Entscheidungsvorlage - FB 62/0045/WP15

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Rat der Stadt beschließt, die Graf-Schwerin-Straße und die Diemstraße umzubenennen. Die Verwaltung wird beauftragt, die Umbenennung der Graf-Schwerin-Straße und der Diemstraße einzuleiten.

 

Die Verwaltung wird weiterhin beauftragt, nach Abschluss der vorbereitenden Maßnahmen, unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung dieser Straßenumbenennungen dem Rat der Stadt Aachen Beschlussvorschläge für die Umbenennung vorzulegen.

 

Der Rat der Stadt nimmt die Empfehlung der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis, vor einer abschließenden Beurteilung zur Person Petrus Josephus Debye die Ergebnisse der in den Niederlanden laufenden Untersuchungen, insbesondere das ausstehende Gutachten des Nederlands Instituut voor Oorlogsdokumentatie (NIOD), abzuwarten, damit die Ergebnisse in eine Beurteilung einbezogen werden können.

 

Der Rat der Stadt beauftragt die Arbeitsgruppe zur Überprüfung des städtischen Straßenverzeichnisses nach Personen, die während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Sinne der Naziherrschaft gehandelt, das System durch ihr Handeln unterstützt oder gefördert haben, sich sobald möglich mit den Ergebnissen aus den niederländischen Untersuchungen auseinanderzusetzen und eine Empfehlung zur Frage der Umbenennung der Debyestraße vorzulegen. 

 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

 

Überprüfung des städtischen Straßenverzeichnisses nach Personen, die während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Sinne der Naziherrschaft gehandelt, das System durch ihr Handeln unterstützt oder gefördert haben

 

hier: Gerhard Graf von Schwerin, Carl Diem und Josephus Debye

 

1.  Anträge und Allgemeines

 

In den vergangenen Jahren wurden mehrere Anträge auf Umbenennung der Graf-Schwerin-Straße gestellt:

 

-      Schüler der Städt. Gesamtschule Aachen-Brand als Ergebnis einer Projektwoche vom 09.10.2003

-      Anti Diskriminierungs Büro vom 18.05.2004

-               Bürgerantrag der Herren O. B., G. B., W. M. u.a. vom 01.04.2005

-      Grüne B Bezirksvertretung in der Stadt Aachen vom 30.08.2005.

 

Die Anträge auf Umbenennung wurden im wesentlichen mit der Verantwortung des Generals von Schwerin an der Erschießung von zwei Jugendlichen am 13.09.1944 begründet.

 

Der Ningbo-Verein möchte bei Umbenennung der Graf-Schwerin-Straße diese künftig als Ningbo-Straße benennen.

 

Mit Schreiben vom 18.05.2004 hat das Anti-Diskriminierungs-Büro den Bürgerantrag gestellt, die Diemstraße umzubenennen.

 

Mit Schreiben vom 25.02.2006 hat die Deutsch-Israelische Gesellschaft e.V. den Antrag gestellt, die Debyestraße in Raoul-Wallenberg-Straße umzubenennen. Ziel dieses Antrages ist es, den schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg wegen seines Einsatzes zur Rettung von mehr als 30.000 Juden zu ehren.

 

Auf Grund des Beschlusses des Hauptausschusses vom 06.09.2006 wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, die die Aufgabe hat, das städtische Straßenverzeichnis nach Personen zu überprüfen, die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Sinne der Naziherrschaft gehandelt, das System durch ihr Handeln unterstützt oder gefördert haben.

 

Diese Arbeitsgruppe wurde gebildet aus

 

-    je einem Vertreter der im Rat vertretenen Fraktionen

-    Vertretern der Verwaltung und

-    Fachhistorikern bzw. Vertretern der Wissenschaft (VHS, RWTH Aachen).

 

Die Arbeitsgruppe hat mehrfach getagt.

