Kenntnisnahme - E 18/0072/WP17
Grunddaten
- Betreff:
-
Neuausrichtung Abfallwirtschaft
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- E 18 - Aachener Stadtbetrieb
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb
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Kenntnisnahme
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06.09.2016
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Erledigt
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Rat der Stadt Aachen
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Entscheidung
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14.09.2016
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
1. Der Betriebsausschuss Aachener Stadtbetrieb nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis und empfiehlt dem Rat der Stadt Aachen die Neuausrichtung der Abfallwirtschaft zu beschließen.
2. Der Rat der Stadt Aachen beschließt auf Vorschlag und Empfehlung des Betriebsausschusses Aachener Stadtbetrieb die Neuausrichtung der Abfallwirtschaft
Erläuterungen
Erläuterungen:
- Ausgangslage
Seit dem Jahr 2008 bewegten sich die Abfallgebühren der Stadt Aachen auf einem konstanten Niveau und wurden der Höhe nach nicht angepasst. Gleichzeitig sind die Kosten der Abfallentsorgung in den letzten Jahren stetig gestiegen. Durch Entnahmen aus dem Sonderposten der Abfallwirtschaft konnten die Unterdeckungen der vergangenen Jahre ausgeglichen und auf eine Anhebung der Gebühren verzichtet werden, um eine Belastung des Gebührenzahlers zu vermeiden.
Durch das stetige Abschmelzen der Rücklage konnte für das Jahr 2016 letztmalig eine Entnahme aus dem Sonderposten vorgenommen werden, sodass diese Möglichkeit für das kommende Wirtschaftsjahr nicht mehr gegeben ist.
Gründe der Kostenentwicklung sind, einhergehend mit dem demografischen Wandel, die gestiegenen spezifischen Logistik- und Behandlungskosten, geringere Fahrzeugauslastungen, sinkendes Restabfallbehältervolumen bei steigenden Behälterzahlen sowie eine anforderungsbezogene Steigerung der Personalkosten.
Durch die aktuelle und weitergehende Entwicklung in Aachen ist es erforderlich, eine zielgerichtete Neuausrichtung der Aachener Abfallwirtschaft vorzunehmen, um eine zukunftssichere und nachhaltige Abfallsammlung in Aachen zu gewährleisten. Gleichfalls soll unter Berücksichtigung von Gebührengerechtigkeit und Gebührenstabilität einer weiteren Kostensteigerung entgegen gewirkt werden.
In der Betriebsausschusssitzung vom 13.04.2016 wurde der Aachener Stadtbetrieb beauftragt, ein detailliertes, beschlussfähiges und rechtssicheres Konzept zur Neuausrichtung der Abfallwirtschaft zu entwickeln.
Hierzu wurde eine interfraktionelle Arbeitsgruppe gebildet sowie das Institut für Abfall, Abwasser und Infrastrukturmanagement GmbH (INFA) als externer Berater hinzugezogen.
Ziel der Neuausrichtung ist es, unter Berücksichtigung des demografischen Wandels, eine aufwandsbezogene und kostendeckende Abfallwirtschaft mit nachhaltig ökologischer Ausrichtung in Aachen sicher zu stellen.
- Zukunftssicheres und nachhaltiges Konzept zur Abfallsammlung
Die interfraktionelle Arbeitsgruppe hat in ihren beiden Sitzungen am 10.05. und 20.05.2016 folgende Maßnahmen für eine zukunftssichere und nachhaltige Abfallsammlung in Aachen entwickelt.
