Entscheidungsvorlage - FB 02/0124/WP17

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

  1. Der Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft nimmt die Ausführungen der Verwaltung zu den bisherigen Ergebnissen des städteregionsweiten Gewerbeflächenkonzeptes als Fachbeitrag im Rahmen der Überarbeitung des Regionalplanes zur Kenntnis. Die Verwaltung wird beauftragt, die Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit bei der Gewerbeflächenentwicklung und -bereitstellung in Abstimmung mit den Nachbarkommunen und der StädteRegion zu konkretisieren. Der AAWW ist regelmäßig zu unterrichten.

 

  1. Der Planungsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zu den bisherigen Ergebnissen des städteregionsweiten Gewerbeflächenkonzeptes als Fachbeitrag im Rahmen der Überarbeitung des Regionalplanes zur Kenntnis. Die Verwaltung wird beauftragt, die Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit bei der Gewerbeflächenentwicklung und

-bereitstellung in Abstimmung mit den Nachbarkommunen und der StädteRegion zu konkretisieren. Der PLA ist regelmäßig zu unterrichten.

 


 

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Erläuterungen

Städteregionsweites Gewerbeflächenkonzept als Fachbeitrag zur Überarbeitung des Regional-plans Köln

Sachlage:

Ausgangslage und Rahmenbedingungen

Zur Vorbereitung der Neuaufstellung des Regionalplanes für die Region Aachen führt die Bezirksregierung derzeit informelle Arbeitsschritte durch. Eine Anforderung, die sich aus dem Landesentwicklungsplan NRW herleitet ist hierbei die Erstellung von regionalen Entwicklungskonzepten. An der Ausarbeitung eines regionalen Gewerbeflächenkonzeptes durch die AGIT hat die Städteregion Aachen die regionsangehörigen Städte und Gemeinden beteiligt. Die Ergebnisse hat sie in einer Mustervorlage zusammengefasst, die Grundlage dieser Beratungsvorlage ist. Diese wird – im Wesentlichen gleichlautend – in die  Gremien der  StädtRegion sowie den  regionsangehörigen Städten und Gemeinden eingebracht, um der gemeinsamen Haltung Ausdruck zu verleihen und geschlossen gegenüber der Bezirksregierung aufzutreten.

Die Kernaussagen der Vorlage decken sich mit den Erkenntnissen die im Rahmen der Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes der Stadt Aachen gewonnen werden konnten. Es besteht ein Delta zwischen dem künftigen Bedarf an gewerblichen Baufläche und den Möglichkeiten diesen, in vollem Umfang, durch Darstellung geeigneter gewerblicher Bauflächen im Stadtgebiet abzubilden. Eine denkbare Lösungsmöglichkeit um eine bedarfsgerechte Flächenvorsorge zu erreichen, stellten die in dieser Vorlage beschriebenen interkommunalen Kooperationsoptionen dar.

 

In Abstimmung mit den zehn städteregionsangehörigen Kommunen hat die StädteRegion die AGIT im Juli 2017 mit der Erarbeitung eines städteregionsweiten Gewerbeflächenkonzeptes als Fachbeitrag zur Überarbeitung des Regionalplans der Bezirksregierung Köln beauftragt. Planungshorizont der Bezirksregierung wird voraussichtlich das Jahr 2040 sein.

 

Vorausschauende und nachhaltige Gewerbeflächenpolitik stellt das zentrale Instrument

kommunaler Standortvorsorge und Standortentwicklung dar.

 

Ziel des städteregionsweiten Gewerbeflächenkonzeptes ist es demnach, den Kommunen

ausreichende Spielräume für ihre gewerblichen Flächenentwicklungen zu bieten, räumliche Nutzungskonflikte zu minimieren und die Kräfte der zehn regionsangehörigen Städte und Gemeinden zu bündeln.

 

Folgende Arbeitspakete wurden zur Bearbeitung vereinbart:

 

1. Regionalökonomische Bestandsaufnahme und Analyse

  • Wirtschaftsstrukturelle Rahmenbedinungen
  • Gewerbegebiete – Schwerpunkte und Konzepte
  • Gewerbeflächenangebot und -nachfrage
  • Schlussfolgerungen

 

2. Städteregionale Argumentationsstrategie zum Gewerbeflächenbedarf

  • Gewerbeflächenbedarfsberechnungen
  • Gewerbeflächenbilanzierung
  • Begründung der gewerblichen Zusatzbedarfe
  • Argumentationsstrategie

 

