Entscheidungsvorlage - FB 45/0236/WP17
Grunddaten
- Betreff:
-
Therapeutische Versorgung in städtischen Kindertageseinrichtungen
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- FB 45 - Fachbereich Kinder, Jugend und Schule
- Verfasst von:
- FB 11/510
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Kinder- und Jugendausschuss
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Kenntnisnahme
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24.05.2016
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Erledigt
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Personal- und Verwaltungsausschuss
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Anhörung/Empfehlung
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23.06.2016
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Erledigt
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Rat der Stadt Aachen
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Entscheidung
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29.06.2016
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
- Der Kinder- und Jugendausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
- Der Personal- und Verwaltungsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis. Er empfiehlt dem Rat der Stadt Aachen auf Vorschlag des Oberbürgermeisters die Umsetzung des dargestellten Personal- und Finanzierungskonzeptes hinsichtlich der therapeutischen Versorgung in den bisherigen städtischen integrativen Kindertageseinrichtungen ab dem KiTa-Jahr 2016/2017.
- Der Rat der Stadt Aachen nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
Des Weiteren beschließt der Rat der Stadt Aachen auf Vorschlag des Oberbürgermeisters und Empfehlung des Personal- und Verwaltungsausschusses die Umsetzung des dargestellten Personal- und Finanzierungskonzeptes hinsichtlich der therapeutischen Versorgung in den bisherigen städtischen integrativen Kindertageseinrichtungen ab dem KiTa-Jahr 2016/2017.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Die Stadt Aachen ist derzeit Träger von 56 Tageseinrichtungen für Kinder, wobei in sieben dieser Einrichtungen insgesamt 20 sogenannte integrative Gruppen vorgehalten werden, in denen Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam betreut und gefördert werden.
Neben dem KiBiz-geförderten pädagogischen Personal (ErzieherInnen und KinderpflegerInnen) sind in diesen Gruppen je ein/e Logopäde/-in und ein/e PhysiotherapeutIn bzw. MotopädIn mit einem Beschäftigungsumfang von jeweils 19,50 Wochenstunden eingesetzt. Diese therapeutischen Kräfte sind bislang zur Hälfte therapeutisch und zur anderen Hälfte pädagogisch tätig (inklusives Konzept). Die hierdurch entstehenden Personalkosten der therapeutischen Kräfte wurden bisher vollumfänglich vom Landschaftsverband Rheinland finanziert.
Zum KiTa-Jahr 2014/2015 hat dieser jedoch ein neues Fördersystem für Kinder mit Behinderung in Kindertageseinrichtungen eingeführt. Einhergehend hiermit entfällt die durch den Landschaftsverband Rheinland bislang auf freiwilliger Basis gesicherte vollständige Finanzierung der Kosten für therapeutische Leistungen in Kindertageseinrichtungen.
Für die bereits vorhandenen therapeutischen Kräfte/ eingerichteten Stellen wird die Finanzierung im Rahmen einer Übergangsregelung noch bis zum Ablauf des KiTa-Jahres 2015/2016 übernommen.
Gleichzeitig wurde die sogenannte „FInk-Pauschale“ eingeführt. Diese Pauschale stellt eine antragsabhängige, individuelle und freiwillige Leistung des LVR dar, auf die kein gesetzlicher Anspruch besteht. Grundsätzlich kann die Pauschale i.H.v. 5.000 €/ Jahr für jedes in einer KiTa betreute Kind beantragt werden, bei dem eine (drohende) Behinderung durch den Sozialhilfeträger festgestellt wurde. Die Eltern müssen jedoch ihr Einverständnis zur Beantragung beim LVR erteilen. Für diese Pauschale müssen in der entsprechenden Einrichtung 3,90 Fachkraftstunden (ErzieherIn, o.ä.) pro Woche zusätzlich eingesetzt werden. Alternativ können auch die bisherigen pädagogischen Anteile der therapeutischen Kräfte je Gruppe gefördert werden. Über die FInK-Pauschale wäre es daher möglich, den bisherigen pädagogischen Arbeitsanteil der therapeutischen Kräfte (ca. 50%) zu refinanzieren. Hierbei ist anzumerken, dass die FInK-Pauschale in Höhe von 5.000 € für 3,9 zusätzliche ErzierInnnen-Fachkraftstunden auch dann gewährt wird, wenn in der Gruppe kein TherapeutIn zur Verfügung steht.
