Kenntnisnahme - FB 61/0605/WP16
Grunddaten
- Betreff:
-
Barrierefreiheit rund um das Weltkulturerbe Aachener Dom
- Status:
- öffentlich (Vorlage für Öffentlichkeit freigegeben)
- Vorlageart:
- Kenntnisnahme
- Federführend:
- FB 61 - Fachbereich Stadtentwicklung und Stadtplanung
- Verfasst von:
- Dez. III / FB 61/50
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Bürgerforum
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Kenntnisnahme
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07.02.2012
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Erläuterungen
Erläuterungen:
Die Barrierefreiheit in der Freiraumgestaltung rund um das Weltkulturerbe Aachener Dom ist von Anfang an seit der Wettbewerbsentscheidung im Sommer 2009 ein wichtiges Thema.
Bereits der Wettbewerbsentwurf von Fritschi Stahl Baum (heute baum_architekten) berücksichtigte mit dem Vorschlag eines gläsernen Aufzugs die Belange gehbehinderter Menschen.
In den darauf folgenden Planungs- und Konkretisierungsschritten wurden weitere Aspekte der Barrierefreiheit in kontinuierlicher Abstimmung mit der Kommission Barrierefreies Bauen berücksichtigt. Über diese Aspekte wurde in verschiedenen Vorlagen und Mitteilungen in der Politik berichtet (vgl. auch Vorlagen zur Entwurfsplanung (Nr. FB 61 / 0349 / WP16), zur Ausführungsplanung (Nr. FB 61 / 0404 / WP16) sowie zur Barrierefreiheit am Katschhof (Nr. FB 61 / 0583 / WP 16) im Planungsausschuss).
Zuletzt hat der Planungsausschuss am 12.1.2012 vorgeschlagen, das Thema auf die Tagesordnung des Bürgerforums zu setzen, damit ein ausführliches Gespräch zwischen der Kommission Barrierefreies Bauen und der Politik stattfinden kann.
Seit dem Jahr 2009 wird zum Thema Barrierefreiheit rund um das Welterbe in einem kontinuierlichen Dialog zwischen Kommission und Verwaltung beraten. Bisher fanden zum Thema 6 Sitzungen und zwei Ortstermine statt.
Mehrfach wurde die Planung mit dem Ziel der Verbesserung der Barrierefreiheit modifiziert. Dabei konnten trotz des engen Zeitplans viele Anregungen der Kommission Barrierefreies Bauen in die Planung aufgenommen werden.
Trotzdem bleiben teilweise Kompromisse nicht aus, weil sich in diesem besonderen innerstädtischen und historischen Bereich die Belange der Stadtgestaltung und Denkmalpflege nicht immer mit denen der Barrierefreiheit 100-prozentig vereinbaren lassen.
Einige wesentliche Verbesserungen bzgl. der Barrierefreiheit, die mit der Umgestaltung erreicht werden, sind z. B.
