Entscheidungsvorlage - FB 36/0150/WP15
Grunddaten
- Betreff:
-
Änderung der Vergabepraxis in Aachen - Keine Produkute aus ausbeuterischer Kinderarbeithier: Ratsantrag Nr. 143/15 der SPD-Fraktion und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Entscheidungsvorlage
- Federführend:
- Dezernat III
- Verfasst von:
- S 69/Dez. III
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Geplant
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Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
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Entscheidung
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24.04.2007
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Erledigt
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Hauptausschuss
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25.04.2007
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Erledigt
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Personal- und Verwaltungsausschuss
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25.04.2007
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●
Erledigt
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Rat der Stadt Aachen
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25.04.2007
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
1. Der Umweltausschuss
nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
2.
Der Personal- und Verwaltungsausschuss beschließt, bei städtischen
Beschaffungen auf Produkte aus
ausbeuterischer Kinderarbeit – gemäß der Konvention Nr. 182 der Internationalen
Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) – zu verzichten.
Er empfiehlt dem Rat der Stadt, sich der Position
des Deutschen Städtetages (DST) vom 15.2.2006 anzuschließen, der sich für eine
Berücksichtigung "sozialer Kriterien" im Sinne der
EU-Vergaberichtlinien im deutschen Vergaberecht einsetzt.
Der Ratsantrag Nr. 143/15
gilt damit als behandelt.
3. Der Hauptausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt, sich der Position
des Deutschen Städtetages (DST) vom 15.2.2006 anzuschließen, der sich für eine
Berücksichtigung "sozialer Kriterien" im Sinne der
EU-Vergaberichtlinien im deutschen Vergaberecht einsetzt.
4. Der Rat der Stadt Aachen schließt sich der
Position des Deutschen Städtetages (DST) vom 15.2.2006 an, der sich für eine
Berücksichtigung "sozialer Kriterien" im Sinne der
EU-Vergaberichtlinien im deutschen Vergaberecht einsetzt.
Erläuterungen
Erläuterungen:
Begründung:
Die
Fraktionen SPD und Grüne beantragten mit dem Schreiben vom 27. Juni
2006, dass die Stadt Aachen durch eine neue Vergabepraxis verhindern soll,
Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit zu beschaffen. Künftig sollen demnach
bei Ausschreibungen nur noch Produkte und Dienstleistungen Berücksichtigung
finden, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt sind oder deren
Produzenten und Händler sich aktiv für einen Ausstieg aus der Kinderarbeit
einsetzen.
Vorbemerkung:
Die
„Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung“ (1992) in Rio de
Janeiro fordert in der Agenda 21 die Erarbeitung eines grundlegenden ethischen
Leitbildes, das eine ganzheitliche und nachhaltige Entwicklung für alle
Menschen und die Umwelt vorsieht. Wesentliche Voraussetzung dafür ist unter
anderem die Einhaltung von weltweit gültige Bestimmungen in Bezug auf
Gesundheitsschutz und Sicherheit, Mindestalter, Entlohnung und
Überstundenregelungen sowie das Recht auf gewerkschaftliche und andere
Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Interessenvertretung der Beschäftigten.
In
der Agenda 21 wurden insbesondere auch die Kommunen aufgefordert, sich für eine
weltweite nachhaltige Entwicklung einzusetzen und auf kommunaler Ebene
entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Die
Kinderrechtskonvention vom 20.11.1989 fordert in § 32 das Recht des Kindes,
„vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und nicht zu einer Arbeit
herangezogen zu werden, die Gefahren mit sich bringen, die Erziehung des Kindes
behindern oder seine körperliche, geistige, seelische, sittliche oder soziale
Entwicklung schädigen könnte“. Auch die ILO will Kinderarbeit nun in einem
abgestuften Zeitraum abschaffen. Nach früheren Konventionen wurde bereits das
Verbot jeglicher Zwangsarbeit und das Mindestalter für die Zulassung einer
Beschäftigung geregelt. Die neue Diskussion in der ILO hat nun einen weit
realistischeren Ansatz. Die unerträglichsten Formen der Kinderarbeit sollen
sofort abgeschafft werden, danach sollen präventive Maßnahmen wie Ausbildung
und Erziehung parallel zu einer weiteren schrittweisen Abschaffung der
Kinderarbeit ergriffen werden. Diese sofort abzuschaffenden Formen werden in
der ILO-Konvention 182 „Übereinkommen über das Verbot und unverzügliche
Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit“ vom
19.11.2000 benannt.