2.1 Maßnahmenpaket I – Logistik
Inhalt des Maßnahmenpaketes ist eine Reduzierung des derzeitigen Logistikaufwandes und damit einhergehend eine Senkung der spezifischen Logistikkosten. Dies soll durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
Im Bereich Restabfall:
- Festlegung der Regelintervalle auf 2-wöchentlich und 4-wöchentlich; Beibehaltung des wöchentlichen Intervalls nur für definierte Ausnahmefälle
- Einführung eines 90 l und 240 l Behälters
Zukünftige Behältergrößen und Leerungsintervalle:
- 60 l 4-wöchentlich
- 90 l 2-wöchentlich, 4-wöchentlich
- 120 l 2-wöchentlich, 4-wöchentlich
- 240 l 2-wöchentlich, 4-wöchentlich
- 770 l 2-wöchentlich, 4-wöchentlich
- 1.100 l 2-wöchentlich, 4-wöchentlich
Ein Vergleich mit anderen Städten zeigt, dass die überwiegende Behältergröße bei 120-Liter Restabfallbehältern liegt. In der Stadt Aachen sind jedoch etwa 65 Prozent aller Gefäße 60-Liter-Behälter. In den anderen Städten liegt dieser Anteil im Mittel bei nur etwa 16 Prozent.
Der zukünftig nicht mehr angebotene 60-Liter-Abfallbehälter mit wöchentlicher Leerung kann 1:1 durch einen 120-Liter-Behälter mit 2-wöchentlicher Leerung ersetzt werden.
Weiterhin wird zukünftig ein 120-Liter-Behälter mit 4-wöchentlicher Leerung eingeführt, sodass der 60-Liter-Behälter mit zweiwöchentlicher Leerung ebenfalls vom Behältervolumen her 1:1 ersetzt wird.
Die Einführung eines 90-Liter-Behälters dient zur passgenaueren Anpassung des Restabfallbehälters an die anfallende Restabfallmenge sowie die jeweilige Haushaltsgröße.
Die Einführung eines 240-Liter-Behälters dient bei entsprechenden Gebührenanreizen ebenfalls zur Substitution von kleineren Behältern.
Das wöchentliche Intervall wird nur noch in definierten Ausnahmefällen, z.B. bei Kellerstandplätzen, 4-Rad-Gefäßen (MGB 770 und 1100 l) sowie besonderen Rahmen-/Platzbedingungen im Wege der Einzelfallprüfung angeboten.
Durch diese Umstellungen reduzieren sich die jährlichen Behälterentleerungen beim Restabfall von derzeit 1.903.889 Leerungen um 24,9 % auf prognostizierte 1.429.890 Leerungen. Die Grobermittlung der dadurch zu erzielenden Kosteneinsparung beläuft sich auf rund 270.000,-- Euro.
Im Bereich Bioabfall:
- Streckung des Leerungsintervalls von wöchentlich auf 2-wöchentlichen Regelintervall
- Einführung eines 90 l Behälters
- Bioabfallbehältergröße mit erweiterter Wahlmöglichkeit
Zukünftige Behältergrößen und Leerungsintervalle:
- 60 l 2-wöchentlich
- 90 l 2-wöchentlich
- 120 l 2-wöchentlich
- 240 l 2-wöchentlich
Im Bereich Bioabfall führt die Bestandsaufnahme zu ähnlichen Ergebnissen wie beim Restabfall.
Ein Vergleich mit anderen Städten zeigt, dass die überwiegende Behältergröße bei 120-Litergefäßen liegt. In der Stadt Aachen hingegen sind etwa 78 Prozent aller Gefäße 60-Liter-Behälter. In den anderen Städten liegt dieser Anteil im Mittel bei nur etwa 12 Prozent.
Zurzeit erfolgt die Sammlung des Bioabfalls im Stadtgebiet Aachen wöchentlich. Innerhalb des Gebietes des Zweckverbandes Entsorgungsregion West (ZEW) ist die Stadt Aachen die einzige Stadt, die eine wöchentliche Abfuhr des Bioabfalls durchführt. Die restlichen 24 Kommunen sammeln die Bioabfälle zweiwöchentlich. Auch ein deutschlandweiter Vergleich zeigt, dass 66 Prozent aller Städte die Bioabfallsammlung in einem zweiwöchentlichen Rhythmus durchführen.
