch größtmögliche Vorfertigung und in der geringen Baufeuchte.
Es besteht die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Fassadentypen zu wählen, vorgehängte Holz- bzw. Kunststoff-Konstruktionen, Putzfassaden oder auch Kombinationen aus verschiedenen Systemen sind möglich.
Die verbauten Bestandteile der haustechnische Ausstattung der Gewerke Sanitär, Heizung, Lüftung Elektro sind hochwertig und denen der Aachener Kitas vergleichbar. Auch eine zentrale Lüftungsanlage ist Bestandteil der technischen Ausrüstung.
Hausalarm, Einbruch-Meldeanlage, Blitzschutzanlage oder auch Photovoltaikanlage sind nur gegen entsprechenden Aufpreis möglich.
3.2.4Energetischer Standard
Die Kitas der BGW werden als „zertifizierte Passivhäuser“ angeboten.
Die genannten Kennwerte liegen teilweise höher, teilweise aber auch unter dem für das Passivhaus maßgeblichen Grenzwert von 15 kWh/m².
Es wurden allerdings nicht die üblich anzusetzenden Gebäudebezugsflächen ermittelt (Verkehrsflächen nur 60%). Demzufolge reduzieren sich die 966 m² Nutzfläche nach korrekter Ermittlung auf 872 m². Würden die genannten Realverbräuche in Höhe von 26.672 kWh durch diese Gebäudebezugsfläche dividiert, läge der Jahresverbrauch bei 30,58 kWh/m².
Daher sind Zweifel berechtigt, ob die Kitas wirklich einer Zertifizierung unterworfen wurden und wie die Berechnungen und Nachweise im Einzelnen geführt wurden.
3.2.5Ausführung, Details und Nachnutzungskonzept
Die Kitas der BGW machen auf den ersten Blick einen guten Eindruck, der sich bei näherer Betrachtung allerdings relativiert:
die Auswahl der Materialien und die Ausführung im Detail erfüllen teilweise nicht die Ansprüche der Kitas der Stadt Aachen in Bezug auf langfristige Qualität, Nachhaltigkeit und damit Wirtschaftlichkeit.
Das Planungskonzept geht von einer Nutzungsdauer als KiTa von 20 Jahren aus. Anschließend wirbt die BGW damit, dass nach Sanierung und Umbau im Inneren unter Beibehaltung der Gebäudehülle das Objekt einer anderen Nutzung zugeführt werden kann. Genannt werden alternative Nutzungen als Wohn- oder Bürohaus oder auch als Stadtteilzentrum.
Allerdings ist diese Flexibilität nicht nachgewiesen, der Aufwand kann nur schwer eingeschätzt werden, in Anbetracht der Bauweise und Detailausführung scheint diese langfristige Nutzung zumindest fraglich. Vor Allem im Bereich der Genehmigungsfähigkeit und des Brandschutzes werden Probleme entstehen, da die Brandschutzqualitäten sehr niedrig angesetzt sind.
Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass die Kitas der BGW unmittelbar nach Fertigstellung in die Hand des städtischen Immobilienservice übergeht, wo sämtliche Reparaturen und Mängelbeseitigungen, sowie die komplette Instandhaltung und der Betrieb abgewickelt werden müssen.
3.2.6Kostenvergleich in den Kostengruppen der DIN 276
Im Sinne einer objektiven Information ist es auch hier unerlässlich, zunächst die Vergleichbarkeit herzustellen. Insofern wurde auf Basis von Informationen der BGW eine 5-gruppige KiTa nach dem Bielefelder Modell hochgerechnet, die nachfolgend den Kosten der KiTa Kalverbenden gegenüber-gestellt werden.
Die Kosten der KiTa Kalverbenden betragen 3,297 Mio. €, die der BGW 2,334 Mio. €, jeweils bezogen auf die Kostengruppen 200 – 700, die Differenz beträgt somit 963 TEUR.
Diese ergeben sich aufgeteilt in die einzelnen Kostengruppen wie folgt:
KG 100 – Grundstück:
Da es sich um städtische Grundstücke handelt, fallen für Erwerb keine Kosten an.
(Wichtig für das Thema „Grundstücke“: in Aachen herrscht eklatanter Grundstücksmangel. Nur so lassen sich KiTa-Planungen auf schwierigen Grundstücken wie Kalverbenden erklären und rechtfertigen. Dies schränkt aber auch faktisch die Diskussion stark ein, ob eine serielle Modulbauweise für z.B. mindestens fünf KiTa’s als „Wiederholungsbau“ wirtschaftlich einsetzbar ist.)
KG 200 – Herrichten und Erschließen (BGW: 16.600 € /KiTa Kalverbenden 95.550 €)
Die Grundstücke der Kitas nach dem „Bielefelder Modell“ wurden - ähnlich wie in Baesweiler - vorab vorbereitet, optimal erschlossen und auf den tatsächlichen Bedarf hin parzelliert.
Alle Risiken wurden vorab beseitigt. Sowohl alle Herrichtungskosten (z.B., Sicherungsmaßnahmen, Abbruchmaßnahmen, Altlastenbeseitigung und Herrichten der Geländeoberfläche), als auch alle erschließungskosten (z. B.: Abwasserentsorgung, Wasserversorgung, Gasversorgung, Fernwärme-versorgung, Stromversorgung und Telekommunikation) wurden vorab auf die Stadt delegiert und erscheinen somit nicht in den Gesamtbaukosten; bei der BGW entstehen so regelhaft nur geringe Kosten.
Die Restflächen der städtischen Grundstücke, die nach Parzellierung des KiTa-Grundstücks nutzungseingeschränkt übrigbleiben, müssen von der Kommune arbeitsintensiv gepflegt und bewirtschaftet werden.
Ein direkter Vergleich kann hier nicht geführt werden.
KG 300 / 400 Bauwerk (BGW: 1.954.000 € /KiTa Kalverbenden 2.284.000 €)
Bezeichnenderweise liegt die Differenz der tatsächlich direkt vergleichbaren Bauwerkskosten der KG 300 und 400 bei nur ca. 330.000,- €, somit bei lediglich ca. 14,5 %!
Dieser investive Kostenvorteil ist in Anbetracht der Qualität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit der städtischen KiTa‘s äußerst gering und in Hinblick auf die günstigeren langfristigen Bewirtschaftungskosten nahezu zu vernachlässigen.
KG 500 Außenanlagen (BGW: 119.000 € /KiTa Kalverbenden 332.000 €)
Die Außenanlagen sind ebenfalls vom Zuschnitt optimiert, darüber hinaus werden hier von der BGW nur die allernotwendigsten Maßnahmen durchgeführt, wie Pflasterung der Wege, Einzäunung des Grundstücks und eine Bepflanzung in geringem Umfang.
Spielgeräte, Sandkasten, kindgerechte Gestaltung der Außenflächen im Allgemeinen obliegen dem Träger der KiTa oder der Stadt.
Auch diese Kosten tauchen bei der BGW ebenfalls regelhaft nicht auf.
KG 600 Ausstattung (BGW: 0 € /KiTa Kalverbenden 73.000 €)
Feste Einrichtungen, wie Kücheneinrichtungen sind nicht im Preis enthalten, sie sind durch den Träger zu liefern und einzubauen.
Die optionale Ausstattung laut Prospekt gegen Aufpreis bezieht sich demzufolge auch nicht auf die Ausstattung selber, sondern auf die Beschaffenheit der jeweiligen Räume.
Auch diese Kosten tauchen also nicht bei der BGW auf.
KG 700 Baunebenkosten (BGW: 244.000 € / KiTa Kalverbenden 512.000 €)
Die Planungsleistungen der BGW umfassen gemäß Prospekt im Grundmodul alle Fachdisziplinen (Architektur, TGA-Planung, Statik, Brandschutz, Schall- und Wärmeschutz, Bauphysik). Sie sind entsprechend standardisiert und werden von der BGW an Interessenten als „Planungspaket“ verkauft.
Örtlich erforderliche Ingenieurleistungen, wie Vermessungsleistungen, aber auch die Bauüberwachung und die Sachverständigenabnahmen sind nicht enthalten und müssen individuell beauftragt werden.