Die
Bundesregierung, die 1992 das Internationale Jahr zur Beseitigung der
Kinderarbeit mit angestoßen hat, hat wiederholt betont, dass sich an der
Abschaffung der ausbeuterischen Kinderarbeit auch alle Verbraucherinnen und
Verbraucher durch ihr Kaufverhalten beteiligen sollen. Der Bundestag hat die
Konvention 182 mit Gesetz vom 11. Dezember 2001 ratifiziert. Sie ist am
18.4.2003 in Kraft getreten.
Hinweise zur Umsetzung:
Bei
folgenden Produkten aus Asien, Afrika oder Lateinamerika, die die Stadt Aachen
möglicherweise im Einkauf bezieht, kommt ausbeuterische Kinderarbeit vor:
-
Bälle,
Sportartikel, Sportbekleidung, Spielwaren
-
Teppiche,
Kleidungstextilien
-
Natursteine,
Pflastersteine
-
Lederprodukte
-
Produkte
aus Holz
-
Agrarprodukte
Im
Beschaffungswesen und bei Ausschreibungen der Stadt Aachen für Dienstkleidung /
Lederwaren / Stoffe, Spielwaren und Natur- und Pflastersteinen findet künftig –
sofern verfügbar – nur Produkte Berücksichtigung, die unter Beachtung der
ILO-Sozialstandards produziert wurden. Ferner werden keine Produkte eingesetzt,
die durch ausbeuterische Kinderarbeit in Sinn der ILO-Konvention 182
hergestellt wurden.
Bei
Ausschreibungen und Vergabe von Dienstkleidung / Lederwaren / Stoffe,
Spielwaren und Natur- und Pflastersteinen durch die Stadt Aachen wird künftig
folgender Passus aufgenommen:
„Berücksichtigung
finden nur Produkte, die unter Beachtung der Sozialstandards der
Internationalen Arbeits-Organisation ILO Nr. 29/105, 87, 98,100, 11 und 138 und
ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 über die
schlimmsten Formen der Kinderarbeit hergestellt wurden.
Mit
der Abgabe des Angebotes erklärt der Bieter, dass die von ihm angebotenen
Produkte ohne ausbeuterische Kinderarbeit im o.g. Sinne hergestellt oder
verarbeitet wurden."
Die
Überprüfung der Einhaltung kann wie folgt erfolgen:
Produkte
mit einem anerkannten Siegel werden nachweislich ohne ausbeuterische
Kinderarbeit hergestellt. Hierbei handelt es sich derzeit um
-
das
Rugmark-Siegel für Teppiche ohne Kinderarbeit
-
das
TansFair-Siegel bei Food-Produkten (Orangensaft, Tee, Kaffee)
Für
diese Produkte sind weitere Nachweise nicht erforderlich.
Bei
Produkten ohne diese Siegel müssen die anbietenden Firmen einen
Verhaltenskodex, eine Sozialklausel oder eine sonstige Selbstverpflichtung
vorlegen, in dem oder der entweder bestätigt wird,
-
dass
weder sie noch ihre Zulieferfirmen die Produkte mittels ausbeuterischer
Kinderarbeit hergestellt haben
oder
-
dass
das Unternehmen für das angebotene Produkt aktive und zielführende Maßnahmen
zum Ausstieg aus der ausbeuterischen Kinderarbeit betreibt.
Die
Selbstverpflichtung ist als Vertragsbestandteil in die Auftragsvergabe
aufzunehmen.