Durch die Einführung einer zweiwöchentlichen Sammlung von Bioabfall wird die Anzahl der jährlichen Behälterleerungen von derzeit 2.127.060 Leerungen um 46,6 % auf prognostizierte 1.135.602 Leerungen reduziert. Die Grobermittlung der dadurch zu erzielenden Kosteneinsparung beläuft sich auf rund 555.000,-- Euro.
Im Bereich Sperrabfall:
- Einführung einer Verwaltungsgebühr i.H.v. 15 €
Ziele dieser Maßnahme sind eine Erhöhung der Verursachergerechtigkeit sowie eine kostenreduzierende Mengensteuerung beim Sperrabfall. Durch die Einführung einer Verwaltungsgebühr mit Lenkungsfunktion für Sperrabfall ab der 1. Abholung i.H.v. 15 € werden sich voraussichtlich die jährlichen Abfuhraufträge von derzeit 52.600 Aufträgen um rund 70 % auf prognostizierte 15.780 Aufträge reduzieren. Durch die zu erwartende drastische Minimierung der Entsorgungsfahrten wird gleichfalls ein ökologischer Vorteil generiert. Die Grobermittlung der dadurch zu erzielenden Kosteneinsparung unter Einrechnung der zu erwartenden Lenkungsgebühren beläuft sich auf ca. 490.000,-- Euro.
2.2 Maßnahmenpaket II – Gebühren
Ziele des Maßnahmenpaketes II sind die Gewährleistung einer geordneten Entsorgung, die Reduzierung der Inanspruchnahme des amtl. Restabfallsackes, eine aufwandsgerechtere Kostenzuordnung sowie eine Abfederung der demografischen Effekte.
Dies soll durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
- Einführung eines spezifischen Mindestbehältervolumen i.H.v. 7,5 l je Einwohner und Woche
- Preisanpassung amtlicher Restabfallsack auf 7 €
- Einführung eines demografiesicheren Gebührenmodells (Grund- und Leistungsgebühr)
Mindestbehältervolumen
Derzeit ist es nach der aktuellen Satzungslage so, dass sich jeder Haushalt, unabhängig von der jeweiligen Personenanzahl, einen Restabfallbehälter seiner Wahl bestellen kann. In Aachen ist der 60 l Behälter beim Restabfall mit knapp 65 % und beim Bioabfall mit rund 78 % die am häufigsten verwandte Behältergröße.
Im gesamten Stadtgebiet sind rund 73.000 60 l Rest- und Bioabfallbehälter aufgestellt, die im Rahmen der Entsorgung einen enormen logistischen und kostenmäßigen Aufwand darstellen.
Durch die Einführung eines in vielen anderen Städten bereits allgemein üblichen Mindestbehältervolumens für Restabfallbehälter sollen folgende Vorteile generiert werden:
- Gewährleistung einer geordneten Entsorgung des in privaten Haushaltungen anfallenden Abfalls
- Verhinderung überhöhter Störstoffquoten in Wertstoffen (insb. Bio und LVP)
- Begrenzung der Sperrmüllmengen
- Begrenzung der Nutzung unerwünschter Entsorgungswege (z.B. „wilde Müllstellen“)
- Verhinderung von häufigem Überhangmüll
- Reduzierung der Inanspruchnahme von amtl. Restabfallsäcken
- Begrenzung der Tendenz zu immer kleineren Abfallbehältern
- Gebührenstabilität.
Es ist beabsichtigt, in der Abfallwirtschaftssatzung der Stadt Aachen ein Mindestbehältervolumen von 7,5 l pro Person und Woche festzuschreiben, sodass zukünftig das 60 l Restabfallgefäß mit 4-wö. Leerung i.d.R. nur noch für 2-Personen-Haushalt in Betracht kommt.