Aufgrund der Entscheidung des LVR, sich aus der vollständigen Finanzierung der Personalkosten für Therapeuten/-innen in integrativen Gruppen zurückzuziehen, ist zu entscheiden, wie die therapeutische Versorgung der behinderten bzw. von einer Behinderung bedrohten Kinder in den städtischen Tageseinrichtungen weiterhin erfolgen kann.
In Aachen hat sich der bisherige alltagsintegrierte therapeutische Ansatz bewährt, so dass grundsätzlich eine Beibehaltung des bisherigen Systems wünschenswert ist.
Unter Berücksichtigung der aktuellen Haushaltslage erscheint eine vollständige Übernahme der verbleibenden Personalkosten in Höhe von ca. 500.000 €/ Jahr zu Lasten des städtischen Haushaltes jedoch kaum tragbar. Daher sollen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, eine Refinanzierung des Systems sicherzustellen. Nach der „Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung“ (Heilmittelrichtlinie) ist grundsätzlich eine Beteiligung der Krankenkassen an den Kosten der Leistungserbringung in (Kindertages-) Einrichtungen möglich, sofern die notwendigen Voraussetzungen vorliegen (Zulassung der KiTa als Ort der Leistungserbringung und Kassenzulassung des/r jeweiligen Therapeuten/in).
Da für MotopädInnen aufgrund ihrer Qualifikation derzeit keine Möglichkeit besteht, eine Abrechnung der erbrachten Therapieleistungen mit den Kassen vorzunehmen, sollen die betroffenen Beschäftigten ab dem kommenden KiTa-Jahr vorrangig auf Stundenkontingenten eingesetzt werden, die durch die FInK-Pauschale finanziert werden (der Einsatz von MotopädInnen auf den entsprechenden Stundenkontingenten ist über die Richtlinien des LVR zur Förderung der Inklusion in Kindertageseinrichtungen abgesichert). Eine Abrechnung über die Krankenkassen kommt somit nur für die beschäftigten LogopädInnen und PhysiotherapeutInnen in Betracht.
Ersten Einschätzungen der Verwaltung zufolge kann jedoch nur ein geringer Anteil der nach Abzug der LVR-Pauschale verbleibenden Personalkosten für die o.g. therapeutischen Kräfte über die Krankenkassenabrechnung gedeckt werden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die zu erwartende Anzahl an ärztlichen Verordnungen nicht ausreichend sein wird und die Kassen für erbrachte Therapieleistungen in Kindertageseinrichtungen nicht den gleichen Kostensatz zahlen, wie für gleiche Leistungen in freien Praxen.
Darüber hinaus werden mit der Durchführung der Kassenabrechnung weitere Kosten anfallen, für die keine Refinanzierungsmöglichkeiten bestehen:
- IT-Kosten,
- Softwarekosten für die vorgesehene digitale Abrechnung mit den Kassen,
- Personalkosten für die Durchführung der Abrechnung bzw. Kosten für die Vergabe dieser Leistung,
- laufende Fortbildungskosten für das therapeutische Personal zum Erhalt der notwendigen Kassenzulassung.
Eine detaillierte Kostenübersicht kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht dargestellt werden, da zunächst geprüft werden muss, welche der gängigen Abrechnungsmethoden für die Stadt Aachen am effektivsten und wirtschaftlichsten realisiert werden kann.
Des Weiteren haben die Krankenkassen bereits signalisiert, dass eine Abrechnung therapeutischer Leistungen nur für das aktuell festangestellte Personal akzeptiert wird. Eine (anteilige) Refinanzierung für zukünftig eingestellte MitarbeiterInnen über die Krankenkassenabrechnung würde demnach ausscheiden, so dass die verbleibenden Personalkosten vollumfänglich durch die Stadt Aachen zu tragen wären.
Dennoch spricht sich die Verwaltung dafür aus, die therapeutische Versorgung in den städtischen Kindertageseinrichtungen ab dem 01. August 2016 zunächst weiterhin durch eigenes Personal sicherzustellen.