Es verbleibt ein großer Preisvorteil durch die standardisierte Planung (=Wiederholungsplanung) gegenüber der individuellen Planungsleistung der Architekten, Ingenieure und Sonderfachleuten der Individualbauten städtischer Aachener KiTa‘s. Dieser Kostenvorteil kommt nur dann in Gänze zum Tragen, wenn Standorte (Grundstücke, Boden- und Gründungsverhältnisse) annähernd gleichen Zuschnitts zur Verfügung gestellt werden können.
Folgende Übersicht stellt nochmals den direkten Vergleich zusammen:
Abbildung 7: Vergleich KiTa Stadt AC - "Zukunftskita" BGW Bielefeld
3.2.7Zusammenfassende Bewertung des Vergleichs KiTa Stadt AC - Bielefelder Modell
Die KiTa‘s des sog. „Bielefelder Modells“ (z. B. „kleine Falken“ in Bielefeld) - auch als „Zukunftskita“ bundesweit professionell vermarktet - wurden beispielhaft von der Arbeitsgruppe E26 im März 2015 in Bielefeld begangen.
Der erste Eindruck des Objektes vor Ort war durchaus positiv. Bei näherer Betrachtung durch einen fachkundigen Bauherren und Aufklärung durch den städtischen Immobilienservice wurden die Schwächen des Konzeptes und der Ausführung jedoch deutlich:
viele Leistungen müssen vorgelagert von der Stadt kostenträchtig erbracht oder nachgelagert übernommen werden, ohne dass sie nachvollziehbar in den Kostendarstellungen aufgeführt sind - vor allem bei der Herrichtung und Erschließung des Grundstücks, im Außenbereich, in der Ausstattung und in der Instandhaltung/ im Betrieb.
Dies erschwert die Transparenz und Vergleichbarkeit: wer nicht genau hinsieht, kann die Kostenverlagerungen nicht wahrnehmen – gut für das Modell in der Außenwirkung!
Die Leistungen der BGW und die Ausstattungen der KiTa‘s sind vorab auf einen gewissen Mindest-Standard festgelegt. Jede Anhebung des Standards in einzelnen Bereichen über das sog. „Basismodul“ hinaus auf ein vertretbares Niveau führt zu Mehrkosten.
Die Kosten der BGW-KiTa wurden auf der Basis von Preisinformationen der BGW erstellt und hochgerechnet. Im direkten Vergleich lassen sich die Kostengruppen 300 (Bauwerk – Baukonstruktion) und 400 (Bauwerk - Technische Anlagen) heranziehen:
Die Differenz von 333.000,- € zu Gunsten der KiTa’s des „Bielefelder Modells“ erscheinen in Anbetracht der qualitativen und quantitativen Unterschiede eher gering.
Dies erklärt sich im Grunde schon durch die höhere BGF von ca. 100 m² bei der KiTa Kalverbenden.
Die baulichen und materiellen Qualitäten städtischer Aachener KiTa‘s, die zu geringeren Instandhaltungskosten während der Nutzungsphase führen, werden im „Bielefelder Modell“ eindeutig nicht erreicht.
Auch auf Seiten des Immobilienservicebetriebs (ISB) der Stadt Bielefeld - also des Bielefelder Gebäudemanagements - wird dies im Vergleich der individuell errichteten, hochwertigen städtischen Kitas mit denen des „Bielefelder Modells“ ebenfalls so gesehen.
Bemängelt werden die sparsamen Flächen und Raumhöhen, aber auch die Ausführungs- und Detail-qualitäten und der geringe Einfluss der Bedarfsträger und Nutzer.
Insbesondere wird kritisiert, dass die BGW nach Durchsetzung Ihres Modells und nach dessen Errichtung sich komplett aus der Betriebs- und Nutzungsphase herauszieht und mit der Bewirtschaftung und der Instandhaltung nichts mehr zu tun hat (!). Dadurch wird das Interesse an einer Langzeit-Wirtschaftlichkeit und Instandhaltungsfreundlichkeit nicht unbedingt gefördert.
Es wird ein kurzfristiger Sanierungszyklus, sowie hohe Instandhaltungs- und Betriebskosten befürchtet und die Nachhaltigkeit des Konzeptes kritisch hinterfragt.
4.Die KiTa‘s der Stadt und der StädteRegion Aachen – ein direkter Objektvergleich
Auch die KiTa-Neubauten der StädteRegion Aachen gelten in der Anschaffung als besonders vorbildlich in Hinblick auf die niedrigen Kosten. Einer vergleichenden Betrachtung exemplarisch ausgewählter KiTa‘s kommt insofern besondere Bedeutung zu.
Die KiTa‘s der Stadt Aachen werden unter Berücksichtigung der in den letzten Jahren stark gestiegenen gesetzlichen Ansprüchen an die Vergabepraxis von Bauleistungen sowie Architekten- und Ingenieurleistungen (TVgG, Binnenmarktrelevanz, Berücksichtigung z.B. von sozialen Belangen) im vorgeschriebenen Regelverfahren der Einzelvergabe mit hohem Koordinationsaufwand für das Gebäudemanagement - aber auch mit der Sicherung großer Einflussmöglichkeiten durch den „fachkundigen Bauherr“ - realisiert.
Hierbei werden die Aufträge - wie von Politik und vom Gesetzgeber mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz 2012 nochmal deutlich im Rahmen der Mittelstandsförderung als Ziel herausgestellt – überwiegend an örtliche und regionale kleine und mittlere Betriebe vergeben.
Die KiTa‘s der StädteRegion werden auf der Basis einer funktionalen Ausschreibung als sog. „Gesamtvergabe“ an einen überregional/ national tätigen Generalunternehmer zur schlüsselfertigen Ausführung vergeben.
Siehe hierzu auch Anlage 1a: Unternehmereinsatzform: Einzelvergabe versus Gesamtvergabe (z.B. Generalunternehmer) - Vergaberechtliche Betrachtung
4.1Vorgehen bei der Vergleichsbetrachtung
Die Arbeitsgruppe des E26 hat sich für die Vergleichsbetrachtung bewusst diejenige KiTa herausgesucht, die den größten Unterschied in den Gesamtkosten auszumachen scheint: die KiTa Baesweiler.
Auch in diesem Falle wurde von E26 die KiTa vor Ort besichtigt
Folgende Schritte sind auf dem Weg zur Vergleichbarkeit zu gehen:
A) Die KiTa Baesweiler ist 4-gruppig, deshalb wurde sie in einem ersten Schritt auf die 5-Gruppigkeit hochgerechnet. Dies erfolgte linear über alle Flächen- und Massenparameter sowie über alle Kostengruppen. Der Umrechnungsfaktor beträgt in diesem Fall 1,25.
B) Die KiTa Kalverbenden wurde theoretisch betrachtet, als ob sie durch einen GU errichtet worden wäre. Hierzu wurden die einzelnen Kostengruppen der KiTa Baesweiler mit den entsprechenden BKI- Kostenkennwert (KG 300 + 400) mit vergleichbarem Standard
C) verglichen. Es ist vereinfachend davon auszugehen, dass die Differenz die „Einsparung“ durch die Wahl der Unternehmereinsatzform „Generalunternehmer“ (=Gesamtvergabe) ist. Diese Differenz, je Kostengruppe prozentual hochgerechnet, wurde wiederum auf die KiTa Kalverbenden übertragen.
D) Als Ergebnis aus 1 und 2 stehen die Kitas Baesweiler und Kalverbenden in vergleichbarer Form gegenüber, beide 5-gruppig, beide durch GU errichtet. Die sich jetzt noch ergebenden Kostendifferenzen sind also begründet in materiellen oder architektonischen Qualitäten, diese beinhalten auch energetische Standards oder Festlegungen in Planungsleitfäden oder sonstigen Vorgaben.
E) Diese sich ergebenden Differenzen werden nun einzeln, Kostengruppe für Kostengruppe untersucht, die Qualitätsunterschiede aufgezeigt und, sofern möglich, Einsparpotentiale aufgezeigt.
4.2Vergleichsbetrachtung - Kostenblöcke und Ihre Bewertung
Ausgangspunkt der hier vorliegenden Untersuchung war die Frage: Wieso kostet eine KiTa in Aachen im Durchschnitt ca. 3,3 Mio. €, während zeitgleich in Baesweiler eine Kita für 1,4 Mio. € errichtet werden kann?