Eine
darüber hinausgehende Überprüfung, ob die Selbstverpflichtung eingehalten wird,
kann durch die Vergabestellen sicherlich nicht geleistet werden. Ein
„Aufdecken“ von diesbezüglich falschen Angaben wird nur im Einzelfall durch
Hinweise von internationalen Menschenrechtsorganisationen wie "terre des
hommes" möglich sein. Um hier den Kommunikationsfluss zu gewährleisten,
wird es sinnvoll sein die betroffenen Vergabestellen regelmäßig über den
aktuellen Stand der Entwicklung zum Thema "Verhaltenskodizes von Firmen im
Bereich ausbeuterischer Kinderarbeit" zu informieren. Sollte sich dabei
herausstellen, dass eine Firma den Zuschlag bekommen hat, deren
Selbstverpflichtung nur auf dem Papier besteht, liegt ein Vertragsverstoß vor;
die Firma kann rechtlich belangt und von künftigen Ausschreibungen
ausgeschlossen werden.
Neben
fair gehandeltem Kaffee, Tee und Kakaoprodukten sollen auch für den städtischen
Eigenbedarf und die Bewirtung in Rats- und Ausschusssitzungen ausschließlich
Orangensaft mit dem Fairtrade-Label und für die Schulen Bälle aus dem fairen
Handel ( siehe Beschluss vom Sportausschuss 4.2.1999) beschafft werden.
Besonders
in der Anfangsphase der praktischen Umsetzung sollte jemand aus der Verwaltung
den städtischen Einkäuferinnen und Einkäufern tatkräftige Unterstützung zu
Einzelfragen anbieten. Außerdem sollte eine Qualifizierung der Einkäuferinnen
und Einkäufer und nach zwei Jahren eine Erfolgskontrolle in Form eines
Berichtes vorgenommen werden. Die Qualifizierung kann über eine Fortbildung
durch Misereor – Mitarbeiter erfolgen.
Problematisch
könnte es dadurch werden, dass die Bieter aufgrund der oft sehr kurzen
Ausschreibungszeit eine Selbstverpflichtung oder Zertifizierung nicht immer
rechtzeitig beibringen können. Dem ist zu entgegnen, dass Unternehmen, die sich
bereits jetzt gegen Kinderarbeit einsetzen entsprechende Bescheinigungen zur
Hand haben. Für sonstige Unternehmen, die erst durch die Forderungen zu
entsprechenden Aktivitäten angeregt werden, kann eine entsprechende
Öffentlichkeitsarbeit vor Inkrafttreten der Regelung den nötigen zeitlichen
Spielraum geben.
Umsetzung in den städtischen
Eigenbetrieben und Betriebsgesellschaften
Die Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen der Stadt Aachen sollen angeregt werden, entsprechend zu verfahren. Die Vertreter der Stadt Aachen in den Aufsichtsräten der städtischen Gesellschaften, Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen wirken darauf hin, dass auch diese die oben genannten Regelungen entsprechend anwenden.
Auswirkungen:
Durch die vorgeschlagene Maßnahme kann sicherlich nicht sofort erreicht werden, dass Aachen keine Produkte mehr aus ausbeuterischer Kinderarbeit bezieht. Die Umsetzung ist auch für gutwillige Unternehmen schwierig aufgrund der oft weit verzweigten Zulieferer und vieler Zwischenhandelsstufen. Dennoch ist in den vergangenen Jahren hier einiges in Bewegung geraten. Immer mehr Unternehmen erkennen ihre Verantwortung in diesem Bereich und bemühen sich ernsthaft um befriedigende Lösungen. Die Stadt Aachen kann durch die vorgeschlagene Regelung das Verhalten dieser Unternehmen belohnen und unterstützen. Gleichzeitig kann sie anderen Unternehmen, die sich bisher noch nicht für die Produktionsbedingungen ihrer Waren interessieren, deutlich signalisieren, dass sie als Großverbraucher Produkte wünscht, die frei von ausbeuterischer Kinderarbeit sind, und entsprechende Aktivitäten in diesen Unternehmen anregen.
Dazu
kommt die nicht zu unterschätzende Vorbildfunktion, die die Stadt Aachen für
andere Groß- oder Einzelverbraucher hat. Eine Entscheidung des Aachener
Stadtrates, aktiv gegen ausbeuterische Kinderarbeit tätig zu werden, würde
sicherlich viele Nachahmer unter anderen Großverbrauchern finden und viele
Einzelverbraucher dazu bewegen, sich künftig ausführlicher über Herkunft und
Produktionsbedingungen der von ihnen konsumierten Waren zu informieren.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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1
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(wie Dokument)
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103,4 kB
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2
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(wie Dokument)
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108,8 kB
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