3. Gewerbliche Standortsuche und -bewertung sowie regionale Handlungsempfehlung

  • Weißflächenanalyse
  • Standorteignung und -bewertung
  • Kommunale Abstimmungen
  • Handlungsempfehlung

 

Die regional- bzw. sozioökonomische Analyse hat zu Erkenntnissen über Zustand und Entwicklungstrends der sozialen Lage, des Wohlstands und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Kommunen geführt. Der Vergleich insbesondere mit den umliegenden Kreisen (DN, EU, HS) und dem NRW-Durchschnitt sowie mit anderen strukturell vergleichbaren Verdichtungsräumen (Bonn, Münster, Braunschweig mit ihrem jeweiligen Umland) hatte zum Ziel, Erkenntnisse zu Trends und Entwicklungen der sozioökonomischen Lage in der StädteRegion zu gewinnen.

 

Dabei können grundsätzliche Annahmen bestätigt werden:

  • Gemäßigtes Bevölkerungswachstum bis 2025, danach ist mit Einwohnerrückgang

zu rechnen

  • Demographische Entwicklungen werden kurz- und mittelfristig nicht zu

einer verminderten Flächennachfrage für Wohnen und Gewerbe führen,

sondern sich eher in veränderten Infrastrukturbedarfen äußern.

  • Unterdurchschnittliche Kaufkraft bezogen auf die regionalen Vergleichsgebiete

und das deutschlandweite Mittel.

  • Niedriges verfügbares Einkommen.

 

Einflussfaktoren für diese Feststellungen sind:

  • Unausgewogenes Verhältnis von Studierenden zu Einwohnern
  • Hohe Ausländerarbeitslosigkeit bei gleichzeitig hohem Ausländeranteil
  • Sinkende Arbeitslosenzahlen versus deutliche Zunahme der Altersarbeitslosigkeit.
  • Ungünstiges Verhältnis von Arbeitslosen zu erwerbsfähiger Bevölkerung.

 

Darüber hinaus spielt auch die Grenzlage eine limitierende Rolle.

Demgegenüber wird die StädteRegion Aachen vor allem auf den Entwicklungen in der Stadt Aachen basierend jedoch auch als ‘starke Innovationsregion‘ mit Entwicklungspotenzial mit besonderen Stärken in MINT-Beschäftigungeneingestuft.

Der AAWW wurde am 13. September 2017 über die Ergebnisse der regionalökonomischen Bestandsaufnahme und Analyse informiert

 

Gewerbeflächenreserven, -bedarf und Planungsabsichten
Unter Einbezug der aktuellen Ergebnisse der Harmonisierung des Siedlungs- (sfm – Bezirksregierung Köln) und Gewerbeflächenmonitorings (gfm - AGIT) und in enger Zusammenarbeit mit den Verwaltungen der städteregionalen Kommunen wurde eine gewerbliche Reserve- und Bedarfssituation abgebildet.

 

Aufgrund von unterschiedlichen Erfassungsdimensionen (brutto – netto), der Datenaktualität und der Bearbeitungsqualität ergaben sich bezüglich der Flächenreserve Unterschiede in Höhe von 145 ha, 570 ha Reserve über sfm und dem gegenüber 425 ha Reserve über gisTRA (gfm). Die Ermittlung des Flächenbedarfs richtete sich wiederum nach der landesweit einheitlichen und verbindlichen GIFPRO-Methode und unter Verwendung der Zeitreihen des gfm (Trendfortschreibung 2035). Demnach ergibt sich nach GIFPRO ein Bedarf von 474 ha und nach Trendfortschreibung, die auf dem durchschnittlichen Jahresbedarf der vergangenen 6 Jahre beruht, ein zu erwartender Bedarf von mindestens 531 ha.

 

Die Reserven und Bedarfe sind in den städteregionalen Kommunen heterogen. Dabei stellt die Stadt Aachen mit einem zukünftigen Defizit von ca. 130 ha die Spitze dar. Insgesamt wurde dokumentiert, das 8 der 10 Kommunen den rechnerischen Bedarf bis 2035 nicht über die vorhandenen Reserven decken können.

 

Kommunale Betrachtung: Reserven und Flächenbedarfe (Quelle: AGIT).

Ergänzung der Fußnote Tabelle: Die Daten weichen von den im Zusammenhang mit der Neuaufstellung des FNP ermittelten ab, da unterschiedliche Prognosehorizonte und Betrachtungsebenen zugrunde liegen.