Amtlicher Restabfallsack
Die Nachfrage nach amtlichen Restabfallsäcken nimmt stetig zu. In dem Zeitraum von 2011 bis 2015 ist die Zahl der verkauften Restabfallsäcke um etwa 27 Prozent angestiegen. Das Volumen des amtlichen Restabfallsackes beträgt 70 Liter bei einem Preis von 3,00 Euro. Bei einer wöchentlichen Nutzung des amtlichen Restabfallsackes zahlt der Bürger pro Jahr 156,00 Euro (=3,00 Euro x 52 Wochen). Die Gebühr für einen 60-Liter-Behälter mit wöchentlicher Leerung liegt hingegen bei 276,00 Euro pro Jahr. Die zu geringe Restabfallsackgebühr führt insgesamt zu einem Gebührenverlust von etwa 270.000 Euro pro Jahr. Diese Gegenüberstellung verdeutlicht, dass die Kosten für den amtlichen Restabfallsack in der Vergangenheit zu niedrig waren und eine kostendeckende Erhöhung auf 7,00 Euro geboten ist.
Hierdurch wird eine Reduzierung der Inanspruchnahme der amtlichen Restabfallsäcke erhofft, sodass die Nutzung dieser Restabfallsäcke nicht weiterhin zur Regel wird. Vielmehr soll die Kostenerhöhung wieder dazu führen, dass die amtlichen Restabfallsäcke nur in Ausnahmefällen, wie ursprünglich angedacht, verwendet werden und die Entsorgung der Restabfälle über ausreichend große Behälter erfolgt.
Gebührenmodell
Die aktuelle Restabfallgebühr (Einheitsgebühr) beinhaltet folgende abfallwirtschaftliche Leistungen:
- Restabfallentsorgung
- Bioabfallentsorgung
- Papierentsorgung
- Nutzung von 2 Wertstoffhöfen
- Sperrgutabfuhr
- Elektro- und Elektronikabfallentsorgung
- Baum- und Strauchschnittabfuhr
- Grünschnittsammlung an Sammelplätzen
- Weihnachtsbaumsammlung
- Abgabe schadstoffhaltiger Abfälle.
Die Höhe der Jahresgebühr richtet sich derzeit ausschließlich nach der Anzahl, dem Volumen und der Abfuhrhäufigkeit der Restabfallbehälter (Litermaßstab).
Da jedoch das Restabfallvolumina in Aachen rückläufig ist, führt dies zwangsläufig dazu, dass der steigende Logistikaufwand und damit auch die steigenden Kosten auf eine immer geringer werdende Basis (Restabfallvolumen) umgelegt werden muss.
Um diesem negativen Trend zu begegnen, ist beabsichtigt, zukünftig eine behälterbezogene Grundgebühr mit linearen Leistungsgebühren für den Restabfall und den Bioabfall einzuführen.
Hierzu ist eine Teilung der Gebühren in einen leistungsunabhängigen Teil (Vorhaltekosten) und einen leistungsabhängigen Teil beabsichtigt.
Durch die Grundgebühr sollen alle Gebührenschuldner an den Vorhaltekosten beteiligt und ein Einnahmesockel unabhängig von der Inanspruchnahme der Leistung gesichert werden. Darüber hinaus soll eine gerechtere Verteilung der fixen und variablen Kosten erfolgen und die Einflüsse durch den demografischen Wandel und das rückläufige Restabfallbehältervolumina abgefedert werden.
Durch die Einführung einer separaten Leistungsgebühr für Rest- und Bioabfall soll mehr Gebührentransparenz durch klare Kostenzuordnung geschaffen werden.
3. Ergebnis
Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen soll eine zukunftssichere und nachhaltige Abfallsammlung in Aachen gewährleistet und gleichzeitig einer weiteren Kosten- und Gebührensteigerung entgegengewirkt werden. Die prognostizierten Einsparpotenziale werden sich in den Folgejahren schrittweise durch die Reduzierung von Personal-, Sach- und Investitionskosten kurz- bis mittelfristig ergeben.
Zur Umsetzung dieser Maßnahmen ist eine Änderung der Abfallwirtschaftssatzung sowie der Abfallgebührensatzung erforderlich.