Die Differenz von 1,9 Mio. €, nach Bereinigung der Gruppenanzahl von 1,587 Mio. €, erscheint zunächst ungewöhnlich, schlüsselt sich aber nach intensiven Recherchen in einzelne, bei näherer Betrachtung nachvollziehbare Einzelfaktoren auf.
Die Differenzkosten zwischen den betrachteten KiTa‘s Mariastraße in Baesweiler sowie Kalverbenden in Aachen wurden in sieben Kostenbereiche unterteilt, die nachfolgend nochmals betrachtet werden sollen.
4.2.1Unternehmereinsatzform (Einzelvergabe versus Gesamtvergabe)
4.2.1.1 Allgemeine Vorbemerkungen
Die Mehrkosten aus der Wahl der Vergabeart bzw. der Unternehmereinsatzform - also die errechnete Differenz zwischen den Einzelvergaben der Stadt Aachen und der Gesamtvergabe an einen Generalunternehmer bei der StädteRegion - bilden mit aus der Analyse hergeleiteten 35,5% das größte Paket in der Gesamtdifferenz. Sie betragen im vorliegenden Fall 561.000 €.
Dies kann kein Präjudiz dafür sein, dass eine GU-Vergabe grundsätzlich wirtschaftlicher ist (s. Ausführungen Anlage 1b).
In diesem Falle können die Mehrkosten jedoch keiner anderen Begründung zugeordnet werden.
Bevor mit der Erstellung der Vertragsunterlagen begonnen wird, muss entschieden werden, ob der Bauauftrag in Losen als sog. „Einzelvergaben“ oder als „Gesamtvergabe“ z.B. an einen Generalunternehmer ausgeschrieben wird.
Die Zentrale Vergabestelle der Stadt Aachen weiß um das Entscheidungsproblem für oder gegen eine Gesamtvergabe und erachtet vergaberechtlich das Risiko eines Vergabeverstoßes bei einer Gesamtvergabe oder einer Beauftragung an einen GU in Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung als sehr hoch.
Sie empfiehlt daher regelhaft die Anwendung des vom Gesetzgebers und von Politik gewollten Regelverfahrens der Einzelvergaben – zumal die Rechtsanwaltskammern dazu übergegangen sind, Bietern zu empfehlen, die Gesamtvergabe von Dienstleistungen bzw. den zu großen Zuschnitt einzelner Lose rein vorsorglich gegenüber den öffentlichen Auftraggebern zu rügen.
Dem kann sich E26 nicht entziehen.
Damit gilt faktisch für die Neu-, Um- und Erweiterungsbauten der Stadt Aachen - also auch für die KiTa-Bauten - die Anwendung von Einzelvergaben.
(Siehe hierzu die vergaberechtlichen Ausführungen in Anlage 1a).
Dies heißt aber auch: die Risikoabwägung der Vergabestellen und Rechtsämter im Rahmen der Beratung des Bauherrn zur Vergabeart führt beim Thema „Gesamtvergabe/ GU-Beauftragung“ in der Stadt Aachen offensichtlich zu einem anderen Ergebnis als die in der StädteRegion! Dies ist keine Wertung, muss aber wahrgenommen werden.
Ein zweiter hochstrittiger Betrachtungspunkt kommt hinzu:
ob Gesamtvergaben generell preisgünstiger und für den AG wirtschaftlicher sind, wird in der Fachwelt bis heute kontrovers - z.T. hoch emotional - diskutiert.
Zudem liegt nahe, dass die vorgebrachten Argumente nach wie vor nicht selten von den eigenen wirtschaftlichen Interessen und den subjektiven Projekterfahrungen ihrer Vortragenden und den dahinter stehenden Interessenverbänden geprägt sind.
Generell lässt sich jedoch aus Sicht des Bauherrn stark vereinfachend feststellen, dass
„… dem Vorteil aus der mit einer GU-Vergabe einhergehenden Risikoreduzierung (betrifft vor allem Termin, Kosten und Haftung für Mängel) der Nachteil aus der Reduzierung seiner Einflussmöglichkeiten (betrifft in erster Linie die Planung, die Auswahl der Nachunternehmer sowie den Einsatz eigener Projektleitungs- und –steuerungsressourcen) gegenübersteht:“[14]
4.2.1.2 Vergleichsversuch
Die Umwandlung der GU-Vergabe in reale Kosten ist natürlich ohne Analyse der entsprechenden Vergabeunterlagen nur hilfsweise möglich und wird sicherlich von GU zu GU unterschiedlich und auch projektabhängig sein.
Die Vorteile der GU-Vergabe bestehen für den öffentlichen Auftraggeber jedoch in folgenden Punkten:
- ein Vertragspartner (zentraler Verantwortlicher),
- keine Schnittstellen,
- einheitliche Haftung (Risikominimierung),
- weniger Koordinations- und Steuerungsaufwand (Aufwandsreduzierung),
- weniger Ausschreibungsaufwand.
Anhand des Vergleichs mit ortsüblichen Preisen und statistisch hochgerechneten Werten, z.B. der BKI- Veröffentlichungen wurden im vorliegenden Projekt Minderkosten
in der KG 700 von ca. 191.000 € ermittelt und
in den KG´s 200-600 von ca. 370.000 €.
4.2.2Grundstück - Größe, Erschließung, Topografie
277.000 € Mehrkosten entstanden in der KiTa Kalverbenden im Bereich des Grundstücks.
Größe, Topografie, Erschließung schlagen hier negativ zu Buche. Wie groß die 200er-Kosten in Baesweiler waren, um das Grundstück vorab baureif zu machen, ist nicht bekannt. Jedenfalls tauchen diese Kosten im GU-Budget nicht auf, müssten in einem realistischen Vergleich hinzuaddiert werden, da die Kosten vom Auftraggeber bezahlt wurden.
Beide Kitas erfüllen die Vorgaben des LVR an die Flächen und Räume. Das exakt zugeschnittene Grundstück der KiTa Baesweiler macht einen extrem kompakt aufgebauten und auf Kostenminimierung ausgelegten Grundriss möglich. Dies erfolgt über eine zentrale Halle mit symmetrischer Anbindung aller Funktionen.
Die KiTa Kalverbenden ist in ihrer Struktur, dem Grundstück und der Topografie folgend, linear aufgebaut mit zwangsläufig höheren Erschließungs- und Verkehrsflächen.
Letztendlich ist dies natürlich in der besonderen Topografie des Grundstücks und des hierauf basierenden Entwurfes begründet und der besonderen Architektur geschuldet.
Die Brutto-Grundfläche der KiTa Kalverbenden ist folgerichtig insgesamt um 62 m² größer, als die der KiTa Baesweiler, wobei dies vor allem in der größeren Verkehrsfläche begründet ist.
Wirtschaftliche Planung fängt bei der Auswahl jeweils geeigneter Grundstücke an. Wesentliche Faktoren sind hierbei:
- Grundstücksgröße:
Die ideale Grundstücksgröße ermittelt sich aus der erforderlichen Grundfläche des Gebäudes, der Zuwegungen und Zufahrten, sowie der Außenanlagen/ Spielfläche.
Die LVR empfiehlt ca. 10-12 m² je Kind. Bei einer 5-gruppigen KiTa ergibt sich so bei 2-geschossiger Bauweise ein Flächenbedarf von ca. 2.000 m², bei 1-geschossiger Bauweise von ca. 2.500 m² Grundstücksfläche.
Bei dem betrachteten Grundstück in Baesweiler wurde das Grundstück mit 2035 m² entsprechend optimal parzelliert und eingezäunt.
Die Grundstücksgröße der KiTa Kalverbenden beträgt 3.275 m², das ist im direkten Vergleich eine Mehrfläche von 61%. Hieraus resultiert unmittelbar ein erhöhter Aufwand in den Kostengruppen 200 und 500, indirekt in 300 und 400.
Längere Leitungswege, höherer Erschließungsaufwand ober- und unterirdisch, verursachen höhere Kosten, wie sich auch in den hier verglichenen Beispielen zeigt.
- Erschließung:
Das ideale Grundstück ist voll erschlossen, oder zumindest auf kurzem Wege zu erschließen und zu versorgen und liegt unmittelbar an einer öffentlichen Straße. Dies ist beispielsweise im Falle der Kita Mariastraße in Baesweiler optimal umgesetzt.