Unter Berücksichtigung der veränderten Rahmenbedingungen und der aktuell sehr angespannten Haushaltslage der Stadt Aachen wird allerdings eine Reduzierung der vorhandenen Personalstärke im Bereich der Therapeuten/-innen für unumgänglich erachtet. Insbesondere aufgrund der aktuellen Aussage, dass für neu eingestelltes Personal keine Abrechnung mit den Krankenkassen möglich ist, sollen daher zukünftig eintretende Vakanzen nicht mehr nachbesetzt werden.
Darüber hinaus sollen die derzeit bis zum 31. Juli 2016 befristeten Beschäftigungsverhältnisse nicht weiter verlängert werden.
Unter dem Vorbehalt der Refinanzierung wird derzeit geprüft, ob den betroffenen Beschäftigten ein anderweitiger Einsatz angeboten werden kann.
Durch die dargestellten Maßnahmen würde der Beschäftigungsumfang von aktuell 20,00 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) zum neuen KiTa-Jahr zunächst auf 18,00 Planstellen/VZÄ (LogopädInnen, PhysiotherapeutInnen und MotopädInnen) reduziert.
Von diesen 18,00 VZÄ werden jedoch zum 01. August 2016 insgesamt 4,00 VZÄ nicht aktiv bewirtschaftet, da die hierauf geführten unbefristet Beschäftigten derzeit beurlaubt sind (Elternzeit und Sonderurlaub) und den Dienst erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen werden.
Die therapeutischen Kräfte sollen auf die bisherigen sieben integrativ arbeitenden städtischen Kindertageseinrichtungen verteilt werden. Diese Einrichtungen könnten somit zukünftig als Schwerpunkt-Kitas fungieren. Dazu muss zeitnah ein entsprechendes inhaltliches Konzept erarbeitet werden.
Darüber hinaus soll geprüft werden, ob bzw. inwieweit durch den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen mit freien Praxen oder im Rahmen anderer Modelle (z.B. Frühförderung) eine weitergehende Versorgung gewährleistet werden kann. Sobald konkrete Ergebnisse vorliegen, wird die Verwaltung hierzu berichten.
Aufgrund der sich stetig verändernden Rahmenbedingungen (Anzahl und Verteilung der Kinder mit [drohender] Behinderung, Anzahl der ärztlichen Verordnungen und entsprechende Refinanzierungsmöglichkeiten, etc.) wird die Verwaltung das dargestellte Personal- und Finanzierungskonzept fortlaufend prüfen und ggfs. notwendige Anpassungen vornehmen.
Nach Ablauf eines Jahres wird die Verwaltung über die bis dahin erlangten Erkenntnisse und Erfahrungen mit dem neuen Personal- und Finanzierungskonzept in den Ausschüssen berichten.
Der Ratsantrag der Fraktion der Grünen „Frühe Förderung in integrativen Kindertagesstätten erhalten“ vom 11. April 2016 gilt damit als behandelt.
Auswirkungen
Finanzielle Auswirkungen:
konsumtive Auswirkungen | Ansatz 2016 | fortgeschriebener Ansatz 2016 | Ansatz 2017 ff | fortgeschriebener Ansatz 2017 ff | Folgekosten (alt) | Folgekosten (neu) |
Zuweisung vom Land | 698.300,00 € | 815.000,00 € | 1.500.000,00 € | 1.500.000,00 € | 0 € | 0 € |
Erträge aus Kassenabrechnung | 141.600,00 € | siehe * | 1.020.000,00 € | siehe * | 0 € | 0 € |
Erträge gesamt | 839.900,00 € | siehe * | 2.520.000,00 € |
| 0 € | 0 € |
+ Verbesserung/ | siehe * | siehe * | 0 € | 0 € | ||
Personalaufwand | 1.040.000,00 € | 833.258,06 € | 3.120.000,00 € | 0 € | 0 € | |
zusätzlicher Personal- und/ oder Sachaufwand Kassenabrechnung | 0,00 € | siehe * | 0,00 € | siehe * | 0 € | 0 € |
Aufwand gesamt | 1.040.000,00 € | 833.258,06 € | 3.120.000,00 € | 2.903.439,88 € |
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+ Verbesserung/ - Verschlechterung | siehe * | siehe * |
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+ Verbesserung / | siehe * | siehe * |
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- Verschlechterung |
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*Eine Fortschreibung der Ansätze ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, da die Entwicklung der zufließenden Erträge aus der Kassenabrechnung und die damit einhergehende Aufwände zunächst abzuwarten bleiben. Ersten Einschätzungen der Verwaltung zufolge ist aber hinsichtlich der mit der Abrechnung einhergehenden Aufwände mit einem Kostenvolumen von mindestens 70.000 €/ Jahr zu rechnen. Da gleichzeitig die Einnahmen aus der Kassenabrechnung wahrscheinlich nur zu einem geringen Anteil zur Deckung der Personalkosten beitragen werden, verbleibt ein nicht unerhebliches Gesamtfinanzierungsrisiko, welches durch die Stadt Aachen zu tragen sein wird.