 

Neben den dargestellten allgemeingültigen Mehrbedarfen wird der städteregionsspezifische gewerbliche Mehrbedarf insgesamt auf mind. 400 ha beziffert. Dies begründet sich insbesondere auf Besonderheiten der Verkehrsanbindung, des Altbergbaus, der Grenzlage und der Bevölkerungsstruktur.

 

Insofern ergibt sich folgender kalkulierter gewerblicher Zusatzbedarf:

 

1. Nicht bedienbare gewerbliche Flächennachfrage               80 ha

2. Flächenverknappung durch privates Eigentum 50 ha

3. Braunkohleinduzierte Arbeitsplatzverluste & Flächenbedarfe                          110 ha

4. Anhaltend. industrieller Strukturwandel & grenzbedingte Strukturnachteile 40 ha

5. Regionaler Standortfaktor „Technologie“ 50 ha

6. Steigende Flächennachfrage entlang europäischer Transportkorridore 80 ha

Insgesamt            410 ha

 

Im Rahmen des Abschlusses der Bearbeitung werden die restriktionsfreien Flächenpotenziale der Bedarfslage gegenübergestellt.

 

Ansätze zur Deckung des Flächenbedarfs

Auch wenn unterschiedliche Berechnungsmethoden, wie Trendfortschreibung, TBS-GIFPRO, GIFPRO (z. B. AGIT im Auftrag der Stadt 2015, AGIT im Auftrag der StädteRegion 2017, BR Köln 2017) verschiedene Flächenbedarfe ermittelt haben, haben sie eines gemeinsam: im Stadtgebiet Aachen kann der Gewerbeflächenbedarf in den nächsten Jahren in besonderer Weise nicht mehr gedeckt werden. Während die AGIT in der vorliegenden städteregionsweiten Analyse von einem Bedarf von ca. 220 ha in Aachen bis 2035 ausgeht, sieht die Bezirksregierung einen Bedarf von 238 ha bis zum Jahr 2035.

 

Vor diesem Hintergrund hat die Stadtverwaltung ein dreigliedriges Lösungsmodell vorgeschlagen:

 

  • Neuausweisung von Gewerbeflächen im Stadtgebiet im Rahmen der FNP-Neuaufstellung
  • Revitalisierung von industriell-gewerblichen Altstandorten (z. B. Aachen-Nord, Jülicher Straße)
  • Interkommunale Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen

 

Zur Klärung der interkommunalen Kooperationsoptionen wurden verwaltungsseitig Gespräche mit Eschweiler, Herzogenrath und Würselen geführt. Insbesondere Eschweiler verfügt über relevante Flächenreserven. Würselen will Gewerbeflächen rund um den Flugplatz Merz-brück entwickeln. Die Realisierung ist allerdings von der Verschwenkung der Start- und Landebahn des Flugplatzes Merzbrück abhängig. Die großen Flächenreserven in Eschweiler befinden sich strategisch günstig vor allem zwischen der BAB 4 und 44 entlang der sog. Rue de Wattrelos, ca. 13 Autominuten von der Aachener Innenstadt entfernt. (Zum Vergleich Innenstadt-Pascalstraße = ca. 18 Minuten). Wie im AAWW berichtet wurde zwischenzeitlich eine Absichtserklärung mit Eschweiler vereinbart, um die Flächensituation (Verfügbarkeiten, Planungsrecht, Erschließung, Restrisiken u. ä.) genauer zu analysieren und darauf aufbauend präzisere Kooperationsmöglichkeiten zu klären.

 

In Ergänzung dazu ist die Stadt Aachen an den weiteren Gesprächen auf städteregionaler Ebene zur Prüfung eines Gewerbeflächenpools von gleich mehreren Kommunen beteiligt. Ein solcher Pool könnte für verschiedene Kommunen eine Lösungsalternative aufzeigen, muss aber die Interessen von mehreren Beteiligten integrieren und erhöht damit die Abstimmungsaufwände bei Planung, Verwaltung und Vermarktung.

Gespräche mit der Bezirksregierung zum Regionalplan werden unabhängig von den oben beschriebenen Kooperationsoptionen weiterhin auch bilateral durch die Stadt Aachen geführt.

Neue Planungsabsicht

Rahmenbedingungen/ überregionale Entwicklungen und Einbindung

 

Strukturwandel

Das grundsätzlich planvoll vorbereitete Auslaufen der Braunkohlegewinnung in den nächsten Jahrzehnten hat zur Folge, dass die Anzahl direkter und indirekter Arbeitsplätze in der Braunkohle sinken wird und hier aktiv der Strukturwandel mit ausreichender gewerblicher Flächenentwicklung gestaltet werden sollte.