- geschnittenes Großpflaster als recht ebener Belag und Verbesserung für mobilitätseingeschränkte Personen - von Kommission begrüßt
- Verzicht auf unebene gestalterische Elemente im Belag Wunsch der Kommission
- zwei Treppenlifte, die die Rathausterrasse von oben (Markt) und unten (Katschhof) erschließen werden (Nutzbarkeit nur mit Euroschlüssel auf Wunsch der Kommission Barrierefreies Bauen) - von Kommission begrüßt
- 24 Stunden zugängliche behindertengerechte Toilettenanlage im Centre Charlemagne (ebenerdig zugänglich von der Ritter-Chorus-Straße aus; nur nutzbar mit dem Euroschlüssel) - von Kommission akzeptiert
- Rampe am Dom (südlicher Katschhofbereich) wird nach erneuter Umplanung (notwendig auf Grund archäologischer Funde) nur noch 5,7 % Steigung aufweisen (vor Umbau über 10 %, erste Planung 8 %) erfüllt maximal annehmbare Steigung von 6 % aus Sicht der Kommission
- Zugang zum Centre Charlemagne über Rampe (6 %) s.o., allerdings fehlen aus Sicht der Kommission Radabweiser/ Handläufe; auf diese wurde auf Grund einer möglichst flexiblen Gestaltung von Veranstaltungen auf dem Katschhof verzichtet
- 2 zusätzliche Behindertenparkplätze auf dem Klosterplatz hierzu liegt noch kein Beschluss der Kommission vor
- Reduziertes Leitsystem basierend auf der Benutzung von Hauskanten, Plattenbelägen und (abgesenkten) Bordsteinen widersprüchliche Aussagen der Kommission im Laufe des vergangen Jahres, zuletzt wurde dieses System nicht mehr akzeptiert; stattdessen Forderung nach dem Aachener Standard (s. Anlage 4)
- Leitelemente zu den Eingängen wichtiger öffentlicher Einrichtungen (Domschatzkammer, Bürgerservice, Centre Charlemagne) s.o.
Trotz des intensiven Dialogs mit der Kommission Barrierefreies Bauen konnte bezüglich der optischen Kontraste an der Freitreppe und der Leitelemente im Bereich des Welterbes leider kein Kompromiss erzielt werden. Am 24.1.2011 fand ein Ortstermin zu den Musterflächen auf dem Bauhof statt. Aus diesem Termin hat die Verwaltung eine Verständigung über die Materialien mitgenommen und die Planung modifiziert. In der Kommissionssitzung vom 9.11.2011 wurde der Verwaltung mitgeteilt, dass die Kommission über das Protokoll des Ortstermins nie einen Beschluss gefasst habe.
Weitere Belange vor allem aber der hohe gestalterische Anspruch, der sich aus der Wertigkeit des Weltkulturerbes Aachener Dom ergibt, und die wünschenswerte Erweiterung des Welterbes auf den Pfalzbereich stehen den Forderungen der Kommission Barrierefreies Bauen in diesem Projekt teilweise entgegen und müssen miteinander abgewogen werden. Lösungen in diesem Bereich können immer nur Kompromisse und keine 100prozentigen Lösungen für den einen oder anderen Belang sein.
Zuletzt zog sich die Kommission leider auch verstärkt auf Forderungen zurück, die aus Sicht der Verwaltung in der Innenstadt nicht durchgehend umsetzbar sind bzw. in Fußgängerzonen auch nicht angemessen erscheinen. Dazu gehört die Forderung nach der Umsetzung des Aachener Standards (s. Anlage 4), d.h. kontrastreiche Leitlinien und Orientierungsfelder, im Welterbebereich.
Der Aachener Standard geht von hellgrauen Betonsteinplatten als Grundmaterial aus. Das Leitelement wird durch einen Kleinpflasterstreifen aus Blaubasalt gebildet. An gefährlichen Übergängen werden zusätzlich weiße Richtungsfelder eingesetzt. Der Kleinpflasterstreifen entlang der Gebäude wurde deswegen entwickelt, weil in vielen Innenstadtbereichen die Hauswände als Leitelement in der Praxis nicht taugen: Sie sind oftmals mit Hindernissen, wie Treppen, Auslagen, Fahrrädern, Laternen etc. verstellt. Grundsätzlich ist die Verwaltung aber der Ansicht, dass Hauswände als Leitelement gelten können, wenn sie entsprechend geradlinig und freigestellt sind.
Die Verwaltung ist der Ansicht, dass die Umsetzung des Aachener Standards der Gefahrensituation und dem Anspruch an Gestaltung und Wertigkeit im Welterbebereich nicht angemessen ist. Der Bereich rund um das Weltkulturerbe wird zur Fußgängerzone. Eine besondere Gefahrensituation, wie sie in anderen Bereichen, wo der Aachener Standard umgesetzt wird, vorherrscht, besteht nicht. Die Hauswände sind anders als in benachbarten Altstadtbereichen freigestellt und dienen als gegebenes Leitelement.