 

Sie ist für ihre Arbeit und die von ihr vorzunehmende Bewertung davon ausgegangen, dass der Name einer Straße einerseits Zeugnis städtischer Geschichte ist und andererseits dokumentiert, welche Ereignisse oder welche Personen eine Stadt in früherer Zeit eines Gedenkens oder einer Ehrung für würdig befunden hat.

 

Die Erfüllung des Auftrages zur Überprüfung von Straßennamen erforderte deshalb zweierlei: die Aufarbeitung und die Bewertung des jeweils zugrunde liegenden geschichtlichen Ereignisses sowie die Beurteilung der Begründung, die zur Ehrung geführt hat. Besondere Sorgfalt war dabei selbstverständliche Voraussetzung. Umbenennungen von Straßen sind schließlich stets eine Tilgung des Gedenkens und werden, wenn sie falsch oder auch nur vorschnell vorgenommen werden, zur Verfälschung geschichtlicher Tatsachen und Zusammenhänge führen.

Bei Abweichungen gegenüber früheren Entscheidungen ist deshalb die Nachweisbarkeit, mindestens aber die schlüssige Nachvollziehbarkeit der Gründe erforderlich, die zu einer Veränderung führen sollen.

 

Die Arbeitsgruppe war sich einig, dass eine nachträgliche Umbenennung von Straßen deshalb nur dann erfolgen kann, wenn sie als unabweisbar erscheint, so beispielsweise wenn es vorwerfbare Handlungen oder Äußerungen einer Person, nach der die Straße benannt ist, gibt, die so erheblich sind, dass die Aufrechterhaltung des historisch überlieferten Namens heute politisch und moralisch nicht mehr vertretbar erscheint. Bloße Zweifel sollten für eine Umbenennung nicht ausreichen.

 

Zudem war das Interesse von Nachkommen und nahestehenden verwandten Namensträgern an dem Fortbestand der Ehrung zu berücksichtigen.

Andererseits verlangt auch die Achtung vor den Opfern von Kriegen und Gewalttaten sowie die Aufarbeitung der eigenen nationalen Geschichte, dass Ehrungen nur erfolgen bzw. aufrechterhalten werden,  wenn sie vor klaren historischen Erkenntnissen Bestand haben. Das gilt gerade für die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Zeit, vor allem als Lehrbeispiel gegenüber den nachfolgenden Generationen.

 

Die Arbeitsgruppe und die Gutachter kommen zu folgenden Feststellungen und Ergebnissen:

 

2.     Gerhard Graf von Schwerin

 

Die Arbeitsgruppe hat sich intensiv mit der Person Gerhard Graf von Schwerins beschäftigt und dabei u. a. Ergebnisse aus juristischen Verfahren herangezogen.

 

Ergänzend zu den Studien der Arbeitsgruppe hat die Stadt Aachen am 31.01.2007 ein Gutachten an die Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der RWTH, Prof. T., in Auftrag gegeben, das folgendes Auftragsmandat enthielt: A... die Erstellung eines wissenschaftlichen Gutachtens zu den Ereignissen in Aachen im September 1944 unter besonderer Berücksichtigung der Person Gerhard von Schwerin@.

 

2.1   Die Rehabilitierung der Opfer und die strafrechtlichen Untersuchungen

 

Der Sachverhalt der standrechtlichen Erschießung von zwei Jungen im Alter von 14 Jahren durch deutsche Wehrmachtsangehörige am 13.09.1944 wegen angeblicher Plünderung ist öffentlich bekannt.

 

Die Angehörigen der beiden erschossenen Jugendlichen hatten am 23.8.2003 bei der Staatsanwaltschaft Aachen sinngemäß beantragt,

-      die beiden erschossenen Jugendlichen zu rehabilitieren

-      und die Erschießung nochmals unter strafrechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen.