Das Grundstück ist optimal parzelliert, auf wirtschaftlichste Bebaubarkeit zugeschnitten und die Erschließung gesichert. Baugrunduntersuchungen wurden im Vorfeld durchgeführt, die Tragfähigkeit des Untergrundes berechnet. Untersuchungen auf Altlasten oder Kampfmittel wurden, falls erforderlich, sicherlich auch durchgeführt.
Die Grundstücke werden sozusagen auf die Bedürfnisse des GU zugeschnitten.
Die Kosten tauchen im Projekt bei den Gesamtbaukosten regelhaft nicht auf.
Die KiTa Kalverbenden hingegen hat eine lange, steile Zufahrt, über die die Baustelle erschlossen werden muss, und die als Zufahrt zur Kita dauerhaft hergestellt werden muss. Längere Leitungswege, höherer ober- und unterirdischer Erschließungsaufwand verursachen höhere Kosten, wie sich auch in den hier verglichenen Beispielen zeigt.
Insofern gilt zu den Kosten das gleiche, wie schon unter Punkt Grundstücksgröße beschrieben.
Alle von der Größe des Grundstücks ausgelösten Kosten einschl. der Herrichtung und Erschließung werden transparent in der Entscheidungsvorlage dargestellt und müssen aus dem Baubudget getragen werden (= Prinzip der Kostenklarheit und –wahrheit).
- Topografie:
Ähnlich entscheidend wie die Grundstücksgröße wirkt sich auch die Topografie, also die Geländebeschaffenheit eines Grundstücks aus. Ebenheit und Gleichmäßigkeit sind optimal, extreme Hanglagen wirken sich erschwerend auf die baulichen und technischen Anforderungen aus.
Dies spiegelt sich natürlich auch in den Kosten wider.
In der Mariastraße (StädteRegion) fand der GU optimale Bedingungen vor, im Falle der KiTa Kalverbenden stellten die steile Zufahrt und die starke Hanglage große Herausforderungen dar, deren Lösungen letztlich nicht kostenminimierend sein konnten.
Baugrundrisiken sind immer Bauherrenrisiken. So müssen in Bauvorhaben der Kommunen - so auch der Stadt Aachen - alle Risiken des Grundstücks, alle Untersuchungen, Vorarbeiten und die resultierenden Mehrkosten bis in die Konstruktionen im Projekt aufgefangen werden. Die Risiken und die Kosten liegen also bei der Stadt.
Einsparungen in diesem Bereich sind durch eingehende Standortuntersuchungen und Auswahl der Grundstücke nach wirtschaftlichen Faktoren zu erreichen, sie sind jedoch nicht zu beziffern, sondern individuell zu ermitteln. Die exakte Untersuchung und Analyse der jeweiligen Grundstücke, ihre Erschließung, die Bodenkennwerte etc. sollen bereits von Anfang an Planungssicherheit liefern, die Untersuchung aller relevanten Faktoren minimiert die Risiken und hilft, die Kosten zu kontrollieren.
Auch die Grundstücksgröße und der Umgang mit nicht benötigten Flächen sind hier von großer Bedeutung. Die Einspareffekte zeigen sich in fast allen Kostengruppen.
Optimalerweise besteht die Möglichkeit unter mehreren untersuchten Standorten, den geeignetsten auszuwählen, oder zumindest diejenigen mit eindeutig negativen, unwirtschaftlichen Ergebnissen aus-zuschließen.
4.2.3Außenanlagen
Mehrkosten i.H.v. 121.000,- € sind durch die Außenanlagen verursacht. Zwei Hauptaspekte spielen hier die entscheidenden Rollen:
- Ähnlich wie beim Grundstück schlagen hier Größe und Topografie negativ zu Buche, die passende Auswahl der Grundstücke ist eine Möglichkeit der Kostenreduzierung - sofern denn entsprechende Alternativen zur Verfügung stehen.
- Die Qualität der Außenanlagen wird im hohen Maße von dem konzeptionellen und pädagogischen Konzept geprägt, welches vom Nutzer und Bedarfsträger vorbestimmt wird. Als „Lernort“ spielt in Aachener Kitas Bewegung und Erlebnis eine angemessene Rolle. Danach richten sich Ausstattungen und Geräte aus; die Grundstücke sind sinnvoll und erlebnisreich, in der Regel von Landschaftsarchitekten geplant und gestaltet. Dies ist nicht überall so. Andernorts werden ausschließlich Mindestvorgaben umgesetzt: einfache Rasenflächen, ein Sandkasten und ein paar Spielgeräte.
Die Definition eines einheitlichen Standards über Qualitäten und Quantitäten kann sinnvoll sein.
Inwieweit in der Ausgestaltung dieser Bereiche Einsparpotentiale gesehen werden, muss durch den Bedarfsträger entschieden werden, da dahinter eher ein konzeptioneller, pädagogischer Anspruch steht.
Als Außenspielfläche empfiehlt die LVR ca. 10-12 m² je Kind, d. h. bei einer 5-gruppigen KiTa ergibt sich idealerweise ein Flächenbedarf von ca. 1.000 – 1.200 m². Hinzu kommen noch ca. 300 m² sonstige Außenanlagen, wie Zuwegungen, etc., also zusammen 1.200 – 1.500 m².
Die Außenanlagen der KiTa Baesweiler umfassen 1.545 m², die der KiTa Kalverbenden 2.670 m². Die Kosten der KG 500 betragen 66.000,- € in Baesweiler, sowie 332.000,- € in Kalverbenden. Hinzu kommen hier noch die Nebenkosten für den Landschaftsarchitekten (siehe Abschnitt KG 700).
Die nach bereinigender Betrachtung verbleibende Differenz von 121.000 ist nicht allein der Grundstücksgröße geschuldet, sondern auch der schwierigen topografischen Lage und dem gestalterischen Anspruch geschuldet.
Darüber hinaus ist auch die maßgeblich vom Bedarfsträger definierte Ausstattung - sowohl landschafts-gärtnerisch als auch in Bezug auf die Spielgeräte - deutlich höher.
Die genannten 121.000 € Mehrkosten können in etwa wie folgt identifiziert werden:
- Größe und Topografie des Grundstücks92.000 €
- Ausstattung mit Spielgeräten (Mehraufwand) 29.000 €
Spielgeräte sind in den Kosten der KiTa in Baesweiler gar nicht enthalten.
4.2.4Energetischer Standard
Die Umsetzung der Vorgaben des „Aachener Standards“ führt zu investiven Mehrkosten in der Errichtungsphase i.H.v. ca. 92.000 € je KiTa.
Der energetische Standard der Aachener Kitas ist unter Pkt. 1.2.2 beschrieben. Die KiTa Mariastraße erfüllt demgegenüber „lediglich“ die gesetzlichen Vorgaben der EnEV; ihr energetischer Standard liegt somit ca. 30 % unter dem „Aachener Standard“, ist also weniger energieeffizient.
Diesen investiven Mehrkosten in der Erstellungsphase stehen allerdings Einsparungen in einem 30-jährigen Nutzungszeitraum (bei einer angenommenen Preissteigerungsrate von nur 2 % für Energie) i.H.v. ca. 181.000 EUR (und jährlich eingesparten 63.750 KWh Energie) gegenüber.
Generell muss stets die Frage beantwortet werden, ob die letzten Prozente Energieeinsparung bis zum besseren Standard erwirtschaftet werden können.
Das Gebäudemanagement Aachen hat dies frühzeitig beantwortet, in dem bisher die kategorische Anwendung des Passivhausstandards nicht bevorzugt wurde.
4.2.5Materielle Qualitäten
290.000 € betragen die Mehrkosten im Bereich der materiellen Qualitäten. Hierdurch sollen der Instandhaltungsaufwand in der langjährigen Nutzungsphase reduziert und die Langlebigkeit und Wirtschaftlichkeit der Bauteile und des Gebäudes gewährleistet werden. Festlegungen hierzu geben die Planungsleitlinien der Stadt Aachen im Allgemeinen sowie der KiTa Leitfaden im Speziellen. Demgegenüber stehen geringere Kosten in der Lebenszyklusbetrachtung.
Die konsequente Anwendung der Planungsleitlinien der Stadt Aachen führt in einigen Bereichen zum Einbau höherwertiger und nachhaltiger Materialien als in den KiTa‘s der StädteRegion.