Der Siegerentwurf des Wettbewerbs zur Freiraumgestaltung Welterbe würde sich nur unter Aufgabe der Grundidee der Verwendung eines einheitlichen Materials, der Grauwacke, in Kombination mit Blaustein für besondere Ausstattungselemente - mit dem Aachener Standard umsetzen lassen. Der Architektenbeirat hatte gerade den Entwurfsansatz der Vereinheitlichung und ruhigen Gestaltung gelobt.
Ein taktiles Leitelement wurde bereits in Ergänzung zu den Hauswänden eingeplant: Plattenbeläge aus Grauwacke bzw. Blaustein. Ein optisches Leitelement könnte nur durch ein weiteres Material gebildet werden, das sich stark kontrastierend von der Grauwackefläche abheben und die Einheitlichkeit der Fläche stören würde.
Eine besondere gestalterische Qualität, die gerade in diesem Bereich eben das Ziel der Umgestaltung ist, lässt sich mit diesem Vorschlag nicht umsetzen.
Die Abwägung zwischen den unterschiedlichen Belangen fällt daher aus Sicht der Verwaltung gegen die Umsetzung des Aachener Standards im Welterbebereich aus.
Zu den einzelnen Punkten im Schreiben der Kommissionvorsitzenden (s. Anlage 3) nimmt die Verwaltung im weiteren Stellung und macht für die Stufen einen Nachbesserungsvorschlag.
Taktiler Kontrast zwischen geschnittenem Großpflaster und Plattenbelag (s. Anlage 2)
Im Bereich des ehemaligen Pfalzbezirks ist ein möglichst zurückhaltendes Leitsystem geplant. Das ist vor dem Hintergrund vertretbar, dass es sich hier um Fußgängerzonen handelt. Taktile Leitelemente können dabei sein:
- Hauswände (dort, wo keine Auslagen und/ oder Versprünge vorhanden sind)
- Bordsteine ab 3 cm Höhe
- Plattenbeläge (im Kontrast zum Pflaster)
Darauf aufbauend wurden die im ehemaligen Pfalzbezirk eingesetzten Materialien u. a. an Hand des taktilen Kontrasts und in Abstimmung mit der Kommission ausgewählt. Anders als bei der Musterfläche am Bauhof wurde seitens der Kommission nun vor Ort auf dem Katschhof der taktile Kontrast zwischen Großpflaster und Plattenbelag vermisst.
Zum Vorteil für die Gehfreundlichkeit bzw. Rollstuhlfreundlichkeit wurden die Großpflasterflächen mit sehr geringem Fugenanteil verlegt, so wie es auch von der Kommission mehrfach gefordert wurde. Tatsächlich wirkt die am Katschhof hergestellte Fläche zur Zeit ebener als die Musterfläche auf dem Bauhof.
Trotzdem wird sich auch hier durch das Setzen des Pflasters noch eine größere Unebenheit einstellen, so dass die Verwaltung davon ausgeht, dass der taktile Kontrast auf Dauer wahrnehmbar sein wird.
Eine Nachbesserung bzw. Verschlechterung für die Gehfreundlichkeit sollte daher nicht stattfinden. Vielmehr sollte auch in den weiteren Bauabschnitten auf einen möglichst geringen Fugenanteil hingewirkt werden.
Kontrast oberhalb der Freitreppe
Auf Wunsch der Kommission wurde eine zusätzliche Blausteinplattenreihe im Anschluss an die oberste Stufe als Leitstreifen umgesetzt, die der Kommission nun nicht als ausreichend erscheint. Die Verwaltung ist der Auffassung, dass sich im Laufe der Zeit durch die Abnutzung ein noch stärkerer optischer Kontrast zwischen dem nachdunkelnden Blaustein (siehe Ursulinerstraße) und der gleich bleibend helleren Grauwacke herausbilden wird. Die Verwaltung schlägt vor, auf eine weitere durchgehende zusätzliche Markierung der obersten Stufe zu verzichten.
