Kenntnisnahme - Dez II/0012/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Rat der Stadt Aachen nimmt den Sachstandsbericht der Verwaltung zu Kenntnis.
 

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Erläuterungen

Erläuterungen:

Im Jahr 2015 wurde von der Stadt Aachen ein Städtebauwettbewerb für den Bereich zwischen Kleinkölnstraße, Großkölnstraße, Mefferdatisstraße und Büchel ausgelobt. Daraus ging das Büro Chapman Taylor als Sieger hervor. Wie in der Auslobung festgelegt soll der Entwurf dem anschließend aufzustellenden Bebauungsplan zugrunde gelegt werden. Nach einem längeren Abstimmungs- und Diskussionsprozess wurde der Entwurf, der seit Abschluss des Wettbewerbes in einigen Punkten verändert wurde, dem Planungsausschuss in der Sitzung am 18. Mai 2017 im Rahmen der Programmberatung vorgelegt. Der Ausschuss beschloss mehrheitlich mit einer Gegenstimme die Durchführung der frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung. Sofern sich die Bezirksvertretung Aachen-Mitte diesem Beschluss in ihrer nächsten Sitzung am 21. Juni anschließt, findet dieser Verfahrensschritt in den beiden Wochen unmittelbar vor den Sommerferien statt. Die Anhörungsveranstaltung ist für den 10. Juli vorgesehen.

 

Ein Bebauungsplanverfahren ist grundsätzlich ergebnisoffen. Stellungnahmen von Behörden oder sonstigen Trägern öffentlicher Belange sowie Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern sind zu prüfen und in die Abwägung einzustellen. Je nach Ergebnis dieser Abwägung kann es zu einer Änderung der Planung kommen. Dabei können Änderungen nach der Offenlage je nach Relevanz und Umfang, insbesondere wenn die Grundzüge der Planung betroffen sind, dazu führen, dass eine erneute öffentliche Auslegung durchzuführen ist und es entsprechend zu zeitlichen Verzögerungen im Verfahrensablauf kommt.

Vor Einleitung der im Bebauungsplanverfahren durchzuführenden formellen Beteiligung auch von Behörden, wurden durch den Polizeipräsidenten Bedenken gegen den Verbleib der Bordellnutzung in räumlich konzentrierter Form am heutigen Standort geäußert. Die Polizei wurde bereits frühzeitig in die Abstimmung der Planung zum Thema Kriminalprävention eingebunden. Am 16. Mai 2016 fand eine Abstimmung mit dem Leiter der Polizeidienststelle Aachen-Mitte insbesondere zur geplanten Ausgestaltung der östlichen Antoniusstraße statt. Dabei wurden jeweils ausschließlich Bedenken zu der Ausbildung einer Sackgasse geäußert, die aus einsatztechnischen sowie Sicherheitsgründen als ungünstig beurteilt wird. Durch die Verwaltung wurde damals zugesagt, im Zuge der weiteren Ausarbeitung eine technische Lösung zu finden zum einen für eine Durchfahrbarkeit der baulichen Straßenunterbrechung für Einsatzkräfte, zum anderen für die Herstellung einer Wendemöglichkeit in der Straße. Diese Planungsschritte können jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Planung weiter konkretisiert wurde, durchgeführt werden.

Wie alle anderen Stellungnahmen von Behörden sowie Eingaben der Öffentlichkeit sind die Einlassungen und Stellungnahmen auch der Polizei in den planerischen Abwägungsprozess einzubeziehen, zu  prüfen und mit einer Stellungnahme der Verwaltung im Rahmen der Beratung des Offenlagebeschlusses zur Entscheidung vorzulegen. Sollten sich die Gremien der Stadt Aachen insoweit den Bedenken der Polizei anschließen und eine Änderung der Planung beschließen, die die komplette Auslagerung der Bordellnutzung aus dem Bereich der Antoniusstraße vorsieht, hätte dies natürlich Auswirkungen auf den Bebauungsplan sowie den Verfahrensablauf. Zwar könnte die städtebauliche Grundstruktur grundsätzlich beibehalten werden, lediglich auf die geplante bauliche Unterbrechung der Antoniusstraße zwischen den Bereichen mit und ohne Bordellnutzung könnte verzichtet werden. Die Festsetzung überbaubarer Flächen müsste ansonsten nicht verändert werden. Darüber hinaus müssten die schriftlichen Festsetzungen so angepasst werden, dass im gesamten Plangebiet die gewerbliche Zimmervermietung sowie Vergnügungsstätten jeglicher Art ausgeschlossen werden müssten, während diese Nutzungen nach heutigem Stand der Planung im östlichen Teil der Antoniusstraße zugelassen werden sollen.

Die öffentliche Auslegung könnte in diesem Fall erst nach Änderung der Planung, erneuter politischer Beratung und Beschlussfassung durchgeführt werden.

Die Frage, ob den Bedenken der Polizei Rechnung getragen wird, ist daher von essentieller Bedeutung für alle weiteren Planungsschritte. So hat der Planungsausschuss in der Sitzung am 18. Mai auch den Beschluss zur Durchführung von Qualitätssicherungsverfahren gefasst, die die Durchführung von Hochbauwettbewerben für die einzelnen Baublocks im Plangebiet vorsehen. Bereits in der 2. Jahreshälfte soll ein erster Wettbewerb für den südwestlichen Baublock (heutiges Parkhaus Büchel) ausgelobt werden. Es handelt sich zwar um einen Bereich, der räumlich nicht direkt angrenzt an den zukünftigen Bordellbereich, die Planung, insbesondere das Nutzungskonzept für den Block (Wohnungen, Kita), sind jedoch unmittelbar betroffen vom zukünftigen Umfeld.