 

Gemäß Stand 2015 wird das Rheinische Braunkohlerevier bis zum Jahr 2045 rund 15.000 Arbeitsplätze verlieren, darunter ca. 11.000 Arbeitsplätze unmittelbar in den Tagebauen, den Kraftwerken und den kohleabhängigen Nebenbetrieben sowie (angesetzt mit dem Faktor 0,35) 4.000 indirekte Arbeitsplätze. Aufgrund der aktuellen Diskussion um einen vorzeitigen Braunkohleausstieg kann sich diese Situation noch schneller einstellen.

 

Die Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR) verfolgt in dem Zusammenhang den potentiellen Entwicklungspfad der Umstrukturierung eines Energie erzeugenden Standorts zu einem auf Energieforschung basierenden Referenzraum für Innovationen. Insofern bedeuten die braunkohleinduzierten Arbeitsplatzverluste zwingend neue Flächenersatzdispositionen.

 

Aktueller Stand und Entwicklungstrends

Mit dem deutschlandweit höchsten Drittmittelaufkommen in der Forschung, der besonderen räumlichen Konzentration öffentlicher und privater Forschungs-und Entwicklungseinrichtungen in der Region und dem neuen RWTH Aachen Campus, auf dem derzeit insgesamt 19 interdisziplinäre Forschungscluster zu den zentralen Zukunftsfragen der Gesellschaft entstehen, bietet die Aachen für anwendungsorientierte Forschung eine einzigartige Symbiose von Hochschule – Forschung – Unternehmen.

 

Aufgrund der räumlichen Nähe zu den akademischen Ausbildungsstätten wie RWTH und FH Aachen mit fachlichem Schwerpunkt in den Bereichen Informatik, Elektrotechnik, Maschinenbau, Verfahrenstechnik, Bauingenieurwesen ist außerdem eine besonders hohe Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte im MINT-Bereich gegeben.

 

Damit bestehen hier außergewöhnliche Standortvoraussetzungen für technologieorientierte Großprojekte, indem sie das notwendige wissenschaftliche Umfeld, wie beispielsweise Kooperationsprojekte mit Hochschulen oder den Austausch von Wissenschaftlern und Studierenden ermöglichen.

 

Erste erfolgreiche Ausgründungen, wie StreetScooter und eGO, belegen dies.

 

Derartige Großprojekte induzieren allerdings auch einen zusätzlichen Flächenbedarf. So hat das aus einer Forschungsinitiative an der RWTH hervorgegangene Unternehmen StreetScooter einen Teil seiner Produktion in den Kreis Düren (Neapco-Gelände, Düren: 2,5 ha zur Produktion von Elektroautos) verlegt, da in der StädteRegion Aachen keine großflächigen Gebiete für die Produktion zur Verfügung standen. Zwei weitere Flächen konnten auf Aachener Stadtgebiet realisiert werden (eine Produktionsstätte des e.GO.LIFE auf dem Gelände des TRIWO Technopark im Aachener Osten (1,6 ha) und eine weitere Fläche im Aachener Norden auf der Jülicher Straße (1,2 ha).

 

Ebenso liegt die StädteRegion Aachen zwischen der Randstad Holland (NL) im Nordwesten, der Vlaamse Ruit (B) im Westen und dem Verdichtungsraum Rhein-Ruhr (D) im Osten inmitten des zentralen europäischen Kräftefeldes und zählt zu dem erweiterten Hinterland der sog. ZARA-Häfen, insbesondere der belgischen Seehäfen Antwerpen und Zeebrugge.

 

Sie befindet sich ferner innerhalb des Kernnetzkorridors Rhein-Alpen der sog. Transeuropäischen Netze (TEN), in denen die EU Maßnahmen zur Verbesserung des grenzüberschreitenden Schienenfrachtverkehrs (wie z.B. Verkürzung des zeitlichen Abstands zu belgischen Seehäfen und Beseitigung von Engpässen) realisiert.

 

Durch steigende Gütertransportströme und die zu erwartenden Effizienzsteigerungen besteht für die Kommunen in der StädteRegion Aachen die Chance, innerhalb der europäischen Transportkorridore eine bedeutendere Rolle im überregionalen Frachtverkehr sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße zu übernehmen. Im benachbarten südlichen Teil der Provinz Niederländisch-Limburg kann beispielsweise die wachsende Nachfrage nach großmaßstäblichen Logistikflächen (> 5 ha) bereits nicht mehr bedient werden.

Die Verwaltung bittet um Kenntnisnahme und wird fortlaufend weiter berichten.


 

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