 

Die Verwaltung hat Einsicht in die Strafakten aufgrund der Anzeige der Angehörigen im Jahre 1951 wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit zum Nachteil von Karl Schwartz und Johann Herren (6 Js 1742/50 Staatsanwaltschaft Aachen) genommen. Nach Auslaufen des Kontrollgesetzes Nr. 10 war dieses Strafverfahren eingestellt worden. Die Verwaltung empfahl der Staatsanwaltschaft, die Ermittlung wegen des Verdachts auf einen noch nicht verjährten Mord an den Jugendlichen wieder aufzunehmen. Die StA Aachen legte mit gleicher Empfehlung die Akten der hierfür zuständigen Zentralstelle für NS-Verbrechen bei der StA Dortmund vor.

 

Der Rehabilitierung der Jugendlichen Karl Schwarz und Johann Herren wurde rechtskräftig mit Beschluss des OLG Köln vom 18. Februar 2006 Az.: 2 Ws 540/04 entsprochen. Ausdrücklich stellt das OLG Köln fest: ‘Es handelt sich bei der standrechtlichen Verurteilung der beiden Jugendlichen um einen nur äußerlich in das Gewand eines ‘Urteils’ gekleideten, unter Verletzung elementarer Menschenrechte begangenen Akt der Willkür, mit dem aus militärischen Gründen die Aufrechterhaltung  der nationalsozialistischen  Schreckensherrschaft bezweckt war. Der Senat fügt ausdrücklich  hinzu, dass nach den Ermittlungen in dem seinerzeit durch die Staatsanwaltschaft Aachen geführten Verfahren ein greifbarer Anhaltspunkt  für den Vorwurf der Beteiligung der Jugendlichen an Plünderungen fehlt. Vielmehr ist  ... davon auszugehen, dass aus menschenverachtender Gesinnung an den Jugendlichen ein Exempel statuiert werden sollte.’ Diese Entscheidung wurde der Sache nach vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 8.3.2006 Az. 2 BvR 486/05 bestätigt.

 

Die Zentralstelle für NS-Verbrechen bei der StA Dortmund 45 UJs 2/04 stellte, obwohl wegen des Zeitablaufs viele Beteiligte verstorben oder nicht mehr vernehmungsfähig waren, außerordentlich gründliche Ermittlungen an. Hierbei blieb ungeklärt, welche Stelle innerhalb der Divisionsbefehlsebenen  die Todesurteile auf die über Funk erfolgte Anfrage hin bestätigt hat.

 

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich aus den Aussagen der Nachkriegszeit rekonstruieren lässt, dass die Entscheidung General von Schwerins aus den Mittagsstunden des 13. Septembers 1944, die Stadt aktiv zu verteidigen und dabei die Ordnung in der Stadt durch Streifen und standgerichtliche Urteile wieder herzustellen, in ihrer Konsequenz zur Hinrichtung von Karl Schwartz und Johann Herren geführt hat. Schwerins Entschluss zum Vormarsch durch die Stadt, die hierbei eingeleiteten militärischen Ordnungsmaßnahmen und die (nicht eindeutig geklärte) Einsetzung eines Stadtkommandanten setzten eine Handlungskette in Gang, die in der Erschießung mündete. Die Durchführung der Exekution der beiden Jugendlichen selbst lag im direkten Verantwortungsbereich des Gerichtsherrn des Standgerichtes, Hauptmann Gerke. General Schwerins Bericht vom 15. September 1944 beweist, dass er am späten Nachmittag des 13. September 1944 von der Hinrichtung der Jungen wusste. Ob er unmittelbar vor der standrechtlichen Erschießung von dem Vorfall erfahren hat, bleibt im Dunkel der Geschichte. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung ist heute nicht mehr möglich. Damit bleibt festzustellen, dass General von Schwerin als kommandierender General der Division zwar die Verantwortung für diese Todesurteile trägt, eine Zurechnung der rechtlichen und moralischen Verantwortung für die vom OLG Köln als ‘Verletzung der Menschenrechte’ und von der Staatsanwaltschaft  als ‘Mord’ qualifizierten besonderen Tatumstände aber keine Grundlage in den akribisch geprüften erhaltenen Quellen findet.