Am deutlichsten wird dies im Bereich der Fassaden und Fenstersysteme. Hier stehen Kunststoff-Fenster einerseits hochwertigen und teureren Holz-Alu-Systemen gegenüber, welche weniger anfällig und leichter instand zu halten sind.
Die deutlich höheren Investitionskosten in der Errichtungsphase alleine in diesem Bereich machen sich also sowohl in den materiellen und gestalterischen Qualitäten, als auch in der wirtschaftlicheren Instandhaltung in der Betriebsphase bemerkbar.
Bezogen auf die eher geringe Fensterfläche der Kita Baesweiler Mariastraße ergibt sich bereits eine Differenz im Invest durch unterschiedliche Materialien i.H.v. 40.000 €
Durch die größeren Glasflächen der architektonisch anspruchsvolleren Aachener Kitas betragen bei der KiTa Kalverbenden die Mehrkosten 65.000 €.
Die Ausstattung und Qualitäten der Kita Baesweiler sind bzgl. der Anlagengruppen der KG 400 als mindestens gleichwertig, manchmal auch höherwertiger anzusehen. Die Kosten bewegen sich in absolut vergleichbarem Rahmen. Unterschiede entstehen durch grundsätzlich andere technische Systeme oder aber durch bereits beschriebene Einflüsse im Bereich der KG 200 „Herrichten und Erschließen“.
Ein erheblicher konzeptioneller Unterschied besteht im Einbau von zentralen Lüftungsanlagen in den KiTa´s der Stadt Aachen.
Diese haben erst einmal nichts mit dem sog. „Aachener Standard“ zu tun, sondern sind baufachlich aus bauphysikalischen Gründen erforderlich:
durch die vorgeschriebene Luftdichtigkeit der Bauteile besteht ansonsten die Gefahr von kostenträchtigen Schäden an der Bausubstanz und somit eingeschränkter Nutzung, insb. durch Schimmelbildung.
Eine weitere zwingende Notwendigkeit kommt hinzu:
zahlreiche Studien belegen die häufig ungenügende Luftqualität in Gemeinschaftsräumen von Schulen und KiTa’s. Dort wird deutlich der Zusammenhang zwischen ungenügender Luftqualität und Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsschwächen und Infektionserkrankungen und Fehlzeiten aufgezeigt. Daher hat das Umweltbundesamt 2008 gesundheitlich begründete Leitwerte für Kohlendioxid (CO2) als Indikator für die Raumluft veröffentlicht.[15]
Ähnliche Ansätze verfolgt auch die gültige DIN EN 13779 „Raumlufttechnische Anlagen“.[16]
Die zur Gesundheitsverträglichkeit erforderlichen Luftwechselraten und -qualitäten sind definitiv durch konventionellen Stoß- oder Querlüften nicht erreichbar!
Wirtschaftlich wird die Lüftungsanlage zusätzlich durch das von E26 verfolgte Konzept der sog. „Wärmerückgewinnung“:
Wenn schon Lüftungsanlage, dann mit hoher energetische Effizienz und hoher Wärmerückgewinnung Dies spart Heizenergiekosten i.H.v. bis zu 60%!
In der Kita Mariastraße der StädteRegion wird diese Technik nicht eingesetzt. Offensichtlich führt hier die Risikoanalyse des Bauherrn zu einem anderen Ergebnis.
Prognose: ab dem 01.01.2016 (EnEV 2014), spätestens ab dem 01.01.2019 (EU-GebäudeRiLi) wird diese Haltung der Vergangenheit angehören.
Die Mehrkosten durch die zentrale Lüftungsanlage betragen112.000 €
Diese Mehrkosten sind nicht vermeidbar, will man die Vorteile in der Nutzerzufriedenheit (Gesundheitsvorsorge und Raumlufthygiene), der bauphysikalischen Schadensrisiko-Minimierung und letztlich der Vorgaben-Konformität (UBA, DIN EN 13779) nicht verlieren. Dem gegenüber stehen aber auch erhebliche Einsparungen in den Heizenergiekosten (s.o. 60%).
4.2.6Gestalterische Qualitäten
Die Gestaltung des räumlichen Umfeldes, der städtebaulichen Einbindung in die Umgebung und des Gebäudes selber beeinflusst die soziale und kulturelle Nachhaltigkeit als eine der drei Säulen des Planungsleitfadens. Hierbei sind neben der Ästhetik und Gestaltung die Aspekte Behaglichkeit und Nutzeransprüche von Bedeutung.
Die im vorliegenden Fall ermittelten Mehrkosten in Höhe von 144.000 € werden verursacht z.B. durch größere Fensterflächenanteile, durch architektonisch „ansprechendere“ Fassaden, aber auch durch Detaillösungen, die durch eine schwierige, dem Gelände angepasste Bauform - hervorgerufen durch eine herausfordernde Grundstückssituation - verursacht wurden und Schäden verhindern.
Über gestalterische Qualitäten kann am wenigsten objektiv diskutiert werden. Die Lösung kann nicht in schlechter Architektur liegen, sondern vielmehr in der Optimierung der beschriebenen Parameter, die einfache, wirtschaftliche und architektonisch anspruchsvolle Lösungen zulassen – ohne „teuer“ zu sein.
4.2.7Baunebenkosten
Die bereinigten Nebenkosten der KiTa Kalverbenden belaufen sich auf 512.000 €, die der KiTa Mariastraße auf 175.000 €, die Differenz beträgt somit 337.000 €
Die 700er Kosten der Kita Mariastraße in Baesweiler liegen bei ca. 14,4 % der Bauwerkskosten, bei anderen Kita Projekten der StädteRegion betragen sie sogar lediglich ca. 8-10%.
Die Nebenkosten der städtischen Kitas betragen oftmals bis zu ca. 25 % je nach Honorarzone und Zuschlägen.
Im vorliegenden Fall Kalverbenden liegen sie mit ca. 18,4% verhältnismäßig niedrig. Hinzu kommt natürlich der Bezug auf die deutlich niedrigeren anrechenbaren Kosten, so dass sich die genannte Differenz wie folgt zusammensetzt:
- Hochrechnung Baesweiler auf 5-gruppig 44.000 €
- GU – Vergabevorteile191.000 €
- Honorareinsparung aufgrund geringerer anrechenbarer Kosten102.000 €
Es liegen leider keine detaillierten Zahlen zu den Honorarverträgen der KiTa Mariastraße vor, so dass diese im Einzelnen nicht geprüft werden können.
Da die Honorare der KiTa Kalverbenden als die absolut unterste Stufe der Honorare gelten können, die auf den gesetzlichen Grundlagen beruhen, liegt es nahe, dass der GU eine Minimierung der Nachunternehmerkosten anstreben musste (stark reduzierte Honorare?). Qualitätseinbußen durch „billige“, wenig qualifizierte Nachunternehmer sind oft die Folge.
Darüber hinaus wird für die Kitas in Baesweiler im Gegensatz zu den Aachener Kitas kein Landschaftsarchitekt beauftragt.
Seit Jahren ist anhaltend die Tendenz zu beobachten, dass beim öffentlichen Bauen die Baunebenkosten merklich ansteigen.
Der Arbeitskreis Gebäudemanagement des Städtetages NRW macht mittlerweile Bauvorhaben aus, in denen Baunebenkosten von über 30 % zu verzeichnen sind.
Die zunehmende Zersplitterung und Spezialisierung der für die Planung und Errichtung von Bauvorhaben notwendigen Leistungen, die von Architekten und Ingenieure mittlerweile nicht mehr zusätzlich erbracht werden können, führt zur zusätzlichen Beauftragung von Sonderfachleuten.
Ein weiterer Grund ist die Überregulierung gerade öffentlicher Bauvorhaben: die Vielzahl der vom Gesetzgeber geforderten Nachweise, Berechnungen, Untersuchungen und Gutachten ist enorm.
Mit der Novellierung der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieure 2013 sind die Honorare merklich angestiegen. Dies schlägt sich durch eine Steigerung der Gesamtkosten bei Bauvorhaben um 3-5 % nieder.
Das städtische Gebäudemanagement Aachen geht mit seiner öffentlichen Auftraggeberfunktion sehr verantwortungsvoll und behutsam um: es prüft bei jeden Bauvorhaben, welche externe Leistungen erforderlich sind, und welche kostensenken selbsterbracht werden können oder nicht erbracht werden müssen.