Kontraste an den Stufen der Freitreppe (s. Anlage 1)
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Ortsbegehung am 16.11.2011 mit der Kommission Barrierefreies Bauen nach langer Trockenheit und unmittelbar nach Abschluss der Bauarbeiten stattfand. Eine abschließende Beurteilung v. a. der optischen Kontraste war nicht möglich. Sobald der Baustaub entfernt und über eine gewisse Zeit eine Be- und Abnutzung erfolgt ist, werden die optischen Kontraste stärker zu Tage treten als heute. Dies betrifft auch die absehbare Nachdunklung der Blausteinstufen, von denen sich der scharrierte Streifen verstärkt abheben wird.
Die Veränderung der Blausteinoberflächen kann nach einem Jahr Benutzung sehr gut in der Ursulinerstraße beobachtet werden. Die Verwaltung schlägt daher vor, diese Veränderung der Materialfarben abzuwarten und Nachbesserungen erst nach einem Jahr ins Auge zu fassen.
Die Kommission fordert dagegen jetzt Nachbesserungen und moniert fehlende optische Kontraste an den Stufen. Sie ist damit einverstanden, wenn sich die Herstellung von stärkeren Kontrasten nur auf die Seitenbereiche der Treppen beschränkt.
Für den Fall, dass sich in einem Jahr herausstellt, dass die Farbkontraste nicht ausreichend sind, schlägt die Verwaltung eine Markierung durch Punkte vor. Die Kommission lehnt allerdings diese Variante ab und fordert einen durchgehenden Streifen, da nur dieser wahrnehmbar sei. Die Verwaltung verweist darauf, dass ein eingelassener Streifen erhebliche Gefahren bzgl. eines Ausbrechens birgt. Ein Aufbringen eines Klebe- oder Farbstreifens ist auf dem edlen Naturstein nicht angemessen und dauerhaft nicht haltbar.
Sollte eine Nachbesserung erforderlich sein, schlägt die Verwaltung vor, in den Seitenbereichen der Treppe weiße Granitpunkte (ca. 3 cm Durchmesser, Abstand ca. 10 cm) in den scharrierten Streifen der Stufen in einer Breite von ca. 1,50 m jeweils in der Antritts- und Endstufe einzubringen. Außerdem schlägt die Verwaltung vor, die ungleichen Tritthöhen im Bereich der Behindertenrampe für den Eingang des Centre Charlemagne auf die gleiche Art zu kennzeichnen.
Dies ist eine materialgerechte und dauerhafte Lösung, die in anderen Städten z. Bsp. Maastricht bereits zu begutachten ist.
Kosten und Finanzierung
Das nachträgliche Einbringen der Punkte aus weißem Granit in den Randbereichen der Treppe sowie an den ungleichen Tritthöhen entlang der Behindertenrampe wird insgesamt Kosten in Höhe von ca. 11.000 Euro hervorrufen.
Diese Mittel können innerhalb des Budgets für die Freiraumgestaltung Welterbe erübrigt werden, bedeuten aber für die kommenden Bauabschnitte (Ritter-Chorus-Straße und Johannes-Paul-II.-Straße) und die Umsetzung des Ausstellungskonzepts finanzielle Einschränkungen.
Vor dem Hintergrund der unwägbaren Kosten auf Grund der Archäologie und der Veranstaltungen, wäre ein Verzicht auf die Ausgaben für die Punkte wünschenswert bzw. sollten die Nachbesserungsmaßnahmen auf den Zeitpunkt verschoben werden, wenn absehbar ist, dass das Gesamtbudget für die Freiraumgestaltung eingehalten wird.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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491,1 kB
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