Dieses Ergebnis wird auch von den Gutachtern der RWTH geteilt.

 

2.2 Die Ehrungen des Grafen von Schwerin in Aachen

 

Gerhard Graf von Schwerin wurde im Jahr 1957 durch eine Feierstunde mit Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Aachen und in der Folge im Jahr 1963 durch die Benennung einer Straße geehrt. Die Ehrungen wurden jeweils begründet mit der damaligen Annahme, dass Graf von Schwerin als `Retter von AachenA in widerständlerischer Absicht gegen das NS-Regime Aachen den Amerikanern in die Hände spielen wollte, um möglichst bald den Krieg zu beenden und gleichzeitig Aachen und seine Bewohner zu schützen.

 

Das von der Stadt Aachen in Auftrag gegebene Gutachten, durch welches neue Erkenntnisse über die Ereignisse im September 1944 in Aachen dargelegt werden

( s. http://www.aachen.de/de/geschichte ), kommt zu einem anderen Ergebnis. Auf die detaillierten Ausführungen im Gutachten wird Bezug genommen.

 

Das Gutachten stellt zunächst die ineinandergreifenden Befehlsstrukturen der sich auf deutschen Boden zurückziehenden militärischen Führung und der NSDAP sowie die Entwicklung der Lage dar.

Nach Auffassung der Gutachter lassen sich alle Handlungsweisen und Befehle Graf von Schwerin=s allein aus der militärischen Lage ableiten. Seine Aktivitäten dienten der Wiederherstellung der Ordnung auf Aachens Straßen und dem Ziel, möglichst ungestört mit seinen Truppen militärische Handlungen auszuführen. Im Vordergrund habe die Freimachung der Straßen für Transporte und Truppenbewegungen gestanden, nicht jedoch der Schutz der Stadt und der Zivilbevölkerung.

Im Übrigen sagen die Gutachter, dass das Eingreifen des Generals nicht als Unterbrechung einer noch laufenden Evakuierung aufgefasst werden könne. Die Evakuierung sei bereits am Vorabend praktisch zum Erliegen gekommen. Die Anordnungen von Schwerins hätten deshalb nur noch bei den in der Stadt Zurückgelassenen und Verunsicherten für Klarheit gesorgt.

 

Unstreitig ist, dass General von Schwerin vermutlich am frühen Morgen des 13. September handschriftlich eine Nachricht an den Kommandeur der amerikanischen Einheiten verfasste, im Fall des Vorrückens Stadt und Zivilbevölkerung zu verschonen. Die Gutachter belegen, dass zu diesem Zeitpunkt General von Schwerin die Stadt mit seinen Wehrmachtstruppen nicht für verteidigungsfähig gehalten habe. Gegen Mittag sei er allerdings schon von einer verbesserten Verteidigungslage ausgegangen und habe deswegen angeordnet, dass seine Division den Kampf mit den Amerikanern aufnehme. Tatsächlich hat es dann auch Verteidigungsversuche der 116. Panzerdivision gegeben, die zu diesem Zeitpunkt einen Durchbruch der Amerikaner vereiteln konnten. Das Vorrücken der von General von Schwerin befehligten Panzerdivision habe dazu beigetragen, das Schicksal Aachens als Schlachtfeld zu besiegeln, auf dem sich noch Tausende Zivilisten befanden.

Die Gutachter weisen des Weiteren darauf hin, dass General von Schwerin ab der Mittagszeit, d. h. nach veränderten Rahmenbedingungen und einer neuen Lageeinschätzung, alles in Bewegung gesetzt habe, den zuvor geschriebenen ‚Zettel’ an die Amerikaner wieder einzuziehen. Diese Notiz ist jedoch im Original bis auf den heutigen Tag verloren gegangen.