Zur Übersicht, was zu den Baunebenkosten gehört nebenstehend eine Darstellung bis in die 3. Ebene der Kostengliederung nach DIN 276:
Bei der KiTa Kalverbenden liegen die BNK bei ca. 18 %, was extrem günstig ist, und für den verantwortungsvollen Umgang der Projektleitung bis an die Grenzen der Honorarordnung spricht, oder anders ausgedrückt:
Weniger geht nicht. Hier ist definitiv kein Einsparpotential vorhanden!
Eine allgemeine Betrachtung sollte nicht unerwähnt bleiben:
Noch vor gut 15 Jahren haben die damaligen Hochbauämter insbesondere kleinere Bauvorhaben wie Kindergärten (damals noch so genannt) ohne externe Architekten und Ingenieure selber geplant und bauüberwacht.
Es ist kein Geheimnis:
würden kleine, überschaubare Bauvorhaben selbst geplant und bauüberwacht werden, fielen zumindest die 19 % MwSt. bei Fremdvergabe nicht an. Zusätzliche personelle Aufwände für die Koordination und Steuerung der Externen entfielen ebenfalls.
Mit der politisch gewollten völligen Abschaffung der Planungsabteilungen in den kommunalen Baudienststellen ist dies – auch dort, wo es sinnvoll und wirtschaftlich wäre – nicht mehr möglich. In Frankfurt, in Dortmund, aber auch in vielen anderen Städten ist dies anders!
Abbildung 8: wenn dies nicht mehr zu leisten ist!
KG 700 Baunebenkosten
gem. DIN 276, z.T. 3. Ebene
Sämtliche Neu-, Um- und Erweiterungsbaumaßnahmen müssen daher honorarwirksam an externe Architekten und Ingenieure vergeben werden (= 0% Eigenerledigungsquote!).
Dabei ist die fachliche Diskussion längst weiter:
die Wirtschaftlichkeit der 100% Fremderledigung ohne vorhabenspezifische Betrachtung und Abwägung steht zunehmend in Frage.
Erste große Unternehmensberatungen, die noch vor Jahren die Fremderledigung kategorisch befürworteten, schwenken um und fordern eine differenzierte Betrachtung und die Stärkung der Bauherren-Kompetenzen.[17]
Anerkannt ist mittlerweile:
Die Konzentration auf die reinen Bauherrenaufgaben der Projektleitung und –steuerung reicht zur Erhaltung der Fachkompetenz nicht aus. Eine Eigenerledigungsquote in Planung und Bauüberwachung von 15-35% gilt als erforderlich, um mit den Vertragspartnern auf „Augenhöhe“ agieren zu können.
Selbst Architektenkammern wünschen sich qualifizierte Architekten und Ingenieure auf der Seite der öffentlichen Auftraggeber, um Aufträge professionell und effizient im Dreiecksverhältnis AG - AN - Baufirmen abarbeiten zu können
Die öffentlichen Bauherren sind mit fortschreitendem Verlust der Fachkompetenz durch rigorose Fremdvergabe immer weniger in der Lage, die oft mangelhaften Leistungen Externer vorab zu erkennen, nachzusteuern, die vertraglich zugesicherten Leistungen einzufordern und deren Qualität zu prüfen und zu sichern. Dies gilt zunehmend als kostentreibend.
Die Diskussionen dazu wurden in Aachen noch nicht geführt.
(siehe hierzu auch: Positionspapier der Betriebsleitung E26 aus 04/ 2014).
5. Schlussbetrachtung und Bewertung
„Unser gebautes Umfeld wird durch öffentliche Bauten maßgeblich geprägt. Sei es durch eine zentrale und prominente Lage oder durch ihre Dimension im städtischen Gefüge. Die Stadt übernimmt daher eine besondere Verantwortung für eine anspruchsvolle Gestaltung des öffentlichen Raumes, die Erhaltung baugeschichtlicher Gebäudesubstanz, aber auch für eine wirtschaftliche Mittelverwendung sowie eine energieeffiziente, nachhaltige und zukunftsweisende Bauweise.“
(aus einer Organisationsrichtlinie zur Durchführung von Wettbewerben der Stadt Frankfurt)
Die interkommunalen Kostenvergleiche dieser Untersuchung haben gezeigt:
unter vergleichbaren Rahmen- und Vergabebedingungen und der Realisierung ähnlicher Qualitäten, baut die Stadt Aachen nicht zu teuer!
Vielmehr liegen die Bauwerkskosten der Aachener KiTa’s im Vergleich eher im mittleren Bereich des ausgewiesenen Kostenkennwert-Spektrums!
Große Kostenbestandteile sind für die Bauleute fremdbestimmt: Grundstück, Baugrund, Außenanlagen, Ausstattung – selbst in weiten Teilen die Baunebenkosten. Dies gilt es zu berücksichtigen.
Die Antwort auf die zentral gestellte Frage
„Können und sollen die Erkenntnisse und eingeleiteten Maßnahmen aus den untersuchten „Reformmodellen“ auf die Stadt Aachen übertragen werden?“
wird in der Anlage 3 „Übersicht der Möglichkeiten zur Kostenoptimierung im KiTa-Bau“ zusammengefasst.
Hierauf kann E26 in seiner Funktion „nur“ baufachlich und gebäudewirtschaftlich antworten und die Entscheider beraten. Auch Nutzer, Bedarfsträger und Politik sind gefragt.
Allerdings: Kostenoptimierung bleibt Daueraufgabe!
Umso wichtiger ist es über den „Tellerrand“ zu schauen, sich in den Vergleich zu stellen und die Reformbemühungen, die z. Zt. auch in anderen Städten laufen immer wieder als Benchmark zu nutzen.
Das städtische Gebäudemanagement ist für die Zukunft am Start gut aufgestellt. Die Erfahrungen aus der Berücksichtigung des „Aachener Standards“ tragen nun Früchte, denn der Gesetzgeber zieht nach: Städte und Kommunen bauen längst Plusenergiegebäude oder Gebäude nach den Nachhaltigkeitskriterien des DGNB oder BNB.
Diese Untersuchung soll die notwendigen Diskussionen dazu unterstützen.
ANLAGE 1a:
Unternehmereinsatzform: Einzelvergabe versus Gesamtvergabe (z.B. Generalunternehmer) -
Vergaberechtliche Betrachtung
Als öffentliche Auftraggeber sind sowohl die Stadt, als auch die StädteRegion Aachen an die öffentlich-rechtlichen Vergaberegularien gebunden.
Die Komplexität der Regelungsdichte hierzu ist in den letzten Jahren massiv angestiegen und führt sowohl bei Auftraggebern, als auch bei Auftragnehmern zu erheblichen Aufwänden.
Die Verzweiflung der operativ ausführenden Architekten und Ingenieure wird zunehmend offen formuliert. Auch der fachkundige Bauherr ist zunehmend abhängig von dem Spezialisten-Wissen der zentralen Vergabestellen.
Die Beherrschbarkeit der Verfahren wird nicht nur aus Sicht der öffentlichen Bauherren-Organisationen zunehmend geringer, während die Eintrittswahrscheinlichkeit und der Auswirkungsgrad von angezeigten (und schadensersatzpflichtigen) Verfahrensverstößen steigt.
Dies führt in der Tendenz dazu, dass auch die Risikobereitschaft und damit der Handlungsspielraum öffentlicher Auftraggeber sinkt – zumal eine maßvolle Fehlertoleranz aufgrund der Höhe möglicher Schäden übergeordnet selten wahrnehmbar ist.
Mit dem „Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts“ wird das Gebot zur Einzelvergabe weiter ausgedehnt und die Möglichkeiten einer Gesamtvergabe stark reduziert.[18] Der Gesetzgeber hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die GU-Vergabe absolute Ausnahme sein soll!
Damit wird die Vergabe in Einzellosen faktisch zu einer Rechtspflicht!