Die Reduzierung der Personalkosten ist auf die Verringerung des Beschäftigungsumfanges des therapeutischen Personals zum 01. August 2016 durch die Nicht-Verlängerung befristeter Beschäftigungsverhältnisse und befristeter Stundenerhöhungen der unbefristet Beschäftigten zurückzuführen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass einige therapeutische Kräfte derzeit beurlaubt sind (Elternzeit bzw. Sonderurlaub). Deren Personalkosten wurden daher erst ab Wiederaufnahme des aktiven Dienstes (2017-2019) mit einkalkuliert. Aufgrund der Tatsache, dass der Landschaftsverband Rheinland (LVR) die Finanzierung des therapeutischen Personals aber zum 31.07.2016 einstellt und durch die sog. „FInK-Pauschale“ ersetzt, verschlechtert sich einhergehend mit der Personalreduzierung auch die entsprechende Einnahmesituation. Zukünftig können statt der bisherigen Personalkostenerstattung i.H.v. durchschnittlich 1.000.000 € /Jahr für die 20 integrativen Gruppen jährlich nur noch FInk-Pauschalen i.H.v. 500.000 € vereinnahmt werden.
Somit entsteht durch die Umstellung des Fördersystems durch den LVR eine Finanzierungslücke i.H.v. mehr als 500.000 €. Durch die Möglichkeit der Abrechnung ärztlicher Verordnungen mit den Krankenkassen kann zwar ein gewisser Anteil dieses Finanzierungsdeltas aufgefangen werden; gleichzeitig entstehen durch die Implementierung und Durchführung der Abrechnung mit den Krankenkassen jedoch zusätzliche Sach- und Personalaufwände (IT-Kosten für die notwendige Software, Fortbildungskosten für die Therapeuten zum Erhalt der Kassenzulassung, Personal zur Abwicklung der Abrechnungen, etc.), für die keine Refinanzierungsmöglichkeiten bestehen. Eine vollständige Darstellung (Erträge durch Kassenabrechnung und mit der Abrechnung verbundene jährliche Personal- und/oder Sachaufwände) ist aber erst möglich, wenn die Modalitäten der Abrechnung mit den Krankenkassen feststehen.
Für das Haushaltsjahr 2016 werden die zufließenden Erträge zur Deckung der reduzierten Personalkosten (durch Beurlaubung bzw. Nichtbesetzung der Stellen) nahezu auskömmlich sein, da die Umstellung der Fördersystematik erst zum 01. August 2016 erfolgt (bis zu diesem Zeitpunkt werden die Personalkosten noch vollumfänglich durch den LVR übernommen).
Die Entwicklung für die Folgejahre bleibt abzuwarten. Eine mögliche Belastung wird im Rahmen der Haushaltsplanung 2017 ff ermittelt. Die teilweise Deckung der Personalkosten wird jedoch lediglich durch die vorgeschlagene Vorgehensweise zur Abrechnung mit den Krankenkassen ermöglicht. Somit kann eine teilweise Erwirtschaftung der, durch den Wegfall der Refinanzierung durch den LRV, ausbleibenden Erträge erzielt werden.
[1] Zusammenstellung der Personalkosten in den Jahren 2017 bis 2019
Haushaltsjahr | Personalkosten |
2017 | 930.794,78 € |
2018 | 975.214,20 € |
2019 | 997.430,90 € |
Summe | 2.903.439,88 € |
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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84,2 kB
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öffentlich
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69,9 kB
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