 

Das Gutachten räumt ein, dass eine vollständige Rekonstruktion der damaligen Ereignisse heute nicht mehr möglich ist und auch mangels Zeugenaussagen alle Beweggründe für Entscheidungen nicht rekonstruiert werden können.

 

Zusammenfassend hält man jedoch fest, dass der für die Ehrung Graf von Schwerin=s immer wieder als ausschlaggebend benannte schriftliche Appell an die Amerikaner nicht nur aus einer falschen Lageeinschätzung heraus resultierte und damit keine aktive Übergabe der Stadt an die Alliierten implizierte, sondern Graf von Schwerin ihn unter allen Umständen auch wieder einziehen wollte.

Die militärisch-ordnungsrechtlichen Maßnahmen hatten danach keine schonende Wirkung der Stadt und der Zivilbevölkerung zum Ausgangspunkt.

 

Des Weiteren stellt das Gutachten fest, dass in der Nachkriegszeit verschiedene zusammentreffende Aktivitäten, Veröffentlichungen und Beweggründe dazu führten, einen Mythos um Graf von Schwerin zu bilden, der insbesondere die Rettung der Stadt Aachen zum Gegenstand hatte.

Die Mythologisierung sei jedoch falsch und frei erfunden, weil ein Plan zur Rettung der Stadt allenfalls einen Vormittag lang Bestand gehabt habe und zudem auf eine Fehleinschätzung zurückzuführen gewesen sei. Die tatsächlichen Ereignisse dieses Tages, insbesondere der Versuch zur Rücknahme der Übergabenachricht und vor allem die Verteidigungsaktivitäten der Wehrmacht gegenüber den Alliierten seien außer Betracht geblieben. In der Diskussion der Nachkriegszeit sei allerdings das Vormittags-Ereignis immer stärker isoliert in den Vordergrund getreten. Fakten, die der Mythologisierung entgegengestanden hätten, wie die Exekution der beiden Jugendlichen oder das tatsächliche Verhalten der 116. Panzerdivision, wären dagegen maginalisiert und aus dem logischen Zusammenhang der Handlungsabläufe herausgelöst worden. So sei seit der Beendigung des Krieges die Diskrepanz zwischen Bild und Wirklichkeit ständig gewachsen.

Der Benennung einer Straße nach Graf von Schwerin in Aachen als vermeintlichem ‚Retter der Stadt’ fehle die hinreichende reale Grundlage. Als General der Wehrmacht ohne Anteil am militärischen Widerstand habe er während des gesamten Dienstes in der Wehrmacht den Nationalsozialismus unterstützt. Diesen Handlungsrahmen habe er auch im September 1944 mit seinem Verhalten in Aachen nicht verlassen.

 

2.3  Fazit

 

Nach Bewertung der Angelegenheit durch die Arbeitsgruppe, Prüfung der gerichtlichen Entscheidungen sowie Beurteilung des Gutachtens der Historiker der RWTH vom Mai 2007 mit dem Titel ‚Gerhard Graf von Schwerin und das Kriegsende in Aachen B Ereignis, Mythos, Analyse’ kommt die Verwaltung zu dem Ergebnis, dass Graf von Schwerin

 

-     keine unmittelbare Verantwortung für die ungerechtfertigte standrechtliche Erschießung der beiden jungen Aachener trifft, seine Entscheidungen in der Konsequenz allerdings hierzu führten,

-     nicht der ‚große Retter’ Aachens war, als der er lange galt.

 

Die Verwaltung hebt in ihrer Bewertung ausdrücklich hervor, dass die festgestellten Tatsachen während der Untersuchungen nicht ausreichen, Graf von Schwerin strafrechtliche Vorwürfe zu machen. Der General war ein verantwortlicher Militär des Dritten Reiches, der seine militärischen Aufgaben im Sinne der obersten Heeresleitung erfüllt hat.