Vergaberechtliche Vorgaben hierzu finden sich in § 97 Abs. 3 GWB (= „Mittelstandsklausel“) und § 5 Abs. 2 VOB/A:
bei EU-weiten Verfahren sind Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Das Gesetz geht für den Regelfall von einer Pflicht zur Bildung und Vergabe von Teil- und Fachlosen aus. Nur in begründeten Ausnahmefällen darf davon abgewichen werden. Voraussetzung dafür ist, dass wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. [19]
Im Rahmen der dem Auftraggeber insoweit obliegenden Entscheidung bedarf es einer umfassenden, projektspezifische Einzelfall-Abwägung der widerstreitenden Belange, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.[20]
Da die Ausnahmeregelung des § 97 Abs. 3 Satz 3 GWB nur die Zusammenfassung mehrerer „Teil- oder Fachlose“ vorsieht, stellt sich die Frage, ob eine Generalunternehmervergabe, die eine Zusammenfassung aller Fachlose (Gewerke) bedeuten würde, überhaupt noch möglich ist.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Rechtsprechung die Ausnahmevorschrift im Sinne einer generellen Unzulässigkeit einer Generalunternehmervergabe auslegen würde.
Geht man davon aus, dass der Abschluss eines Generalunternehmervertrages mit § 97 Abs. 3 GWB nicht generell ausgeschlossen werden sollte, müssten zumindest wirtschaftliche oder technische Gründe angeführt werden können, die einen solchen „erforderlich“ erscheinen lassen. Insoweit wird man im Falle einer Generalunternehmervergabe zwingend verlangen müssen, dass die betreffenden wirtschaftlichen oder technischen Gründe gerade eine Gesamtvergabe aller Gewerke bedingen und diesen Erfordernissen nicht genauso gut durch die Zusammenfassung nur einzelner Gewerke (Pakete) entsprochen werden könnte.
Bei der Frage, welche Anforderungen an die wirtschaftlichen oder technischen Gründe zu stellen sind, die eine Paket- oder Gesamtvergabe rechtfertigen können, wird man aufgrund des Ausnahmecharakters davon ausgehen müssen, dass es sich um technische oder wirtschaftliche Erfordernisse handeln muss, die sich aus der Besonderheit des konkreten Bauvorhabens ergeben und nicht typischer Weise auch auf andere Bauvorhaben zutreffen.
Aus der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf wird deutlich, dass der Verweis auf den erhöhten Koordinations- und Vergabeaufwand einer Einzellosvergabe schon nach der alten Rechtslage nicht ausgereicht hat, um eine Generalunternehmervergabe zu rechtfertigen. Da der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 97 Abs. 3 GWB eine Stärkung der „Mittelstandklausel“ bezweckt hat, wird man dies erst recht für die aktuelle Rechtslage annehmen müssen. Dies hat die Vergabekammer des Bundes mit ihrem Beschluss vom 09.05.2014 – VK 1-26/14 nochmals bestätigt.
Sollte ein Generalunternehmervertrag ausgeschrieben werden, könnten Unternehmen, die lediglich an der Ausführung einzelner Gewerke interessiert sind, einen Verstoß gegen § 97 Abs. 3 GWB rügen und im Falle der Nichtabhilfe ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer einleiten.
Sollte die Vergabekammer die Ausschreibung des Generalunternehmervertrages für unzulässig erachten, könnte diese die Aufhebung der Ausschreibung und – für den Fall des Festhaltens an dem Bauvorhaben – eine Einzelgewerke-Vergabe anordnen. Die Stadt Aachen wäre dann gegenüber dem bereits beauftragten GU schadensersatzpflichtig – dies ggf. in Millionenhöhe!
ANLAGE 1b:
Unternehmereinsatzform: Einzelvergabe versus Gesamtvergabe (z.B. Generalunternehmer) -
Wirtschaftlichkeits-Betrachtung
Die meisten Untersuchungen zu dem Thema zeigen auf, dass die Frage nach der für den Auftraggeber günstigeren Vergabeform nicht pauschal beantwortet werden kann, sondern im Einzelfall und an dem spezifischen Bauvorhaben zu untersuchen ist.[21]
Zudem wird bestätigt, dass die Festlegung der Vergabeform für den AG ein hochkomplexes Entscheidungsproblem darstellt, da Bauvorhaben grundsätzlich Unikate sind und bauherrenspezifische, projektspezifische, marktspezifische und weitere Entscheidungskriterien fachgerecht zu berücksichtigen, zu bewerten/ gewichten und rechtssicher zu dokumentieren sind.
Im allgemeinen erwarten Bauherrn bei GU-Ausschreibungen höhere Angebotspreise, da die Einzelkosten der Teilleistungen sowohl von den Nachunternehmern des GU, als auch von diesem selber mit einem Zuschlag zur Deckung der umsatzbezogenen Gemeinkosten versehen wird. Auch wird vorausgesetzt, dass sich der GU die erhöhte Koordinations- und Steuerungsleistung einschl. der Haftungsübernahme für Subunternehmerleistungen teuer bezahlen lässt (= GU-Zuschlag) und zusätzlich eine erhöhte „Gewinnmarge“ einkalkuliert.
Rechnungshöfe kritisieren daher auch eine GU-Vergabe als zu teuer und unwirtschaftlich und weisen in ihren Untersuchungen/ Stellungnahmen darauf hin, dass bei der Zusammenfassung von Fachlosen regelmäßig Mehrkosten entstünden. Der Preisnachteil kann bis zu 20 % betragen.
Zu der Diskussion nimmt der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), der eher die Einzelvergabe begrüßt, wie folgt Stellung:
„Eine Aufteilung von öffentlichen Bauaufträgen auf mehrere Lose erhöht nicht nur die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung, sondern stärkt auch den Wettbewerb. … Gerade bei der Vergabe in Fach- und Teillose kann der öffentliche Auftraggeber seine Kernkompetenzen als Bauherr erfüllen. Denn ein Verlust dieser Kompetenz führt zu einer Abhängigkeit … von einem kleinen Kreis von Generalunternehmern. … Da der Generalunternehmer eine Minimierung der Subunternehmerkosten anstreben muss, sind Qualitätseinbußen durch Beauftragung billiger und ungeeigneter Nachunternehmer an der Tagesordnung.“[22]
Bei Bauindustrieverband Nordrhein-Westphalen e.V. macht hingegen geltend, dass die Mittelstandsklausel und die daraus resultierende faktische Pflicht zur Einzelvergabe einer differenzierten Betrachtung bedürfen:
„Primäres Ziel der öffentlichen Beschaffung ist der wirtschaftliche Einkauf der öffentlichen Hand und die sparsame Verwendung von Steuergeldern…. Der Grundsatz des Mittelstandsschutzes und der Chancengleichheit kleinerer Unternehmen stößt da an Grenzen, wo der öffentliche Auftraggeber zumindest solche eigenen Interesse nicht zu opfern braucht, die er nur in Gestalt einer Gesamtvergabe zu erreichen vermag.“[23]
Hier kommt zum Ausdruck, dass die GU-Vergabe generell als die wirtschaftlichste gesehen wird. Belegt ist dies nicht!
Weiteres Fachverbände und Kammern vertreten unterschiedlichste Position – je nach jeweiliger Interessenlage.
Leider fehlen den öffentlichen Auftraggebern objektivierbare Maßstäbe oder Studienergebnisse, um die eine oder die andere Position zu bestätigen.
ANLAGE 2: Bauweise – Anmerkungen zu System- und Modulbauten
System- bzw. Modulgebäude sind in ihrer Zielsetzung nicht mit Containern zu verwechseln. Sie stellen grundsätzlich eine Alternative zur herkömmlichen Bauweise dar. Der Fertigsystembau ist ein Bauverfahren, bei dem das Gebäude aus vorgefertigten Bauteilen oder Modulen zusammengesetzt wird. Die Bauteile werden in einem Werk gefertigt, dann zur Baustelle transportiert und nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt.
Fertigsystemanbieter stellen dabei folgende Vorteile heraus:
- bis zu 70 Prozent schnellere Fertigstellung,
- Witterungsunabhängigkeit,
- 100-prozentige Termin- und Kostensicherheit und
- Bis zu 30% geringere Kosten.