Die bisherigen politischen Beschlüsse (Auslobung des Städtebauwettbewerbs, Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan, Programmberatung, Bedingungen für die Abwendungen des Vorkaufsrechts) basieren alle auf der Prämisse, dass die Bordellnutzung in der Antoniusstraße verbleibt und im östlichen Teil der Straße konzentriert wird. Falls auch die Variante einer kompletten Auslagerung an einen anderen Standort Gegenstand der frühzeitigen Beteiligungsphase des Bebauungsplanverfahrens werden soll, muss die Programmberatung entsprechend wiederholt werden.

Zur Absicherung einer abwägungsfehlerfreien und umsetzbaren neuerlichen Bebauungsplanung „Antoniusstraße/Mefferdatisstraße“ würde es jedoch nicht genügen, lediglich eine Planungsvariante ohne Bordellnutzung (wie oben beschrieben) darzustellen. Ein Bebauungsplan muss eine umsetzbare Lösung aufzeigen für alle Probleme, die er auslöst. Sollte als planerisches Ziel die Verlagerung der Bordelle neu vorgegeben werden, könnte  dies dem Bebauungsplan „Antoniusstraße / Mefferdatisstraße“  nur dann zugrunde gelegt werden, wenn verbindlich geklärt ist, dass eine solche Auslagerung tatsächlich erfolgen kann.

Folgerichtig wäre ein neuer  Standort für die Bordellnutzung festzulegen, die erforderlichen baurechtlichen Nutzungsvoraussetzungen wären sicherzustellen bis hin zu einem voraussichtlich  erforderlichen Bebauungsplanverfahren. Soweit ein Bebauungsplanverfahren durchzuführen ist, ist dafür  ein Zeitrahmen von mehreren Jahren zu kalkulieren.

Die förmliche Umsetzung eines Bebauungsplans Antoniusstraße / Mefferdatisstraße in Verbindung mit einer entsprechenden Erweiterung der Sperrbezirksverordnung zum Zweck des Ausschlusses der Prostitution wäre im Übrigen erst möglich, wenn der neue Standort „betriebsbereit“ ist. Die Umsetzung der Planung ist also gekoppelt an den Bau eines Bordells mit Anbahnungsfläche an einem anderen Standort.

Ob und inwieweit sich das bestehende Klagerisiko gegen den zu erstellenden Bebauungsplan letztlich de facto erhöhen wird, kann kaum vorhergesehen werden. Ein geringeres, aber doch grundsätzlich vorhandenes Risiko für eine Klage besteht seitens der Teilnehmer des Städtebauwettbewerbs aufgrund der Tatsache, dass die für den Wettbewerb formulierten Planungsgrundlagen sich anschließend geändert haben.

Bereits in der Vergangenheit ist die Verlagerung der Bordellnutzungen aus der Innenstadt im Zusammenhang mit dem Prozess zur Gestaltung des Umfeldes Büchel/Antoniusstraße immer wieder lebhaft diskutiert worden. Mit diesen Argumenten wird im Rahmen des Bauleitplanverfahrens umzugehen sein. Diese sind bei einer Wertung der Argumente des Polizeipräsidenten als Anregung im Rahmen des Bauleitplanverfahrens in den das Bauleitplanverfahren essentiell bestimmenden Abwägungsvorgang einzustellen. Zu den zu berücksichtigenden Belangen werden neben den seitens des Polizeipräsidenten thematisierten polizeitaktischen Erwägungen , die für eine Verlagerung der Bordellnutzung an einen anderen Standort sprechen, auch andere Belange zu berücksichtigen sein, die im Bauleitplan im Wege der sachgerechten Abwägung zu berücksichtigen sind. Hierzu zählen unter anderem die letztlich dem Eigentumsgrundrecht zuzurechnenden Belange der betroffenen Eigentümer und die wirtschaftlichen Belange betroffener Investoren sowie die Belange der betroffenen Anlieger.

Zudem wird zu berücksichtigen sein, dass Prostitution nicht schlicht für das gesamte Stadtgebiet "weggeplant" werden darf, sondern es sowohl planungsrechtlich als auch ordnungsrechtlich im Hinblick auf die Sperrgebietsverordnung erforderlich ist, hierfür eine ausreichende Fläche im Stadtgebiet vorzusehen. Anderenfalls ist weder eine Änderung der Sperrgebietsverordnung zu erreichen noch ein rechtssicherer Bebauungsplan möglich.

Eine abschließende Entscheidung des Rates über einzelne Aspekte des noch vor der Beteiligung in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplans würde sich als unzulässige Beeinflussung des im Bauleitplanverfahren noch anzustellenden Abwägungsvorgangs darstellen und damit das Risiko mit sich bringen, dass der Bebauungsplan mit einem Abwägungsfehler behaftet und damit rechtlich angreifbar ist. Im Interesse eines rechtssicheren und im weiteren fehlerfreien Verfahrens ist unter Berücksichtigung der seitens der Polizei erhobenen Bedenken im Rahmen des Bauleitplanverfahrens die Entscheidung darüber zu treffen, ob eine komplette Auslagerung der Bordellnutzung dem Bebauungsplanverfahren zu Grunde gelegt werden soll; bejahendenfalls müsste die Umsetzbarkeit der Verlagerung geklärt werden.
 

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