 

 

Die Benennung der Straße erfolgte 1963 auf der Grundlage der damaligen Annahme, die Graf von Schwerin als ‚Retter von Aachen darstellten.

Durch die neuen Erkenntnisse ist die Grundlage für den damaligen Beschluss nicht mehr vorhanden, sodass die Ehrung heute nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Somit ist die Graf-Schwerin-Straße umzubenennen.

 

 

3.  Carl Diem

 

Die Arbeitsgruppe hat sich auch mit der Person Carl Diem befasst und insbesondere das Verhalten Diems in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft mit Unterstützung von Historikern der RWTH Aachen untersucht. Das Ergebnis ist in der Anlage systematisch dargestellt.

 

Zusammenfassend kommt die Arbeitsgruppe zu folgendem Ergebnis:

 

Carl Diem sind Verdienste um die Entwicklung des Sports zuzuordnen, insbesondere auch als Gründer und Leiter der Deutschen Hochschule für Leibesübungen. Diese Verdienste waren der Grund für die Straßenbenennung im Jahr 1965/66.

 

Die weiteren Untersuchungen zeigen allerdings seine enge Verknüpfung mit dem nationalsozialistischen Gewaltsystem, wodurch er im Sinne der Naziherrschaft gehandelt, das System durch sein Handeln unterstützt oder gefördert hat. Besonders hervorzuheben ist die Rede Diems am 18.03.1945 auf dem Reichssportfeld, die allerdings erst ca. 1986/87 wieder bekannt wurde.

 

Dieses Verhalten Diems während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wird von der Arbeitsgruppe als so schwerwiegend beurteilt, dass trotz der Verdienste Diems um den Sport insgesamt nach Ansicht der Arbeitsgruppe eine Ehrung der Person Diems nicht aufrechterhalten werden kann. Aus diesem Grund empfiehlt die Arbeitsgruppe einstimmig dem Rat der Stadt Aachen, die Ehrung Carl Diems durch die Benennung einer Straße zurückzunehmen. Diese Empfehlung teilt die Verwaltung.

 

 

4. Petrus Josephus Debye

 

In jüngerer Zeit wird das Verhalten des Nobelpreisträgers Petrus Josephus Debye während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft von verschiedenen Seiten neu beurteilt mit bislang unterschiedlichen Ergebnissen. Die Arbeitsgruppe hat sich u.a. mit der Person Petrus Josephus Debye befasst und erste Unterlagen zusammengestellt.

 

Debye war niederländischer Staatsbürger. Die Kritik an der Person Debyes wurde von den niederländischen Medien breit aufgegriffen und führte u.a. in Maastricht zum Aufschub einer nach Debye benannten Preisverleihung und zur Beauftragung des Nederlands Instituut voor Oorlogsdokumentatie (NIOD) mit weiteren Untersuchungen.

 

Es wird davon ausgegangen, dass insbesondere durch diese Untersuchungen eine wissenschaftliche Beurteilung der Person möglich wird. Zusätzlich ist die Arbeitsgruppe der Ansicht, dass unter Berücksichtigung der nachbarlichen Beziehungen den Ergebnissen in den Niederlanden, insbesondere in Maastricht, seitens der Stadt Aachen nicht vorgegriffen werden sollte.

 

Aus diesen Gründen empfiehlt die Arbeitsgruppe, vor einer abschließenden Beurteilung zur Person Petrus Josephus Debye die Ergebnisse der in den Niederlanden laufenden Untersuchungen, insbesondere dass ausstehende Gutachten des Nederlands Instituut voor Oorlogsdokumentatie (NIOD) abzuwarten, damit die Ergebnisse in eine Beurteilung einbezogen werden können. Dieser Empfehlung schließt sich die Verwaltung an.

 

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Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen:

Finanzielle Auswirkungen werden sich in Höhe von rd. 1000 i im Vermögenshaushalt ergeben.

Entsprechende Mittel stehen in Höhe von 1000 i zur Verfügung.

 

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Anlagen

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