Pädagogen, Bedarfsträger, Nutzer und Gebäudebewirtschafter sehen auch Nachteile:
- Fertigsysteme werden nach Kriterien der Fertigungstechnik, des Transportes sowie der Kostengünstigkeit ausgelegt, weitere Aspekte der qualitativen Nutzeranforderungen spielen eine eher untergeordnete Rolle,
- Fertigsysteme werden ohne den städtebaulichen Kontext entwickelt; daraus ergeben sich oft Qualitätseinbußen im Umgang mit individuellen Erfordernissen am Standort,
- Je größer die Abmessungen einzelner Fertigelemente festgelegt wird, umso geringer wird das Potenzial der Anpassungsfähigkeit der Gebäude auf raumfunktionale-pädagogische Bedürfnisse und Veränderbarkeit während der langjährigen Nutzungsphase,
- die KiTa wird zum „Renditeobjekt“, bzw. zu einem monetären Auftrag, den es zu erfüllen gilt,
Die Fragestellung, unter welchen Planungsdeterminanten eine Baukastenlösung im Kindertagesstättenbau ohne Qualitätsminderung sinnvoll ist oder gangbare Gebäudekonzepte entwickelt werden können, die Erstellungskosten durch Rationalisierung von Planungs- und Bauphase minimieren können, steht seit Jahren im Mittelpunkt.[24]
Im direkten Vergleich von Systembauten zu Individualplanungen können beide Planungsmodelle sehr wohl wirtschaftliche Lösungen hervorbringen. Bei der darauf ausgerichteten Planung können individuelle Architektenplanungen ähnliche Kostenkennwerte erreichen wie Systembauten.
Erst die Faktoren des extremen Handlungsdrucks und der Vervielfältigung ergeben einen monetären Vorteil und damit die Begründung für den Einsatz von Systembauten.
Der Berücksichtigung der Nutzerbedürfnisse, der Rahmenbedingungen vor Ort und der Langzeitwirtschaftlichkeit sollte ein größeres Gewicht bei der Planung und Realisierung von Kindertagesstätten zugestanden werden als der Baukonstruktiv-technischen Fertigungskonzeption eines „Baukastensystems“.
Das entscheidende Kriterium neben den Lebenszykluskosten ist aus Sicht des städtischen Gebäudemanagements bei der qualitativen Differenzierung jedoch die Anpassungsfähigkeit des jeweiligen Systems, auf die spezifischen Bedingungen vor Ort und den individuellen Nutzungsanforderungen reagieren zu können. Und hier gilt bisher:
Nur ein ganzheitliches, kompetentes Planungsmodell mit einem hohen Maß an Flexibilität kann die weitreichenden, individuell bestimmten Nutzungsanforderungen bei Kindergartenplanungen befriedigen und darüber hinaus auch zukunftsweisende Überlegungen in den Planungsprozess integrieren.
Abschließend wird für alle an der Planung und Entscheidung Beteiligten die Empfehlung ausgesprochen, sich von Beginn der Planung an über die Sensibilität des Bauaufgabe einer Kindetagesstätte bewusst zu werden, das notwendige Qualitätsspektrum eingehend auf die spezifischen Bedürfnisse abzustimmen und dabei die Prioritäten abzuwägen, um dann eine qualitätvolle Planung für ein auch zukünftig optimal nutzbares Gebäude realisieren zu können.
ANLAGE 3: Übersicht der Möglichkeiten zur Kostenoptimierung im KiTa-Bau
[1] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: „Nachhaltige Unterrichtsgebäude“, Januar 2014, S. 56
[2] Nach einer Untersuchung von Rödl & Partner gibt z.B. i.R.d. Betreiberverantwortung rund 2.000 Vorschriften, von denen sich etwa 500 jährlich ändern und angepasst werden!
[3] Siehe Positionspapier der Betriebsleitung 04/2014: die dazu notwendigen Stellen wurden E26 nicht bewilligt.
[4] Das U3-Programm ist es auf der Internetseite des städtischen Gebäudemanagements als Broschüre abrufbar: http://www.aachen.de/de/stadt_buerger/planen_bauen/gebaeudemanagement/BAU_PROJEKTE/2_baustellen/u3-programm-2012_16.html
Dort wird auch über den aktuellen Stand der Bauvorhaben informiert.
[5] Vorlage E26/0011/WP16 „Planungsanweisungen für städtische Gebäude – Neubauten, Sanierungen und Erweiterungen“,
zur Kenntnis genommen im UmA am 03.03.2010, im BAG am 27.04.2010,
Beschluss im PLA am 25.03.2010: „Der Planungsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis. Er beschließt die Vorgaben entsprechend des „Aachener Standards“ und beauftragt die Verwaltung, diese Vorgaben bei künftigen Vorhaben umzusetzen“.
[6] Deutscher Städtetages, Arbeitskreis Energieeinsparung, „Hinweise zum kommunalen Energiemanagement“, 06/2010, S. 1, Energieleitlinien – Planungsanweisungen
[7] Die Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden wurde als Neufassung am 16. Juni 2010 im Amtsblatt der Europäischen Union verkündet. Sie ist bereits seit dem 7. Juli 2010 in Kraft. Artikel 9, Absatz 1, formuliert die Forderung nach Niedrigstenergie-Gebäuden.
[8] Energie-Einspar-Gesetz (EnEG), Art 1, § 2a: Neubauten als Niedrigstenergie-Gebäude.
[9] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: „Nachhaltige Unterrichtsgebäude“, Januar 2014, S. 56
[10] Z.B.: 1. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: „Energieeffizienter Neubau von Nichtwohngebäuden kommunaler und sozialer Einrichtungen“, April 2015, 2. Zahlreiche Veröffentlichungen der Energieagentur NRW, 3. EnOB-Publikationen 2014/15 (Forschung für energieoptimiertes Bauen): „Wirtschaftlichkeit von energieoptimierten Gebäuden“ und „Baukosten von energetisch optimierten Büro-Neubauten“
[11] Wert, der das Verhältnis von Kosten zu einer Bezugseinheit darstellt ( z.B.: Grundflächen, Rauminhalte, Kostenbereiche, Elemente, Leistungen etc.)
[12] Die Gründe hierfür liegen projektspezifisch in der Bauaufgabe begründet (z.B. durch hohe Umbauanteile, kein reiner Neubau)
[13] www.LVR.de >Jugend >Tageseinrichtungen für Kinder >Rundschreiben, Arbeitshilfen, Formulare> Raummatrix und Raumempfehlungen, http://www.lvr.de/media/wwwlvrde/jugend/service/arbeitshilfen/dokumente_94/kinder_und_familien/tageseinrichtungen_f_r_kinder/2012-09-01-Raummatrix.pdf
[14] Univ.-Prof. Dr.-Ing. Peter Racky: „Fachlosweise Vergabe oder Generalunternehmervergabe als Entscheidungsproblem des Bauherrn“, Gutachterliche Stellungnahme Uni Kassel, Fachgebiet Baubetriebslehre, beauftragt und herausgegeben
vom Hauptverband der deutschen Bauindustrie e.V., 2008, S. 18
[15] Mitteilung der Ad-Hoc-Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte der Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes und der Obersten Landesgesundheitsbehörden von 11/ 2008, Leitwert: 1500 ppm CO2
[16] DIN 13779 2007-09 „Lüftung von Nichtwohngebäuden – Allgemeine Grundlagen und Anforderungen für Lüftungs- und Klimaanlagen und Raumkühlsysteme“, dient der Anwendung bei der Planung von Raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen)
[17] Rödl & Partner, „HOAI-Leistungen – mehr Eigenleistung wagen?“, Focus Public Sector, Ausgabe 01/2014, S. 11-12
[18] Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts, verabschiedet vom Deutschen Bundestag am 19.12.2008, Zustimmung vom Bundesrat 13.02.2009.
[19] Siehe zu § 97 Abs. 3 GWB auch Kus, NZBau 2009, 21, Ortner, VergabeR 2011, 677 sowie Michallik, VergabeR 2011, 683.
[20] OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 VII Verg 52/11.
[21] Z.B. Untersuchungen von: Gralla, M., Schriek, T., Bleckem, U./ Boenert, T., Preuß, N., Weeber, H./ Bosch, S., Girmscheid, G.
[22] Presseinformation des ZDB, 65/ 2009 vom 28.12.2009, Stellungnahme des ZDB-Präsidenten Loewenstein
[23] Bau Kommunal, Ausgabe 1/2010, S. 8, herausgegeben vom Bauindustrieverband Nordrhein-Westphalen e.V.
[24] Bauhaus Uni Weimar: „Die Architektur des Kindergartens im 20. Jahrhundert in Deutschland - Eine Untersuchung im Hinblick auf konzeptionelle Qualitäten im Spektrum von individueller Planungsvielfalt und Baukastensystemen“, 05/ 2000